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1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Beschluss

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1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt

Beschluss

dazu OLG-Entscheidung des Oberlandesgerichtes Naumburg 1 Verg 7/04 v. 18.05.2004

AZ: 1 VK LVwA 12/04 Halle, 07.04.2004

- Wertung

- Preisänderungen

- Fehlen von produktidentifizierenden Angaben

§ 24 Nr. 3 VOB/A, § 25 Nr. 1 Abs. 1 b) VOB/A, § 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A

Ein Angebot mit zweifelhaften Änderungen darf in die Wertung nicht einbezogen werden.

Eine vergaberechtskonforme Anerkennung der Gleichwertigkeit eines niedrigeren Angebotsni- veaus würde stets als gesichert voraussetzen, dass nicht ein anderer Anbieter in Kenntnis des Umstandes des abänderbaren Leistungsstandards, ein noch günstigeres Angebot abgegeben hätte. Die Bieter wären der Willkür des Auftraggebers ausgeliefert, wenn dieser nachträglich die als bindend festgelegten Anforderungen des Leistungsverzeichnisses ändern könnte.

Ein nachträgliches Einholen fehlender Preise bzw. Ändern der Preise ist nicht statthaft.

In dem Nachprüfungsverfahren der

... GmbH ...

Verfahrensbevollmächtigte RA ...

...

Antragstellerin gegen

die ... gGmbH ...

Antragsgegnerin unter Beiladung der Bieterin

... AG

Logistik im Gesundheitswesen

Beigeladene

(2)

2 s er

Angebot vorliege.

wegen

des gerügten Vergabeverstoßes zur Vergabe von Bauleistungen für den Umbau und die Er- weiterung des Untersuchungs- und Behandlungstraktes (BA 1B) des Klinikums ... hat die 1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt aufgrund der mündlichen Verhandlung am 01.04.2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Oberregierungsrat Thomas, der beamte- ten Beisitzerin Regierungsamtsrätin Katzsch und des ehrenamtlichen Beisitzers Herrn Paul beschlossen:

1. Der Antragsgegnerin wird untersagt, den Zuschlag an die Beigeladene zu erteilen und unter Beachtung der Rechtsauffassung der erkennenden Kammer aufgegeben, neu zu werten.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Hinzuziehung anwaltlichen Beistandes wird für notwendig erklärt.

4. Die Gesamtkosten (Gebühren und Auslagen) werden auf... Euro festgesetzt.

G r ü n d e I.

Mit Veröffentlichung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften am ...2003 schrieb die Antragsgegnerin im Wege eines Offenen Verfahrens auf der Grundlage der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) im Rahmen des Umbaues und der Erweiterung des Untersuchungs- und Behandlungstraktes (BA 1B) des Klinikums ... das Los 620-2 - Medizintechnik - Festeinbau, Möbel aus Holz/Kunststoff und Vollkunststoff aus.

Im Formblatt EVM (B) A EG - Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes gab die Antrags- gegnerin unter Pkt. 3.2 bekannt, dass die Bewerber eine Referenzliste über ähnliche in den letzten drei Jahren abgewickelte Aufträge mit dem Angebot vorzulegen haben. Eine Abforde- rung weiterer Nachweise behielt sie sich vor.

Mit den Vergabeunterlagen wurden den Bietern unter anderem die Bewerbungsbedingungen übergeben. Diese verweisen nochmals ausdrücklich unter Ziffer 3.1 und 3.2 auf die mit dem Angebot vorzulegenden Unterlagen. In ihnen wird auch ausdrücklich unter Ziffer 3.3 auf das Erfordernis der Vollständigkeit des Angebotsinhaltes und der -bearbeitung durch die Bieter Bezug genommen.

Aus der übergebenen Niederschrift zur Verdingungsverhandlung geht hervor, dass am 14.01.2004, 09.00 Uhr fünf Angebote mit insgesamt sechs Nebenangeboten und ein Nach- lassgebot submittiert wurden.

