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Prof. Daschner über Antiseptik in der Praxis

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.69 Jahrgang • Heft 29 • 20. Oktober 1993

itsch^ furiVlI^emeiiimedizm 29/93

IK'-

Interview:

Prof. Daschner über Antiseptik in der Praxis

Die psychische Krise im Jugendalter -

Definitionen und Behandlung Praktische Tips für

den Umgang mit jugendlichen Drogen­

konsumenten Heranwachsende mit

Schizophrenie: ärzt­

liches Einfühlungs­

vermögen reicht nicht!

Epileptische Kinder haben häufig auch psychische Störungen!

Serie Ultraschall­

phänomene:

der wandernde Reflex Therapiestudie mit

Acarbose bei Ty p JI - Diab e tiker n

HIPPOKRATES VERLAG GMBH STUTTGART

(2)

Gelomyrtol forte wirkt

bei Bronchitis und Sinusitis

Die Wirkung von Gelomyrtol® forte durch in den Atemwe­

gen putzende ätherische Geister zu symbolisieren wurde durch das Ergebnis von NEURATH angeregt, der die Bio­

verfügbarkeit der ätherischen Komponente nicht nur im Blutplasma, sondern auch im Exhalat ermittelt.

ULMER und SCHOTT finden bei chronisch-obstruktiver Bronchitis eine Besserung der Parameter Husten und Aus­

wurf.

DOROW et al. weisen lungenszintigraphisch die Steige­

rung der mukoziliären Clearance nach.

WILDE stellt in drei Studien eine etwa auf die Hälfte ver­

kürzte Krankheitsdauer bei Bronchitis, eine Verbesserung der Lungenparameter, eine lokal antibakterielle und sekretnormalisierende Wirkung fest.

DOBROWOLSKI berichtet in drei Veröffentlichungen über eine bessere Wirkung gegenüber zwei anderen Medi- kamententypen, einen hohen therapeutischen Erfolg bei guter Verträglichkeit in der Langzeitbehandlung chroni­

scher Formen sowie eine parallel zu den verbesserten Meßwerten erreichte Hustendämpfung und Atmungser­

leichterung.

GSTALTNER beschreibt als Ergebnis seiner Untersuchun­

gen das breite Wirkungsspektrum mit antibakteriellen, fungiziden, abschwellenden, sekretolytischen und bron- chodilatatorischen Eigenschaften.

Literatur: DOBROWOLSKI, L. A., Fortschritte der Medizin, 83 (1965) 208- 211, Der informierte Arzt, 2 (1974) 153-167, Der deutsche Apotheker, 29 (1977) 438-440, DOROW, P. et al, Arzneim.-Forsch./Drug Res. 37 (II), 12 (1987), 1378-1381, GSTALTNER, H., Ärztliche Praxis, XX (1968) 3829- 3830, KREUTLE, O., Therapiewoche 30 (1980) 2109-2111, LASZIG, R., HESSE, G., LÜTGEBRUNE, T., Zeitschrift für Allgemeinmedizin 65, 1/2 (1989), 19-21, NEURATH, G. B., Gutachten, Hamburg, 22.06.1979, SIMM, K.-J., Zeitschrift für Allgemeinmedizin 64, 30 (1988), 959-964, STRAEH- LER-POHL, H. J. und BURMEISTER, G., Zeitschrift für Allgemeinmedi­

zin, 54 (1978) 611-615, STUSSAK, G. und SCHUMANN, K., Zeitschrift für Allgemeinmedizin 63, 29 (1987), 869-871, ULMER, W. T. und SCHOTT, D., Fortschritte der Medizin, 109 (1991) 547-550, WILDE, W., Fortschritte der Medizin, 83 (1965) 865-867, Ärztliche Praxis, XXV (1973) 3101-3103, Gutachten Königsfeld, 11/1978

