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Tätigkeitsbericht 2017

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Tätigkeitsbericht 2017

der Bundesärztekammer

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Bundesärztekammer Deutscher Ärztetag

Tätigkeitsbericht 2017

der Bundesärztekammer

von Vorstand und Geschäftsführung dem 121. Deutschen Ärztetag 2018 in Erfurt vorgelegt

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Mit den in diesem Werk verwendeten Personen- und Berufsbezeichnungen sind – auch wenn sie nur in einer Form auftreten – gleichwertig alle Geschlechter gemeint.

Die bis 2006 im Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer veröffentlichten Satzungen und Statu- ten wurden mit Beginn der Wahlperiode 2007/2011 als Broschüre publiziert. Die jeweils aktuellen Fassungen stehen im Internet unter www.baek.de zur Verfügung.

Die Onlineversion des Tätigkeitsberichts mit weiteren Berichtsthemen, Dokumentationen und Internetverweisen kann abgerufen werden unter: www.baek.de/TB17/online

Impressum

Copyright © Bundesärztekammer 2018 Herausgeber:

Bundesärztekammer (Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern), Herbert-Lewin-Platz 1, 10623 Berlin

Redaktion:

Stabsbereich Politik und Kommunikation, Bundesärztekammer Titelfoto:

© Thomas Mayer – F1online (links oben), © Dan Race – stock.adobe.com (rechts oben),

© javiindy – stock.adobe.com (links unten), © Thorsten Maybaum – Deutsches Ärzteblatt (rechts unten) Satz:

Deutscher Ärzteverlag GmbH, Dieselstraße 2, 50859 Köln Druck und Bindung:

Warlich-Druck, 53340 Meckenheim

Alle Rechte, insbesondere das Recht zur Vervielfältigung, Mikrokopie und zur Einspeicherung in elektronische Datenbanken sowie zur Übersetzung in Fremdsprachen, für alle veröffentlichten Beiträge vorbehalten. Nachdruck und Aufnahme in elektronische Datenbanken, auch auszugs - weise, nur mit Genehmigung der Bundesärztekammer.

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Tätigkeitsbericht 2017

Inhaltsverzeichnis

Vorwort ...6

Überblick

Die BÄK im gesundheits- und sozialpolitischen Diskurs – Gehört wird, wer Ideen hat ...8

Berichte

Novelle der (Muster-)Weiterbildungsordnung – Auf der Zielgeraden ...17

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte – Konstruktive Abstimmung mit PKV, Ver bänden und Fachgesellschaften ...18

Kampf gegen Resistenzen – Strukturierte curricu lare Fortbildung „Antibiotic Stewards hip“ entwickelt ...19

Psychotherapie – Ohne Ärzte geht es nicht ...20

Telematik – Startschuss ?! – Der Aufbau der Telematikinfrastruktur beginnt ...21

Elektronische Patientenakten – Vielfalt oder Chaos? ...22

Cannabis als Arzneimittel – BÄK gibt Ärzten Hinweise zu Neuregelungen ...23

Substitutionsrichtlinie – Bessere Therapiemöglichkeiten und mehr Rechtssicherheit für Ärzte ..24

Ärztliche Qualitätssicherungsinitiativen – Die „ÄQSI“-Datenbank der BÄK gibt einen Überblick ...25

Datenschutz und Schweigepflicht – BÄK überarbeitet Hinweise und Erläuterungen ...26

Berufsordnung – Debatte über Verbot ausschließlicher Fernbehandlung ...27

Arzt – Werbung – Öffentlichkeit – BÄK informiert zum ärztlichen Werberecht ...28

Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung – Hinweise und Erläuterungen für die ärztliche Praxis ...29

Fragen am Lebensende – BÄK und WMA veranstalten europäische Regionalkonferenz ...30

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Weltärztebund – Genfer Gelöbnis unter Leitung der BÄK überarbeitet ...31 Menschenrechte – Bessere Gesundheitsversorgung für Geflüchtete und Migranten ...32 Hämotherapie und Gewebemedizin – Bundesärztekammer legt neue Richtlinien vor ...33 Stand der medizinischen Wissenschaft – Bundesärztekammer positioniert sich zu

relevanten Fragestellungen ...34 Irreversibler Hirnfunktionsausfall – Aktualitätsprüfung der Richtlinie und Bedeutung als

sicheres Todeszeichen ...35 Transplantationsmedizin I – Positive Zwischenbilanz der zweiten Prüfperiode ...36 Transplantationsmedizin II – StäKO schreibt Richtlinien fort ...37 Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft – Für eine rationale und

sichere Arzneimitteltherapie ...38 Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin – Kompetenzzentrum für Qualität

und Wissenstransfer ...39

Versorgungsziele

Schwerpunktthema des 120. Deutschen Ärztetages – Ärzteschaft will Digitalisierung gestalten und voranbringen ...40

Arztzahlentwicklung

Ärztestatistik 2017 – Wer nur die Köpfe zählt, macht es sich zu einfach ...42

Organisation der Bundesärztekammer

Organisation der Bundesärztekammer – Deutscher Ärztetag ...45 Organisation der Bundesärztekammer – Organigramm ...46 Kontakte – Adressen der Landesärztekammern ...48

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Fast ein halbes Jahr hat es gedauert, bis nach der Bundestagswahl im September 2017 eine neue Bundesregierung vereidigt werden konn- te. Wertvolle Zeit für wichtige Reformen in unserem Gesundheitswesen ging durch die schwierige Regierungsbildung verloren. Umso wichtiger ist es, dass Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag viele Forderungen und Vor- schläge der Ärzteschaft aufgegriffen haben.

Dies lässt hoffen, dass Regierung und Parla- ment auch bei der konkreten Umsetzung der einzelnen Reformvorhaben ärztlichen Sachver- stand einbeziehen werden.

Mit dem Ausbau der sektorenübergreifen- den Versorgung, den Neuregelungen bei der Notfallversorgung und der Bereitstellung von

Investitionsmitteln für neue Technologien und Digitalisierung werden im Koalitionsvertrag einige der wichtigsten Reformbaustellen als Handlungsfelder benannt. Gut und wichtig sind auch die vorgesehenen Förderungen von Land- ärzten. Im stationären Bereich entsprechen die angekündigte vollständige Refinanzierung von Tarifsteigerungen sowie die damit verbundene Einleitung einer Reform der Fallpauschalenver- gütung langjährigen Forderungen der Ärzte- schaft. Gleiches gilt für das Bekenntnis von Union und SPD, dass eine Erhöhung der Zahl der Studienplätze in der Humanmedizin not- wendig ist.

Ebenso von Bedeutung ist, was alles nicht in dem Koalitionsvertrag steht. Bis kurz vor Abschluss der Verhandlungen war es alles andere als klar, ob nicht zumindest das Vor- haben einer einheitlichen Gebührenordnung Eingang in das Papier findet. Die Konvergenz von Gebührenordnung für Ärzte und dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab wurde im- mer wieder als Kompromisslösung zu einer Bürgerversicherung ins Spiel gebracht, sie wäre letztendlich aber nichts anderes als die Einführung der Bürgerversicherung durch die Hintertür gewesen.

Im Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD bei diesem Streitthema auf die Gründung einer wissenschaftlichen Kommission verstän- digt. Damit haben alle Beteiligten die Mög- lichkeit, sich noch einmal eingehend mit den verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für ein modernes Vergütungssystem wie auch den möglichen strukturellen und finanziellen Ver-

Vorwort

Liebe Kolleginnen und Kollegen

© Helliwood media & education

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werfungen auseinanderzusetzen. Dabei muss natürlich auch die Ärzteschaft einbezogen wer- den.

Unter dem Strich setzt der Koalitionsvertrag einige positive Akzente. Doch kein Licht ohne Schatten: Es finden sich auch eine Reihe von Vorhaben, die direkt in die bewährten Struktu- ren der Selbstverwaltung eingreifen. Zwar loben die Koalitionäre die „Freiberuflichkeit der Heil- berufe“ als Stärke des Gesundheitssystems.

Das hielt sie bislang aber nicht davon ab, für die Terminvergabe und Sprechstundenzeiten von Arztpraxen Regulierungen anzukündigen.

Solche Eingriffe in die Praxisführung von Freibe- ruflern sind ebenso abzulehnen wie die weitere Beschneidung der Zuständigkeiten der ärzt- lichen Selbstverwaltung durch immer neue An- trags- und Beratungsrechte für die Länder bei der Bedarfsplanung und in den Zulassungsaus- schüssen der Kassenärztlichen Vereinigungen.

Aber auch hier gilt: Änderungen im Sinne der Ärzteschaft sind möglich – wenn sie nur klar und deutlich artikuliert werden. Außer Frage steht: Die Bundesärztekammer wird sich in die anstehenden Reformen einbringen und da- für Sorge tragen, dass die ärztlichen Belange und damit auch die unserer Patientinnen und Pa tienten nicht aus dem Blick geraten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, agieren statt reagieren und die politische Diskussion mit ei- genen Vorschlägen voranbringen. So haben wir es im vergangenen Jahr gehalten, wenn es galt, die ärztliche Sichtweise in der Politik zu plat- zieren, und so werden wir es auch in Zukunft

beibehalten. Der vorliegende Tätigkeitsbericht gibt anhand ausgewählter Arbeitsschwerpunkte einen Überblick zu den vielfältigen Aktivitäten der Bundesärztekammer im vergangenen Jahr und nimmt dabei immer wieder Bezug zu den Entwicklungen des laufenden Jahres.

Die einzelnen Berichte sind mit zahlreichen Verlinkungen auf weiterführende Informatio- nen im Internet versehen. Zudem steht Ihnen eine noch ausführlichere Onlineversion (*) des Tätigkeitsberichts auf der Internetseite der Bun- desärztekammer zur Verfügung.