Aus der Angebotsauswertung des beauftragten Planungsbüros ergibt sich, dass alle Angebote auf Vollständigkeit, insbesondere im Hinblick auf die geforderten Anlagen, rechnerisch, sachlich und auf die Wirtschaftlichkeit hin geprüft wurden. Ein Angebot schlos der Prüfer aufgrund fehlender Preise für den Titel 1 - Schrankanlagen - aus. Im Ergebnis d sachlichen, wirtschaftlichen, fachtechnischen und rechnerischen Prüfung ermittelte der Prüfer das Angebot der Beigeladenen als das Günstigste. Mit Schreiben vom 12.02.2004 teilte die Antragsgegnerin den Bietern mit, dass sie beabsichtige, das Angebot der Beigeladenen anzunehmen, da von ihr das niedrigste

Daraufhin sprach die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 23.02.2004 gegenüber der Verga- bestelle eine Rüge aus. Die Antragstellerin vertritt darin die Auffassung, dass die beabsich- tigte Bezuschlagung auf das Angebot der Beigeladenen vergabewidrig sei, da sie die fachli-

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... sowie Frau ... vertreten. Die Fa. ... GmbH verzeichne als persönlich che Eignung nicht besitze. Sie sei nach eigenen Angaben Herstellerin von IS0-Norm-Logis- tiksystemen und von Holz/ Kunststoffmobiliar. Für diese Artikel erbringe sie auch die not- wendige Montageleistung.

Die Beigeladene sei wiederum auch nach eigenen Angaben kein Hersteller von Mobiliar aus HPL und montiere im Auftragsfall diese Anlagen auch nicht selbst.

Ausgeschrieben wurden die Lieferung und Montage von Schrankanlagen mit ISO-Norm-Mo- dulen, d.h. die Schrankanlagen werden dauerhaft mit dem Gebäude verbunden und dienen der bestimmungsgemäßen Nutzung des Krankenhauses. Die Lieferung und Montage der Schrankanlagen stelle eine Werkleistung dar, die zum Geltungsbereich der VOB/A gehöre.

Da die Beigeladene weder Hersteller noch Erbringer der notwendigen Montageleistungen für Mobiliar aus HPL sei, könne ihr das Liefern der Stoffe und Materialien nicht angerechnet werden. Der Anteil dieses Mobiliars am Gesamtumfang der Ausschreibung liege jedoch bei 60% und demzufolge müsse diese durch Nachunternehmer erbracht werden.

Die Antragsgegnerin half dem Begehren der Antragsstellerin nicht ab. Folglich hat diese mit Schreiben vom 26.02.2004 die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens bei der Vergabe- kammer beantragt.

Der Nachprüfungsantrag ist der Antragsgegnerin mit Verfügung der Vergabekammer vom 26.02.2004 zugestellt worden.

Über die Unzulässigkeit einer Zuschlagserteilung gemäß § 115 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) wurde die Antragsgegnerin mit Zustellung des Nach- prüfungsantrages belehrt. Gleichzeitig wurde sie aufgefordert, die entsprechenden Unterla- gen und eine Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag vorzulegen.

Die Durchsicht der von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen ergab, dass das Ange- bot der Antragstellerin die geforderte Referenzliste umfasst. Hingegen ist eine solche im Angebot der Beigeladenen nicht enthalten. Weiterhin ist festzustellen, dass in den Pos.

1.20.2 und 1.33.1 produktidentifizierende Angaben (Geräte- und Herstellerangaben) nicht angegeben sind. Diese wurden von der Beigeladenen mit Fax-Schreiben vom 26.01.2004 nachträglich beigebracht. Ferner hat die erkennende Kammer festgestellt, dass in der Pos.

1.34.1A der geforderte Einheitspreis fehlt und in einer Vielzahl von Leistungspositionen (vgl.

z. B. Pos. 1.24.2, 1.31.6 und 1.18.1) der ursprünglich eingetragene Einheitspreis durch mehrfaches überschreiben ohne entsprechendes Signum unkenntlich gemacht wurde.