Gelomyrtol'/forte. Zus.: 1 Kapsel enthält 300 mg Myrtol standardisiert auf mindestens 75 mg Limorien, 75 mg Cineol und 20 mg a-Pinen. Anw.-Geb.: Bei akuter und chronischer Bronchitis und Entzündungen der Nasennebenhöhlen (Sinusitis). Gegenanz.: Bekannte Überempfindllchkeit gegenüber Myrtol standardisiert. Obwohl keine Hinweise auf eine fruchtschädigende Wirkung von Gelomyrtol® forte vorliegen, sollte aufgrund allgemeiner Sicherheitserwägungen das Arzneimittel insbesondere in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft nur auf ausdrückliche Anweisung des Arztes eingenommen werden. Nebenw.: In Einzelfällen können Unverträgllchkeitser- scheinungen im Magen-Darm-Bereich hervorgerufen und vorhandene Nieren- und Gallensteine in Bewegung gesetzt werden. Wechselw.: Keine bekannt. Dos./Anw.:

Bei akuten entzündlichen Krankheitsbildern 3 bis 4 x täglich 1 Kapsel 1/2 Stunde vor dem Essen mit einem kalten Getränk, die letzte Dosis vor dem Schlafengehen zur Erleichterung der Nachtruhe einnehmen. Zur Weiter- bzw. Dauerbehandlung neh­

me man 2x1 Kapsel täglich ein. Für Kinder empfehlen wir die Anwendung von Gelomyrtol'. Ältere Kinder können auch die _

Hälfte der Erwachsenen-Dosls von Gelomyrtol® forte einnehmen Handelst.: NI 20 Kapseln DM 8,75; N2 50 Kapseln DM l OHL JjOSKAMP 19,88; N3 100 Kapseln DM 35,35; Klinikpackungen. G. Pohl-Boskamp GmbH & Co., 25551 Hohenlockstedt. (1.93/2972).

LASZIG et al. objektivieren die schnellere Besserung der Röntgenbefunde nach Behandlung mit Gelomyrtol® forte bei akuten Sinusitiden sowohl gegen Plazebo, als auch gegen Ambroxol.

SIMM faßt seine positiven Ergebnisse eines Jahres in bezug auf Schmerz, eitrigen Schnupfen, Kopfschmerz und Auswurf zusammen und weist auf die genutzte Unterstüt­

zung der Regeneration nach operativen Eingriffen in den Nebenhöhlen hin.

STUSSAK und SCHUMANN zeigen systematisch, daß unter Gelomyrtol® forte 10 Tage nach entsprechenden Operationen in 90 % der Fälle eine Besserung zu verzeich­

nen war, bei der Plazebogruppe trotz Operation in nur 30%.

KREUTLE registriert in 18 Monaten bei 546 Patienten eine Ausheilquote bei akuten Sinusitiden von 97,48 %, bei subchronischen von 99,1 % und bei chronischen von 70%.

STRAEHLER-POHL und BURMEISTER vergleichen die Behandlung von Gelomyrtol® forte mit Therapiekonzepten unter Anwendung eines Antibiotikums und beschreiben die Wirkung als so positiv, daß auf die Antibiotikagabe oft verzichtet werden kann.

Gelomyrtol® forte Videoservice

"Die Therapie der chronischen Sinusitis.'

Video und Literatur bitte anfordern unter:

t. 04826/59111

(3)

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Der Film, der im Innern läuft

Was Du bist steht am Rand anatomischer Tafeln.

Mit diesen beiden Zeilen beginnt der Gedichtband von Durs Grün­

bein »Schädelbasis-Lektion« (Suhrkamp-Verlag, Frankfurt 1991).

Wir lesen von »Nervenbahn«, »Schädelnaht«, vom »Gesumm der Hirnmaschine«, unserem Denken, von dem am Ende nur die Realität Gehirn übrigbleibt. Doch bis dahin leben wir mit unseren Problemen, Fragen im Bewußtsein:

»Wie gut nur, daß man meiner Stirn von außen den Film nicht ansieht, der im Innern läuft.

Rätselhaft im Verhalten - schon krankhaft? Wo beginnt dies?

Wann?

Meist stehen wir vor einer Fülle größerer Hinweise und sind gefordert, zielgerecht zu handeln, zu behandeln. Die Ursachen­

forschung? Vielleicht gelingt es ja der EG, im Rahmen des 4.

Forschungsrahmenplans für die Jahre 1994 bis 1998 ein eigenes Programm für die Hirnforschung aufzustellen und zu fördern. Ein Expertengespräch hatte unlängst ergeben, daß die Ausgaben für die Behandlung der Schizophreniepatienten 2% der Gesamtaus­

gaben für die Gesundheitsvorsorge ausmachen. Mit eine Ursache für diese hohen Kosten ist die fehlende oder ungenügende Be­

handlung der Schizophreniekranken, die dazu führt, daß sehr große indirekte Ausgaben entstehen. Das ist nur ein Beispiel.

