KLIMAKLAGEN als Mittel zur Erreichung der völkerrechtlichen Klimaschutzziele
Mag. Dr. Karin Hiltgartner, E.MA
Institut für Raumplanung, TU Wien
Fast alle Staaten haben sich auf völkerrechtlicher Ebene im Rahmen des Kyoto Protokolls und des Pariser Abkommens zu Klimaschutzmaßnahmen verpflichtet. Die bis jetzt gesetzten Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen reichen in den meisten Staaten nicht aus um das Paris-Ziel tatsächlich zu erreichen. Klimawissenschafter*innen, Bürger*innen und NGOs zeigen diese Diskrepanz auf, haben nach herrschender juristischer Meinung aber mangels individuell einklagbarer Rechte der völkerrechtlichen Abkommen keine direkte Möglichkeit die Einhaltung von internationalen Klimaschutzzielen einzufordern.
Neuerdings gibt es Initiativen von Staatsbürger*innen und NGOs genau diese völkerrechtlich vereinbarten Klimaschutzbestimmungen doch innerstaatlich durchzusetzen. Gemeinsam ist diesen Klagen, dass sie sich auf völkerrechtliche Verträge zum Klimaschutz und zum Schutz der Menschenrechte stützen und diese als Interpretationsrahmen für nationale Verfassungs- Schutzbestimmungen heranziehen. Dadurch können die Inhalte völkerrechtlicher Abkom- men ohne subjektiv durchsetzbarer Rechte, individuell einklagbar werden.
Methodik
Rechtsanalyse gerichtlicher Entscheidungen, ergänzt durch (noch wenig) vorhandene Literatur
Ich prüfe die Argumentation der Richter*innen in Bezug auf ma- terielle, wie formelle nationale bzw. europarechtliche Rechtsvor- schriften sowie Interpretationen der völkerrechtlichen Verpflich- tungen, welche die Staaten bzw. die EU eingegangen sind.
In einem erweiterten Vergleich werden diese Ergebnisse auf Ös- terreich reflektiert und mit dem Erkenntnis des Bundesverwal- tungsgerichts Wien zur dritten Piste in Schwechat in Relation gebracht. Diese erweiterte Gegenüberstellung bietet die Mög- lichkeit gemeinsame Argumentationsrichtlinien der beteiligten Gerichte/Tribunale aufzuzeigen und diese einer Interpretation in Bezug auf Einhaltungsverpflichtungen völkerrechtlicher Klima- schutzinstrumente zu unterziehen.
Forschungsthema
USA
1. Sollte die Klage gegen die EU erfolgreich sein, müssten neue Reduktionsziele auf Europa- Ebene festgelegt werden: dies hätte direkte Auswirkungen auf die zulässige THG-Emissions- menge in Europa, wie in Österreich.
2. Die Analyse der Begründungen der Klimaklagen lässt Rückschlüsse auf die Möglichkei- ten einer Klimaklage gegen Österreich zu: dies hätte direkte Auswirkungen auf die zulässige THG-Emissionsmenge in Österreich.
3. Die Analogie zu Begründungen von abweisenden Bescheiden in Verwaltungsverfahren lässt Prognosen für künftige Genehmigungsverfahren zu. Sollten vermehrt ablehnende Be- scheide ergehen, hätte dies direkte Auswirkungen auf die tatsächliche THG-Emissionsmenge in Österreich.
Relevanz meiner Forschung
Urgenda vs. the Netherlands , 2015.
Weltweit erste Klage, in der ein Gericht eine nationale Regierung zu strengeren Klimaschutzzielen verurteilte.
Klage auf min. 25% Reduktion bis 2020.
Europarechtliche Vorgaben zum Klimaschutz reichen nicht.
Völkerrechtliche Klimaschutzabkommen und Niederländische Verfassung.
Verfahren in 1 und 2 Instanz erfolgreich, Regierung hat Berufung angekündigt.
Niederlande, 2015
Greenpeace vs. Deutschland, 2018.
Klage auf min. 40% Reduktion bis 2020 & Ergänzung des nationalen Aktionsprogramms Klimaschutz 2020.
Europäische Menschenrechtskonvention und deutsches Grundgesetz.
In erster Instanz anhängig beim Verwaltungsgericht Berlin.
Deutschland, 2018
Klimatzaak vs. Königreich Belgien und die
Regionalregierungen Wallonien, Flandern und Brüssel, 2015.
Klage auf mind. 40% Reduktion bis 2020.
Verfahren in 1. Instanz anhängig.
Belgien, 2015
Schweizer Seniorinnen vs. Regierung, 2016.
Klage auf mind. 25% Reduktion bis 2020.
Schweizer Verfassung und Europäische Menschenrechtskonvention.
Besondere Gefahr für ältere Menschen durch Hitzeperioden.
In zwei Instanzen abgewiesen, anhängig beim Bundesverwaltungsgericht.
Schweiz, 2016
Carvalho vs. Parlament und Rat, 2018.
Klage auf Beschluss neuer THG-Emissions-Rechtsakte mit Reduktionszielen von mindestens 50% bis 60% bis 2030.
Völkergewohnheitsrecht, Charta der Grundrechte der EU und Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union.
In erster Instanz vom Gericht der Europäischen Union (EuG) angenommen.
EU, 2018
SWE
CAN
COL
PAK
NZL
ZAF AUS
IND
NGAneu PHLneu FSMneu
UGA IRLGBR
NOR
UKR
FRA
CZE
Mag. Dr. Karin Hiltgartner, E.MA Ph. +43 1 58801 280117 karin.hiltgartner@tuwien.ac.at https://www.linkedin.com/in/karin-hiltgartner-1686b215b/
Jurisdiktion Klimaklagen
https://ainees-climat.ch/wp-content/uploads//2019/01/Beschwerde-ans-BVGer_anonymisiert.pdf Urgenda-Stiftung v. Königreich der Niederlande, [2015] HAZA C/09/00456689
Carvalho vs. Parlament und Rat, 2018, T-330/18
Greenpeace gegen die Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland, 25.10. 2018, 00271/17/R/SP Österreich: 3. Piste, Beschwerde gegen UVP-Bescheid: Bundesverwaltungsgericht, GZ W109 2000179-1/291E
Rechtliche Grundlagen
Kyoto Protocol to the United Nations Framework Convention on Climate Change, 11. December 1997; C.N.XXVII_7_a Paris Agreement, United Nations 12. December 2015, C.N.63.2016.TREATIES-XXVII.7.d
Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 2012/C 326/02
Konvention zum Schutz der Menschenrechte, Konvention Nr. 005 des Europarates, vom 4. 11.1950 Quellenangaben: