Die Wertbestimmung des Diphtherieserums und deren theoretische Grundlagen
Von Paul Ehrlich über Georges Köhler zur modernen Antikörpertherapie
Prof. Dr. Theodor Dingermann
Institut für Pharmazeutische Biologie Biozentrum
Max-von-Laue-Str. 9
„Texte, die Geschichte machten“
Von Paul Ehrlich über Georges Köhler zur modernen Antikörpertherapie
Von Paul Ehrlich über Georges Köhler zur modernen Antikörpertherapie
Inhalt:
• Paul Ehrlichs Seitenkettentheorie
• Die Anfänge der Immunologie
• Blut ist ein besonderer Saft
• Das Phänomen „Antikörper“
• Sind alle hier geimpft?
• Die Konsequenzen der Klonalität
• Monoklonale Antikörper
• Monoklonale Antikörper gut – aber als Therapeutika nicht gut genug!
• Die Verbesserung der Verträglichkeit
• Antikörper in der Klinik
Paul Ehrlichs Seitenkettentheorie
Über die Antitoxinwirkung: Theorie der Immunität
in: P. Ehrlich, die Wertbestimmung des Diphtherieserums (1897), Klinisches Jahrbuch 6:
299-326
Seit Behring‘s Entdeckung der antitoxischen Funktionen hat die Frage nach dem Wesen dieser Erscheinung andauernd das Interesse fast aller Vertreter der modernen Richtung beschäftigt, wie zahlreiche dieser
Publikationen beweisen. In einer jüngst veröffentlichten Mitteilung
(Fortschritte der Medizin, 1897, No. 2) habe ich den jetzigen Stand dieser Frage kurz präcisiert und durch Reagenzglasversuche vorläufig für das Ricin den Beweis erbracht, dass sich Gift und Gegengift direkt chemisch beeinflussen.
Paul Ehrlichs Seitenkettentheorie
Über die Antitoxinwirkung: Theorie der Immunität
in: P. Ehrlich, die Wertbestimmung des Diphtherieserums (1897), Klinisches Jahrbuch 6:
299-326
Ich habe den Nachweis erbringen können,
•
dass die Vereinigung von Gift und Antikörper in konzentrierten Lösungen weit schneller von sich geht, als in verdünnten Lösungen,•
dass Wärme den Zusammentritt beschleunigt, Kälte ihn verlangsamt,•
dass ein Molekül Gift eine ganz bestimmte, unveränderte Menge Antikörper bindet,•
dass die Fähigkeit, Antikörper zu binden, auf die Anwesenheit einer bestimmten Atomgruppe des Giftkomplexes zurückzuführen ist.Paul Ehrlichs Seitenkettentheorie
Über die Antitoxinwirkung: Theorie der Immunität
in: P. Ehrlich, die Wertbestimmung des Diphtherieserums (1897), Klinisches Jahrbuch 6:
299-326
Die zwingende Notwendigkeit, im Toxin und Antitoxin zwei derartig aufeinander abgepasste Gruppen (wie Schlüssel zu Schloss)
anzunehmen, dürfte auch einen Hinweis darauf geben, wie man sich die so rätselhafte Entstehung der Antitoxine am leichtesten denken könnte.
Es ist wohl von der Mehrzahl der Forscher die Ansicht Behring‘s acceptiert, dass die Antikörper Reaktionsprodukte des lebenden
Organismus, nicht aber Umwandlungsprodukte des eingeführten Giftes darstellen.
Paul Ehrlichs Seitenkettentheorie
Wie aber ein solcher Reaktionsvorgang zu erklären ist, bietet dem Verständnis doch erhebliche Schwierigkeiten.
Wenn man einem Chemiker die Aufgabe stellen würde, gegen ein Alkaloid oder ein sonstiges Gift ein Antidot zu finden, das eine physiologisch und chemisch indifferente Substanz darstellen sollte, die weder das Gift
zerstören, noch in unlöslichem Zustand ausfällen darf, und welches nichtsdestoweniger imstande sein soll, beliebig große Quantitäten des Giftes unschädlich zu machen, so würde er ein solches Thema sicher als eine Chimäre zurückweisen.