Man kann nur hoffen, daß die drückenden Kosten die Einsicht fördern, daß weitergehende Forschungen drigend geboten sind, denn nocht immer stützen wir uns hier auf ein breit gefächertes sogenanntes »Vulnerabelitätskonzept«. Um so wichtiger scheinen mir die Hinweise aus den folgenden Arbeiten zu Problemen der Kinder- und Jugendpsychiatrie, mit denen wir angeleitet werden, vielleicht doch ein Stück »des Films« zu lesen und entschlüsseln zu lernen.

Ihr

Dr. med. W. Mahringer Schelztorstr. 42

73728 Esslingen

(4)

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Vertigo-Vomex N retard Kapseln - und Onna schwindelt nicht.

V6rtigo-Vom6X N rotard _ _ _ _ _ befreit schnell von den Symptomen_ _ _ wirkt zentral und '' " von der Genese des Schwindels _ _ _ ist patientenfreundlich dosierbar

und gut verträglich.

Brocades Pharma GmbH, Hertzstr. 2-4, 6900 Heidelberg. Vertigo-Vomex N retard Kapseln.

Zusammensetzung: 1 Retard-Kapsel enthält: 120 mg Dimenhydrinat, 30 mg Pyridoxinhydrochlorid. Anwendungsgebiete: Zur Behandlung bei Schwindel als Symptom folgender Erkrankungen: Zerebralsklerose,vestibuläre Erkrankungen undVasoneurosen. Gegenanzeigen: Nichtanwenden beiVerdacht auf raumbeengende intrakranielle Prozesse (Erschwe­

rung der Diagnose), akuten Vergiftungen, Epilepsie und Eklampsie. Vertigo-Vomex N retard Kapseln sollten nicht bei Kindern unter 10 Jahren angewendet werden. Nebenwirkungen:

Gelegentlich zu Beginn der Behandlung auftretende Müdigkeitserscheinungen lassen sich durch Herabsetzung der Dosis beseitigen,falls dies erwünscht ist,bzw. verschwinden nach längerer Behandlungsdauer. Dosierung und Art der Anwendung: Morgens eine und gegebenenfalls am späten Nachmittag eine weitere Kapsel. Innerhalb von 24 Stunden können - möglichst im 8-Stunden-Abstand - bis zu 3 Kapseln eingenommen werden. Wirkungsweise: Dimenhydrinat ist ein Antihistaminikum (Hi- Blocker), welches durch Angriff an Labyrinth und Gleichgewichtsregulationszentrum antivertiginös wirkt. Ferner dämpft es selektiv das Brechzentrum. Kreislauf und Atemregulation werden nicht beeinflußt. Vitamin Bg unter­

streicht die Wirkung von Dimenhydrinat synergistisch. WechsejwhJ^geiHniianderenJIdittelm Bei gleichzeitigem Alkoholgenuß ist eine gegenseitige Wirkungsverstärkung möglich.

Da die ototoxischeWirkung von Aminoglykosid-Antibiotika maskiert werden kann,solltenVertigo-Vomex N und Aminoglykosid-Antibiotika nicht zusammen gegeben werden.Hinweis:

Vertigo-Vomex N kann auch bei bestimmungs­

gemäßem Gebrauch das Reaktionsvermögen so weit verändern, daß die Fähigkeit zur akti­

ven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt wird.

Dies gilt in verstärktem Maße im Zusammen­

wirken mit Alkohol. Darreichungsform und

Vertigo-BnXl retard

und man steht auf festen Beinen.

