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Wo wächst der Soma?
Von R. Roth.
Könnte der Wohnort einer Pflanze nachgewiesen werden, auf
welche aUe Züge passen, die uns von dem Kraute bekannt sind, aus
welchem die beiden arischen Völker einst den Trank gewannen,
welchen sie den Saft im ausgezeichneten Sinn: Soma nannten,
so wüssten wir, wohin wir ihre Urgeschichte zu verlegen hätten.
Denn der Sorna war kein Malvasier, den man im Süden ei-ziehen
und im Norden trinken kann. Weder Kraut noch Saft ertrugen
die Aufbewahrung. Sein Gebrauch als Genussmittel für Menschen
wie im Dienst der Götter war also "nur da möglich, wo er wuchs,
oder in geringer Entfemung davon.
Man könnte sich wundem, dass nicht seit Jahrzehnten schon
Versuche gemacht wurden diesem geographischen Fingerzeig für die
Ursprünge jener Völker nachzugehen. Schon im Jahr 1842, als
J. Stevenson seine Uebersetzung des Sämaveda herausgab, der ja
voll von Soma ist, und noch mehr 1848, als Benfeys Bearbeitung
desselben Buchs ans Licht trat, die wir als einen ersten Sieg über
die Schwierigkeiten des Veda begi-üssten — schon dannds hätte
sich uns die IVage nach der Herkunft des Soma aufdrängen sollen,
imd die Erwägung, wie bedeutende Folgerungen an ihre Beant¬
wortung sich knüpfen.
Einestbeils sah man aber damals nicht klar genug, welche Bedeu¬
tung diesem seltsamen Saft wirkhch zukommt. War er nur im
Gottesdienst gebraucht und in kleinen Mengen getrunken, so konnte
er sein was er wollte. Schmeckte er noch so abscheulich, so ver¬
mochte der Glaube und Aberglaube ihn dennoch in Nektai- umzu¬
wandeln, und hätte ihm jede Spur herzerfreuender Wirkung gefehlt, so war der religiösen Phantasie zuzutrauen, dass sie ihm die beseli¬
gendsten Einflüsse andichtete. Es war noch nicht deutlich geworden,
dass die Sache ganz anders lag, dass der Soma für die Arier war,
was fttr andere Völker der Wein war und ist, dass sein Besitz
allgemein gesucht und geschätzt war.
Rolli, wo wäschst der Sorna f 135
Anderenthuils hätte ein Yersuch zu seiner Entdeckung kauui
Aussicht auf Gehngen gehabt. Die Länder im Norden Indiens, in
welchen man die Heimath der Arier sich dachte, waren fast unzu¬
gänghch wegen der Gefahren, die von ihren Bewohnem drohten.
Nur vereinzelte Beisende wagten da uud dort einen Streifisug.
Beide Umstände haben vor vierzig Jahren und noch lange nach¬
her zusammengewirkt,' um eine wirkliche Suche nach dem Soma weder
als möghch, noch auch um- als wichtig genug erscheinen zu lassen.
Ich habe in der Abhandlimg über den Soma, welche vor etwa
drei Jahren in Band 35 dieser Zeitschrift S. G80 ff. veröffentlicht
ist, alles was wir heute von Pflanze und Saft wissen, nicht nach
Legenden und Fabeln , sondem aus praktischen Gesichtspunkten
zusammengesteUt und erläutert, und bei diesem Anlass auf die
gänzlich veränderte politische Lage der Länder am Oxus und Jaxartes weisend die Hoffnung ausgesprochen, dass auch die Lösung der Soma-
frage im Gefolge der Durchforschung dieser Gebiete für Zwecke
der Verwaltung gefunden werden könnte.
Als kurz darauf die Kunde von den Belsen des in mssischem
Auftrag stehenden Botanikers Dr. Albert Begel zu uns drang,
habe ich mir erlaubt — im Juni 1882 — die Kaiserhche Akademie
der Wissenschaften in St. Petersburg auf den Gegenstand aufmerk¬
sam zu machen und anzuregen, ob es sich nicht empfehlen würde.
Beisende , die im Auftrag oder mit Unterstützung der kaiserhchen
Begierung die Länder am oberen Sir und Amu Darja oder deren
Zuflüssen besuchen, dahin zu instmiren, dass sie auf das Vorkommen einer Pflanze von der Art des Soma achten und den Befund mittheUen.
