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Immer müde?

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Ein niedriger Blutdruck gilt in Medizinerkreisen eigentlich gar nicht als Krankheit. Betroffenen kann er das Leben allerdings recht schwer machen.

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amit alle Organe im er- forderlichen Maß mit Sauerstoff und Nähr- stoffen versorgt werden und Wasser- und Elektrolythaushalt stimmen, bedarf es eines funktionie- renden Blutkreislaufs. Ein ausreichen- der Blutdruck im arteriellen Gefäß- system ist nötig, damit frisches Blut überhaupt bis in diese kleinsten und engsten Gefäße gelangt. Die Höhe des Drucks wird durch zwei Faktoren bestimmt: die Menge Blut, die das Herz pro Minute durch den Körper pumpt (Herzzeitvolumen) sowie den physikalischen Widerstand, den die Gefäße durch ihre Wandspan- nung dem strömenden Blut entge- gensetzen: Enger gestellte Adern bieten einen höheren Widerstand und erhöhen so den Druck, mit dem das Blut fließt.

Blutdruckregulation Für Aufrecht- erhaltung und Anpassung des Blut- drucks an den wechselnden Bedarf sorgen verschiedene Steuerungsme- chanismen. So messen Druckrezep- toren (Barorezeptoren) in den Schlagadern den Grad der Dehnung der Aortenwand als Maß des Drucks, den das fließende Blut auf die Gefäß- wand ausübt. Veränderungen werden an das Kreislaufzentrum im Gehirn übermittelt, welches die verschiede- nen ankommenden Informationen abgleicht und je nach Bedarf reagiert.

Einem Blutdruckabfall steuert es durch Nervensignale entgegen, die für eine höhere Herzfrequenz sorgen.

Zusätzlich kommt es zu einer Aus- schüttung von Botenstoffen wie Adre- nalin, das für Gefäßverengung in kleineren Gefäßen und Venen sowie eine beschleunigte Herztätigkeit sorgt und so den Kreislauf stabilisiert.

Der Blutdruck unterliegt einer tages- zeitlichen Rhythmik. Durch Aufre- gung oder Stress kann er steigen.

Auch Reize wie Schmerz, Kälte, Wärme, Lärm und auch Nahrungs- aufnahme sowie körperliche An- strengung haben einen Einfluss auf seine Höhe.

Als systolischen Wert bezeichnet man den maximalen Druck beim Ausstoß des Bluts durch die linke Herzkammer, als diastolischen den niedrigsten Druck zum Zeitpunkt der Entspannung der Kammer. Ein Blutdruck von 110/60 bei Männern sowie 100/60 bei Frauen wird als niedrig gewertet.

Ein akuter Blutdruckabfall kann durch Umstände wie massiven Blut- verlust beziehungsweise starkes Er- brechen/Durchfälle (Volumenman- gel) oder durch starke allergische Re- aktionen (Gefäßweitstellung) ausge- löst werden. In solchen Fällen drohen Schock und Kreislaufversagen. Weni- ger dramatisch verlaufen chronisch hypotone Kreislaufregulations- störungen.

Durch Lagewechsel ausgelöst Eine Form beruht darauf, dass das vegetative Nervensystem nicht adä- quat reagiert, wenn man sich nach dem Bücken aufrichtet oder aus dem Liegen aufsteht (orthostatische Dysregulation/Hypotonie).

Normalerweise kommt bei einem solchen Wechsel der Körperhaltung automatisch eine Gegenregulation in

PRAXIS HYPOTONIE

82 DIE PTA IN DER APOTHEKE | Dezember 2012 | www.pta-aktuell.de

TIPPS FÜR SELBST- HILFEMASSNAHMEN + Wechselduschen + Trockenbürsten + ausreichend trinken

+ häufigere kleinere Mahlzeiten + eiweißreich ernähren

+ ruhig gut salzen + Kompressionsstrümpfe

Immer müde?

© tankist276 / fotolia.com

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Gang. Sie verhindert, dass das Blut, der Schwerkraft folgend, sich im un- teren Körperbereich sammelt – mit der Folge, dass das Gehirn schlagar- tig unterversorgt wäre. Damit dies nicht passiert, veranlasst das sympa- thische Nervensystem als Teil des ve- getativen Nervensystems die Aus- schüttung von Adrenalin, sodass die Beingefäße eng gestellt werden und das Blut nicht in den unteren Extre- mitäten versackt. Gleichzeitig wird die Herzfrequenz erhöht.

Wenn diese Reaktion nicht rasch und stark genug ausfällt – beispielsweise im Alter, wenn die Arterien an Elas- tizität verloren haben –, kommt es zu einer plötzlichen Umverteilung des Blutes nach unten, mit den Folgen Schwindel, Gleichgewichtsstörungen, Gangunsicherheit und „Schwarzwer- den vor den Augen”, bis hin zu kurz- fristiger Bewusstlosigkeit. Solch ein plötzlicher Ohnmachtsanfall (Syn- kope) durch vorübergehende Min- derdurchblutung des Gehirns vergeht

in liegender Position rasch wieder.

Um Stürze zu verhindern, sollten die Patienten sich angewöhnen, dass sie sich aus dem Liegen langsam auf- richten und für einige Zeit in sitzen- der Position verweilen. Außerdem sollten sie auf Warnzeichen wie Un- wohlsein oder Schwitzen achten, die den Anfall meist ankündigen.