Über die Antitoxinwirkung: Theorie der Immunität
in: P. Ehrlich, die Wertbestimmung des Diphtherieserums (1897), Klinisches Jahrbuch 6:
299-326
Paul Ehrlichs Seitenkettentheorie
Über die Antitoxinwirkung: Theorie der Immunität
in: P. Ehrlich, die Wertbestimmung des Diphtherieserums (1897), Klinisches Jahrbuch 6:
299-326
Nichtsdestoweniger ist der lebende Organismus imstande, diese Aufgabe sozusagen spielend, häufig in einer Spanne weniger Tage und für eine Vielheit von Giften zu lösen.
Paul Ehrlichs Seitenkettentheorie
Die Anfänge der Immunologie
1890 Über das Zustandekommen der Diphtherie- und der Tetanusimmunität bei Thieren
Emil Adolf von Behring
1901
Die Anfänge der Immunologie
Seit Behring‘s Entdeckung der antitoxischen
Funktionen hat die Frage nach dem Wesen dieser Erscheinung andauernd das Interesse fast aller Vertreter der modernen Richtung beschäftigt, wie zahlreiche dieser Publikationen beweisen. ...
1897 Seitenkettentheorie von Paul Ehrlich
Paul Ehrlich
1908
1930
1900 Postulat eines immunologischen Phänomens bei der Interagglutination verschiedener Blutproben
Die Anfänge der Immunologie
Blut ist ein besonderer Saft
Blut:
45 % Zellen 55 % Plasma
Plasma:
90 % Wasser 10 % Protein
Proteine:
60 % Albumin
15 % Gamma-Globulin
Blut ist ein besonderer Saft
Blut:
45 % Zellen 55 % Plasma
Plasma:
90 % Wasser 10 % Protein
Proteine:
60 % Albumin
15 % Gamma-Globulin
Blut ist ein besonderer Saft
Gamma-Globulin-Fraktionen aus Tierseren
•
Botulismus-Antitoxin Behring Polyvalentes Immunserum vom Pferd•
Schlangengift-ImmunserumSerum als Therapeutikum
Postexpositionelle Gammaglobulinprophylaxe bei impfpräventablen Erkrankungen
•
Hepatitis A Normal-Immunglobulin (deklarierter Anti-Hepatitis-A- Gehalt)•
Masern Normal-Immunglobulin•
Röteln Spezielles Anti-Röteln-Immunglobulin•
Varizellen Spezielles Anti-VZV-ImmunglobulinDas Phänomen „Antikörper“
Das Phänomen „Antikörper“
Das Phänomen „Antikörper“
Effektor- domäne
Antigenerkennungs- domänen
NH2
COOH H2N
HOOC leichte
Kette
COOH
NH2
HOOC H2N
schwere Kette FR1
FR2FR3 FR4
variabler Bereich
CL CH1
CH2
CH3
CL CH1
CH2
CH3
H H
konstanter Bereich
CDR1 CDR2CDR3
Das Phänomen „Antikörper“
Effektor- domäne
Antigenerkennungs- domänen
NH2
COOH H2N
HOOC leichte
Kette
COOH
NH2
HOOC H2N
schwere Kette FR1
FR2FR3 FR4
variabler Bereich
CL CH1
CH2
CH3
CL CH1
CH2
CH3
H H
konstanter Bereich
Das Phänomen „Antikörper“
CDR1!
CDR2!
CDR3!
Das Phänomen „Antikörper“
1950 Postulat der klonalen Selektion bei der Entstehung der Antikörper
Sir Frank Macfarlane Burnet
1960
Das Phänomen „Antikörper“
1987
Susumo Tonegava
1978 „Rearrangement“ der Immunglobulingene
Das Phänomen „Antikörper“
40 x 25 x 6 x 40 x 5 x 30 x 4
Das Phänomen „Antikörper“
Nach ca. 10 Tagen ist alles fertig:
Serokonversion
Das Phänomen „Antikörper“
Sind alle hier geimpft?
