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Landgericht Gießen Ostanlage 15
35390 Gießen
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neu Christidis Prof. ./. Mittelhess. Druck Frau Schenkel 10. Juli 2012
In dem Rechtsstreit 1 S 123/12
Prof. Dr. Aris Christidis gegen
Mittelhessische Druck- und Verlagsgesellschaft mbH, Marburger Straße 20, 35390 Gießen vertreten durch die Geschäftsführer Dr. Christian Rempel, Dr.
Jan Eric Rempel und Dr. Max Rempel
wird ergänzend zum Antrag der Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung unter Verurteilung der Beklagten zu einem Mindestschadenersatz in Höhe von € 1500,00 folgendes vorgetragen:
die Behauptungen zum Person des Klägers und dessen angebliche „wirre Rede“ sind keine Werturteile und Meinungen, sondern massive Angriffe gegen die Person des Klägers, die zumindest dem Anschein nach dem Ziel dienen, diese persönlich zu schädigen und ihn persönlich in der Öffentlichkeit herabzusetzen.
Das entsprechende Inverdachtbringen hinsichtlich der Vermengung von politischer Arbeit und eigenen Interessen im Zuge eines Familienrechtstreites ist falsch und nicht im Ansatz berechtigt.
T HOMAS S ASCHENBRECKER
R E C H T S A N W A L T
F r i e d r i c h s t r a s s e 2 D - 7 6 2 7 5 E t t l i n g e n
T e l . 0 7 2 4 3 - 3 3 2 0 1 0 F a x 0 7 2 4 3 - 7 1 9 6 3 0
E m a i l s a s c h e n b r e c k e r @ w e b . d e h t t p w w w . s a s c h e n b r e c k e r . d e
Z u g e l a s s e n a m L a nd g e r i c ht u n d a m O b e r l a nd e s g e r i c ht K a r l s r u he
B r i e f a n s c h r i f t : P o s t f a c h 1 0 0 7 5 1 • 7 6 2 6 1 E t t l i n g e n
B a n kv e r b i nd u ng : S p a r ka s s e K a r l s r u he • B a n kl e i t z a h l 6 6 0 5 0 1 0 1 • K o nt o 1 0 3 6 0 7 4 1 F i na nz a m t E t t l i ng e n • S t e ue r n u m m e r 3 1 1 4 5 / 3 3 9 7 9
A n w a l t s - u n d G e r i c ht s p o s t : G e r i c ht s f a c h 1 2 • A m t s g e r i c ht E t t l i ng e n T i ef g a r a g e : S t a d t b a h n ho f E t t l i ng e n • nä h e P o s t
S - B a h n: H a l t e s t e l l e S t a d t b a h n ho f E t t l i ng e nS t r a s s e nb a h ne n S 1 , S 1 1
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Der entsprechende Sachverhalt ist falsch geschildert.
Diese Behauptungen verletzen den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt unter anderem vor Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf das Bild des Einzelnen in der Öffentlichkeit auszuwirken. Die vorbezeichneten Äußerungen sind hierzu geeignet, da der Kläger des Abhaltens wirrer Reden mit Einschlag zur Verquickung mit eigennützigen Interessen bezichtigt wird.
Die unwahren Äußerungen haben damit einen ehrverletzenden Charakter. Die Wiederholungsgefahr ist indiziert (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 70. Aufl., Einf. v. § 823 Rdnr. 20).
Eine Berufung auf das Recht zur freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG), dürfte der Beklagten versagt sein.
Zwar gilt das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht unbeschränkt, sondern findet seine Grenzen in den Rechten anderer, darunter dem Recht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, NJW 2003, 1856), wobei sich das Recht auf Meinungsfreiheit auf Wertungen ebenso wie auf Tatsachen erstreckt, die der Meinungsbildung dienen können (vgl. BVerfGE 90, 1 (14)).
Die von Beklagtenseite getätigten Äußerungen sind als Tatsachenbehauptung, deren Richtigkeit nicht erwiesen ist, jedoch nicht von dem Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt.
Die Behauptungen zur Person des Klägers sind als Tatsachenbehauptung anzusehen. Während die Tatsachenbehauptung einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist, wird das Werturteil im Gegensatz hierzu entscheidend durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt.
Auch Äußerungen, die auf Werturteilen beruhen, können sich als Tatsachenbehauptungen erweisen, wenn und soweit sie bei den Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten als Wertung eingekleideten Vorgängen hervorrufen.
Umgekehrt tritt der Tatsachengehalt einer Äußerung zurück, wenn er untrennbar im Kontext einer Wertung steht und sich im Tatsächlichen als nicht konkretisierte, pauschale und insgesamt substanzarme Aussage darstellt (OLG Brandenburg, NJW 1996, 1002; BGH, Urteil vom 25.03.1997, Az. VI ZR 102/96, zitiert nach juris Rdnr. 15).
Soweit die entsprechenden Textpassagen in der Berichterstattung lediglich eine Vermutung äußern sollen, ändert dies nichts. Die Behauptung auch in
„verdeckter Gestalt“ als Verdachtsäußerung, Vermutung oder Möglichkeit
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behält ihren Charakter als Tatsachenbehauptung, wenn - wie hier - der Äußernde das Mitgeteilte als wahr suggeriert und dem Leser als Schlussfolgerung nahe legt (OLG Brandenburg, Urteil vom 12. Juni 2002, Az. 1 U 6/02, zitiert nach juris Rdnr. 29 m. w. N.).
Die Richtigkeit der Äußerung kann die Beklagte auch nicht glaubhaft machen, weil die Äußerungen unzutreffend sind. Ihre Beweisbelastung folgt aus der über § 823 Abs. 2 BGB in den zivilrechtlichen Ehrenschutz transformierten Beweisregel des § 186 StGB.
Bei unwahren Tatsachenbehauptungen des Abhaltens einer „wirren Rede“
und dem damit verbundenen Stigma tritt die Meinungsfreiheit grundsätzlich hinter das Persönlichkeitsrecht des Kläges zurück (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.02.2000, Az. 1 BvR 140/98, zitiert nach juris Rdnr. 16).
An der Verbreitung unwahrer Behauptungen besteht kein schutzwürdiges Interesse (vgl. BVerfG, a. a. O., Rdnr. 20; BGH, Beschluss vom 15.11.1983, Az.
VI ZR 251/82, zitiert nach juris Rdnr. 20; speziell zur Verbreitung eines unbewiesenen „Gerüchts“ Senat, Urteil vom 12. Juni 2002, Az. 1 U 6/02, zitiert nach juris Rdnr. 32 mit weiteren Nachweisen).). Nicht erweislich wahre Tatsachenbehauptungen mit Meinungsbezug genießen nicht den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG, es sei denn, dass es um eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit geht und der Äußernde sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für erforderlich halten darf (BGH, Urt. v. 30.01.1996, Az. IV ZR 386/94, zitiert nach juris Rdnr. 31 m. w. N.).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, der Antrag ist begründet.
Thomas S a s c h e n b r e c k e r Rechtsanwalt