Preise: A.V. P. einschl. ges. MwSt. 20 Retard- Kapseln (NI) DM 21,90; 50 Retard-Kapseln (N2) DM46,01;

100 Retard- Kapseln DM 77,59. Stand

1.1.1993. Brocades nanna

Yätnanouchi Gruppe

298438

(5)

INHALT *** INHALT ***

Hippokrates Verlag GmbH Stuttgart 69. Jahrgang, Heft 29

Gastkommentar

Neue Behandlungsmethoden für psychisch kranke Kinder und Jugendliche 789 G. Nissen

Schwerpunkt

Die psychische Krise im Jugendalter 791 D. Bürgin

Kinder und Jugendliche mit Drogen­

problemen 797

D. Ladewig und U. v. Bardeleben

Schizophrene und affektive Erkrankungen

bei Adoleszenten 801

F. Resch

Psychische Störungen bei epileptischen

Kindern 806

W. V. Suchodoletz

Service Box 810

Therapiestudie

Therapie von Typ-II-Diabetikern R. G. Englert

817

Serie

Ultraschaüphänomene (22)

Phänomen des wandernden Reflexes 825 H. D. Bundschu

Aktuelles Interview

Sinnvolle Desinfektion und Antiseptik Ein Interview mit F. Daschner und U. Frank

826

Magazin 811

Pharma-News 814

Kongreß Extra 823

Kongreßberichte 815

Buchbesprechungen 790, 831

Leserbrief: Okkultes Blut im Stuhl 830

Medizinische Raritäten -19-

Online -7-

Impressum -7-

-5-

PROSTAMED

Prostatasyndrom mit Harnver­

haltung, Miktionsbeschwerden und Restharn, Reizblase,

auch bei Frauen

Zusammensetzung: 1 Tablette Prostamed enthält: Kürbisglobulin 0,1 g, Kürbismehl 0,2 g, Kakao 0,05 g, Extr. fl. Herb. Solidag. 0,04 g, Extr. fl. Fol. Popul. trem. 0,06 g. Sacch. lact.

ad. 0,5 g.

Anwendungsgebiete: Prostata-Adenom Stadium I und beginnendes Stadium II mit Miktionsbeschwerden, Reizblase.

Dosierung: 3x täglich 2-4 Tabletten ein­

nehmen.

Handelsformen und Preise:

Prostamed-Tabletten. 60 St. DM 8,89;

120 St. DM 15,35; 360 St. DM 36,67

Dr. Gustav Klein, Arzneipflanzenforschung, 77736 Zell-Harmersbach/Schwarzwald

(6)

-

6

- Inhalt

Krisen bei Kindern und Jugendlichen zeigen üblicherweise einen phasenhaften Ablauf: jedem Spannungsanstieg folgt der Versuch, neue Ressourcen zu mobilisie­

ren, neue Lösungen zu finden.

Wenn das nicht gelingt, wird schließlich ein Punkt des Durchbruchs erreicht, an welchem eine ausgeprägte Des­

organisation zutage tritt.

Die psychische Krise im Juqendalter Seite 791

Jugendliche sind neugierig, sind auf der Suche nach vielfältigen Reizen. Dabei stößt heute jeder vierte junge Mensch auch auf Drogen - aber nicht jeder,

der gelegentlich Drogen nimmt, ist deshalb behand­

lungsbedürftig!

Kinder und Jugendliche mit Drogenproblemen Seite 797

Die Entwicklungschancen epileptischer Kinder hängen nicht nur davon ab, wie häufig ihre Anfälle auftreten. Eine gar nicht so seltene beglei­

tende psychopathologische Symptomatik kann die soziale Problematik entscheidend beeinflussen.

Psychische Störungen hei epileptischen Kindern Seite 806

Abbildungen: Titelbild und Seite -6-: H.-J. Kleemann

h

„ __ nnung

l^ensgefahr

(7)

*** online *** online *** online *** online -7-

Früh-menopausale Osteo­

porose: Schutz durch trans- dermal appliziertes Östrogen

Durch die Gabe von 0,05 mg transdermal appliziertem Estradiol (Estraderm® TTS), sowie an 14 Tagen pro Monat täglich 5 mg Medroxyprogesteronacetat kann sowohl das Risiko von Wirbelfrakturen als auch das der proximalen Femurfraktur redu­

ziert werden. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung an 40 gesunden Frauen im Alter von 40-54 Jahren, die am Städti­

schen Krankenhaus Leverkusen unter­

sucht und behandelt wurden. Eine Kon- trollgruppe erhielt täglich 500 mg Kalzium oral. Eine Knochendichtemessung am Ra­

diusschaft und am distalen Radius erfolgte zu Beginn, sowie nach 6 und 12 Mona­

ten durch Single-Photonen-Absorptions- Densitometrie. Neben einer guten Beein­

flussung der klimakterischen Symptome konnte in der mit Hormonen behandelten Gruppe ein osteoprotektiver Effekt dieses Therapieregimes nachgewisen werden.