In diesem Sinne die besten Wünsche und einen herzlichen Gruß

Ihr Ihr

Prof. Dr. med. Frank Ulrich Montgomery Präsident der Bundesärztekammer

und des Deutschen Ärztetages 

(*): Die Onlineversion des Tätigkeitsberichts kann unter www.baek.de/TB17/online abgerufen werden.

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Wer in der Politik etwas bewegen will, der muss leidenschaftlich für seine Sache streiten. Dieser alte Leitspruch politischer Interessenvertretung ist nach wie vor gültig. Allerdings ist es mit Lei- denschaft allein nicht getan. Insbesondere wer in dem komplexen Regelungsdickicht des So- zialgesetzbuchs V etwas bewegen will, braucht zusätzlich einen langen Atem. So spielt sich das Alltagsgeschäft gemeinwohlorientierter ärzt- licher Interessenvertretung nicht auf der großen politischen Bühne ab. In oft mühevoller Detail- arbeit müssen zum Beispiel Gesetzes- und Ver- ordnungsentwürfe auf ihre Praxistauglichkeit abgeklopft und der Politik – wenn nötig – eige- ne Regelungsvorschläge unterbreitet werden.

Es gilt, die ärztliche Sichtweise, die immer auch die Belange der Patientinnen und Patienten mit einschließt, in die Politik einzubringen. Die De- batten über eine Reform des Medizinstu diums, über die Digitalisierung des Gesundheits- wesens und über den dringend notwendigen Umbau der Notfallversorgung sind hierfür nur

einige Beispiele. Dabei kommt ein weiterer Leit- spruch erfolgreicher politischer Interessenver- tretung zum Tragen: Gehört wird, wer Ideen hat.

Und diese hat die Bundesärztekammer (BÄK) auch im vergangenen Jahr immer wieder in die Politik einbringen können.

Dabei vertritt sie auch unbequeme Positionen.

So wie bei der im vergangenen Jahr intensiv geführten Diskussion über die künftige Finan- zierung des Krankenversicherungssystems in Deutschland. Die Position der Ärzteschaft in dieser Frage ist eindeutig und beschränkt sich nicht nur auf ein simples „Nein“ zur Einheitskas- se. Bereits in ihren Positionen zur Bundestags- wahl hatte die Bundesärztekammer Reformen im Bereich der Privaten Krankenversicherung angemahnt. Transparenz und Vergleichbarkeit der Tarife, ein umfassender Verzicht auf unan- gemessene Anreize für Versicherungsvermittler sowie ein suffizienter Schutz des Versicherten vor inadäquaten Tarifsteigerungen sind unver- zichtbar. Ebenso muss die Portabilität der Alte- rungsrückstellungen verbessert werden. Bei der Gesetzlichen Krankenversicherung ist im Rah- men der gebotenen Weiterentwicklung des mor- biditätsorientierten Risikostrukturausgleichs auf eine ausgewogene Verteilungssystematik zu achten. Beide Systeme sind weiterzuentwi- ckeln und zu stärken. Sie dürfen aber keinesfalls durch die Einführung eines Einheitssystems ge- fährdet werden. Rückblickend betrachtet wird deutlich: Die gleichermaßen konstruktive wie konsequente Haltung der Ärzteschaft in dieser Frage dürfte mit dazu beigetragen haben, dass das Bürgerversicherungsmodell in Medien und Politik im Laufe des Jahres massiv an Zustim- mung eingebüßt hat.

Ärztetag bringt Würze in den Wahlkampf

Das fing mit dem 120. Deutschen Ärztetag in Freiburg an, auf dem das Thema intensiv disku- tiert wurde. Rund 130 Journalisten berichteten

Die BÄK im gesundheits- und sozialpolitischen Diskurs

Gehört wird, wer Ideen hat

© Marcel Schauer - stock.adobe.com

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vor Ort über den Ärztetag. Die Pressestelle der deutschen Ärzteschaft veröffentlichte mehr als 20 Pressemitteilungen aus Freiburg, die von re- gionalen und überregionalen Medien aufgegrif- fen wurden. Mit Videobeiträgen auf dem You- tube-Kanal der Bundesärztekammer sowie über Twitter wurden Journalisten und andere Inter- essierte ständig über die Beratungen auf dem Laufenden gehalten. Neben der gesundheitspo- litischen Generalaussprache beschäftigten sich die Abgeordneten in Freiburg intensiv mit der Digitalisierung in der Medizin (siehe Bericht S. 40) sowie mit wichtigen innerärztlichen The- men wie der Novellierung der (Muster-)Weiter- bildungsordnung (siehe Bericht S. 17) und der Reform der Gebührenordnung für Ärzte (siehe Bericht S. 18).

Besondere Resonanz in Politik und Medien fand erwartungsgemäß die Eröffnungsveranstaltung im Freiburger Konzerthaus. Vor allem mit ihren Forderungen zur künftigen Ausgestaltung des Krankenversicherungssystems gelang es der Ärzteschaft, endlich wieder mehr Würze in den Bundestagswahlkampf zu bringen. „Wer meint, dass eine Einheitsversicherung gerechter sei als unser heutiges System, der verwechselt Gleich- heit auf niedrigem Niveau mit Gerechtigkeit“, zitierte die Frankfurter Allgemeine Zeitung aus der Eröffnungsrede des BÄK-Präsidenten. Der Berichterstatter der Nürnberger Zeitung kons- tatierte: „Die Bürgerversicherung, wie sie SPD, Linke und Grüne propagieren, ist für die Medi- ziner ein Schreckgespenst.“ Und er fügte hinzu:

„Ärzteschaft und Minister warnen vor Neid- debatten im Wahlkampf.“

Tatsächlich nutzte der damalige Bundesge- sundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sein Grußwort auf dem Deutschen Ärztetag, um die Position seiner Partei in dieser Frage klarzu- stellen. Bis dato waren die Unionsparteien nur halbherzig auf die Diskussion eingegangen. Da- mit war nun Schluss: Eine Zwangsvereinigung von privater und gesetzlicher Krankenversiche- rung werde keines der anstehenden Probleme, von der Digitalisierung bis zur Versorgung im ländlichen Raum, lösen, sagte Gröhe. Man dür- fe nicht mit „Neidparolen über unser Gesund- heitssystem herziehen“. In seiner Blaupause für das Bundestagswahlprogramm lehnte der Bundesfachausschuss Gesundheit der CDU später eine „staatliche Einheitsversicherung für

alle“ ab und hob die besondere Bedeutung des Systemwettbewerbs zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung hervor. Beides fand sich später auch im Wahlprogramm der CDU wieder.

Debatte hielt auch nach Jahreswechsel an

Wie wichtig es war, dass sich die Union zu die- sen Fragen klar positionierte, war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht abzusehen. Glaubte man die Bürgerversicherung nach der Bundes- tagswahl am 24. September 2017 endgültig be- erdigt, ließen sie SPD-Fachpolitiker unmittelbar vor den Sondierungsgesprächen mit der Union wieder auferstehen und machten sie de facto zu einer Vorbedingung für eine mögliche Große Koalition.

Dass die Ärzteschaft die Bürgerversicherung entschieden ablehnen würde, war zu erwarten.

Die Geschlossenheit, mit der sie auf die Forde- rungen reagiert hatte, dürfte dann aber doch viele beeindruckt haben. Fast alle großen Medi- en berichteten über den „Aufschrei“ der Ärzte- schaft und schlossen sich deren Argumentation in großen Teilen an. „Unser duales Kassensys- tem funktioniert besser als rein staatliche Ein- heitssysteme in anderen Ländern“, konstatierte die Tageszeitung „Die Welt“. Und weiter: „Das deutsche Krankenversicherungssystem braucht keine derartige Radikalreform, wie sie das linke Lager anstrebt.“ Das Handelsblatt warnte vor einem „Projekt mit gefährlichen Nebenwirkun- gen“. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung ver- wies auf eine Allensbach-Umfrage, nach der 90 Prozent der Deutschen mit dem Gesund- heitssystem zufrieden sind. Das Blatt prognosti- zierte: „Das wird sich ändern, wenn die private Konkurrenz ausgeschaltet wird.“

Bekanntermaßen schaffte es die Bürgerversi- cherung ebenso wenig in den Koalitionsvertrag wie die von der SPD ins Gespräch gebrachte einheitliche Honorarordnung. Diese wäre, so hatte es Bundesärztekammer-Vorstandsmit- glied Dr. Klaus Reinhardt im Dezember 2017 formuliert, nichts anderes als ein Trojanisches Pferd, das die Einheitskasse in die Mauern des deutschen Gesundheitssystems getragen hät- te. In einem Schreiben an die Unionsspitzen warnten die Bundesärztekammer und weitere

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Organisationen eindringlich vor der Einfüh- rung von Einheitshonoraren. Rückendeckung bekamen sie zudem von namhaften Gesund- heitsökonomen und Juristen, die in einem von der Bundesärztekammer gemeinsam mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung initiierten Memorandum die Risiken und Ne- benwirkungen einer solchen Reform darlegten (1). Tatsächlich verzichteten die Koalitionäre in spe auf Schnellschüsse in diesem sensiblen Bereich und verständigten sich auf die Grün- dung einer wissenschaftlichen Kommission, die Fragen der Vergütungssystematik klären soll. Im Koalitionsvertrag heißt es wörtlich: „Die Bundesregierung wird dazu auf Vorschlag des Bundesgesundheitsministeriums eine wissen- schaftliche Kommission einsetzen, die bis Ende 2019 unter Berücksichtigung aller hiermit zu- sammenhängenden medizinischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen Vorschläge vorlegt.

Ob diese Vorschläge umgesetzt werden, wird danach entschieden.“

Die Bundesärztekammer wird auch hier ihren Sachverstand einbringen.

