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„Gute Arbeit muss drin sein“

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Academic year: 2022

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DGB-Bundesvorstand Web: http://www.dgb.de Henriette-Herz-Platz 2 Tel.: 030 / 240 60 - 0

Rede Claus Matecki

Mitglied des Geschäftsführenden Bundesvorstands des DGB

„Gute Arbeit muss drin sein“

Rede zum 1. Mai 2008 in Ludwigshafen

BITTE BEACHTEN SIE:

SENDESPERRFRIST: 1. Mai 2008, Redebeginn

Es gilt das gesprochene Wort!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

„Gute Arbeit muss drin sein“

Das ist das Motto des diesjährigen 1. Mai. Dieses Motto mag zunächst abstrakt klin- gen. Der Eine oder Andere wird sicher sagen, Gute Arbeit ist doch in Deutschland selbstverständlich. Doch weit gefehlt. Gute Arbeit ist für viele Menschen nach wie vor ein Wunschtraum. Sie arbeiten unter prekären Beschäftigungsbedingungen, an krankmachenden Arbeitsplätzen oder sie müssen sogar ergänzende Transferzah- lungen des Staates in Anspruch nehmen um finanziell über die Runden zu kommen.

Kolleginnen und Kollegen,

der 1. Mai ist der Tag der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihrer Gewerk- schaften. Es ist der Tag, an dem wir unsere Forderungen gegenüber den Arbeitge- bern und der Politik gemeinsam auf den Punkt bringen.

Das heißt konkret: Wir werden uns niemals mit schlechten Arbeitsbedingungen in diesem Land abfinden. Wir wollen keine Ellenbogengesellschaft in der nur derjenige Erfolg hat, der rücksichtslos sein eigenes Profitstreben vorantreibt. Nur gute Arbeit ist sozial gerecht.

Gute Arbeit muss drin sein.

Wir fordern deshalb Arbeitsplätze, die soziale Sicherheit und Teilnahme am gesell- schaftlichen Leben ermöglichen. Wir fordern: Gute Löhne

Und mehr Sicherheit im Alter. Wir streiten für Arbeit, die nicht krank macht Für glei- ches Geld für gleiche Arbeit Und nicht zuletzt für mehr Mitbestimmung bei der Arbeit Gute Löhne – müssen drin sein.

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Liebe Kolleginnen und Kollegen, Deutschland ist ein reiches Land.

Der Wirtschaft geht es nach wie vor gut. Auf die Boomjahre 2006 und 2007 folgt, glaubt man den Prognosen, ein weiteres wirtschaftlich erfolgreiches Jahr. Die deut- sche Wirtschaft wächst auch 2008 weiter. Die Aussichten liegen zwischen 1,5 und 2 Prozent. Die Wirtschaft brummt, auch hier in der Region Rhein-Neckar. Das ist gut so.

Sie brummt trotz Mehrwertsteuererhöhung, trotz gestiegener Energiepreise und trotz eines starken Euros sowie der seit langem schwelenden Finanzmarktkrise.

Und sie brummt trotz Tarifautonomie, Mitbestimmung und Kündigungsschutz. Es sind die Menschen, die durch gute und harte Arbeit unserem Land zu einer beträcht- lichen wirtschaftlichen Wachstumsperiode verholfen haben. Während die Manager- gehälter in nicht gekannte Höhen stiegen, sanken die Reallöhne.

Kolleginnen und Kollegen,

Höhere Löhne kommen für die Arbeitgeber immer zur falschen Zeit: Im Abschwung verschärfen sie die Krise. Ist die Talfahrt beendet, verhageln sie den konjunkturellen Frühling. Geht es richtig bergauf, bedrohen hohe Löhne den Aufschwung.

Kolleginnen und Kollegen, es muss endlich Schluss gemacht werden mit der un- gerechten Verteilung von Einkommen und Vermögen in unserem Land. Die Kolle- ginnen und Kollegen in den Betrieben und Unternehmen haben den wirtschaftlichen Aufschwung erarbeitet. Jetzt ist es an der Zeit, dass auch sie ihren Anteil erhalten.