Die hohe Akademie hat ihre Vermittlung nicht versagt und
geeignete Anordnungen getroffen.
Die Hof&iung, dass die Somapflanze überhau|)t noch lebe, habe
ich in der angeführten Abhaudiung S. 683 darauf gegründet, dass
das Kraut einst auf den Höhen wuchs, somit auch an Unzugänglichen Olsten, und deshalb selbst beim rücksichtslosesten Sammeln nicht so zerstört werden konnte, dass es im Laufe der Jahrtausende, seitdem
man nicht mehr Soma trinkt, sich nicht soUte wiederhergesteUt
haben. Wir wissen freilich von einer Pflanze, die im griechischen
Alterthum eben so hoch geschätzt war, wie der Soma im arischen,
die Irähzeitig schon ganz ausgestorben zu sein scheint, vomSilpbion.
Dieses kostbare mit Silber aufgewogene Kraut wuchs aber, wenn
auch im Hügelland, doch nicht anf Berghöhen, lebte nur ineinem
Landstrich in der Kyrenaika, wurde nicht blos von Wurzelgräbern
verfolgt, sondem wich auch zurück, wie Theophrast bezeugt, vor der
Nachbarschaft des Bauem und des Hirten. Während ferner bei dem
Silphion die Wurzel der werth vollste TheU war, der Sammler also
am liebsten die ganze Pflanze tödtete, war die Wui-zel des Soma-
krauts nutzlos. Die Aemte des Ariers kostete der Pflanze, falls sie perennirte — was wahi-scheinlich ist — nicht nothwendig das Leben.
Ich bin also der Ansicht, dass der Botaniker, der dem Sorna nach-
186 Roth, wo w&chst der Sorna f
geht, kemeswegs, wie das indische Bild sagt, die goldene Gazelle
zu erjagen sucht. Der Soma lebt wohl noch , aber es gilt ihn zu
finden. Inzwischen bin ich mit Herm Dr. Regel , der im vorigen
Jahr in Baldschuan, etwa 200 engl. Meilen südlich von Taschkent
stationirt war, bereits die Gebirgslandschaften von Hissar, Darwäz, Roschan und Schugnän besucht hatte, selbst in Briefwechsel getreten
und kann aus seinen Briefen zwar nicht von Entdeckimg des Soma
erzSMen, aber doch andere wissenswertbe Mittheilungen machen, die
auf Anschauung der Oerthchkeit bemhen.
Dr. Regel sagt in einem Brief vom 17. Januar d. J.: „Wenn
ich das was ich Ihnen über die Somafrage geschrieben hatte , und
was ich vorher Herm von Maximowicz in einer ausführhchen Zuschrift
mittheilte, mit Ihren neuesten Angaben zusammenhalte, so komme
ich immer mehr zur Ueberzeugung, dass die Somapflanze auf
dem bisher von mir durchsuchten Gebiet, nämhch dem ganzen Gebiet
zvnschen Syr und Amu, das in seinen hauptsächlichsten Erscheinungen
nunmehr bekannt ist, nicht aufeufinden sei. Am nächsten käme
noch der Rhabarber zu der Beschreibung zu stehen, um so mehr,
da die Tadschikstämme mit demselben den Begriff des Zuckers
(schuguri) verbinden. Aber natürhch hefert die Pflanze für sich
kein berauschendes Getränk und von Mischungen weiss man nichts'.
„Eigenthche Asklepiadeen giebt es hier nicht, wohl ebenso¬
wenig dem Sarcostemma ähnUche Pflanzen. Ueber den ganzen Vor¬
rath von Euphorbien Pemlaceen (auch Sumbul) gelbblumigen Compo¬
siten, über Hanf und andere sowieso nicht znr Beschreibung passende
habe ich mich schon Herm von Maximowicz gegenüber verneinend
ausgesprochen, und die Anfrage wegen der Zwiebelgewächse, die
wegen ihrer Bereitungsart etwa in Frage kämen, war ebenfaUs zu
vemeinen"
„Das Gebiet, welcbes nun zunächst in Frage kommt, ist der
Hindukusch. Seine westhchen Ausläufer sind in botanischer
Beziehung wenig bekannt, und gänzhch unbekannt ist der Nord¬
abhang seines mittleren Gebiets und ein Theil des Südabhangs*.