Masterplan Medizinstudium endlich umsetzen

Die Ärzteschaft hatte im vergangenen Jahr im- mer wieder darauf hingewiesen, dass die De- batte über eine Bürgerversicherung von den wirklichen Herausforderungen für das Gesund- heitswesen ablenkt. Dazu zählt unter anderem auch das Problem des zunehmenden Ärzte- mangels, insbesondere in strukturschwachen Regionen. Abhilfe wollte die letzte Regierungs- koalition mit dem sogenannten Masterplan Medizinstudium 2020 schaffen, der unter an- derem eine stärkere Gewichtung der Allgemein- medizin im Studium vorsieht. Das Vorhaben ist zu begrüßen. Allein die Umsetzung durch die Bundesländer lässt auf sich warten.

Im Nachrichtenmagazin Focus forderte Mont- gomery im Januar 2017 zusätzlich 1.000 Studi- enplätze in der Humanmedizin. Das müsse bei der von Bund und Ländern geplanten Reform des Medizinstudiums berücksichtigt werden.

Im Februar mahnte Montgomery Bund und Länder in der Märkischen Oderzeitung zur Eile: Die heutigen Medizinstudierenden kämen erst nach etwa 15 Jahren in der niedergelasse-

nen Praxis an. So lange dauerten Studium und Facharztausbildung.

Im März 2017 meldete die für die Reform einge- richtete Bund-Länder-Arbeitsgruppe dann tat- sächlich eine Einigung. Viele Forderungen der Ärzteschaft wurden in den Masterplan einbe- zogen, darunter veränderte Auswahlverfahren, die Stärkung der kommunikativen Kompetenz sowie mehr Praxisorientierung im Studium.

Allerdings stellten die Länder die vollständige Umsetzung der Reform unter Haushaltsvorbe- halt. Es wurde eine Expertenkommission ein- gesetzt, die die Auswirkungen der getroffenen Maßnahmen auf die Studienplatzsituation und die Kosten untersuchen soll. Dies stieß insbe- sondere bei der Ärzteschaft auf Unverständnis.

Im März betonte Montgomery gegenüber der Katholischen Nachrichtenagentur, dass nun die Länder ihren Beitrag für den ärztlichen Nach- wuchs leisten müssten. Die Vizepräsidentin der Bundesärztekammer, Dr. Martina Wenker, sagte im Mai im Norddeutschen Rundfunk: „Warum wird erst eine Expertenkommission gegründet?

Wir wissen, wie teuer ein Medizinstudienplatz ist.“ Auch der 120. Deutsche Ärztetag forderte die Länder zu konkreten Schritten auf.

Die BÄK vor dem

Bundesverfassungsgericht

Im Zusammenhang mit der Debatte über den Masterplan muss auch die politische und recht- liche Diskussion des vergangenen Jahres über die Zulassungskriterien für Bewerber um einen Medizinstudienplatz betrachtet werden. Die Bundesärztekammer und Deutsche Ärztetage hatten sich seit Langem für geänderte Auswahl- verfahren ausgesprochen, die nicht allein auf den Numerus Clausus abheben. „Wir brauchen nicht nur hoch lernfähige, wissenschaftlich ori- entierte, potenzielle Nobelpreisträger, sondern wir brauchen auch gute Ärzte, die sich durch so- ziale Kompetenz auszeichnen und auch bereit sind, aufs Land zu gehen“, sagte Montgomery in einem Interview mit der Rheinischen Post.

Darauf hob er auch am 4. Oktober 2017 ab, als der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts darüber verhandelte, ob die Studienplatzverga- be in der Humanmedizin über den Numerus Clausus mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Zur Klärung der komplexen Materie hatte das Ge- richt neben Vertretern der Hochschulen und der

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Studierenden auch die Bundesärztekammer ge- laden. Montgomery verdeutlichte, dass bei der Auswahl von Bewerbern neben der Abiturnote auch psychosoziale Kompetenzen, soziales En- gagement und einschlägige Berufserfahrung einzubeziehen sind. Zudem forderte er mehr Transparenz bei der Studienplatzvergabe, Neu- regelungen bei den Wartezeiten sowie struktu- rierte Eignungsprüfungen, zum Beispiel durch bundesweit einheitliche Assessment-Center.

Das richtige Signal zur richtigen Zeit

Dies tat er mit Erfolg. Denn nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2017 müssen die Hochschulen nun verpflich- tet werden, neben der Abiturnote obligatorisch ein weiteres, nicht notenbasiertes Zulassungs- kriterium anzuwenden, das bundeseinheitlich, strukturiert und standardisiert ausgestaltet ist. Darüber hinaus darf die Festlegung auf höchstens sechs gewünschte Studienorte nicht dazu führen, dass ein Bewerber, der eigentlich erfolgreich wäre, am Ende leer ausgeht. Im Auswahlverfahren bei den Hochschulen muss eine Vergleichbarkeit der Abiturnoten über Landesgrenzen hinweg sichergestellt werden.

Des Weiteren forderte das Gericht den Bun- desgesetzgeber auf, die Wartezeiten auf einen Medizinstudienplatz zu begrenzen, da der Stu- dienerfolg nach zu langer Wartezeit nicht mehr chancengleich gewährleistet werden kann.

Die Bundesärztekammer bezeichnete das Ur- teil in einer – von allen großen Tageszeitungen und den regionalen Medien aufgegriffenen – Mitteilung als „richtiges Signal zur richtigen Zeit“. Die Kommentatoren der Tageszeitungen schlossen sich fast ausschließlich der Bewer- tung des Urteils sowie den Forderungen der Ärzteschaft an. „Aberwitz mit Ansage“, titelte die Süddeutsche Zeitung: „Einerseits werden in Deutschland nicht genug Ärzte ausgebildet, um alle Patienten zu versorgen. Andererseits schei- tern jedes Jahr Zehntausende junge Menschen daran, einen der äußerst raren Studienplätze für Humanmedizin zu ergattern.“ Als „längst überfällig“ bezeichnete auch die Bild-Zeitung das Urteil.

Parallel zur politisch-medialen Arbeit zum Bun- destagswahlkampf und zu den sich daran an-

schließenden Verhandlungen über eine neue Bundesregierung setzte die Bundesärztekam- mer bei zahlreichen weiteren Themen eigene Akzente. Beispielhaft genannt seien hier die Regelungen zur Arzneimittelversorgung (2), Initia tiven zu Präventionsthemen (3) und kon- krete Gesetzgebungen, zum Beispiel im Bereich Kinderschutz (4) sowie zur Bekämpfung des Fachkräftemangels (5).

Die Ärzteschaft hat Europa immer im Blick

Vielfältig waren auch die gesundheitspoliti- schen Aktivitäten auf europäischer Ebene. Hier galt das Hauptaugenmerk dem Vorschlag einer Richtlinie, die Mitgliedstaaten verpflichten soll, neue oder geänderte Berufsregelungen zuvor detailliert auf ihre Verhältnismäßigkeit zu prü- fen. Dass Berufsregeln verhältnismäßig sein müssen, ist selbstverständlich. Die vorgeschla- gene Regelung bedeutet jedoch einen erheb- lichen Bürokratieaufwand für Mitgliedstaaten und Ärztekammern. Zudem schreibt sie fest, dass Mitgliedstaaten die Beweislast für die Not- wendigkeit von Regulierung tragen sollen.

Der Richtlinienvorschlag zielt eigentlich auf die Stärkung des Dienstleistungswettbewerbs, unterscheidet aber nicht zwischen Heilberufen und anderen, etwa handwerklichen Berufen, ob- wohl heilberufliche Leistungen nicht derselben Wettbewerbslogik folgen. Um den Besonderhei- ten der Heilberufe und des Schutzes von Leben und Gesundheit als vom Europäischen Ge-

© Joris Van Ostaeyen_panthermedia

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richtshof anerkanntes höchstes Rechtsgut ge- recht zu werden, machte sich die Bundesärzte- kammer für eine Ausnahme der Heilberufe von der Prüfung stark. Hierzu setzte sich BÄK-Prä- sident Montgomery auch in persönlichen Ge- sprächen mit dem Berichterstatter im Europä- ischen Parlament, Dr. Andreas Schwab, sowie den Verantwortlichen bei der Europäischen Kommission ein. Bei verschiedenen Treffen und Veranstaltungen brachte die Bundesärztekam- mer das Thema gegenüber Bundesregierung und Europaabgeordneten zur Sprache.

Eine daraufhin von Schwab vorgeschlagene Aus- nahme der Heilberufe fand die Unterstützung vieler Abgeordneter, darunter auch des Umwelt- und Gesundheitsausschusses, jedoch unterlag ein entsprechender Antrag im federführenden Binnenmarktausschuss knapp einem Kompro- missvorschlag. Statt einer Ausnahme der Heil- berufe betonte der Binnenmarktausschuss die Notwendigkeit der Regulierung der Heilberufe und rief die Mitgliedstaaten dazu auf, ein hohes Gesundheitsschutzniveau sicherzustellen.

Das Beispiel zeigt, dass gute Argumente leider nicht immer verfangen – zumindest nicht im- mer direkt. So war es auch bei der von Bund und Ländern erstellten Leitlinie zur Überprü- fung von Heilpraktikeranwärtern, die trotz Warnungen der Ärzteschaft vor Gefahren für den Patientenschutz umgesetzt wurde (9). Im

Entwurf des Koalitionsvertrags steht dann aber doch, dass das Spektrum der heilpraktischen Behandlung im Sinne einer verstärkten Patien- tensicherheit überprüft werden soll.

Auch bei den Beratungen über das sogenann- te Bundeskriminalamtgesetz konnte die Ärz- teschaft trotz zahlreicher Interventionen im Bundesinnenministerium nicht mit ihren Ar- gumenten durchdringen. Hier wird deutlich:

Politische Interessenvertretung kommt dem Bohren dicker Bretter gleich. Abschrecken las- sen darf man sich dadurch nicht – weiterbohren lautet die Devise.