Ebenso stellte die Kammer fest, dass dem Angebot der Beigeladenen ein Begleitschreiben beiliegt, in dem die Bieterin ausdrücklich darauf hinweist, das sie in den Pos. 2.03.1 und 2.08.1 von den Forderungen des Leistungsverzeichnisses abweicht.

Die Antragstellerin vertritt die Auffassung,

dass die Wertung der Angebote rechtsfehlerhaft erfolgt sei. In Ihrer Begründung stützt sie sich voll inhaltlich auf ihr Rügeschreiben.

Die Antragstellerin beantragt,

der Antragsgegnerin aufzugeben, die Beigeladene als nicht geeignet zu be- werten und das Angebot auszuschließen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung,

dass die Wertung der Angebote rechtmäßig erfolgt sei. Nach den vorliegenden Handelsregisterauszügen werde die ... AG durch den Vorstand Herrn ..., Herrn

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4 Frau ... vertreten. Die Fa. ... GmbH verzeichne als persönlich haftende Gesell- schafter Frau ... sowie Herrn ... Dementsprechend handele es sich um eine Kon- zerntochter der Firma ... AG. Dies gehe auch aus der dem Angebot beigefügten Fir- menbroschüre hervor. Danach sei die Fa. ... AG als übergeordnetes Unternehmen einzustufen, wobei sich die Fa. ... GmbH mit der Produktion der Krankenhausmöbel befasse.

Ausdrücklich sei bei der Angebotsabgabe darauf abgestellt worden, dass die Fa. ...

GmbH ein Unternehmen der ... AG sei. Dementsprechend müsse man davon ausgehen, dass es sich hierbei um ein verbundenes Unternehmen handele. Die Beanstandungen der Antragstellerin gingen daher ins Leere, da es sich bei der Fa. ... nicht um einen Nach- unternehmer, sondern um eine Konzernverbundstochter handele. Ein Ausschlussgrund liege nach ihrer Auffassung demnach nicht vor.

Auf diesbezügliches Hinterfragen durch die Kammer, teilte die Antragsgegnerin mit, dass die Beigeladene dem mit der inhaltlichen Prüfung sowie der Eignungsprüfung beauftragten Büro durch andere Projekte bekannt sei. Des Weiteren habe sich das Klinikum durch direkt mit der Beigeladenen abgewickelte Projekte selbst von ihrer Eignung überzeugt. Mit der Abgabe des Angebotes sei anhand eines beiliegenden Selbstdarstellungsprospektes die Konzernstruktur dargestellt, in denen die einzelnen Aufgaben der Konzerntöchter demonstriert werde. Es habe zum Zeitpunkt der Auswertung keinen Grund gegeben an den Angaben zu zweifeln.

Die Abweichungen in den Pos. 2.03.1 und 2.08.1 seien gegenüber den in der Ausschreibung geforderten Bedingungen nach technischer Prüfung als geringfügig einzustufen. Eine Gleichwertigkeit der angebotenen Artikel gegenüber der Ausschreibung in Funktionalität und Qualität sei gegeben.

Der in Pos. 1.34.1A fehlende Einheitspreis sei damit zu begründen, dass die ausgeschriebe- ne Leistung durch den Betrieb nicht lieferbar sei.

Die Alternativposition werde aus konstruktiven Gründen nicht zur Vergabe vorgeschlagen, da die Ausführung der Alternative einen erheblichen Mehraufwand bzgl. bauseitiger Vorleistun- gen ergeben hätte.

Die Nachforderung der angebotenen Fabrikate und Modelle sei im Rahmen der Auswertung der Angebote zur Klärung von technischen Details erfolgt.

Den Beteiligten ist in der mündlichen Verhandlung Gelegenheit gegeben worden, ihren Vor- trag zum Sachverhalt und zur rechtlichen Würdigung zu ergänzen.