„Es hat sich enviesen, dass das Alaisystem und der Westrand
der Pamir bis gegen Darwäz, Schugnän und Wachan hin eine ziem-
1) Dr. R. spricht namentlich von einer hiibschen Fritillaria (Kaiserkrone), deren Knollen in einer Weise verwandt werdeu, diu an den Soma erinnem könnte. Sie heisst halman oder laimyu, kommt auch im Kokanischen unter dem Mamen algxU vor. Die ersten Benennungen klingen an das lialtmü unserer Wörterbücher au. Desgleichen ist eine weitere schöne Pflanze mit ansehnlichen Zwiebeln und gelblichen Blüthen, amankara geuannt, die Lycoris Sewerzowi, wenigstens als Heilmittel hochgepriesen. In seinem jUngsten Schreiben erwähnt Dr. R., dass nach Ansicht eines gründlichen Kenners von SUdtnrkestan, des Herm Wilkens, eines Zoologen, der Sorna das Peganum harmala sei, äussert aber sofort seine Bedenken dagegen. Diese auch ausserhalb Turkestans vor¬
kommende, zu den Rutaceen gehörige Pflanze entbehrt durchaus der Süssigkeit und der SaflfUlle, welche der Somapflanze eigen gewesen seiu muss.
Roth, too wächst der Stmaf 137
lieh gleichförmige mid mehr oder weniger arme Flora besitzen.
Dagegen bin ich am Südrande von Ostbuchara imd an der West¬
grenze von Badachschan anf Floren gestossen , die sich durch eine
Menge neuer und üppiger Formen auszeichnen. Es ist sehr wahr¬
scheinhch, dass sich diese Florengebiete dem des Hindükusch anreihen.
In diesem FaU hatte der Hindukusch nur weniges mit dem Haupt¬
gebiet zwischen den beiden Strömen gemein, böte also in der That
ein Feld zur Aufsuchung der Somapflanze*.
„Hier kommt aber die ethnographische Frage über die Hindu-
kusch-Bevölkerung in Betracht. Der interessanteste und zugleich
dem Vernehmen nach in der üppigsten Urwaldnatur angesiedelte
Theil derselben ist der heidnische Stamm der Kafir Siahpusch, über
den nns auch die neuesten eingeborenen indischen Missionare nur
ungenügende Nachrichten gebracht haben, deneu sogar ich im Stande
wäre einiges beizufügen".
„Soviel bis jetzt über deren Sprache bekannt ist, steht dieselbe
den aborigenen Tadschiksprachen von Tschatral und Minschan nahe.
Es gibt aber auch die andere Ansicht, dass die Kafir indischen
Stämmen am nächsten stehen". Im letzteren FaU, glaubt Dr. Regel, würde die Auffindung einer Somapflanze in ihrem Gebiet eine weniger weitgreifende Bedeutung haben.
Ich bin jedocb der Ansicbt, dass sich die Wichtigkeit des Fundes
dadurch um nichts verminderte. Es ist ganz gleichgütig, ob heute
iranische oder indische Stämme ein Land bewohnen, in welchem vor
vier Jahrtausenden Arier gesessen haben. Ja es ist überhaupt nicht
nothwendig, dass eine Somalandschaft noch heute von Abkömmlingen
der Arier bewohnt wäre. VieUeicht trinken heute Usbeken ihren
Kumys in den Thälem, wo man einst in Soma sich gütlich that.
Einer wissenschaftlichen Untersuchung des Hindukusch vom
Norden her stellen sich bei der Antagonie Englands und Russlands
grosse Schwierigkeiten entgegen. Dr. Regels Ansicht ist aber, 4ass
bei den Fragen über Wanderungen der Arier weit ausgedehntere
Gebiete als das Land um und zwischen den Strömen in Betracht
kommen, und zwar nicht blos der ganze Strich längs der tibetischen Südgrenze, sondem sogar hinterindische Gebiete. Hieran veranlassen ihn unter anderem eigenthümhche Völkerreste, die sich am Amudarja
vorfinden und als Zigeuner bezeichnet werden. Der Name, den
dieses Volk für Wasser gebraucht: mainam oder mainau, erinnert
ihn an Hinterindien. Er schUdert diese Leute als höchst argwöhnisch
und abgeneigt sich auf Mittheilungen einzulassen. Sie gelten fm-
Heiden.