Deutliche Kritik an Sterbehilfe-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Auch bei dem sensiblen Thema Sterbehilfe ist im vergangenen Jahr eine – mit dem Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe aus dem Jahr 2015 – längst beendet geglaubte Diskussion er- neut aufgeflammt. Das Bundesverwaltungsge- richt hatte im März in einem Urteil befunden, Schwerkranke hätten in „extremen Ausnah- mesituationen“ das Recht, dass das Bundes- institut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ihnen erlaubt, eine tödliche Dosis des Schlafmittels Natrium-Pentobarbital zu bezie- hen. Das Gericht verwies auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Dieses umfasse auch das Recht eines schwer und unheilbar Kranken, „zu entscheiden, wie und zu welchem Zeitpunkt sein Leben beendet werden soll“. Der Kauf töd- licher Medikamente könne zwar nicht „grund- sätzlich“ erlaubt werden. Allerdings müssten aufgrund des Selbstbestimmungsrechts Aus- nahmen möglich sein.

Mit ihrem Urteil warfen die Richter jedoch eine Reihe von Fragen auf: Wann liegt ein „Extrem- fall“ vor? Wann besteht eine „unerträgliche Lei- denssituation“? Wann ist eine Entscheidung

„frei und ernsthaft“? Und schließlich: Wird das BfArM nun zur Prüfungsinstanz in Sachen Selbsttötung?

Entsprechend harsch fiel die Kritik aus. Eine „so grundsätzliche ethische Frage“ wie die der ärzt- lich assistierten Selbsttötung dürfe nicht „auf ei- nen bloßen Verwaltungsakt reduziert werden“, sagte BÄK-Präsident Montgomery im März in der Süddeutschen Zeitung. „Eine solche Bü-

© BÄK

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rokratieethik ist unverantwortlich“, zitierte die Tagesschau den BÄK-Präsidenten. Dieser Kritik schloss sich Minister Gröhe an und sicherte in seiner Grußansprache zur Eröffnung des Deut- schen Ärztetages in Freiburg zu, alles Mögliche zu tun, damit eine staatliche Behörde nicht zum Handlanger einer Selbsttötung wird.

Auch das BfArM wurde aktiv und beauftrag- te den ehemaligen Verfassungsrichter Prof.

Dr. Dr. Udo di Fabio mit einem Gutachten zu dem Urteil: Darin warnte di Fabio vor einer

„schleichenden Etablierung einer Kultur der Euthanasie“. Eine Mitwirkung des Staates an Selbsttötungen sei „verfassungsrechtlich nicht haltbar“. Aus dem Recht auf Selbsttötung las- se sich keine staatliche Pflicht ableiten, bei ei- nem Selbstmord zu helfen. Ansonsten dränge ein „absoluter Selbstbestimmungsanspruch die sozial-ethischen Grundentscheidungen einer demokratischen Gesellschaft zur Seite“. In die- sem Jahr wird das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsbeschwerden entscheiden, die mehrere Ärzte und Privatpersonen gegen die Regelungen aus dem Jahr 2015 erhoben ha- ben. Di Fabio sieht hierin eine Möglichkeit, die entstandenen „erheblichen Rechtsunsicherhei- ten“ zu klären.

Auch die Bundesärztekammer setzt auf Aufklä- rung und erarbeitete im vergangenen Jahr Hin- weise und Erläuterungen zu dem Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung (siehe Bericht S. 29). Ein weiteres Mal befasste sich die Ärzteschaft im November 2017 mit der Thematik, als sie zusammen mit der Päpst- lichen Akademie für das Leben und dem Welt- ärztebund Juristen, Ethiker, Theologen und Phi- losophen zu einer Konferenz über die Begleitung von Menschen an ihrem Lebensende in den Vatikan einlud (siehe Bericht S. 30).

Helfer dürfen nicht zu Opfern werden

Ein weiteres sensibles Thema, das nicht nur in der Gesundheitspolitik diskutiert wurde, ist die zunehmende Gewalt gegen Ärzte und andere Gesundheitsberufe. Umfragen zufol- ge wurde bereits jeder zehnte Hausarzt mit aggressivem Verhalten seiner Patienten kon- frontiert (6). Zwar ist auch der Gesetzgeber auf dieses Problem aufmerksam geworden, der

entsprechende Gesetzentwurf zur „Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften“ sparte Ärzte jedoch aus. Die BÄK forderte, den erfassten Personenkreis zu erweitern. „Alle im Gesundheitswesen tätigen Hilfeleistenden, zum Beispiel im Rettungs- dienst, in Rettungsstellen eines Krankenhauses oder im Notfall- und Bereitschaftsdienst, müs- sen durch die gesetzliche Regelung geschützt werden“, hieß es in einem Schreiben der BÄK an den damaligen Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). Die Intervention zeigte Wirkung:

In den abschließenden Ausschussberatungen erfolgte nicht zuletzt aufgrund der Appelle der Ärzteschaft eine wichtige Ergänzung. Pa- ragraph 323c Strafgesetzbuch sah bisher vor, dass mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe sanktioniert wird, wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten ist. Er- gänzt wird diese Regelung nun um einen Ab- satz 2, der besagt: „Ebenso wird bestraft, wer in diesen Situationen eine Person behindert, die einem Dritten Hilfe leistet oder leisten will.“

Ausweislich der Begründung dieser Änderung wird hiervon auch die Beeinträchtigung der Tä- tigkeit von Ärzten und Krankenhauspersonal in der Notaufnahme erfasst.

Ausblick: 121. Deutscher Ärztetag in Erfurt

Neben gesundheits- und berufspolitischen Themen wird sich der 121. Deutsche Ärztetag in Erfurt vom 8. bis 11. Mai 2018 in einem The- menschwerpunkt mit der Versorgung psychischer Erkrankungen aus ärztlicher Sicht beschäftigen. Als Referenten geladen sind zu diesem Thema Dr. Iris Hauth, Chefärztin der Klinik für Psychiatrie, Psycho- therapie und Psychosomatik des St. Joseph-Krankenhauses in Berlin, Prof. Dr. Stephan Zipfel, Ärztlicher Direktor der Medizinischen Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Tübingen, und der Leiter des Instituts für Allgemeinmedizin an der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität in München, Prof. Dr.

Jochen Gensichen.

Ebenfalls auf der Agenda des diesjährigen Deutschen Ärztetages ste- hen unter anderem die Novelle der (Muster-)Weiterbildungsordnung sowie die Beratungen über die Neufassung der Gebührenordnung für Ärzte.

Weitere Informationen zum 121. Deutschen Ärztetag in Erfurt können im Internet unter www.bundesaerztekammer.de/

aerztetag/121-deutscher-aerztetag-2018/ abgerufen werden.

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Gewalt gegen Ärzte entwickelt sich auch im Ausland zu einem immer größeren Problem.

Dies stellten Vertreter der mittel- und osteuro- päischen Ärztekammern im September 2017 bei ihrem Treffen im slowenischen Ljubljana fest.

„Die Sicherheit der Ärzte ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Gesundheitsversorgung der Be- völkerung“, betonte Dr. Max Kaplan, Vizepräsi- dent der Bundesärztekammer, bei dem Treffen.

In einer Resolution (7) forderten die Kammern eine Null-Toleranz-Politik bei Gewalt gegen Ärz- te, flankiert von einer entsprechenden Gesetz- gebung auf nationaler und europäischer Ebene.

Notaufnahmen in Not

Gewalt und Pöbeleien gegen Ärzte und andere Gesundheitsberufe sind insbesondere in den häufig völlig überfüllten Notaufnahmen zu be- obachten. Darauf hatte Montgomery im Mai in der Bild-Zeitung hingewiesen. „Patienten wollen nicht akzeptieren, dass sie nicht sofort behandelt werden oder nicht so behandelt wer- den, wie sie es für richtig halten“, sagte er. Ge- genüber der Nachrichtenagentur dpa stellte er klar, dass es in den Notaufnahmen nicht darum gehen dürfe, wer als erstes behandelt werden will, sondern wer als erstes behandelt werden muss. Nicht nur aus diesen Gründen war die Reform der Notfallversorgung ein gesund- heitspolitisches Top-Thema des vergangenen Jahres. So hat sich die Zahl der Patienten, die die Notfallversorgungsstrukturen in Anspruch nehmen, in den letzten zehn Jahren verdoppelt.

Nachdem die Bundesärztekammer im April 2017 in einem Argumentationspapier Rahmen-

bedingungen für eine gute sektorenübergrei- fende Notfallversorgung vorgelegt hatte (8), beschäftigte sich auch der Deutsche Ärztetag mit dem Thema. Die Abgeordneten forderten eine extrabudgetäre Finanzierung und eine sektorenübergreifende Ausgestaltung der Not- fallversorgung. Notfallpraxen beziehungsweise Bereitschaftspraxen sollten an dafür geeigneten Kliniken als Anlaufstellen geschaffen werden.

Viele Forderungen der Bundesärztekammer fan- den sich zudem in einem im September 2017 vorgelegten Gutachtenentwurf des Gesundheits- Sachverständigenrates wieder. Im zweiten Quar- tal 2018 soll das endgültige Gutachten vorliegen.

Die BÄK wird sich in die weiteren Diskussionen einbringen.

Anstöße zur Meinungsbildung

Häufig geht die Initiative zur öffentlichen Dis- kussion gesundheitspolitischer und medizi- nisch-ethischer Themen von der Politik aus.

Anstöße zur Meinungsbildung geben aber auch die Organisationen des Gesundheitswesens selbst. Neben Statements und Kommentaren in Presse, Rundfunk und Fernsehen brachte die Bundesärztekammer in Pressekonferenzen und Tagungen eine Vielzahl von Themen gezielt in die Öffentlichkeit und Fachöffentlichkeit oder leistete eigene Beiträge zu bereits laufenden Debatten. Einige Beispiele hierfür waren das Dialogforum für junge Ärztinnen und Ärzte im Vorfeld des 120. Deutschen Ärzte tages in Frei- burg, der Erfahrungsaustausch über aktuelle suchtmedizinische Themen im November un- ter Leitung der beiden Vorsitzenden der BÄK-Ar- beitsgruppe „Sucht und Drogen“, Erik Boden- dieck und Dr. Josef Mischo, (siehe Bericht S. 23) sowie, ebenfalls im November, die Ta- gung „Chancen und Wert der ärztlichen Psy- chotherapie“ unter Moderation der beiden BÄK-Vorstandsmitglieder Dr. Heidrun Gitter und Dr. Ulrich Clever (siehe Bericht S. 20).

Gesundheitsunterricht an Schulen

Ein weiteres Thema, das die Bundesärztekammer im vergangenen Jahr gezielt in der Öffentlichkeit platziert hatte, war die Gesundheitsförderung bei Kindern und Jugendlichen. Der Grund: Über- gewicht und Bewegungsmangel sind bei vielen Kindern und Jugendlichen in Deutschland ein

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Problem. Das hat nicht zuletzt der 120. Deutsche Ärztetag erkannt und gefordert, gesundheitsre- levante Themen in die Ausbildung von Lehrern und Erziehern sowie in die schulischen Lehrplä- ne aufzunehmen. Denkbar seien ein projektbe- zogener Unterricht zu Gesundheitsthemen, ei- gene Unterrichtseinheiten oder auch ein eigenes Schulfach „Gesundheit“, so die Abgeordneten des Ärztetages.

Die Bundesärztekammer nahm diese Forderun- gen in ihre Arbeit im Rahmen der vom Bundes- gesundheitsministerium initiierten Allianz für Gesundheitskompetenz auf (10). Die Mitglieder der Allianz, darunter zahlreiche Verbände und Organisationen aus dem Gesundheitswesen, wollen in ihren jeweiligen Zuständigkeitsberei- chen dazu beitragen, Maßnahmen zur Verbes- serung des Gesundheitswissens zu entwickeln und umzusetzen. „Gesundheitskompetenz ist mehr als das Wissen über eine gesunde Lebens- führung. Gesundheitskompetenz ist die Fähig- keit, Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden, um im Alltag angemessene Entscheidungen zur Ge- sundheit treffen zu können“, sagte Montgomery bei der Auftaktveranstaltung im Juni 2017 in Ber- lin. „Wir müssen deshalb Kinder schon früh für Gesundheitsthemen begeistern. Jetzt sind die Kultusminister der Länder gefragt, mit uns an ei- nem Strang zu ziehen.“ Doch während das Bun- desgesundheitsministerium Sympathien für die Forderungen erkennen ließ, halten sich die Län- der bislang zurück. Im Sommer des Jahres 2017 haben deshalb zahlreiche Landesärztekammern das Thema im Rahmen einer koordinierten Pres- searbeit aufgegriffen und unter anderem mehr Sport- und Bewegungsangebote sowie größere Freiräume für Lehrkräfte zur Vermittlung von Gesundheitsthemen gefordert. Die Initiative wurde bundesweit von zahlreichen regionalen Medien positiv aufgenommen und begleitet.

Patientensicherheit an erster Stelle

Auf maximale Transparenz setzt die Bun- desärztekammer bei einem anderen wichtigen Thema. Seit dem Jahr 2006 veröffentlicht sie im Rahmen einer Pressekonferenz die Ergeb- nisse der Behandlungsfehlerstatistik der Gut- achterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern. Im Jahr 2017 hat die Bun- desärztekammer zudem ihre Informationen

zu den Gutachterkommissionen und Schlich- tungsstellen auf ihrer Internetseite überar- beitet (11). Dr. Andreas Crusius, Vorsitzender der Ständigen Konferenz der Gutachterkom- missionen und Schlichtungsstellen der Bun- desärztekammer, wies bei der Vorstellung der Statistik im März 2017 (12) auf die vielfältigen Maßnahmen der Ärzteschaft zur Fehlerpro- phylaxe und Qualitätssicherung hin. So wür- den die Behandlungsfehlerdaten aufbereitet und für Fortbildungen genutzt. Im Septem- ber 2017 betonte Dr. Günther Jonitz, Vorsit- zender der Qualitätssicherungsgremien der Bundesärztekammer, anlässlich des Tages der Patientensicherheit die besondere Bedeutung der Kommunikation zur Fehlerprävention.

„Kommunikation kann man lernen. Und viele Ärztekammern oder Krankenhäuser bieten ent- sprechende Lehrgänge an“, sagte Jonitz in ei- nem Interview mit dem Deutschen Ärzteblatt.

Was 2018 wichtig wird

Nach der Bundestagswahl ist vor den Koali- tionsverhandlungen – sollte man meinen. Ganz so glatt lief es mit der Regierungsbildung nach der Bundestagswahl im vergangenen Jahr be- kanntermaßen nicht. Am Ende aber stand ein Koalitionsvertrag, der – zumindest in seinem gesundheitspolitischen Kapitel – größtenteils von Pragmatismus geprägt ist. Mit vielen For- derungen konnte sich die Ärzteschaft Gehör verschaffen. Dazu zählen unter anderem die Förderungen von Landärzten und der Ausbau der Strukturfonds der Kassenärztlichen Vereini- gungen zur Bekämpfung des Ärztemangels in ländlichen Räumen. Weitere wichtige Zukunfts- themen werden mit der Förderung der sekto- renübergreifenden Versorgung und mit den angekündigten Neuregelungen bei der Notfall- versorgung angesprochen.

Im Krankenhaussektor ist die vorgesehene ver- besserte Berücksichtigung von Personalkosten im Sinne einer vollständigen Refinanzierung der Tarifsteigerungen grundsätzlich zu begrü- ßen. Auch die damit verbundene Einleitung ei- ner Reform der Fallpauschalenvergütung greift eine langjährige Forderung der Ärzteschaft auf.

Gleiches gilt für das Bekenntnis von Union und SPD, dass eine Erhöhung der Zahl der Studien- plätze in der Humanmedizin notwendig ist. In

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(1) www.baek.de/TB17/PMEinh (2) www.baek.de/TB17/AMVSOG (3) www.baek.de/TB17/PMAllianz1 (4) www.baek.de/TB17/KJSG (5) www.baek.de/TB17/Untergrenze (6) www.baek.de/TB17/Survey (7) www.baek.de/TB17/Resolution (8) www.baek.de/TB17/Notfall (9) www.baek.de/TB17/HP

(10) www.baek.de/TB17/PMAllianz2 (11) www.baek.de/TB17/GuS1 (12) www.baek.de/TB17/GuS2 dem Bereich der Transplantationsmedizin sind

die Koalitionäre den Vorschlägen der Ärzte- schaft für verbindliche Freistellungsregelungen für Transplantationsbeauftragte, deren Refinan- zierung und eine Erhöhung der Vergütung für die Organentnahme gefolgt.

„Der Koalitionsvertrag setzt beim Thema Ge- sundheit an vielen Stellen durchaus richtige Akzente“, hatte BÄK-Präsident Montgomery in einer ersten Reaktion auf die Verhandlungs- ergebnisse kommentiert. Richtig sei auch, dass sich Union und SPD beim Streitthema Honorie- rung auf die Gründung einer wissenschaftlichen Kommission verständigt haben. „Damit haben alle Beteiligten die Möglichkeit, sich noch ein- mal eingehend mit den verfassungsrechtlichen

Voraussetzungen für ein modernes Vergütungs- system wie auch den möglichen strukturellen und finanziellen Verwerfungen auseinanderzu- setzen. Wir brauchen hier vernünftige Lösun- gen.“

Positiv sind auch die geplante Weiterentwick- lung des Präventionsgesetzes, der Ausbau des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und die vor- gesehene weitere Stärkung der Hospiz- und Palliativversorgung. Natürlich ließen sich noch zahlreiche weitere Punkte auf die Agenda der nächsten Bundesregierung setzen. Auch wer- den einige Ankündigungen, wie zum Beispiel die Erhöhung der Mindestsprechstundenzei- ten, intensive Gespräche mit der Ärzteschaft nach sich ziehen. Aber ein Koalitionsvertrag ist kein Gesetzentwurf. Änderungen im Sinne von Patienten und Ärzten sind möglich. Wichtig ist, dass nach den quälenden Monaten der Regie- rungsbildung keine weitere Zeit vergeudet wird, sondern die dringenden Herausforderungen, vor denen das deutsche Gesundheitswesen steht, endlich angegangen werden.

Die Bundesärztekammer wird sich mit ihrer Ex- pertise in die weiteren politischen Beratungen

einbringen. 

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„Welche Kompetenzen benötigt ein Arzt, um als Facharzt eigenständig tätig zu sein?“ Das ist die Leitfrage, an der die Bundesärztekammer und die Landesärztekammern ihre Arbeiten zur No- vellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung (MWBO) ausrichten.

Eine Neuauflage ist aufgrund der rasanten wis- senschaftlichen Entwicklung in Medizin und Technik, der veränderten Versorgungsrealitäten und der wachsenden Anforderungen an die in- dividuellen ärztlichen Kompetenzen notwen- dig. Der Novellierungsprozess ist aber auch eine Konsequenz aus den Ergebnissen der von den Ärztekammern durchgeführten Befragun- gen zur „Evaluation der Weiterbildung“. Die- se zeigen unter anderem den starken Wunsch junger Ärztinnen und Ärzte nach strukturierten Weiterbildungsplänen, organisierten Rotationen in Weiterbildungsverbünden, familienfreundli- chen Arbeitszeitmodellen und einer Optimierung von klinik- bzw. abteilungsinternen Abläufen.