Die Knochendichtewerte waren hier nach 6-12 Monaten Behandlung — je nach Meßort - um 1,1% bzw .5,3% angestiegen.

In der Kalziumgruppe dagegen um bis zu

5,57% verringert. Die Anwendung trans­

dermaler Systeme zur Prävention der Osteoporose wird daher von den Autoren

empfohlen. (aw)

Ringe, D.: Vermeidung früh-postme- nopausaler Knochensubstanzverluste durch transdermale Östrogensubstitu­

tion. DMW1993; 118: 769-774.

Ein neuer Risikofaktor für den Myokardinfarkt:

das erschöpfte Erwachen

Verschiedene Studien in den letzten zehn Jahren haben auf den Zusammenhang zwischen Schlafstörungen und dem Ri­

siko einer KHK aufmerksam gemacht. In den Niederlanden wurden von Professor Ad Appels aus Maastricht in einer pro­

spektiven Untersuchung 3877 Männer dahingehend untersucht, ob sie unter Einschlaf- oder Durchschlafstörungen lit­

ten oder das Gefühl hätten, erschöpft auf­

zuwachen. Überprüft werden sollte da­

bei, ob Personen, die erschöpft aufwa- chen, ein höheres Risiko haben, einen Myokardinfarkt zu erleiden.

Die Ergebnisse dieser Studie belegen ein­

deutig, daß das Gefühl der Energielosig­

keit oder der übermäßigen Müdigkeit als kurzfristiger Risikofaktor für das Erlei­

den eines plötzlichen Herztodes bedeut­

sam ist. Möglicherweise sind die bei die­

sen Patienten vermehrt beobachteten Phasen der Schlafapnoe das Bindeglied zwischen erschöpftem Erwachen und er­

höhtem Myokardinfarktrisiko. (aw) Appels, A., Scheuten, E.: Erschöpftes Er­

wachen als Risikofaktor der koronaren Herzkrankheit. Psychother. Psychosom.

med. Psychol. 1993, 43: 166-170.

Verschreibung von Levo­

methadon zur Substitution

Wiederholte Anfragen zur Substitution mit Levomethadon gaben dem BGA An­

laß, erneut darauf hinzuweisen, daß die Verschreibung von Levomethadon zur Substitution seit dem 31. Januar 1993 unter Beachtung des neuen § 2 a Betäu­

bungsmittel-Verschreibungsverordnung zu erfolgen hat. Der neue Paragraph 2 a der Betäubungsmittel-Verschreibungs­

verordnung stellt klar, daß Levometha­

don nur im Rahmen einer Therapie ver­

schrieben werden sollte, die darauf hin­

zielt, den Drogenabhängigen von seiner

Zeitschrift für Allgemeinmedizin

German Journal of General Practice. Ehemals: Der Landarzt. Zugleich Organ der Vereinigung der Hoch­

schullehrer und Lehrbeauftragten für Allgemeinmedizin e.V. und der DEGAM (Deutsche Gesellschaft für Allge­

meinmedizin).

Schriftleitung (V i-S.d.P.): Dr. med. Heinz Harald Ab­

holz, Ceciliengärten 1, 12159 Berlin • Prof. Dr. med.

Winfried Hardinghaus, Chefarzt der Med. Abt., Kran­

kenhaus St. Raphael, 49179 Ostercappeln. AG Gesund­

heitswissenschaften Universität 49069 Osnabrück • Prof Dr. med. Michael M. Kochen, MPH, Abteilung für Allge­

meinmedizin der Georg-August-Univ., Robert-Koch-Str.

40, 37075 Göttingen • Dr. med. Wolfgang Mahringer, Schelztorstr. 42, 73728 Esslingen • Priv.-Doz. Dr, med.

U, Marsch-Ziegler, St. Gertrauden-Krankenhaus, Paret- zerstr. 12, 10713 Berlin • Dr. med. Gertrud Volkert, Traubergstr. 16, 70186 Stuttgart.

Verlag: Hippokrates Verlag GmbH, Rüdigerstr. 14, 70469 Stuttgart, Postfach 300504, 70445 Stuttgart, Tel.