Durch Beschluss vom 23.03.2004 ist die Bieterin ... AG zum Verfahren beigeladen wor- den. Sie ist über den Sinn und Zweck der Beiladung informiert worden. Insbesondere hat man sie darüber belehrt, dass sie, wenn das Verfahren hier abgeschlossen ist, sich in glei- cher Sache nicht noch einmal beschweren könne. Ihr ist dargelegt worden, dass sie die Mög- lichkeit habe, sich hier zur Sache zu äußern und damit Einfluss auf das Verfahren nehmen könne.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt, zum Vortrag der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung und die vorgelegten Ver- gabeakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag der Antragstellerin ist zulässig und begründet.

Die sachliche Zuständigkeit der Vergabekammer richtet sich nach § 100 GWB bzw. Ab- schnitt II Abs.1 - Einrichtung und Zuständigkeit der Vergabekammer - des Runderlasses des Ministeriums für Wirtschaft und Technologie (MW) – Richtlinie über die Einrichtung von Ver-

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gabekammern in Sachsen-Anhalt – vom 04.03.1999-63-32570/03, geändert durch Runder- lass des MW vom 08.12.2003 -42-32570/03. Der Nachprüfungsantrag wird im Rahmen eines Vergabeverfahrens erhoben, welches einen Bauauftrag i.S. von § 99 Abs. 1 und 3 GWB zum Gegenstand hat.

Bei der ausgeschriebenen Leistung „Umbau und Erweiterung des Untersuchungs- und Be- handlungstraktes (BA 1B) des Klinikums ...“ handelt es sich um eine Bauleistung im Sinne § 1a VOB/A Fassung 2002. Da der Gesamtauftragswert der Maßnahme die 5 Millio- nen Euro überschreitet, sind die Bestimmungen der a-Paragraphen zusätzlich zu den Basis- paragraphen anzuwenden.

Der Anwendungsbereich des 4. Teiles des GWB (§§ 97 ff) ist eröffnet. Die 1. Vergabekam- mer beim Landesverwaltungsamt ist nach Abschnitt I Abs. 2 der gemeinsamen Geschäfts- ordnung der Vergabekammern (vgl. Bek. des MW vom 22.01.2004 - 42-32570-17, MBl. LSA Nr. 8/2004 v. 23.02.2004) örtlich zuständig, da die Antragsgegnerin ihren Sitz innerhalb der Grenzen des Landkreises ... hat.

Die Antragsgegnerin ist Auftraggeber gemäß § 98 Nr. 2 GWB.

Die Antragstellerin ist gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt. Sie hat hinreichend darge- legt, dass ihr durch die Entscheidung der Antragsgegnerin, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen, ein Schaden zu entstehen droht.

Ihr Angebot umfasst die seitens der Antragsgegnerin einzig geforderte Referenzliste und ist demnach formell vollständig.

Die Antragstellerin hat ihrer Pflicht zur unverzüglichen Rüge gegenüber der Antragsgegnerin genügt.

Gemäß § 107 Abs. 3 GWB hat die Antragstellerin nach Erkennen des Vergabeverstoßes diesen unverzüglich bei der Vergabestelle zu rügen, um ihr damit Gelegenheit zu geben, ihr Handeln zu überdenken und so unnötige Nachprüfungsverfahren und die damit verbundenen Verzögerungen zu vermeiden. Dem hat die Antragstellerin genügt. Sie konnte der Kammer glaubhaft darlegen, dass sie anhand einer von ihr beantragten Wirtschaftsinformation erst am 23.02.2004 mündlich und per Fax-Schreiben am 26.02.2004 schriftlich durch die Fa.

... definitiv davon Kenntnis hatte, dass die Beigeladene sich gewerbsmäßig nicht mit der zu erbringenden Leistung befasse. Aufgrund der mündliche Information hat sie am glei- chen Tag Rüge erhoben.

Erfüllt ist ebenfalls das Erfordernis der Begründung gemäß § 108 Abs. 1 GWB. Zwar hat die Antragstellerin die Beschreibung der behaupteten Rechtsverletzung mit Sachverhaltsdarstel- lung und Bezeichnung der verfügbaren Beweismittel nicht explizit dargelegt, an das Former- fordernis des § 108 GWB dürfen jedoch keine übersteigerten Anforderungen gestellt werden.