Die Tarifauseinandersetzungen der jüngsten Vergangenheit haben gezeigt, dass die Durchsetzung guter und gerechter Löhne nicht einfacher geworden ist. Mit klarem Willen, der nötigen Entschlossenheit und mit einer Portion Leidenschaft können wir etwas bewegen.

Die ersten Tarifabschlüsse in der Stahlindustrie und im Öffentlichen Dienst haben gezeigt, dass kräftige Tariflohnsteigerungen möglich sind. Auch in der Chemischen Industrie kann sich das Ergebnis von Mitte April durchaus sehen lassen. 4,4 Pro- zent mehr Geld für das Jahr 2008 und weitere 3,3 Prozent für das Jahr 2009 sind ein gutes Ergebnis. Ein toller Erfolg unserer Kolleginnen und Kollegen der IG-BCE.

Besonders hier in Ludwigshafen, aber auch in anderen Städten der Republik haben die Beschäftigten der Chemie-Industrie diesen Abschluss, und damit ihren gerech- ten Anteil am Aufschwung, verdient. Um den Aufschwung zu sichern und zu verlän- gern muss die Kaufkraft der Menschen gestärkt werden. Auch deshalb sind die er- zielten Tarifergebnisse wirtschaftlich sinnvoll. Uns muss in 2008 gelingen, dass der Aufschwung bei den Beschäftigten ankommt.

Gute Löhne müssen drin sein.

Mindestlohn

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Gute Löhne müssen endlich für alle Beschäftigten in diesem Land drin sein. Viele Menschen müssen aber zu menschenunwürdigen Bedingungen ihren Lebensunter- halt verdienen. Sie arbeiten zu Hungerlöhnen und sind bereit fast jede Tätigkeit, sei sie auch noch so schlecht bezahlt, anzunehmen. Hartz IV ist hier die Ursache. Wir werden als Gewerkschaft Armutslöhne niemals akzeptieren. Wer vollschichtig arbei- tet muss sich und seine Familie ernähren können.

Dafür treten wir ein. Heute, Morgen und in der Zukunft.

Die Politik hat sich entschlossen, das Entsendegesetz auszuweiten und das Gesetz über Mindestarbeitsbedingungen zu aktualisieren. Ich sage deutlich: Wir brauchen in Deutschland dringend gesetzliche Regelungen, die das unterste Tarifentgelt in der jeweiligen Branche als Mindestentgelt sichert.

Damit ich nicht falsch verstanden werde: Wir als Gewerkschaften bevorzugen tarif- vertragliche Lösungen. Dennoch sind zusätzliche gesetzliche Maßnahmen weiterhin unerlässlich, damit Armutslöhne bekämpft werden und Altersarmut eingeschränkt wird.

Kolleginnen und Kollegen,

besonders nach der jüngsten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zum niedersächsischen Vergabegesetz sind gesetzliche Mindestlöhne wichtiger denn je.

Durch dieses so genannte Rüffert - Gerichtsurteil wird die Freiheit des Marktes in der EU über nationale tarifliche Schutzmaßnahmen gegen Lohndumping gestellt.

Der EuGH akzeptiert nur gesetzliche Mindestlöhne und bestimmte allgemeinver- bindliche Tarifverträge als Lohnuntergrenzen für entsandte Arbeitnehmer. Nach die- ser Rechtsprechung sind grenzüberschreitende Dienstleistungen nun zu fast jedem Preis möglich. Der EuGH öffnet Tür und Tor für die Unterbietung von Tariflöhnen bei öffentlichen Aufträgen.

Hier wird die Balance zwischen Marktfreiheit und Arbeitnehmerrechten noch weiter zu Ungunsten der Beschäftigten verschoben.

Kolleginnen und Kollegen,

eine solche EU, die Arbeitnehmerrechte einschränkt wird von den Menschen als nicht sozial wahrgenommen und abgelehnt. Durch die Blockadehaltung der Union beim gesetzlichen Mindestlohn und bei der Aufnahme weiterer Branchen in das Entsendegesetz wirkt die neue Rechtsprechung des EuGH wie eine Einladung zum Lohndumping. Das ist absolut unverantwortlich und gefährdet den sozialen Frieden in Europa.