Neu: Inhaltliche Beschreibungen der Weiterbildungsziele

Bei den Beratungen zur Novellierung der MWBO wurden alle diese Aspekte aufgegrif- fen. Einen Meilenstein auf der Zielgeraden zur Verabschiedung der Novelle hat der 120. Deut- sche Ärztetag im Mai 2017 erreicht, indem er für den Kernbereich der neuen MWBO – Abschnitt B – die Titel, die Gebietsdefinitionen und die Weiterbildungszeiten der Facharzt- und Schwer- punktkompetenzen beschlossen hat.

Dem 120. Deutschen Ärztetag 2017 wurde auch ein Entwurf für die Weiterbildungsinhal- te vorgelegt. Starre zeitliche Vorgaben und die bisherigen Spiegelstrich-Aufzählungen wer- den zukünftig durch eine vorrangig inhaltliche Beschreibung der Weiterbildungsziele ersetzt.

Im Vertrauen auf die gute Zusammenarbeit

zwischen den Gremien der Fachgesellschaften, Berufsverbänden und Ärztekammern hat der Deutsche Ärztetag die kleinteilige, fachliche Debatte und Verabschiedung der Weiterbil- dungsinhalte von Abschnitt B der MWBO an den Vorstand der Bundesärztekammer über- wiesen. Dieser Aufgabe haben sich seit Herbst 2017 die Weiterbildungsgremien der BÄK unter aktiver Einbindung zahlreicher Vertreter aus den Ärztekammern angenommen und gute Ergeb- nisse konsentiert. Die ersten Abstimmungen zu den Zusatz-Weiterbildungen (Abschnitt C) erfolgten ebenfalls seit Herbst 2017 in den Fachgremien. Parallel begleiten die juristischen Gremien den Prozess seit Jahren, um die neu- en Entwicklungen, dort wo es notwendig ist, im Paragrafenteil der MWBO – Abschnitt A – justi- ziabel abzubilden.

Alle beteiligten Gremien befassen sich darüber hinaus mit den das Verständnis des Kompe- tenzbegriffs untermauernden, arztprägenden Haltungen entsprechend dem Rollenmodell der „Canadian Medical Education Directives for Specialists“ (CanMEDS). An geeigneter Stelle sollen diese Eingang in die MWBO finden. Ein wesentliches Merkmal der neuen Weiterbildung soll sein, dass neben den fachspezifischen auch die mit der Weiterbildung zu erlangenden berufsspezifischen Rollen von Ärztinnen und Ärzten vertiefend ausgeprägt werden.

Neue MWBO soll beim Deutschen Ärztetag im Mai vorliegen

Sofern sich die Beratungsabläufe weiterhin so effektiv gestalten und der Sitzungsmarathon auch im Frühjahr 2018 beibehalten werden kann, sollte dem 121. Deutschen Ärztetag im Mai 2018 in Erfurt die neue MWBO unter der Devise „kompetenzbasiert, flexibel und mit didaktischer Ausrichtung“ zur Verabschiedung

vorgelegt werden können. 

Novelle der (Muster-)Weiterbildungsordnung

Auf der Zielgeraden

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Nachdem der 120. Deutsche Ärztetag in Frei- burg mit überwältigender Mehrheit für die Fort- setzung der Arbeiten an einer neuen Gebüh- renordnung für Ärzte (GOÄ) gestimmt hatte, konnten die Verhandlungspartner einen wichti- gen Meilenstein bei der Novelle erreichen. Die Bundesärztekammer, der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) sowie mehr als 130 ärztliche Berufsverbände und Fachgesellschaf- ten haben sich auf ein aktualisiertes Verzeichnis aller ärztlichen Leistungen für die neue GOÄ verständigt. Dazu erfolgten im Nachgang zu den bereits im Jahr 2016 zwischen BÄK sowie Verbänden und Fachgesellschaften bilateral ge- führten Gesprächen zum Leistungsverzeichnis von August bis November 2017 insgesamt 30 sehr konstruktive und zielorientierte trilaterale Gespräche mit den betroffenen Verbänden und Fachgesellschaften, der BÄK und dem PKV-Ver-

band. In diesen konnten die bis dahin nicht mit dem PKV-Verband konsentierbaren Änderungs- vorschläge final abgestimmt werden. Insgesamt besteht das novellierte Leistungsverzeichnis aus 5.589 Leistungslegenden (4.196 Hauptleis- tungen und 1.393 Zuschläge).

Parallel zur Abstimmung des Leistungsver- zeichnisses übermittelten die Verbände und Fachgesellschaften Angaben zu den Kalkula- tionsgrundlagen der einzelnen Leistungslegen- den (Zeit- und Personalaufwand und Angaben zur Transkodierung), sodass das mit der Bewer- tungsfindung beauftragte Unternehmen Prime Networks auf der Grundlage des abgestimm- ten Leistungsverzeichnisses und dieser Kal- kulationsangaben eine betriebswirtschaftliche Grundkalkulation erarbeiten kann.

In mehreren Workshop-Sitzungen mit fach- und sektorenübergreifenden Verbänden wurden pa- rallel die Änderungsentwürfe zur Bundesärzte- ordnung sowie zum Paragraphenteil der GOÄ diskutiert. Der überwiegende Anteil der in die- sen Workshops erarbeiteten Änderungsvor- schläge konnte anschließend mit dem PKV-Ver- band konsentiert werden.

Neben der engen Einbindung in den Novellie- rungsprozess der GOÄ ist zukünftig auch eine Beteiligung der Berufsverbände und Fachgesell- schaften am Prozess der Pflege und Weiterent- wicklung der novellierten GOÄ auf der Ebene der Gemeinsamen Kommission vorgesehen.

Ein geeignetes Verfahren zur Einbindung wird noch entwickelt.

Entsprechend der Beschlusslage des 120. Deut- schen Ärztetages wird die Bundesärztekammer den Novellierungsentwurf der GOÄ nur dann dem zuständigen Bundesministerium für Ge- sundheit vorlegen, wenn von einer neuen Bun- desregierung keine weiteren grundlegenden ordnungspolitischen Beeinträchtigungen in der privatärztlichen Versorgung vorgesehen sind. 

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

Konstruktive Abstimmung mit PKV,

Ver bänden und Fachgesellschaften

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Die Zahl der aufgrund von Antibiotika-Resisten- zen infizierten Patienten steigt weltweit immer weiter an. Aus diesem Grund haben Politik und Ärzteschaft in Deutschland konkrete Maßnah- men im Rahmen der Antibiotika-Resistenz- strategie auf den Weg gebracht, mit denen unter anderem die Forschung und Entwicklung neuer Antibiotika, alternativer Therapiemethoden und schnellerer Testverfahren verstärkt wurden.

Auch in der ärztlichen Aus-, Fort- und Weiterbil- dung sollen vertiefende Kenntnisse über Anti- infektiva-Strategien vermittelt werden.

Die Bundesärztekammer hat daher im Berichts- zeitraum eine Strukturierte curriculare Fortbil- dung „Antibiotic Stewardship“ (ABS) in Zusam- menarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie und der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene entwickelt (*). Themen zu Diagnostik von Infektionskrankheiten, Indikati- onsstellung, Auswahl des Antibiotikums, Dauer der Anwendung, Nebenwirkungen der Antibio- tikatherapie und Resistenzentwicklung stehen im Zentrum der Lernziele. Das Curriculum hat einen Umfang von fünf jeweils 40-stündigen Modulen und befähigt die in klinischen Einrich- tungen tätigen Ärztinnen und Ärzte zur Aus- übung der in einschlägigen Leitlinien geforder- ten Funktionen als ABS-Beauftragter (Modul I) bzw. als ABS-Experte (Modul I bis V) in einem ABS-Team.

Fragen zum Einsatz von Antibiotika sind fester Bestandteil vieler weiterer Fortbildungsangebo- te der Landesärztekammern. Die Ärzteschaft hat aber auch immer wieder darauf hingewie- sen, dass ein weiteres Augenmerk auf die Ver- meidung nosokomialer Infektionen gelegt wer- den muss. Da eine hohe Arbeitsdichte das größte Risiko für nosokomiale Infektionen darstellt, wird vermehrt Ärzte- und Pflegeperso- nal mit entsprechenden Kompetenzen insbe- sondere in infektiologischen Risikobereichen wie Intensiv stationen benötigt.

Die im Infektionsschutzgesetz geforderte per- sonelle Ausstattung in Kliniken durch Neuein- stellungen und durch Fort- oder Weiterbildun- gen wird in den Jahren 2013 bis 2019 über das Krankenhausentgeltgesetz finanziell gefördert (KHEntG, § 4, Abs. 9). Hierzu gehört unter an- derem die Förderung von Weiterbildungen zum Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin (jähr- lich 30.000 €), zum Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie (jährlich 15.000 €), zum Facharzt für Innere Medizin und Infektiologie (pauschal 30.000 €), zum Facharzt mit Zusatz-Weiterbildung Infektiologie (pauschal 30.000 €) sowie von Fortbildungen zum Krankenhaushygieniker nach Curriculum der Bundesärztekammer (jährlich 5.000 €).

Da diese Gelder bisher nicht ausgeschöpft wurden, hat die BÄK diese Informationen breit gestreut und zu einem aktiven Abrufen der

Fördermittel aufgerufen. 