(0711) 8931-0, Telefax (0711) 8931-453,

Geschäftsführung: Dipl.-Biol. Hartmut Fandrey, Dipl.- Kaufmann Albrecht Hauff,

Anzeigen: Günter Fecke, Tel. (0711) 8931-448.

Redaktion/Produktion: Günther Buck (Ltg,), Tel. (0711) 8931-446. Ruth Auschra (Stellv. Ltg.), Tel. (0711) 8931- 442. Dipl.-Wirt.-lng. (FH) Ingrid Schaul (Herstellung), Tel, (0711) 8931-445,

GesamthersteUung: W, Kohlhammer Druckerei GmbH + Co. Stuttgart. - Printed in Germany 1993. - © 1993 Hippokrates Verlag GmbH.

Die Zeitschrift erscheint dreimal monatlich.

Die Kartei der praktischen Medizin ist jedem 3. Heft der Kombi-Ausgabe zum Heraustrennen beigeheftet.

Diese Kartei referiert aus maßgebenden Fachzeitschrif­

ten des In- und Auslandes unter den Aspekten: kritisch, kurz und praxisnah. Alle Preise und Versandspesen ent­

halten 7% Mehrwertsteuer. Die Bezugsdauer verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn nicht eine Abbestellung bis zum 30. September vorliegt. Das Abonnement wird zum Jahresanfang berechnet und zur Zahlung fällig. Die Beilage »Die Arzthelferin« erscheint unregelmäßig.

14. Jahrgang 1993.

Bezug: Durch jede Buchhandlung oder eine vom Verlag beauftragte Buchhandlung. - Postscheckkonto: Stuttgart 6025-702. - Bankverbindung: Dresdner Bank, Filiale Stuttgart, Nr. 9014731. - Baden-Württembergische Bank Stuttgart, Nr, 1004527600. - Zahlungs- und Erfül­

lungsort für beide Teile: Stuttgart und Hamburg.

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preise

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Gesamt ZFA-Zeitschrift für Allgemeinmedizin (Ausgabe A) Inland DM 150,00 DM 32,30 DM 182,30 Ausland DM 150,00 DM 56,10 DM 206,10 Vorzugspreis für Studenten und Ärzte im Praktikum Inland DM 46,00 DM 32,30 DM 78,30 Ausland DM 46,00 DM 56,10 DM 102,10 ZFA + Kartei der praktischen Medizin (Ausgabe B) Inland DM 162,00 DM 32,30 DM 194,30 Ausland DM 162,00 DM56,10 DM218,00 Vorzugspreis für Studenten und Ärzte im Praktikum Inland DM 60,60 DM 32,30 DM 92,90 Äusland DM 60,60 DM56,10 DM116,70 Einzelheft (Äusgabe A) DM 12,00, (Ausgabe B) DM 12,50 zuzüglich Versandkosten ab Verlagsort. Alle Preise sind unverbindlich empfohlene Preise.

Anzeigenschluß: 6 Wochen vor Erscheinen.

UNVERLANGTE ARBEITEN KÖNNEN AN DEN VERLAG GESANDT WERDEN.

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ginalarbeit handelt, die von keiner anderen Redaktion angenommen wurde und keiner anderen Redaktion gleichzeitig angeboten ist. Mit der Annahme der Arbeit durch die Schriftleitung geht das Verlagsrecht an die Hippokrates Verlag GmbH Stuttgart über, einschließlich des Rechts zur Vergabe von Nachdrucklizenzen oder sonstigen Nebenrechten.

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berrechts geschützt. Jede Verwertung außerhalb der en­

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dalitäten zu erfragen sind.

Wichtiger Hinweis:

Wie jede Wissenschaft ist die Medizin ständigen Ent­

wicklungen unterworfen. Forschung und klinische Er­

fahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere was Behandlung und medikamentöse Therapie anbe­

langt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, daß Autoren, Herausgeber und Verlag große Sorgfalt darauf verwandt haben, daß diese Angahie dem Wissenstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht.

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kationsformen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwen­

deten Präparate und gegebenenfalls nach Kosultation eines Spezialisten, festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in diesem Buch abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wich­

tig bei selten verwendeten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosie­

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zer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten dem Verlag mitzuteilen.

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DEGAM

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin

■ A _ Mitglied der Arbeitsgemein- Schaft Leseranalyse medizinischer Zeitschriften e. V.