Kolleginnen und Kollegen,

wir dürfen die Arbeitgeber nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Denn sie sind diejenigen, die in einigen Bereichen nicht bereit sind, mit den Gewerkschaften ent- sprechende Tarifverträge abzuschließen. Ich fordere die Unternehmer und ihre Ver- bände aber auch die Politik, insbesondere die CDU/CSU auf, ihren Widerstand ge- gen Mindestlöhne endlich aufzugeben.

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Ich fordere die Union dazu auf, sich an die Koalitionsbeschlüsse von Meseberg zu halten, und bei der Aufnahme von weiteren Branchen in das Entsendegesetz nicht zu blockieren. Und wir fordern darüber hinaus als unterste Haltelinie einen gesetzli- chen Mindestlohn von mindestens 7,50 Euro pro Stunde, dort wo tarifliche Lösun- gen nicht greifen. Gute Arbeit ist Arbeit, von dessen Entgelt man leben kann, ohne Anspruch auf ergänzende Sozialtransfers in Anspruch nehmen zu müssen. Es darf keine Löhne unter 7,50 Euro pro Stunde geben.

Kolleginnen und Kollegen,

wir stehen mit unserer Forderung nach Mindestlöhnen nicht alleine: Umfragen ha- ben ergeben, dass 80 Prozent der Bevölkerung die Forderung nach gesetzlichen Mindestlöhnen unterstützt. Deshalb sage ich heute in aller Deutlichkeit: Für gute Ar- beit muss auch gutes Geld gezahlt werden!

Mehr Sicherheit fürs Alter – muss drin sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die schlimmen Auswirkungen atypischer Beschäftigung, die wir am Arbeitsmarkt be- obachten, sind nicht nur Folgen der so genannten Globalisierung. Nein, sie sind po- litisch gewollt. Wenn Politiker das zurückkehrende Phänomen der Altersarmut be- klagen, verschweigen sie ihre eigene Verantwortung an dieser unsäglichen Entwick- lung. Der Boom prekärer Beschäftigungsverhältnisse und niedriger Löhne wirken sich bei der Rente aus. Wie soll sich denn jemand, der fünf Euro pro Stunde ver- dient, eine auskömmliche Rente aufbauen? Wovon soll jemand, der in die Selbstän- digkeit gezwungen wird, und damit aus der gesetzlichen Rentenversicherung ge- drängt wird, im Alter leben? Was ist mit den Ein-Euro- und Mini-Jobbern? Was ist mit den Langzeitarbeitslosen, deren Rentenansprüche noch mal gekürzt worden sind und die jetzt noch für jedes Jahr Hartz-IV-Bezug ganze 2,19 Euro bei der Rente oben drauf bekommen?

Kolleginnen und Kollegen,

es ist ein gesellschaftlicher Skandal, wenn in einer prosperierenden Wirtschaftsge- gend wie hier in der Region Rhein-Neckar, in der es so viel Beschäftigungspotential gibt, über 63 Prozent der Arbeitslosen Langzeitarbeitslose sind. Für diese Men- schen bedeutet jedes weitere Hartz IV Jahr, eine langfristig immer kleiner werdende Rente.Diese Fehlentwicklungen müssen dringend rückgängig gemacht werden. Bei aktuell 1,25 Millionen Langzeitarbeitslosen, 2,5 Millionen Geringverdienern mit Ar- mutslöhnen und zwei Millionen Solo-Selbständigen kann sich jeder ausrechnen, was in der Zukunft an Altersarmut auf uns zukommt. Wir brauchen für diese vielen Menschen Lösungen. Deshalb fordern wir: Niedrige Einkommen müssen bei der Rente aufgewertet werden. Arbeitslosigkeitszeiten müssen künftig wieder besser berücksichtigt werden. Der Weg, weiter Risiken zu privatisieren und Leistungen auszugrenzen ist falsch, auch wenn uns die großen Versicherungskonzerne, die damit ihren Reibach machen, etwas anderes erzählen wollen.