Kampf gegen Resistenzen

Strukturierte curriculare Fortbildung

„Antibiotic Stewardship“ entwickelt

(*) www.baek.de/TB17/ABS

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Im Juli 2017 hat das Bundesministerium für Ge- sundheit (BMG) den Arbeitsentwurf für ein Re- formgesetz zur Psychotherapeutenausbildung vorgelegt. Der Gesetzentwurf sieht ein insge- samt fünfjähriges Studium der Psychotherapie vor, das aus einem Bachelor- und einem Mas- terstudiengang bestehen soll und nach einem Staatsexamen die Approbation ermöglicht. In der anschließenden Weiterbildung sollen sich die Ab- solventen auf die Behandlung von Erwachsenen oder Kindern und Jugendlichen spezialisieren sowie die Fachkunde in einem Psychotherapie- verfahren erwerben, um dann gesetzlich Kranken- versicherte versorgen zu können.

Schon im Jahr 2016 war das Reformvorhaben Gegenstand mehrerer Gespräche mit der Bun- despsychotherapeutenkammer und dem BMG.

Überzeugende Antworten auf die bereits da- mals identifizierten offenen Fragen unter ande- rem zur Berufsbezeichnung, zur Finanzierung der Ausbildung und zur Weiterbildung finden sich in dem Arbeitsentwurf nicht. Vielmehr tau- chen weitere kritische Punkte auf. Zu nennen ist hier insbesondere das Vorhaben des Bundesge- sundheitsministeriums, Modellstudiengänge zu schaffen, die dem Erwerb von Kompetenzen

„zur Feststellung, Verordnung und Überprü- fung von psychopharmakologischen Maßnah-

men als Bestandteil einer psychotherapeuti- schen Versorgung“ dienen sollen. Im Sinne der Arzneimittel(therapie)sicherheit wird dies von der Bundesärztekammer strikt abgelehnt.

Wiederholt hat die Bundesärztekammer darauf hingewiesen, dass für eine sichere Anwendung von Psychopharmaka fundierte und umfangrei- che Kenntnisse aller Ebenen des menschlichen Körpers erforderlich sind, wie sie nur in einem Medizinstudium mit anschließender Facharzt- weiterbildung erworben werden können. Auch die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft hat in ihrer Stellungnahme (1) zum Arbeitsentwurf Kritik an den vorgesehenen Mo- dellstudiengängen geübt.

Die Bundesärztekammer wird den Reformpro- zess weiterhin sehr aufmerksam verfolgen und im Interesse der Patienten und deren Anspruchs auf eine ganzheitliche Versorgung keine Schwä- chung der ärztlichen Psychotherapie zulassen.

Vielmehr wird sich die Bundesärztekammer in Zukunft noch stärker als bisher für die spe- zifischen Interessen der ärztlichen Psychothe- rapeuten einsetzen. So fand am 11.11.2017 in Berlin die Veranstaltung „Chancen und Wert der ärztlichen Psychotherapie“ statt, bei der die enorme Bandbreite des ärztlich-psychothe- rapeutischen Versorgungsangebots deutlich wurde.

Die Referentinnen und Referenten stellten uni- sono klar, dass ein integrierendes Behandlungs- konzept wichtig ist, weil psychische Störungen häufig mit somatischen Erkrankungen einher- gehen. Eine Brücke zwischen somatischer und psychotherapeutischer Versorgung zu schlagen, stelle das Alleinstellungsmerkmal der ärztlichen

Psychotherapie dar. (2) 

Psychotherapie

Ohne Ärzte geht es nicht

(1) www.baek.de/TB17/SNModell (2) www.baek.de/TB17/PMChancen

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Grafik: BÄK

Telematik

Startschuss?! – Der Aufbau der Telematikinfrastruktur beginnt

Im Jahr 2017 hat nach vielen Jahren der Konzep- tion und zahlreichen kontroversen Diskussionen um das Für und Wider einer Telematikinfrastruk- tur für das deutsche Gesundheitswesen der bun- desweite Aufbau der technischen Infrastruktur und ihrer Anwendungen begonnen. Entschei- dende Voraussetzung hierfür war im Frühjahr 2017 der Abschluss einer Erprobung der entwi- ckelten technischen Lösungen mit der ersten Anwendung, dem Versichertenstammdaten- management. Circa 550 Testteilnehmer (Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser) haben in einer „Test- region Nordwest“ die Funktionsfähigkeit und Praxistauglichkeit getestet.

Auf der Basis der zahlreichen Erkenntnisse und trotz des festgestellten weiteren Optimierungs- bedarfs haben die Gesellschafter der gematik mehrheitlich dafür gestimmt, den Startschuss für den bundesweiten Echtbetrieb ab dem 01.07.2017 gemäß den gesetzlichen Fristvor- gaben zu geben. Die Industrie kann nunmehr Zulassungen der gematik erhalten und ihre Produkte anbieten. Entsprechende Finanzie- rungsvereinbarungen der Vertragspartner in der Selbstverwaltung zur Erstattung der anfallen- den Kosten für Ärzte sind ebenfalls geschaffen.

Nichtsdestotrotz wird sich aller Voraussicht nach die Phase bis zu einer durchgängigen flä- chendeckenden Verfügbarkeit in allen Arztpra- xen über das Jahr 2018 hinaus erstrecken. Das liegt zum einen an der zu bewältigenden An- zahl von Praxen und Krankenhäusern, die mit der neuen Technik ausgestattet beziehungswei- se umgerüstet werden müssen. Zum anderen sind derzeit noch zu wenige Industrieanbieter vertreten, um jegliche Nachfrage kurzfristig sicherstellen zu können, insbesondere bei der wichtigsten technischen Komponente, dem so- genannten Konnektor, der für einen sicheren technischen Zugang in die Telematikinfrastruk- tur zwingend benötigt wird.

Das bislang sehr aufwendige Vorgehen, bis tatsächlich die benötigten technischen Kom-

ponenten für die Telematikinfrastruktur zur Ver- fügung stehen (europaweite Ausschreibungen, Bildung von Erprobungsregionen), und das damit einhergehende Unverständnis für das schleppende Voranschreiten des Gesamtpro- jekts haben die gematik-Gesellschafter und das Bundesministerium für Gesundheit bewogen, die bisherige Vorgehensweise zu überdenken und eine geänderte zukünftige Verfahrensweise zu schaffen. Nach kontroversen Diskussionen fiel letztendlich mehrheitlich der Beschluss,

dass zukünftig die Entwicklung und die Testung in einem sogenannten Marktmodell erfolgen sollen, bei dem Anbieter von Konnektoren einen eigenverantwortlichen Test zum Erreichen einer gematik-Zulassung durchführen müssen. Die gematik organisiert und führt also nicht mehr selbst eine Erprobung durch, sondern begleitet und unterstützt interessierte Industrieanbieter.

Der Test wird nach wie vor entsprechend wis-

senschaftlich evaluiert. 

Telematikinfrastruktur

TI

KV

Krankenkasse

Verwaltungsdaten

Abrechnung

Apothekerausweis

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Sie wird häufig als Königsdisziplin der Digitali- sierung im Gesundheitswesen bezeichnet – die Einführung der ePatientenakte. Die BÄK be- schäftigt sich intensiv mit der Ausgestaltung von ePatientenakten, da anzunehmen ist, dass sie in wenigen Jahren zur Versorgung dazuge- hören wird. Patienten sollen zukünftig über ihre Behandlungsdaten in einer elektronischen Akte verfügen. Dabei sollen Patienten darüber entscheiden, welche Informationen in die Akte aufgenommen werden, zum Beispiel der Medi- kationsplan, der Notfalldatensatz, Arztbriefe, labor- und radiologische Befunde. Und die Pa- tienten entscheiden, welchem Arzt sie welche Informationen zur Verfügung stellen. Ärzte hin- gegen werden auch weiterhin ihre Primärdoku- mentation pflegen. Die Akte soll zum einen die Patientensouveränität steigern, zum anderen sollen Ärzte schnelleren und umfangreicheren Zugriff auf behandlungsrelevante Vorbefunde erhalten. So weit das Vorhaben, das unter dem

Dach der gematik vorangetrieben wird, unter anderem durch die BÄK als Gesellschafter.

Einheitliche Schnittstelle ist nötig

Angesichts des stockenden Voranschreitens des Projekts „elektronische Gesundheitskarte und Telematikinfrastruktur“ entstehen jedoch zurzeit proprietäre Aktenprojekte einzelner ge- setzlicher und privater Krankenkassen sowie seitens privater Anbieter.

Dabei tritt zutage, dass Marketingaspekte häufig in den Vordergrund und Versorgungs- aspekte in den Hintergrund geraten. So ist es beispielsweise nicht so einfach möglich, seine eigene Akte „mitzunehmen“, wenn man die Krankenkasse wechselt. Auch verfügen die Ak- ten über keine einheitliche Schnittstelle zu den Patientenverwaltungssystemen in Arztpraxen und Krankenhäusern. Die Frage, in welcher Form Daten in diese Akten übertragen oder Daten dem Arzt zur Verfügung gestellt werden können, bleibt offen. Der Gesetzgeber ist ge- fordert, eine Vielfalt an elektronischen Akten zuzulassen und gleichzeitig ein chaotisches Nebeneinander zu verhindern. Unabdingbar für den Erfolg dieser Akten ist jedoch eine ein- heitliche Schnittstelle in den Systemen der Pra- xen und Krankenhäuser.

Welche Funktionalität ist sinnvoll?

Aber auch die innerärztliche Diskussion, wel- chen Anforderungen eine ePatientenakte ent- sprechen sollte, um möglichst optimal die Patientenbehandlung zu unterstützen, erweist sich als durchaus vielstimmig. Die „Spann- weite“ der Funktionalität möglicher eAkten reicht dabei von einer reinen Sammlung von Patientendaten ohne Auswertung bis hin zum Verständnis, dass eine eAkte über eine eigene Intelligenz mittels Algorithmen (künstliche In- telligenz) verfügen solle, um Ärzte in ihren Ent- scheidungsprozessen zu unterstützen. 

