Sebastian Schief
(Arbeitszeit-) Flexibilisierung im internationalen Vergleich
Tagung zum Grünbuch der EU-Kommission „Ein modernes Arbeitsrecht für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts“
Berlin
13. Februar 2007
Dr. Sebastian Schief
Departement für Sozialarbeit und Sozialpolitik Deutschsprachiger Lehrstuhl
Universität Freiburg Schweiz
E-Mail: sebastian.schief@unifr.ch
Arbeitszeitflexibilisierung in Europa
Flexibilitätsmuster im internationalen Vergleich
Arbeitszeitflexibilisierung in Europa
Flexibilitätsmuster im internationalen Vergleich
Flexibilität in Deutschland – Die Schweizerische Perspektive
NZZ 04.01.07
Flexibilitätstypen und ihre Ausprägungen
Quellen: Atkinson (1984), Delsen (2002), Lehndorff / Voss-Dahm (2005)
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numerisch funktional
intern Arbeitszeitorganisation Variation der Arbeitszeit
Variation der Arbeitsintensität
Umschulung und Versetzung Mehrfachqualifikation und Aufgabenwechsel
Delegation von Verantwortung extern Einstellungen und Entlassungen
Befristete Arbeitsverträge Leiharbeit
Outsourcing
Unternehmensnetze
Werkverträge/Freelancing
Frage: Was ist eigentlich mit Flexibilität gemeint?
Flexibilitätstypen und ihre Ausprägungen
Sehr häufig: Intern-numerische Flexibilität wird nicht wahrgenommen.
Insbesondere Flexibilität über Arbeitszeitorganisation systematisch unterbelichtet (siehe NZZ).
Deswegen:
Einige Ergebnisse des Surveys "Working time and work-life balance in European companies.“ der Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedinungen, Dublin, Irland.
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Innerhalb der EU haben nahezu 50 Prozent aller Unternehmen zumindest Gleitzeitmodelle etabliert.
•Am weitesten verbreitet sind flexible Arbeitszeitmodelle in Europa im Bereich Immobilien, Vermietungen,
unternehmensbezogene Dienstleistungen.
•Am wenigsten verbreitet sind sie im Bereich Bau.
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Je grösser das Unternehmen, desto grösser die Wahrscheinlichkeit der Existenz von flexiblen Arbeitszeitmodellen.
•Sowohl Manager als auch Arbeitnehmervertreter sehen in der Verbesserung der work-life-balance den Hauptgrund für die Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle.
• Zweitwichtigster Grund ist für beide Gruppen die Anpassung der Arbeitszeit an das Arbeitsaufkommen.
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•Sowohl bei Managern als auch Arbeitnehmervertretern ist die Anpassung der Arbeitszeit an das Arbeitsaufkommen der am zweithäufigsten genannte Effekt (Flexibilität!).
• Am häufigsten genannter Effekt ist die Steigerung der Arbeitszufriedenheit.
Arbeitszeitkonten mit der Möglichkeit, längere Zeit am Stück freizunehmen, haben in allen abgefragten Bereichen die
grössten Effekte.
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Am häufigsten von ArbeitnehmervertreterInnen gewünschte Massnahmen zur Verbesserung der work-life-balance in der EU sind die Einführung oder Ausweitung von flexiblen
Arbeitszeitmodellen gefolgt von einer generellen Verkürzung der Arbeitszeit.
Flexibilitätsmuster im internationalen Vergleich
Daten und untersuchte Unternehmen
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Untersuchte Unternehmen:
In die vorliegende Untersuchung einbezogen wurden nur Unternehmen mit 250 und mehr Beschäftigten, da der Schwerpunkt auf der Analyse von multinationalen Unternehmen liegt.