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Wir brauchen eine solidarische Reform der gesetzlichen Rentenversicherung, ein Rentenversicherungssystem, in das alle Erwerbstätigen einbezogen werden, auch Selbständige, Beamte und Politiker.

Kurz: Wir brauchen eine Erwerbstätigenversicherung!

Wir wollen, dass die Arbeitgeber sich ihrer sozialen Verantwortung stellen! Wir ak- zeptieren keine Schlupflöcher, über die sich Besserverdienende aus der Verantwor- tung stehlen können! Starke Schultern müssen mehr schultern und müssen ihren angemessenen Beitrag leisten.

Kolleginnen und Kollegen,

und es geht auch um die Frage der Lebensarbeitszeit. Hier hat die große Koalition im letzten Jahr eine Entscheidung getroffen, die der Gipfel des Realitätsverlustes ist, nämlich die Rente mit 67. Mit der Realität im Arbeitsleben hat das nichts, aber auch gar nichts zu tun. Während nach wie vor knapp 3.5 Millionen Menschen keine Arbeit haben, sollen die, die noch Arbeit haben noch länger arbeiten. Das ist blanker Zy- nismus.

Die Rente mit 67 ist nichts anderes als ein Rentenkürzungsprogramm. Dieses un- sägliche Gesetz muss rückgängig gemacht werden. Drei Viertel der Deutschen ist gegen die Rente mit 67. Ich fordere die Bundesregierung auf, dies zur Kenntnis zu nehmen und endlich Politik für die Menschen und nicht gegen sie zu machen. In mehr als der Hälfte der Betriebe sucht man heute vergeblich nach Kollegen über 50 Jahre. Gerade einmal jeder Fünfte schafft es, überhaupt bis 65 zu arbeiten, am Bau ist es nur jeder Zehnte. Die anderen sind schon lange vorher ausgeschieden, weil sie entweder keinen Arbeitsplatz mehr haben oder es gesundheitlich nicht mehr schaffen. Wie soll man unter solchen Bedingungen bis 67 arbeiten? Viele, die kör- perlich arbeiten, haben überhaupt keine Chance gesund das gesetzte Rentenalter zu erreichen.

Wir begrüßen es, dass sich auf den letzten Metern des Jahres 2007 wenigstens bei der 58er-Regelung (Zwangsverrentung älterer Arbeitsloser) die Politik noch bewegt hat. Notwendig sind darüber hinaus flexible, vernünftig abgesicherte Übergänge von der Arbeit in die Rente. Und wir brauchen weiterhin die geförderte Altersteilzeit. Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie jetzt die Weichen stellt, damit über das Jahr 2009 hinaus eine mittelfristige Weiterführung der geförderten Altersteilzeit mög- lich ist. Das Modell der bezuschussten Altersteilzeit durch die Bundesagentur für Arbeit hat sich bewährt. Es nützt nicht nur den älteren Kolleginnen und Kollegen, die dadurch einen flexibleren Übergang in den verdienten Ruhestand bekommen, son- dern es verpflichtet im Gegenzug die Unternehmen jüngeren Menschen eine Be- schäftigungsperspektive zu bieten. Solche Regelungen sind auch in Zukunft not- wendig. Mehr Sicherheit fürs Alter muss wieder drin sein.

Arbeit, die nicht krank macht – muss drin sein.

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Wir fordern auch in Zukunft eine qualitativ hohe gesundheitliche Versorgung. Arbeit- nehmerinnen und Arbeitnehmer geben schon heute einen erheblichen Anteil ihres Lohns für die Gesundheitsversorgung aus. Denjenigen, die noch mehr Eigenbeteili- gung unserer Kolleginnen und Kollegen fordern, sei an dieser Stelle gesagt: Das Maß ist mehr als voll. Wir lehnen weitere einseitige Belastungen der Arbeitnehme- rinnen und Arbeitnehmer ab.