Ausserdem wären nach Dr. Regel für die Wandeiimgen der
Indogermanen überhaupt das ganze Thianschangebiet und wohl
ein TheU der Altailänder nicht ausser Acht zu lassen.
Einen eigenthüinlichen Tfank hat derselbe im Wachiathal kürz¬
lich aulgefunden, einer Landschaft an der HauptqueUe des Wachsch
Flusses (der dem Oxus seinen Namen gab) südhch von Kai-ategin
138 Roth, wo wächst der Somat
und westlich vom See Karakul wurde üun eine Gehölzart gewiesen,
deren Bast abgeschält und einen Tag in das Wasser gelegt wird,
bis dieses sich gelb färbt. Darauf wird .die Flüssigkeit mit Müch
versetzt. Der Trank soü Verdauung und Ausleerung befördern und
es wird demselben eine gewisse Wichtigkeit beigelegt. Die Pflanze
heisst chobak (was ja nnr Stock, Stecken bedeutet) und schien
Dr. Regel eine strauchförmige Fraxinus zu sein.
Die Bewohner des genannten Thaies bieten eine rein indoger¬
manische Erscheinung dar , sind häufig blond , breitwüchsig , klein, sprechen reinen ostpersischen Dialekt. Sie betrachten sich als abo¬
rigines und werden von den Hissarem für ihre Stammeltem gehalten.
Dr. Regel war eben daran, wie er sagt, nochmals einen Ver¬
stoss zu wagen, wenn auch unter sehr schwierigen Umständen.
Die Richtung desselben könne er vorderhand nicht angeben ; während
gleichzeitig die AUgemeine Zeitung Nr. 19 imd 58 als das Ziel
seiner Forschungsreise die wüsten Pamirlandschaften bezeichnet.
Möge ihm die Regierung kräftig unter die Arme greifen! Er ist
orientirt wie wenige, mit Sitten und Sprachen bekannt und im
Reisen geübt.
Es scheint mir, dass die geographische Lösung der Somafrage
gerade jetzt erwünscht käme, wo die indogermanischen Ur¬
sprünge mit neuem Eifer besprochen werden und die Gegenströmung gegen die bisherigen Ansichten, die Behauptung emes em-opäischen Ursprungs in annehmbarerer Form und mit besseren Gründen auftritt,
ais zu Anfang. WoUte man zuerst uns glauben machen, dass unsere
Urväter in russischen Sümpfen und Steppen gewachsen seien, wird
jetzt ihre Wiege immer mebr in die Mitte Em'opas geschoben.
Deutschland selbst, mit einem Theüe von Frankreich, ist die officina
gentium gewesen , vne uns vor kurzem Franz von Löher in
einem geistreichen Vortrag über Alter, Herkunft und Verwandtschaft
der Germanen mit einer FüUe von Kenntnissen, Anschauungen aus
dem Leben der Völker und sprachlichen vne geschichthchen Com¬
binationen wahrscheinhch zu machen suchte. Sitzungsberichte der
philosophisch - phüologischen Classe der k. B. Akademie d. WW.
München 1883. S. 593—633. An die SteUe der Indogermanen
ti'eten jetzt Germanoinder. Die Inder sind das Ende. Die am
weitesten gewanderten, die Arier, sind darum auch, wie von Löher
sie ansieht, die am meisten entarteten.
Wer den Veda kennt, wird vor aUem anderen dieser Ansicht
widersprechen, faUs sie vrirkhch von den Ariem, wie man aus dem
Zusammenhang schhesst, nicht etwa von den heutigen Indem gelten
soll. Die Arier des Veda sind ächte Brüder der Germanen des
Tacitus. Sie hätten, wären sie von Germanien bis ins Fünfstrom¬
land gewandert, nichts von ihren germanoindischen Eigenschaften
eingebüsst. Auch hat sie die Natur ihrer südlicheren Wohnsitze
nur langsam verderbt, denn noch zu Alexanders Zeit sind die indi¬
schen Stämme, mit welchen er es zu thun hatte, ein grosser Menschen-
Roth, IDO wächst der Sorna f 139
schlag und die tapfersten Männer Asiens gewesen, die selbst jenem
kriegsgewohnten Heere und dessen Führern Achtung einflössten.