Insbesondere können die Anforderungen nicht größer sein, als die an die Form des § 117 GWB, der sofortigen Beschwerde vor dem zuständigen Oberlandesgericht.

Diesbezüglich hat das Oberlandesgericht Düsseldorf, Geschäfts-Nr.: Verg 1/99, festgestellt, dass § 117 Abs. 2 Nr. 1 GWB ersichtlich dem § 66 Abs. 4 Nr. 1 GWB n.F. (= § 65 Abs. 4 Nr.

1 GWB a.F.) aus dem Kartellbeschwerdeverfahrensrecht nachgebildet ist (vgl. auch den in- haltlich entsprechenden § 519 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Zu § 66 Abs. 4 Nr. 1 GWB n.F. ist aner- kannt, dass der Antragsteller keinen Antrag mit tenorierungsfähigem Inhalt ausformulieren und stellen muss. Vielmehr genügt es für die Zulässigkeit der Beschwerde, wenn sich das Beschwerdebegehren aus der Begründung ergibt; ferner reicht auch die Bezugnahme auf einen Antrag aus, der - erfolglos - bei den Antragsgegnern gestellt worden war und deren Verfügung nunmehr mit der Beschwerde angefochten wird (vgl. Immenga/Mestmäcker/

Schmidt, GWB 2. Aufl., § 65 Rdnr. 13; vgl. auch die inhaltlich entsprechende Auslegung des

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6

§ 519 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Mit der Einreichung des Beschwerdeschreibens und den Darlegun- gen zum Verfahren, hat die Antragstellerin dem genügt.

Der Antrag ist begründet. Die Antragsgegnerin hat bei der Wertung der Angebote die Be- stimmungen über das Vergabeverfahren nicht eingehalten, auf deren Einhaltung die Antrag- stellerin einen Anspruch gemäß § 97 Abs. 7 GWB hat.

Ein Verstoß gegen die Bestimmungen des Vergabeverfahrens ist im vorliegenden Fall be- reits darin zu sehen, dass die Antragsgegnerin die formelle Prüfung nicht entsprechend den Forderungen der §§ 25 und 21 VOB/A durchführte. Sie hätte feststellen müssen, dass dem Angebot der Beigeladenen die geforderte Referenzliste nicht beiliegt, dass im Angebot pro- duktidentifizierende Angaben und ein Einheitspreis fehlen sowie Eintragungen nicht zweifels- frei sind.

Nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b) VOB/A sind Angebote auszuschließen, die den Forderungen des

§ 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A nicht entsprechen. D.h. Angebote müssen die geforderten Preise und Erklärungen enthalten und Änderungen des Bieters an seinen Eintragungen müssen zweifelsfrei sein. Dabei kann dahinstehen, ob das Fehlen des Eignungsnachweises gem. § 8 Nr. 3 (1) b VOB/A bereits zum Ausschluss des Angebotes der Beigeladenen führen muss, da das Angebot bereits aus zwingend anderen Gründen auszuschließen ist.