Kolleginnen und Kollegen,

vieles hat sich in den letzten Jahren im Gesundheitssystem verändert. Vieles ist nicht besser, sondern nur anders. Vieles hat sich zu unseren Lasten verändert.

Nächstes Jahr soll jetzt noch der Gesundheitsfonds kommen.

Alle sollen dann den gleichen Beitrag für ihre gesetzliche Krankenversicherung zah- len. Für jeden Versicherten bekommt die Kasse eine Pauschale plus einem Zu- schlag, der grob gesagt, sich nach dem Gesundheitszustand des Einzelnen richtet.

Kolleginnen und Kollegen,

Ich bleibe dabei: Für uns ist wichtig, dass jeder die beste gesundheitliche Versor- gung erhält, die es bei uns geben kann! Das ist das Ziel der deutschen Gewerk- schaften. Davon werden wir auch in Zukunft keinen Millimeter abrücken. Den Ar- beitnehmerinnen und Arbeitnehmern immer mehr Lasten aufzubürden, ist der fal- sche Weg!

Kolleginnen und Kollegen,

Gesundheitsschutz findet aber auch in den Betrieben statt.

Gute Arbeit heißt für uns deshalb auch, die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass die Gesundheit der Beschäftigten in den Betrieben und Verwaltungen ge- schützt und gestärkt wird. Die Arbeitsbedingungen müssen so gestaltet werden, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gesund in den Ruhestand gehen kön- nen.

Es gibt immer noch viel zu viele Menschen, die sich kaputt schuften. Damit muss Schluss sein. Ich fordere die Arbeitgeber auf endlich ihrem Präventionsauftrag im Arbeits- und Gesundheitsschutz in vollem Umfang nachkommen!

Auch an diesem 1. Mai bleibt es dabei: Nur gesunde Arbeit ist auch gute Arbeit.

Gleiches Geld für gleiche Arbeit – muss drin sein.

Kolleginnen und Kollegen,

die Arbeitslosigkeit geht weiter zurück. Das ist zunächst auch gut so. Aber leider gibt es nach wie vor unnötigen und auch unverständlichen Arbeitsplatzabbau. Hier in Ludwigshafen stehen die Kolleginnen und Kollegen beim Messgerätehersteller Sen- sus vor entscheidenden Wochen. Da beschließt die Firmenleitung in Amerika die

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hoher Fixkosten. Wir werden unsere Kolleginnen und Kollegen bei Sensus in ihrem Kampf nicht allein lassen. Sie haben besseres verdient, als Personalabbau und ein- fallslose Standortschließungspolitik. Ich fordere an dieser Stelle das Management auf, zusammen mit der Belegschaft nach Lösungswegen für den Erhalt der Arbeits- plätze bei Sensus zu suchen.

Kolleginnen und Kollegen,

nicht nur hier in Ludwigshafen ist auch im gegenwärtigen Konjunkturaufschwung nicht alles Gold was glänzt. Wenn man genauer hinschaut sind viele der neu ent- standenen Jobs, Arbeitsplätze, die entweder schlecht entlohnt sind, oder gar zu den Ein-Euro oder Minijobs gehören. Einen regelrechten Boom hat die Leiharbeit, oder wie sie die Arbeitgeber lieber nennen, die Zeitarbeit erfahren. Ende Juni 2007 waren laut Statistik der Bundes-Agentur für Arbeit 730.000 Menschen in der Zeitarbeit be- schäftigt.

Mitte 2004 waren es noch 399.000!

Kolleginnen und Kollegen,

ich bezweifle stark, dass dieser rasante Anstieg nur zur Abarbeitung von Auftrags- spitzen in den Unternehmen dient. Es sieht viel mehr nach einer Verdrängung von gut bezahlten Stammbelegschaften durch weiter wachsende Randbelegschaften aus. Ich bleibe dabei: Für uns ist die Verdrängung von Stammbelegschaften durch Zeitarbeitnehmer nicht akzeptabel. An gespaltenen Belegschaften haben nur die Arbeitgeber ein Interesse. Sie wollen das Lohnniveau nach unten ziehen.