Folge von Krankheiten oder an- lagebedingt Eine andere Variante sind die lageunabhängigen Hypoto- nien, die man weiter unterteilt in pri- märeoder sekundäre Hypotonie. Letztere ist die Folge einer Erkran-

kung, beispielsweise einer Dysfunk- tion des Nervensystems im Rahmen eines Diabetes oder einer multiplen Sklerose, von Schilddrüsenunter- funktion, Herzrhythmusstörungen, Herzmuskelschwäche oder einem Klappenfehler. Auch im Rahmen einer Schwangerschaft kann sich eine Hypotonie entwickeln. Weitere Ur-

sachen einer sekundären Form sind Medikamente, zum Beispiel Blut- drucksenker, aber auch trizyklische Antidepressiva, Neuroleptika, Anti- histaminika, Tranquilizer und Seda-

tiva.

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DIE PTA IN DER APOTHEKE | Dezember 2012 | www.pta-aktuell.de 83

»Im Englischen wird die Hypotonie spöttisch als “German

Disease” bezeichnet.«

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Bei der primären Form liegt keine erkennbare Ursache vor. Die Regula- tionsmechanismen für sich funktio- nieren, aber der „Sollwert” des Re- gelkreises liegt bei diesen Menschen anlagebedingt zu niedrig; man spricht von essenzieller oder kon- stitutioneller Hypotonie. In aller Regel hat diese keine schlechte Prog- nose – im Gegenteil: die Betroffenen sind vor Schäden von Herz und Ge- fäßen, wie sie gerade der hohe Blut- druck mit sich bringt, und damit beispielsweise vor einem Herzinfarkt, eher geschützt. Daher gilt diese Form per se nicht als Krankheit und auch nicht als behandlungsbedürftig. Den- noch: Für manche Patienten bringt die schlechte Durchblutung in vieler Hinsicht große Einschränkungen mit

sich; ihre Lebensqualität kann emp- findlich leiden. Außerdem ist eine es- senzielle Hypotonie auch nicht ganz ungefährlich, speziell wenn es sich um ältere Menschen handelt. Diese sind durch Schwindelattacken und Stürze gefährdet.

Symptomatik Die Palette der Be- schwerden reicht von kalten Händen und/oder Füßen, Ohrensausen, Be- nommenheit und Schweißausbrü- chen bis Schwindelgefühl und Übel- keit. Die meisten Patienten, bei de- nen die Hypotonie symptomatisch ist, leiden an Müdigkeit und Er- schöpftheit, Antriebs- und Konzen- trationsschwierigkeiten, vor allem am Morgen, sie haben ein erhöhtes Schlafbedürfnis, sind kälteempfind- lich und wetterfühlig. Auch Herz- klopfen und Einschlafstörungen kommen vor.

Antihypotonika Wenn Allgemein- maßnahmen wie körperliches Trai- ning nicht ausreichen, kommen zur – kurzzeitigen – medikamentösen Be-

handlung verschiedene Mittel in Frage: Alpha-Sympathomimetika oder indirekte Sympathomimetika vermitteln ihren Effekt über eine pe- riphere Gefäßverengung, während Medikamente mit alpha- und beta- sympathomimetischer Wirkung zu-

sätzlich zu der Vasokonstriktion auch eine Steigerung von Schlagfrequenz und Schlagstärke des Herzens bewir- ken. Unter der Medikation kann es unter anderem zu Unruhe, Herzrasen oder Miktionsstörungen kommen.

Mit dem Mutterkornalkaloid Dihy- droergotamin (DHE) wird dem Versacken von Blut in den Venen ge- gengesteuert. Es sorgt für höhere Spannung in deren Gefäßmuskulatur und verbessert den venösen Rück- fluss. Hier müssen die geringe thera- peutische Breite und diverse mög- liche Interaktionen mit anderen Me- dikamenten beachtet werden.

Ein klassisches Phytotherapeuti- kum zur Verbesserung der Herzleis- tung sind Extrakte aus Weißdorn, anregend wirken Rosmarin oder Kampfer. Dass kampferhaltige Präpa- rate sehr schnell den Blutdruck erhö- hen und damit auch die Gehirn- leistungen älterer Hypotoniker ver- bessern können, wurde in einer dop- pelblinden Studie gezeigt. Die äthe- rischen Öle von Rosmarinblättern oder Lavendelblüten können als Ba- dezusätze bei Kreislaufbeschwerden unterstützend wirken.

Selbsthilfemaßnahmen Erklären Sie Ihren Kunden, dass sie durch Muskelaktivitätdie Blutzirkulation verbessern. Generell gilt: besser lau- fen und liegen als stehen und sitzen.

Am besten sind Sportarten, die mög- lichst viele Muskelgruppen bean- spruchen. Günstig sind außerdem isometrische Übungen sowie solche, bei denen die Wadenmuskulatur ge- kräftigt wird (Wippen vom Zehen- in den Fersenstand, Seilspringen). Die Waden helfen dabei, das Blut aus den Beinen in den übrigen Körperkreis- lauf zu befördern (Muskelpumpe).

Hydrotherapeutische Maßnahmen (z. B. Kneipp-Anwendungen) werden zum Gefäßtrainingempfohlen. Ziel:

die Adern sollen durch Kältereize

„lernen”, sich unterschiedlichen An- forderungen besser anzupassen.

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Waltraud Paukstadt, Dipl. Biologin

84 DIE PTA IN DER APOTHEKE | Dezember 2012 | www.pta-aktuell.de

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Seilspringen fördert die Muskelpumpe.

PRAXIS HYPOTONIE

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