Elektronische Patientenakten

Vielfalt oder Chaos?

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Kaum ein medizinisches Thema beschäftigte die breite Öffentlichkeit im vergangenen Jahr so sehr wie die Debatte über die Verordnungsfä- higkeit von Cannabis. Nach langen Beratungen, in die sich auch die Bundesärztekammer inten- siv eingebracht hatte, stimmte der Gesetzgeber im Januar 2017 für das Gesetz zur „Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vor- schriften“. Es trat am 10.03.2017 in Kraft und ermöglicht die Verordnung von Cannabisblü- ten und Extrakten aus Cannabis sowie Arznei- mitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Na bilon zulasten der Gesetzlichen Krankenver- sicherung (§ 31 Abs. 6 SGB V).

Nach dem neuen Gesetz muss der ärztlichen Verordnung von Cannabis eine schwerwiegende Erkrankung zugrunde liegen, für die eine allge- mein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht oder nicht zur Anwendung kommen kann oder aber „eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwie- gende Symptome besteht“.

Jedoch wurde vom Gesetzgeber weder der Be- griff der „schwerwiegenden Erkrankung“ kon- kretisiert, noch hat er Indikationsgebiete für eine Verordnungsfähigkeit der Cannabisblüten, Extrakte und Arzneien vorgegeben. Diese sollen nach § 31 Abs. 6 SGB V erst im Rahmen einer fünfjährigen Begleiterhebung durch das Bun- desinstitut für Arzneimittel und Medizinpro- dukte identifiziert und anschließend in einer Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschus- ses festgelegt werden.

Entsprechend groß war die Verunsicherung bei vielen Ärztinnen und Ärzten. Zur besseren Ori- entierung im Umgang mit den neuen Regelun- gen hat die BÄK eine FAQ-Liste mit wichtigen Fragen und Antworten zu Cannabis-Verordnun- gen erstellt und auf ihrer Internetseite veröffent- licht (1).

Bereits im Gesetzgebungsverfahren hatte die BÄK ihre Kritik an der geplanten Neuregelung vorgebracht und dabei insbesondere auf die un- zureichende Studienlage für eine Wirksamkeit cannabishaltiger Arzneimittel und Cannabisblü- ten verwiesen.

Diese Kritik wurde nun durch eine im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit durch- geführte Studie der Ludwig-Maximilians-Uni- versität München gestützt, die bei einer von der BÄK am 27.11.2017 durchgeführten Tagung erstmals vorgestellt wurde. Dabei zeigte sich, dass die vorliegenden Studien oftmals nur auf geringen Zahlen von Probanden basieren, die Cannabisprodukte nicht mit verfügbaren Stan- dardtherapien verglichen wurden und sich die Effekte in der Regel statistisch als nicht signifi-

kant erwiesen. (2) 

Cannabis als Arzneimittel

BÄK gibt Ärzten Hinweise zu Neuregelungen

(1) www.baek.de/TB17/FAQ (2) www.baek.de/TB17/PMSucht

© dpa

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In Deutschland befinden sich derzeit mehr als 77.000 Menschen mit einer Abhängigkeit von illegalen Opioiden in einer Substitutionsbe- handlung. Bessere Therapiemöglichkeiten für diese Patienten und mehr Rechtssicherheit für die behandelnden Ärzte schafft seit dem Jahr 2017 die neue Substitutionsrichtlinie der Bun- desärztekammer zur Behandlung Opioidabhän- giger. (*)

Der Bundesrat hatte mit der im Mai 2017 verab- schiedeten Betäubungsmittel-Verschreibungs- verordnung (BtMVV) den Rahmen für diese Behandlung neu gestaltet und ärztlich-thera- peutische Belange in die Richtlinienkompetenz der BÄK übertragen.

Der Weg zur neuen Substitutions- richtlinie der BÄK

Der Vorstand der BÄK hatte bereits im Februar 2016 eine Arbeitsgruppe eingesetzt und damit beauftragt, auf der Grundlage der seit dem Jahr 2010 gültigen Richtlinie der BÄK zur Durchfüh- rung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger die für das Thema relevante aktuelle wissenschaftliche Literatur, Reviews und internationale Richt- und Leitlinien zu sich- ten und zu bewerten. Den daraufhin erstellten Richtlinien-Entwurf berieten die Bundesärzte- kammer, die Landesärztekammern und die für diesen Bereich relevanten Fachgesellschaften im März/April 2017 in einem strukturierten Konsultationsverfahren. Der BÄK-Vorstand ver- abschiedete die überarbeitete Richtlinien-Fas- sung in seiner Sitzung am 27./28.04.2017.

Anschließend erhielt der Gemeinsame Bun- desausschuss (G-BA) die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme. Die Geneh- migungserteilung des Bundesministeriums für Gesundheit für die Richtlinie erfolgte am 26.09.2017, sodass die BtMVV und die Richt- linie am 02.10.2017 gemeinsam in Kraft treten konnten.

„Die Neuerungen werden vielen Menschen den Weg in ein selbstbestimmtes Leben erleichtern.

Die Ärzteschaft hat hierbei wirklich gute Arbeit geleistet“, sagte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), an- lässlich der Veröffentlichung der Richtlinie.

Flexiblere Therapieoptionen und Behandlungsziele

Mit den neuen Rahmenbedingungen für die Sub- stitutionsbehandlung Opioidabhängiger werden insbesondere die Möglichkeiten für eine konsi- liarische Substitution, für eine Take-Home-Ver- ordnung und die Durchführung einer Substitu- tion in externen Einrichtungen deutlich erweitert.

Zudem wird das bislang bestehende Paradigma einer umfassenden Betäubungsmittelabstinenz dahin gehend erweitert, dass nun auch die Über- lebenssicherung, eine Konsumreduktion und die Reduktion riskanter Applikationsformen als rele- vante Behandlungsziele anerkannt werden. Dar- über hinaus werden die Regeln für den Einbezug einer psychosozialen Betreuung modifiziert. Ein Beikonsum weiterer psychotroper Substanzen wird nicht mehr als Therapieversagen, sondern als Indikator für eine erforderliche Anpassung des Behandlungsregimes bewertet.

Auf der Grundlage der vorgenommenen Ände- rungen hat der G-BA den Auftrag erhalten, auch die Richtlinie zu Untersuchungs- und Behand- lungsmethoden der vertragsärztlichen Versor- gung (MVV-RL) anzupassen. Der Verordnungs- geber erhofft sich durch die vorgenommenen Änderungen eine größere Rechtssicherheit für substituierende Ärzte sowie die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung entspre- chend dem aktuellen Stand der medizinischen

Wissenschaft. 

Substitutionsrichtlinie

Bessere Therapiemöglichkeiten und mehr Rechtssicherheit für Ärzte

(*) www.baek.de/TB17/SubstRL

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Medizinische Qualitätssicherung ist keine Er- findung des Gesetzgebers. Dieser Eindruck ent- steht angesichts der enormen Regelungsdichte insbesondere in der Sozialgesetzgebung. Das Krankenhausstärkungsgesetz von 2016 mit sei- ner Verflechtung von Qualität und Versorgungs- steuerung ist hierfür ein Paradebeispiel. Es gilt als gesetzestechnische Konkretisierung der so- genannten Qualitätsoffensive, welche die Bun- desregierung in der letzten Legislaturperiode ausgerufen hatte. Nachweisbare Effekte im Sin- ne der erhofften Steigerung der Behandlungs- qualität stehen noch aus. Gestiegen ist aber be- reits jetzt der Mehraufwand für Dokumentation und Datenmanagement.

Übersehen wird häufig, dass die Qualitäts- sicherung seit jeher Aufgabe von Ärzte- kammern, Fachgesellschaften, Berufsverbän- den und anderen ärztlichen Organisationen ist. Fast alle heute per Gesetz bundesweit ver- pflichtenden Qualitätssicherungsauflagen fu- ßen auf ursprünglich freiwilligen Initiativen, die sich überdies meistens auf regionaler Ebe- ne entwickelt hatten. Dies beeinflusst auch die ärztliche Akzeptanz. Eine auf intrinsischer Moti- vation beruhende Teilnahme lässt eine bessere Qualität erwarten.

Die systematische Sichtung und Erfassung frei- williger Qualitätsinitiativen ist daher der Leit- gedanke für die Bundesärztekammer gewesen, eine entsprechende Datenbank einzurichten.

Im Jahre 2012 startete die „ÄQSI“ genannte On- line-Datenbank (*).

Entstanden ist eine Übersicht über Qualitätssi- cherungsprojekte und -initiativen in Deutsch- land, die nicht auf gesetzlichen Regelungen gründen, sondern auf Freiwilligkeit, die unter maßgeblicher Beteiligung der Ärzteschaft ent- standen sind und die eine Verbesserung der Be- handlungsqualität zum Ziel haben. Die ÄQSI- Datenbank bietet Ärztinnen und Ärzten, die an Qualitätssicherungsmaßnahmen in ihrem

Fachbereich interessiert sind, nicht nur eine an- wenderfreundliche Recherchemöglichkeit, son- dern auch Anregungen für eigene Ideen. Den registrierten Projekten bietet die Plattform ein Verbreitungsmedium zur Steigerung ihres Be- kanntheitsgrades.

In der Datenbank sind rund 150 freiwillige ärzt- liche Qualitätssicherungsinitiativen im engeren und über 160 im weiteren Sinne eingetragen (Stand Ende 2017). Die Datenbank wird durch die Bundesärztekammer laufend aktualisiert.

Die Anmeldung weiterer Initiativen und Projek- te ist jederzeit willkommen. 

Ärztliche Qualitätssicherungsinitiativen

Die „ÄQSI“-Datenbank der BÄK gibt einen Überblick

(*) www.baek.de/TB17/AEQSI

© BÄK

Referenzen

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