Die Annahme der Antragsgegnerin, dass technische Angaben zur Produktidentifizierung nachgereicht werden könnten, kann die Kammer nicht teilen. Verlangt die Vergabestelle mit den Vergabeunterlagen vom Bieter zulässigerweise produktidentifizierende Angaben (Gerä- te- und Herstellerangaben) für zur Verwendung bei der Auftragserfüllung vorgesehene Pro- dukte, ohne dass der Bieter diese Angaben mit seinem Angebot macht, so führt dies ohne Wertungsermessen der Vergabestelle zwingend zum Ausschluss. Denn ein transparentes, auf Gleichbehandlung aller Bieter beruhendes Vergabeverfahren ist nur zu erreichen, wenn lediglich Angebote gewertet werden, die in jeder sich aus den Verdingungsunterlagen erge- benden Hinsicht vergleichbar sind. Daran fehlt es, wenn das Angebot im Hinblick auf die feh- lenden Geräte- und Herstellerangaben letztlich nicht hinreichend bestimmt ist und sich damit der Vergleichbarkeit mit konkurrierenden Angeboten insoweit entzieht. Dem Angebot der Beigeladenen ist letztlich nicht zu entnehmen, ob sie mit den von ihr zur Verwendung vorge- sehenen Fabrikaten die abstrakten Anforderungen des Leistungsverzeichnisses wird erfüllen können, weil sie keine Angaben zur Identifizierung des Fabrikates gemacht hat. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die Antragsgegnerin laufe kein durch dieses Manko verursachtes Qualitätsrisiko, weil der Qualitätsstandard durch die detaillierten Vorgaben des Leistungsver- zeichnisses definiert werde und exakte Geräte- und Herstellerangaben daneben entbehrlich seien. Das mag so sein, gleichwohl hat die Antragsgegnerin verlangt, weil sie anhand des Angebotes selbst prüfen wollte, ob die von den Bietern angebotenen Fabrikate den ausge- schriebenen Erfordernissen gerecht werden. Dies ist kein vergaberechtliches unzulässiges Verlangen, dem die Beigeladene nicht mit dem Hinweis begegnen kann, dass die Unterlagen bei Abgabe noch nicht vorlagen und im Auftragsfall nachgereicht werden. Selbst wenn die Beigeladene die Auffassung vertritt, dass durch die Benennung des Fabrikates sich das Pro- dukt eindeutig identifizieren lasse, so kann sie mit dem Einwand, wenn sie Recht hätte, nicht mehr gehört werden. Wenn die Beigeladene nämlich die von der Antragsgegnerin geforder- ten Angaben auf der Basis der ihr vorliegenden Vergabeunterlagen nicht in der zur Verfü- gung stehenden Zeit beschaffen konnte, hätte sie dies unverzüglich rügen müssen. Die ver- gaberechtliche Relevanz dieser Umstände hat der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 18.02.2003 ausdrücklich bekräftigt.

Gleichfalls mangelt es dem Angebot an seiner Eindeutigkeit und am Fehlen eines geforder- ten Einheitspreises.

Ein nachträgliches Einholen fehlender Preise bzw. Ändern der Preise ist nicht statthaft, da dieses Vorgehen einen Verstoß gegen § 24 Nr. 3 VOB/A darstellen würde. Das Verbot der Verhandlung über das Angebot bzw. die Preise beinhaltet das Verbot des nachträglichen Verschaffens fehlender Preise (Ingenstau/Korbion, aaO, A § 25, 3 Rdn. 19).

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Diese Vorschriften gewährleisten die Vergleichbarkeit der Angebote und bilden damit die Grundlage eines ordnungsgemäßen Vergabewettbewerbs. Um diesen nicht in Gefahr zu bringen, dürfen Angebote und Angebotsverfahren in der Zeit zwischen Abgabe und Zuschlag nicht mehr geändert werden (Ingenstau/Korbion, Vor A §§ 21 ff. Rdnr. 2). Das Verbot der Abänderung von Preisen beinhaltet denknotwendig die Pflicht zur Eindeutigkeit der von den Bietern im Leistungsverzeichnis gemachten Angaben. Angebote sind deshalb so abzufas- sen, dass sie nachträglich nicht mehr verändert werden können. Sie müssen die geforderten Preise und Erklärungen in eindeutiger und zweifelsfreier Weise enthalten. Ob dies der Fall ist, ist nicht nach wirtschaftlichen, sondern nach rechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen (Ingenstau/Korbion Vor A §§ 21 ff. Rdn. 3). Zweifel an der Eindeutigkeit der Preise bestehen vor allem bei Durchstreichungen, bei „berichtigten“ Zahlen (wie z. B. durch Gebrauch von

„Blanko- fluid“) sowie bei Änderungen vom Bieter geforderter Erklärungen.