STIKO-Impfkalender 2009
Die Konsequenzen der Klonalität
Die Konsequenzen der Klonalität
1975 Hybridoma-Technologie
1975 Hybridoma-Technologie
César Milstein
1984
1984
Die Konsequenzen der Klonalität
Monoklonale Antikörper
Monoklonale Antikörper
Monoklonale Antikörper
Charakterisierung von Zelloberflächenstrukturen
Spezifischer Nachweis von Biomolekülen (Diagnostik) Spezifische Aufreinigung
von Biomolekülen mit Hilfe von Antikörpern
Nachweis von Proteinen in Zellen und
Gewebeflüssigkeiten
Monoklonale Antikörper
1. Molekulare Homogenität,
• kalkulierbarere in vivo-Aktivität
• höhere spezifische Aktivität: 0,7 mg eines monoklonalen Antikörpers gegen das Tetanus-Toxin enspricht 100 bis 170 mg einer
Immunglobulin-Fraktion gegen das Tetanus-Toxin
• bessere Verträglichkeit als polyklonale Seren
2. Monoklonale Antikörper werden aus in in vitro-Kulturen mit weitgehend definierten Kulturmedien gewonnen
Monoklonale Antikörper
– Vorteile –
Monoklonale Antikörper
Monoklonale Antikörper gut –
aber als Therapeutika nicht gut genug!
Monoklonale Antikörper gut –
aber als Therapeutika nicht gut genug!
Die Verbesserung der Verträglichkeit
25 % Maus-Protein
Die Verbesserung der Verträglichkeit
0 % Maus-Protein 5 % Maus-Protein
DNA
schwere Kette leichte Kette
schwere Kette leichte Kette
schwere Kette leichte Kette muriner
Antikörper
humaner Antikörper
Protein
DNA
schwere Kette leichte Kette
schwere Kette leichte Kette
schwere Kette leichte Kette synthetische DNAs für
hochvariable Regionen
muriner Antikörper
humaner Antikörper
Protein
Zanolimumab = Anti-CD4 HuMAb-Mouse
®bzw. XenoMouse
®Die Verbesserung der Verträglichkeit
Antikörper in der Klinik
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Antigen
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Antikörper in der Klinik
Antikörper in der Klinik
Anti-CEA-Scintigramm von Leber- u n d L u n g e n m e t a s t a s e n e i n e s Patienten mit Kolon-Karzinom
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Antikörper in der Klinik
– eliminieren –
Antikörper in der Klinik
– Das magic-bullets-Konzept –
Antikörper in der Klinik
– Rheumtoide Arthritis –
Antikörper in der Klinik
α β γ
– Organ-Transplantation –
Antikörper in der Klinik
– Allergisches Asthma –
Antikörper in der Klinik
– Multiple Sklerose –
Antikörper in der Klinik
– Schuppenflechte –
Antikörper in der Klinik
– Kolon-Karzinom –
Antikörper in der Klinik
– Mamma-Karzinom –
Antikörper in der Klinik
Keine Proliferation
– Non-Hodgkings-Lymphom –
Antikörper in der Klinik
– Non-Hodgkings-Lymphom –
CAVE: bei Patienten mit einer großen Zahl zirkulierender Krebszellen
Antikörper in der Klinik
– Anti-Angiogenese –
Antikörper in der Klinik
– Altersbedingte Makuladegeneration (AMD) –
Antikörper in der Klinik
– Passive Immunisierung gegen RSV –
Antikörper in der Klinik
– Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH) –
Antikörper in der Klinik
Prof. Dr. Theodor Dingermann
Institut für Pharmazeutische Biologie Biozentrum
Max-von-Laue-Str. 9