Das sagt uns Arrian in seiner Anabasis V, 4.
In dieser Ebbe nnd Fluth der Ansichten wäre wenigstens e i n
fester Punkt gefunden , wenn es glückte eine Landschaft nachzu¬
weisen, welche daranf Ansprucli hätte Mutterland der beiden Arier
zn sein, ünd diesen Anspmch hätte die Somalandschaft. Mir scheint
der Zusammmenhang des Volkes mit diesem Erzeugniss seines Bodens
so unzweifelhaft , dass ich sogar denen , welche noch immer für
Medien imd den Südrand des kaspischen Meeres als die Geburts¬
stätte des Ormazdglaubens — wie mir scheint mit schwachen Gründen
— streiten, gewonnenes Spiel gäbe, falls sie dort, und nur dort,
den Soma aufwiesen.
Mehr wäre freilich mit jenem festen Punkt für die Wanderungs¬
frage nicht gewonnen als zunächst eine Station des Weges. Ist
aber nicht auch dieser Gewinn schon höchst erhebhch? Und viel¬
leicht hesse sich an der Fussstapfe erkennen, wohin sie weist oder
woher der Wanderer kam, von Osten oder von Westen.
Dem Hindukusch aber, der — nach der Theilung der dortigen
Welt — in den britischen Beutetheil fäUt, wünschen wir ebenfalls
Forscher wie Dr. Regel auf der mssischen Seite. Um den Soma
zu finden braucht man übrigens nicht Botaniker zu sein. Die Pflanze
müsste an ihrer Saftfülle von jedem Auge erkannt werden.
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Amuletum.
Von J. Gildemeister.
Eine Anfrage über die Zulässigkeit der jetzt landläufigen Ab¬
leitung des Wortes amuletum aus dem Arabiscben veranlasste
Folgendes niederzuscbreiben, das einen eingevnirzelten Irrthum aus¬
zurotten vielleicht auch in weiterem Kreise beitragen kann.
Der erste, welcher eine solche aufstellte, war der Hofdolmetscb
v. Hammer, der bekanntUch mannichfache Einfälle in den ver¬
schiedenen Bedeutungen dieses Wortes hatte. Im Jahr 1814 (Fund¬
gruben des Or. FV, 156) behauptete er, amuletum stamme von dem
arabischen hamalet, ohne dass ihn kümmerte, dass dies Wort Ob-
liegenheä bedeutet. Er musste wenigstens himälet sagen, wodurch
freiUch der Gleichklang einen Stoss erhtten hätte , oder vielmehr statt jener türkischen Aussprache das reine kimäla anwenden, welche
Absolutform bei aUen directen Üebergängen in das Romanische zu
Grunde liegt (vgl. Engelmann-Dozy). Diese Etymologie wnrde jedoch
ÜberaU, in Wörterbüchem (selbst noch in Georges lateinischem
von 1879), in Encyclopaedien (Grotefend bei Ersch 1819 scheint
sie populär gemacht zu haben) und sonst bis auf die Conversations- lexica herab, sorglos nachgeschrieben.
Später und ohne Beziehung auf diesen Versuch schlug ein
Arabist von ganz anderem Schlage einen etwas anderen Weg ein.
Dozy Oosterlingen 1867 p. 13. Gloss, des mots Esp. 1869 p. 341
s. V. tahali dachte an die Form hamdü. Diese bezeichnet in der
alten Sprache ausschliesslich das Schwertgehänge und ist eigenthch eine stets als Singular (z. B. Ham. 469, V. 3. 741 V. 6 und Schol.
Tahmän ed. Wright 87, 4 v. u.) gebrauchte Plural- oder CoUectiv-
form. Die aus Palmfasem verfertigten der Nomaden, wie ein solches
auch Omar zugeschiieUen wird (Ibn Tik^aka 33, 17), bestanden
nothwendig aus mehreren Strängen. Grammatiker suchten dazu
eine Singularfonn und fanden sie in himäla und hamila, die aller¬
dings in Gebrauch ist (Tibr. zu Ham. 39, V. 3). Schon NGS chroeder
De vest. mul. 1735 p. 170 übersetzt hatndü durch amuletum, ohne
dass ersichtlich ist, ob mit etymologischem Nebengedanken, jeden¬
faUs an dieser SteUe mit Unrecht, da sie besagt, dass des Mannes