Die Bieter dürfen zwar an ihren eigenen Eintragungen in den Angebotsunterlagen Änderun- gen vornehmen, jedoch muss nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A zweifelsfrei erkennbar sein, was gemeint ist. Ein Angebot mit zweifelhaften Änderungen darf in die Wertung nicht einbezogen werden, sondern muss nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b) VOB/A ausgeschieden werden (Heiermann/ Riedl/ Russam, Handkommentar zur VOB, 8. Aufl. 1997, A § 25.6 Rdn.

130). Dabei muss die Abänderung inhaltlich eindeutig sein, den Abändernden unzweifelhaft erkennen lassen sowie den Zeitpunkt der Abänderung deutlich machen. Dies ist bei bloßen Durchstreichungen oder mehrfachen überschreiben ohne namentliche Abzeichnung samt Datumsangabe nicht gegeben.

Im Übrigen erfüllt die Beigeladene mit ihren angebotenen Fabrikaten nicht die geforderten Parameter des Leistungsverzeichnisses. Die Antragsgegnerin hat in den Vergabeunterlagen für alle Bieter verbindliche technische Daten vorgegeben. In diesem Zusammenhang ver- weist die Kammer auf die Positionen 2.03.1 und 2.08.1, worin ein Katheterrahmen zur Auf- nahme von 15 Katheterboxen bzw. ABS-Körbe 30 x 40 x 20 cm/ABS-Module 30 x 40 x 10 cm gegenüber den Anbietern abgefordert wird, während die Beigeladene lediglich einen Ka- theterrahmen zur Aufnahme von 9 Edelstahl-Katheterboxen bzw. einen Drahtkorb 30 x 40 x 18 cm / ABS-Korb 30 x 40 x 10 cm anbietet.

Ein verminderter Leistungsumfang erfüllt nach Auffassung der Kammer nicht den von der Antragsgegnerin verfolgten Zweck der Ausschreibung. Bietervorschläge, die den quantitati- ven oder qualitativen Anforderungen der Antragsgegnerin nicht entsprechen, können nicht gleichwertig sein. Ein nicht gleichwertiges Angebot kann grundsätzlich nicht in der Wertung verbleiben, da anderenfalls damit stets eine Wettbewerbsverzerrung einhergehen würde.

Angebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen oder diese abändern, sind nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A auszuschließen.

Von besonderer Bedeutung ist nach Auffassung der erkennenden Kammer, dass eine ver- gaberechtskonforme Anerkennung der Gleichwertigkeit eines niedrigeren Angebotsniveaus durch den Auftraggeber stets als gesichert voraussetzen würde, dass nicht ein anderer An- bieter in Kenntnis des Umstandes des abänderbaren Leistungsstandards, ein noch günstige- res Angebot abgegeben hätte. Ansonsten wären die Bieter der Willkür des Auftraggebers ausgeliefert, wenn dieser nachträglich die als bindend festgelegten Anforderungen des Leis- tungsverzeichnisses ändern könnte.

Soweit die Antragsgegnerin und die Beigeladene den Standpunkt vertreten, dass die Beige- ladene bereits in den Angebotsunterlagen dokumentiert habe, dass sie die Leistungen mit einer im Konzern verbundenen Tochtergesellschaft erbringe, kann die Kammer dem nicht folgen. Weder aus der beigefügten Anlage „ ... AG“ noch aus dem im Angebot befindli- chen Handelsregisterauszug sowie den übrigen beigefügten Nachweisen ist für die Kammer ersichtlich, dass die Leistung gemeinsam mit der Firma ... GmbH erbracht werden soll.

Demzufolge ist die Beigeladene dem Erfordernis eines Nachweises der tatsächlichen Verfü- gungsgewalt über die Kapazitäten einer konzernverbundenen Tochter, die sie innerhalb der Angebotsfrist hätte führen müssen, nicht nachgekommen. Hier verkennen sowohl die An- tragsgegnerin als auch die Beigeladene, dass ein nachträgliches einreichen entsprechender Vereinbarungen möglich sei.