Daten:
Datensatz des EUCOWE-Projektes „Working Times and Operating Hours in Europe“. Im Rahmen dieses Projektes wurde in sechs europäischen Ländern – Frankreich,
Großbritannien, die Niederlande, Portugal, Spanien und Deutschland – im Jahre 2003 eine
Unternehmensbefragung zum Thema Arbeits- und Betriebszeiten durchgeführt
Fragestellung und Effekt
Drei mögliche Effekte:
1. Herkunftslandeffekt 2. Transnationaler Effekt 3. Standorteffekt
Fragestellung:
Welchen Einfluss haben Unternehmensorganisation und
institutionelles Setting auf die Flexibilitätsmuster von Unternehmen?
Flexibilitätstypen und ihre Ausprägungen
Quellen: Atkinson (1984), Delsen (2002), Lehndorff / Voss-Dahm (2005)
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numerisch funktional
intern Arbeitszeitorganisation Variation der Arbeitszeit
Variation der Arbeitsintensität
Umschulung und Versetzung Mehrfachqualifikation und Aufgabenwechsel
Delegation von Verantwortung extern Einstellungen und Entlassungen
Befristete Arbeitsverträge Leiharbeit
Outsourcing
Unternehmensnetze
Werkverträge/Freelancing
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Deutschland Frankreich Großbritannien Niederlande Portugal
Anteil an Unternehmen, die … nutzen
Überstunden
Flexible Arbeitszeiten Externe Arbeitskräfte Einstellen und Entlassen
Flexibilitätstypen großer Unternehmen in fünf europäischen Ländern
Quelle: Schief (2006)
Flexibilitätstypen großer Unternehmen in fünf europäischen Ländern nach Sektor
Quelle: Schief (2006)
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N= 884 Deutschland Frankreich Großbritannien Niederlande Portugal Überstunden
Produktion 67,6 64,7 88,1 84,7 62,5
Dienstleistung 66,4 56,5 94,1 75,3 40,0
Gesamt 67,1 60,5 91,3 78,8 54,3
Flexible Arbeitszeiten
Produktion 83,1 42,8 18,2 15,6 20,2
Dienstleistung 74,5 41,6 20,8 29,2 42,0
Gesamt 79,6 42,2 19,5 24,1 27,9
Externe Arbeitskräfte
Produktion 45,9 88,4 71,0 85,0 36,4
Dienstleistung 31,2 73,4 49,9 68,1 9,8
Gesamt 39,9 80,7 59,8 74,5 26,6
Einstellen und Entlassen
Produktion 49,3 6,0 63,8 38,1 55,1
Dienstleistung 42,8 15,7 41,9 44,0 68,6
Gesamt 46,7 11,0 52,2 41,7 60,4
Zentrale Flexibilitätseelemente der untersuchten Länder
Quelle: Schief (2006)
Land Zentrale(s) Flexibilitätsinstrument(e) Deutschland Arbeitszeitflexibilität Frankreich Externe Arbeitskräfte Großbritannien Überstunden
Niederlande Überstunden
Externe Arbeitskräfte Portugal Überstunden
Einstellen und Entlassen
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Unt. In deutschem Besitz
Unt. in britischem B esitz
Unt. in
portugiesischem B esitz
Anteil an Unternehmen, die … nutzen
Überstunden Flexible Arbeitszeiten Externe Arbeitskräfte Einstellen / Entlassen
Flexibilitätstypen großer Unternehmen
in fünf europäischen Ländern nach Eigentümer
Deutschland Frankreich Großbritannien Niederlande
Portugal
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Anteil der Unternehmen mit 250 Beschäftigten und mehr, die bestimmte
Flexbilitätsinstrumente nutzen, nach ausgewählten Herkunftsländern
Quelle: Schief (2006)
Britische Unternehmen
Deutsche Unternehmen
US-amerikanische Unternehmen
Überstunden 63,0 86,2 81,3
Flexible Arbeitszeiten 47,0 46,8 39,0
Externe Arbeitskräfte 54,5 64,7 67,0
Einstellen / Entlassen 26,5 17,7 32,0
Logistische Regression der Unternehmen mit 250 Beschäftigten und mehr für die abhängige Variable „flexible Arbeitszeiten“
Quelle: Schief (2006)
