Blatt 4
Tutorium HM 2 13. Mai 2009
In Aufgabe 1 werden wir uns mit linearen DGLen nter Ordnung beschäftigen. Ein wichtiges Thema, von dem ihr im Laufe eures Studiums nicht loskommen werdet (Physik
→ Theo C, D, E, ... Etechnik → Schwingungskreise in der Elektrodynamik), ist die Entwicklung von Funktionen in eine Basis anderer Funktionen, die den betrachteten Raum vollständig aufspannen. Speziell betrachten wir hier harmonische Funktionen als solche Basisfunktionen (Fourierreihenentwicklung).
1 Lineare DGL n-ter Ordnung mit konstanten Koezienten - A1
Eine solche lineare DGL hat die Form
y(n)+an−1y(n+1)+· · ·+a0y=f(x) (∗)
Hierbei isty(n) die n-te Ableitung von y. Aufgrund der inhomogenen Seite f(x) wird die Lösung von(∗) wieder eine Linearkombination der homogenen und der partikulären Lösung sein. Kümmern wir uns zunächst um die homogene:
y(n)+an−1y(n+1)+· · ·+a0y= 0 (∗∗) Der Ansatzy(x) =eλ xführt auf das charakteristische Polynom
λn+an−1λn−1+· · ·+a0 = 0.
Sein die Nullstellen dieses CPλ1...λnmit der jeweiligen Vielfachheit 1 (jede NS kommt nur einmal vor). Dann ist die Lösung von (∗∗)
yh(x) =c1eλ1x+· · ·+cneλnx
mit Konstanten (c1,· · · , cn). Für den Fall, dass eine Nullstelle λk m-fach vorkommt, kann man den Ansatz
˜
y(x) =c(x)eλkx
machen. Man erhält allgemein für c(x) ein Polynom m−1-ter Ordnung inx, d.h. m linear unabhängige Lösungen
eλkx, xeλkx, x2eλkx,· · · , xm−1eλkx.
Die partikuläre Lösung erhält man dann wieder durch Variation der Konstanten oder einen entsprechenden Ansatz, d.h. durch scharfes Hinsehen.
Bemerkung: Sind die NS des CP komplex, d.h. λ = a±ib, so sind die linear unab- hängigen Lösungen gegeben durch
eaxeibx, eaxe−ibx. Da jede Linearkombination eine Lösung ist, sind auch
eaxcos(bx), eaxsin(bx) zwei mögliche Lösungen.
2 Die Analogie zur Vektoralgebra - A2
Erinnern wir uns an die Darstellung eines Vektors~xim Rn. Mit einer Orthonormalbasis ONB {uˆ1, ...ˆun} ist der Rn bereits vollständig. D.h. der Vektor ~x kann in der ONB geschrieben werden:
~ x=
n
X
i=1
hˆui|~xiuˆi=
n
X
i=1
xiuˆi
Die Komponenten xi des Vektors~x in der Basis {ˆui} ergaben sich durch Projektion, d.h. durch das Skalarprodukt xi = hˆui, ~xi. Die Vollständigkeitsrelation kann hier also in der Form
n
X
i=1
ˆ
uiuˆTi =1
geschrieben werden, wobei 1 die Identität ist und
1~x=
n
X
i=1
ˆ
ui(ˆuTi~x) =
n
X
i=1
huˆi|~xiuˆi.
So, gehen wir jetzt in den Funktionenraum: Ein euklidischer Vektorraum (H, <,>), der, versehen mit der Norm
vollständig ist, heiÿt Hilbertraum (der obige Rn ist also ein solcher).