Das Fehlen der Eignung zum Zeitpunkt der Submission führt grundsätzlich zum Ausschluss eines Angebotes. Auch nach Auffassung des OLG Naumburg (vgl. Beschluss 1 Verg 7/00

(8)

8 vom 01.11.2000) ist eine Ergänzung fehlender Unterlagen (nach Ablauf des durch den Auf- traggeber bestimmten Vorlagetermins), die dazu dienen sollen, nachträglich die Eignung der Bieter oder die Inhalte der Angebote zu vervollständigen, nicht zuzulassen.

Aus den vorstehend genannten Gründen war der Antragsgegnerin zu untersagen, auf das Angebot der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen und ihr aufzugeben, die Wertung der Angebote zu wiederholen. Dabei wird die Antragsgegnerin die Rechtsauffassung der Verga- bekammer zu beachten haben, d.h. die formelle und inhaltliche Prüfung ist entsprechend den Vergabevorschriften durchzuführen.

III.

Kosten

Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 3 GWB. Die die Antragsgegnerin hat die Kos- ten des Verfahrens zu tragen.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin war angesichts der sach- lichen und rechtlichen Schwierigkeiten des Falles notwendig, § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG).

Gemäß § 128 Abs. 3 GWB sind die Kosten des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabe- kammer von demjenigen bzw. denjenigen zu tragen, die im Verfahren unterliegen. Für die Beurteilung des Obsiegens bzw. Unterliegens eines Beteiligten ist allein der Ausgang des Nachprüfungsverfahrens im Verhältnis zu dem von ihm gestellten Antrag in diesem Verfah- ren maßgeblich. In diesem Nachprüfungsverfahren wird dem Antrag der Antragstellerin statt- gegeben, zugleich hat aber die Antragsgegnerin ihr Antragsziel, nämlich den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen erteilen zu können, nicht erreicht. In der mündlichen Ver- handlung hat die Kammer ausdrücklich vor Antragstellung nochmals dargelegt, dass das Angebot der Beigeladenen die formellen Voraussetzungen nicht erfüllt. Eine Veränderung zum schriftsätzlich angekündigten Antrag der Antragsgegnerin erfolgte daraufhin nicht, ob- wohl ihr dieser Umstand schon aufgrund ihres Wissens um den Inhalt der Verfahrensakte hinreichend bekannt sein musste (vgl. Beschluss des OLG Naumburg vom 28.09.2001 - 1Verg 9/01). Der Antragsgegnerin war somit die Kostenlast aufzuerlegen.

Die Höhe der Gesamtkosten für das Verfahren 1 VK LVwA 01/04 beläuft sich hier auf ... €,

§ 128 Abs. 1 Satz 1 GWB. Die Kosten gliedern sich auf in Gebühren in Höhe von ... € (§ 128 Abs. 2 Satz 2 GWB) und Auslagen in Höhe von ... € (§ 128 GWB i.V.m. § 10 VwKostG LSA).

Die Einzahlung des Betrages in Höhe von ... € hat nach Eintritt der Bestandskraft des Beschlusses durch die Antragsgegnerin unter Verwendung des Kassenzeichens 3300-...

auf das Konto ... bei der Landeszentralkasse - LZK-Dessau -, Bundesbank Magdeburg BLZ 810 000 00 zu erfolgen.

(9)

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen den Beschluss der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig, § 116 Abs. 1 GWB. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit Zustellung des Beschlusses beginnt, beim Oberlandesgericht Naumburg, Domplatz 10 in 06618 Naumburg, einzulegen, § 117 Abs. 1 GWB.

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebe- gründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit der Beschluss der 1. Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird sowie die Tatsachen und Beweismittel bezeichnen, auf die sich die Beschwerde stützt, § 117 Abs. 2 GWB.

Die Beschwerde muss durch einen bei einem Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unter- schrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, § 120 Abs. 1 GWB.

Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist, § 118 GWB.

gez. Thomas gez. Katzsch gez.Paul

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