Zeitarbeit muss begrenzt werden. Das heißt: Abdecken von unvorhergesehenen Auftragsspitzen beziehungsweise sonstigen unvorhergesehenen Ereignissen. Das bedeutet aber nicht, dass Zeitarbeit zum Kostensenkungs- und Disziplinierungspro- gramm gegen Stammbelegschaften eingesetzt wird. Zeitarbeit darf nicht als Kosten- senkungsinstrument missbraucht werden. Wir werden eine Spaltung der Beleg- schaften in Rand- und Stammbelegschaften nicht zulassen.

Und wir lassen auch in Zukunft keine ungleiche Bezahlung für gleichwertige Tätig- keiten zu. Wir wollen keine gespaltene Arbeitnehmerschaft, wir wollen keine Zu- stände wie im 19. Jahrhundert, wo es einigen gut aber vielen schlecht ging. Für uns als Gewerkschaften gilt der Grundsatz: „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit.“ Darum machen die DGB-Gewerkschaften gegen die Ungleichbehandlung der Zeitarbeit- nehmer und die Missstände in der Leiharbeit mobil! Mitbestimmte Arbeit – muss drin sein.

Kolleginnen und Kollegen,

nicht zuletzt geht es bei guter Arbeit auch um mitbestimmte Arbeit. Um gute Arbeit für alle durchzusetzen brauchen wir nicht weniger sondern mehr Mitbestimmung am Arbeitsplatz. Nur so können wir die Anforderungen der Zukunft meistern und ge- werkschaftliche Forderungen für unsere Mitglieder durchsetzen.

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Wir fordern: Arbeitsplätze mit Entfaltungsmöglichkeiten, Weiterbildungs- und Auf- stiegschancen. Einkommen, die ein normales Leben ermöglichen. Eine langfristige Arbeitsplatz- und Planungssicherheit. Und Arbeiten ohne Risiko für die Gesundheit.

Um diese Ziele zu erreichen, setzen wir auf die Mitbestimmung im Betrieb und Un- ternehmen. Es bleibt auch in Zukunft dabei: Gute Arbeit ist mitbestimmte Arbeit!

Unsere Kolleginnen und Kollegen in den Betriebsräten, Personalräten und Auf- sichtsräten sind die Experten für gute Arbeit. Ihnen kommt eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung guter Arbeit zu: Sie können die Arbeitsbedingungen im Betrieb und im Unternehmen verbessern. Und sie tun es jeden Tag! Mitbestimmung verbessert das Betriebsklima und führt zu höherer Motivation und Arbeitszufriedenheit. Wis- senschaftliche Studien zeigen, dass die Löhne in Betrieben mit Betriebsrat höher sind, als in Betrieben ohne Betriebsrat. Das ist gut so!

Betriebs- und Personalräte sichern die Einhaltung unserer Tarifverträge.

Das hat sich seit Jahrzehnten bewährt. Wenn manch ewig Gestriger die Mitbestim- mung ablehnt und sie lieber heute als morgen abschaffen möchte wird mehr als deutlich: Die Gegner der Mitbestimmung wollen mit uns nicht verhandeln, sie wollen uns ihre Regeln diktieren!

Kolleginnen und Kollegen,

wer die Mitbestimmung und auch das Streikrecht angreift, wird auf den erbitterten Widerstand der Gewerkschaften treffen. Mitbestimmung ist und bleibt ein Garant für gute Arbeit. Nur wo Mitbestimmung drauf steht, ist gute Arbeit drin! Demokratische Kontrolle der Finanzmärkte durch mehr Mitbestimmung

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ein Wirtschaftszweig, der seit Monaten für Schlagzeilen sorgt braucht dringend mehr staatliche und auch gewerkschaftliche Kontrolle. Die Dauerkrise an den internatio- nalen Finanzmärkten schreit förmlich nach Begrenzung und Kontrolle wirtschaftli- cher Macht. Unsere Antwort auf den zunehmenden Einfluss von Finanzinvestoren und die dubiosen Geschäftspraktiken vieler Bankiers ist die demokratische Kontrolle der Finanzmärkte sowie eine Ausweitung der Mitbestimmung.