Denieren wir nun, wie schon auf einem der ersten Übungsblätter, das Skalarprodukt SP
hf|gi= Z
V
dxf¯·g
Mit f,g aus einem unendlichdimensionalen Hilbertraum H. Bezüglich dem SP ist die Norm deniert durch
||f||:=p
hf|fi= s
Z
V
dxf¯·f
Mit diesen Vorraussetzungen können wir eine Funktionenbasis {u1(x), u2(x), ...} kon- struieren, die der Orthonormalitätsbedingung genügen:
hui|uji=δij
Wieder kann eine Funktion f ausHdargestellt werden durch eine diesmal∞-dimensionale ONB {u1(x), u2(x), ...}
f(x) =
∞
X
i=1
hui|fiui
Die Vollständigkeitsrelation ergibt sich durch Betrachten des Skalarprodukts
f(x) =
∞
X
i=1
hui|fiui
=
∞
X
i=1
Z
V
dx0u¯i(x0)ui(x)f(x)
= Z
V
dx0
∞
X
i=1
¯
ui(x0)ui(x)
| {z }
δ(x−x0)
f(x)
Also lautet die Vollständigkeitsrelation
∞
X
i=1
¯
ui(x0)ui(x) =δ(x−x0)
Die Dirac-Delta-Funktionδ(x−x0)besitzt, wie vielleicht schon bekannt ist, die Eigen- schaft, dass
Z
V
dx0δ(x−x0)g(x0) =g(x)
3 Fourierreihen - A2
Jetzt, nach dieser eher langen aber wichtigen Motivation, ein Spezialfall, die Fourier- reihenentwicklung. Wir betrachten einen Raum von Funktionen f, die den Dirichlet- Bedingungen genügen:
1. f ist T-periodisch, d.h. f(x+T) =f(x).
2. f ist beschränkt und an abzählbar vielen Stellen im Intervall der Länge T unstetig.
3. f hat abzählbar viele Extrema im Intervall der Länge T.
4. das Integral über|f(x)|ist konvergent.
Wir suchen eine vollständige Basis, die eine unendlichdimensionale Orthonormalbasis darstellt und ebenfalls eine T-Periodizität aufweist. Da fallen einem doch direkt der Cosinus und der Sinus ein. Das Ziel ist es also, eine ONB wie im ersten Abschnitt zu konstruieren, die aus Sinus- und Cosinus-Termen besteht.
Die Funktionen
un(x) = r2
Tcos 2πn
T x
und
vn(x) = r2
Tsin 2πn
T x
erfüllen gerade die Orthonormalitätsbedingung
hum|uni=
Z x0+T x0
dx r2
Tcos 2πm
T x
· r2
Tcos 2πn
T x
=δmn hvm|vni=
Z x0+T x0
dx r2
Tsin 2πm
T x
· r2
Tsin 2πn
T x
=δmn
hum|vni=
Z x0+T x0
dx r2
Tcos 2πm
T x
· r2
Tsin 2πn
T x
= 0 für alle m und n∈N
Wir können also eine periodische Funktion f durch eine Fourierreihe darstellen:
f(x) =a0+X
k=1
ak r2
Tcos 2πk
T x
+bk r2
Tsin 2πk
T x
Die Koezienten ergeben sich durch die Projektion von f auf die Basen {un(x)} und {vn(x)}:
ak=huk|fi=
Z x0+T x0
dx r2
Tcos 2πk
T x
·f(x)
bk=hvk|fi=
Z x0+T x0
dx r2
Tsin 2πk
T x
·f(x)
a0= 1 Tdx
Z x0+T x0
f(x)
a0 kann als eine Mittelung von f über die Periode T verstanden werden. Schauen wir uns die Fourierreihe an und bedenken, dass cos(phi) = 1/2(exp(iφ) +exp(−iφ)) und sin(φ) = 1/2i(exp(iφ)−exp(−iφ)), so können wir die Reihe auch schreiben durch
f(x) =
∞
X
k−∞
ckξk(x)
ξk(x) = r1
Texp
i2πk T x
ck=hξk|fi= r1
T
Z x0+T x0
dx exp
−i2πk T x
·f(x)
Beachte, dass die Verbindung zwischen beiden Darstellungsarten in der Beziehung
ck= 1
√2(ak−ibk)
c−k= 1
√2(ak+ibk)
steckt.
Für ungerade Funktionen f(−x) = −f(x) ist ak = 0, für gerade Funktionen f(−x) = f(x) istbk= 0, wie man einfach zeigen kann. Hier eignet sich also besonders die Darstel- lung in Cosinus- und Sinus-Reihe. Ansonsten nde ich die Zerlegung in die Basis{ξn(x)}
eleganter. Ein Beispiel erwähne ich hier nicht noch. In der Übung werden wir genügend besprechen.