(8)

online *** online *** online *** online *** online

Abhängigkeit zu befreien. Bloß als Ersatz eines Rauschmittels darf Levomethadon nicht an den Drogenabhängigen abgege­

ben werden. Folglich hat der Arzt im Interesse des Behandlungszieles darauf hinzuwirken, daß der Abhängige auch an einer Psycho- oder Sozialtherapie teil­

nimmt.

Für die Indikation gilt nach wie vor die in der Rechtsprechung bestätigte Ultima- Ratio-Regel: Der Arzt darf Levomethadon nur verschreiben, wenn es nach seiner Überzeugung und bei Anwendung der Re­

geln der ärztlichen Kunst das einzige Mit­

tel ist, die zweckentsprechende Behand­

lung eines Betäubungsmittelabhängigen durchzuführen. Im übrigen wird auf den Indikationskatalog der Bundesärztekam­

mer sowie die NUB-Richtlinien des Bun­

desausschusses der Ärzte und Kranken­

kassen hingewiesen. Letztere gelten, so­

weit die Kosten von der Krankenkasse übernommen werden sollten.

Nach § 2 a der Betäubungsmittel-Ver­

schreibungsverordnung darf Levometha­

don dem Patienten nur streng kontrol­

liert für den täglichen Bedarf gegeben werden. Allerdings ist es unter bestimm­

ten Bedingungen möglich, dem Patienten einmal pro Woche ein Rezept mit Verord­

nung des Tagesbedarfs in Einzeldosen für maximal drei Tage auszuhändigen, das er dann selbst in der Apotheke ein­

lösen darf. Voraussetzung für eine solche Erleichterung ist, daß der Drogenabhän­

gige seit mindestens zwölf Monaten an einer erfolgreichen Substitution teil­

nimmt und ihm über einen ausreichend langen Zeitraum weder ein erneuter Mißbrauch von Betäubungsmitteln nach­

gewiesen noch der Gebrauch von ande­

ren Stoffen festgegestellt wurde, die das Ziel der Therapie gefährden. Die zustän­

dige Landesbehörde muß dieser Art der Abgabe von Levomethadon schriftlich

zustimmen. (BGA)

Diphtherieimpfung bei Reisen in die GUS-Staaten

In einer persönlichen Mitteilung an den Herausgeber des »Lancet«, berichten Lu- mio und Mitarbeiter aus Tampere (Finn­

land) , von einem finnischen Touristen, der sich während eines Kurztrips nach St. Pe­

tersburg eine Diphtherie zugezogen hatte.

Der Tourist hatte sich offenbar während einer Party angesteckt, wo unter ande­

rem gemeinsam aus ungewaschenen Glä­

sern getrunken wurde. Nach Finnland zurückgekehrt, erkrankte er schwer, und es fanden sich bei ihm die typischen Zei­

chen einer Infektion mit Corynebacte- rium diphthheriae var. gravis. Dieser Be­

fund war für die finnischen Mediziner insofern überraschend, weil nach 1961 durch Impfkampagnen das endemische Vorkommen einer Diphtherie nahezu ausgeschlossen war.

In St. Petersburg jedoch wurden allein im Jahre 1992 845 Fälle beobachtet. In der Zeit von Januar bis April 1993 regi­

strierte man 498 Erkrankte.

Obwohl das Risiko, während einer Reise in die Staaten der GUS eine Diphtherie zu akquirieren als nicht sehr hoch einge­

schätzt wird, empfehlen die finnischen Mediziner, vor einer Reise in die GUS in jedem Falle eine Auffrischimpfung durch­

führen zu lassen. (aw)

Lumio, J. et al: Diphtheria after visit to Russia. The Lancet 1993, Vol. 342;

53-54.

Atopiker: große Anziehungs­

kraft auf stechende Insekten?

Offensichtlich haben Atopiker eine große Anziehungskraft auf stechende Insekten, so die Ergebnisse einer Studie, die au­

stralische Ärzte an 496 Patienten durch­

führten. Auch Patienten, die eine Dispo­

sition zur Atopie haben, werden öfter gestochen. Auch sind Ekzematiker häu­

fig zurückhaltender im Umgang mit in­

sektenabweisenden Repellentien, da sie kontaktallergische Reaktionen befürch­

ten. Der Gebrauch externer Steroide scheint jedenfalls keinen Einfluß zu ha­

ben.