Wir kennen viele Fälle, in denen Finanzinvestoren auf kurzfristige Gewinne schielen und die langfristige Zukunft der von ihnen gekauften Unternehmen ignorieren. Wir wollen Betriebsschließungen wie bei Nokia, die offenbar ohne ökonomische Zwänge alleine der Gewinnmaximierung dienen, durch einen Ausbau der Unternehmensmit- bestimmung künftig verhindern. Wir fordern daher mehr Mitbestimmung der Beleg- schaften, wenn Betriebe verlagert oder geschlossen werden sollen.

Außerdem muss sichergestellt werden, dass beim Verkauf von Unternehmensteilen an Finanzinvestoren immer und ausschließlich im mitbestimmten Aufsichtsrat dar- über entschieden wird. Nur Mitbestimmte Arbeit ist Gute Arbeit!

Erstürmung der Gewerkschaftshäuser durch die Nazis am 2. Mai 1933, vor 75 Jah-

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,

meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht nur aktuelle Probleme und eine ge- rechtere Zukunft bewegen in diesen Tagen die deutschen Gewerkschaften. Wir schauen auch ganz bewusst zurück. Morgen vor 75 Jahren, am 2. Mai 1933, haben SA- und SS-Kommandos der Nationalsozialisten die Gewerkschaftshäuser gestürmt und besetzt. Damit begann die brutale Zerschlagung der deutschen Gewerkschafts- bewegung. Viele unsere Kolleginnen und Kollegen wurden inhaftiert, gefoltert und in KZs ermordet.

Nur drei Monate, nachdem die Macht in Deutschland an die Nationalsozialisten übergeben wurde, gehörten Gewerkschaften und ihre Repräsentanten ebenso wie demokratische Parteien und Politiker, sowie zahlreiche jüdische Mitbürger zu den ersten Opfern des Naziterrors. Wir sind es den geschundenen und ermordeten Ge- werkschafterinnen und Gewerkschaftern schuldig, dass wir heute am 1. Mai und morgen auf einer zentralen DGB-Veranstaltung in der Gedenkstätte Sachsenhausen und an anderen Orten daran erinnern. Wir fordern alle Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft auf, den Nazis von heute Einhalt zu gebieten. Gerade heute am 1.

Mai gehören die Straßen und Plätze der organisierten Arbeitnehmerschaft. Es ist unerträglich, wenn den Nazis von heute an diesem, unserem 1. Mai in Städten wie Neustadt und Kaiserslautern die Möglichkeit gegeben wird ihre Aufmärsche durch- zuführen. Auch wenn das Demonstrationsrecht eine wichtige demokratische Errun- genschaft ist, stellt sich die Frage, ob man Verfassungsfeinden wie der NPD die Chance bietet, ihre Hassparolen verkünden zu können. Die 75. Wiederkehr des Ta- ges, an dem die Nazis die Arbeit der Gewerkschaften für immer zerschlagen woll- ten, ist für uns ein Anlass mehr, ein Verbot aller Organisationen und Parteien zu for- dern, die Nazi-Greueltaten auch heute noch verherrlichen, deren Opfer verhöhnen sowie Demokratie, Freiheit und Menschenrechte beseitigen wollen. Wir gedenken an diesem Tage hochachtungsvoll unseren ermordeten Kolleginnen und Kollegen, die vor 75 Jahren für die Ideale der Arbeiterbewegung eingestanden sind.

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir feiern den 1. Mai- den Tag der Arbeit- nicht nur in Ludwigshafen, Berlin oder Hamburg, sondern europaweit und darüber hinaus. Dies ist der Tag der Solidarität gegen Rassenhass, Intoleranz, Faschismus und Unternehmerwillkür. Generationen vor uns haben als Gewerkschafter gekämpft.

In dieser Tradition stehen wir.

Dafür kämpfen wir. Dies ist unser Tag.

Glück auf!

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