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Modell 1 Modell2 Modell 3 Modell 4 Sektor
Dienstleistungen -0,007 -0,010 -0,030 -0,104 Produktion Referenzkategorie
Größe
500 und mehr Beschäftigte 0,655*** 0,636*** 0,654*** 0,111 250 – 499 Beschäftigte Referenzkategorie
Alter
Zw.fünf und zehn Jahren alt -0,464 -0,370 -0,373 -0,336 Älter als zehn Jahre -0,651 -0,188 -0,362 -0,303 Weniger als fünf Jahre Referenzkategorie
Einzelunternehmen oder Gruppe
Einzelunternehmen 0,129 0,151 0,116 -0,415+
Unternehmensgruppe Referenzkategorie Transnationaler Effekt
Ausländischer Eigentümer -0,385** - -0,132 -0,062 Inländischer Eigentümer Referenzkategorie
Herkunftslandeffekt
Deutscher Eigentümer - -0,757+ -0,665 0,159 Kein deutscher Eigentümer Referenzkategorie
Amerikanischer Eigentümer - -0,740** -0,657* -0,687*
Kein amerikanischer Eigent. Referenzkategorie
Britischer Eigentümer - -0,474 -0,388 -0,289 Kein britischer Eigentümer Referenzkategorie
Standorteffekt
Frankreich - - - -1,920***
Niederlande - - - -2,538***
Großbritannien - - - -2,709***
Portugal - - - -2,448***
Deutschland Referenzkategorie
Konstante -0,032 -0,113 -0,048 1,882***
Pseudo-R2 0,0257 0,0300 0,0316 0,1984 Chi2 30,66*** 36,07*** 37,68*** 236,32***
N 862 869 862 862
+ P<0.1
* P<0.05
** P<0.01
*** p<0.001
Hierarchie der Effekte
•Eindeutig am stärksten wirkt sich danach der Standorteffekt aus.
•Deutlich weniger Wirkung hat der Herkunftslandeffekt, denn er konnte nur für US-amerikanische
Unternehmen in allen vier Modellen nachgewiesen werden. Für britische Unternehmen konnte kein Effekt nachgewiesen werden, der Effekt von Unternehmen in deutschem Eigentum verliert seine Signifikanz wenn man diesen mit dem transnationalen Effekt kontrolliert.
•Am geringsten sind die Auswirkungen des
transnationalen Effekts. Dieser Effekt der schieren Internationalität eines Unternehmens ist nur
nachzuweisen, wenn keiner der beiden anderen Effekte im Modell ist.
Hierarchie der Effekte
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Insofern haben zwar alle Effekte signifikanten Einfluss, aber die grundsätzliche Ausrichtung des
Flexibilitätsmusters entscheidet sich daran, in welcher lokalen Umwelt sich das jeweilige Unternehmen
befindet. Dann erst folgen in der Effekthierarchie Herkunftslandeffekt und transnationaler Effekt.
Hierarchie der Effekte
•Massiver Einfluss des Standorteffektes
•Gestaltungsmöglichkeiten
•Auf dieser Ebene werden die Rahmenbedingungen für die Unternehmen gesetzt, die dann von
Unternehmen zu Unternehmen zwar modifiziert, aber nicht grundlegend in Frage gestellt werden.
•Herkunftsland eines Unternehmens ist von Einfluss, aber die zentralen Weichen für die Organisation von Arbeit scheinen immer noch in der lokalen Umwelt, also am Standort des Unternehmens selbst, gestellt zu werden.
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Zum Weiterlesen:
•Riedmann, Arnold, Harald Bielinski, Teresa Szczurowska und Alexandra Wagner: (2006): "Working time and work-life balance in European companies."
http://www.eurofound.eu.int/publications/files/ef0627en.pdf.
•Schief, Sebastian (2006): Nationale oder
unternehmensspezifische Muster der Flexibilität? Eine empirische Untersuchung von Flexibilitätsmustern in fünf europäischen Ländern. Steffen Lehndorff: Das Politische in der Arbeitspolitik. Ansatzpunkte für eine nachhaltige Arbeits- und Arbeitszeitgestaltung. Berlin, edition sigma: 228-248.