Von insgesamt 93 Patienten mit einem chronischen Ekzem gaben 65% an, häu­

fig Insektenstiche zu erleiden, verglichen mit nur 17% von 403 Patienten mit einer Chornischen Dermatose. Auch Patienten mit einer positiven Familienanamnese hinsichtlich atopischer Erkrankungen bejahten diesen Umstand signifikant häufiger als nicht vorbelastete Patienten.

Der Rat der australischen Experten lau­

tet deshalb: Betroffene, die in Gebiete mit hoher Mückendichte reisen, sollten ihr Ekzem möglichst vorher zum Abteilen gebracht haben und Vorkehrungen tref­

fen, um Insektenbisse zu vermeiden.

Harford-Cross, M.: Tendency to being bitten by insects among patients with eczema and with other dermatoses. Bri­

tisch Journal of General Practice 1993;

43: 339-340.

1992 weniger Geburten

Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, wurden 1992 in Deutschland rund 809100 Kinder lebend geboren, 21000 weniger (-2,5%) als 1991. Von diesen Kindern hatten 709000 die deutsche und 100100 (12,4%) eine andere Staatsange­

hörigkeit. Gegenüber 1991 nahm die Zahl der deutschen Lebendgeborenen um 4,1% ab, während die der ausländischen Lebendgeborenen um 10,3% zunahm.

Diese Entwicklung war sowohl in den alten als auch in den neuen Ländern fest­

zustellen, allerdings mit unterschiedli­

chem Ausmaß.

ln den neuen Ländern und Berlin-Ost hat sich der drastische Geburtenrückgang des Jahres 1991 (- 39,6%) verlangsamt.

1992 wurden insgesamt 88 300 Kinder lebendgeboren gegenüber 107 800 im- Jahr 1991 (- 18,1%). Die Zahl der deut­

schen Kinder nahm um 19,1% auf jetzt noch 86200 ab, die der ausländischen stieg um 70 Prozent auf 2100.

Den insgesamt 809100 Lebendgebore­

nen in Deutschland standen 885400 Sterbefälle gegenüber, so daß sich 1992 ein »Sterbefallüberschuß« von 76400 er­

gab (1991 waren 911200 Personen ge­

storben, das waren 81200 mehr, als ge­

hören worden waren). 1992 wurden für die deutsche Bevölkerung 165 200 mehr Sterbefälle als Geburten registriert, für die ausländische dagegen 88800 mehr Geburten als Sterbefälle.

(Statistisches Bundesamt)

Vitamin-K-Prophylaxe und Krebs: widersprüchliche Studienergebnisse

Eine im letzten Jahr veröffentlichte briti­

sche Studie ergab einen deutlichen Zu­

sammenhang zwischen der intramusku­

lären Vitamin-K-Prophylaxe Neugebore­

ner und dem Auftreten von Krebs, insbe­

sondere Leukämie, im Kindesalter (rel.

Risiko 1,97, verglichen mit oraler Vit- amin-K-Gabe). Diesem Zusammenhang wurde erneut in einer schwedischen Un­

tersuchung anhand der Daten der natio­

nalen Geburten- und Krebsregister nach­

gegangen. Durch die Identitätsnummer, die jeder Schwede bei Geburt erhält, kön­

nen entsprechende Verbindungen herge­

stellt werden. Zwischen 1973 und 89 er­

hielten von gut 1,38 Mio. reifen, kompli­

kationslos entbundenen Neugeborenen 78,4% eine intramuskuläre und 19,7 eine orale Vitamin-K-Prophylaxe. Bis Ende 1991 erkrankten von diesen Kindern 2354 an einem Krebsleiden. Das Krebs­

risiko nach intramuskulärer Vitamin-K- Gabe war nicht höher als das nach oraler Verabreichung (rel. Risiko 1,01 für alle Krebsarten, 0,90 für Leukämie). In Schweden wie in der britischen Studie wurde dasselbe Präparat (Vitamin Kf Konakion®) angewandt, gewöhnlich in 1-mg-Dosen. Die Diskrepanz zwischen den Ergebnissen beider Studien kann vorerst nicht erklärt werden. (Ch. R.) Ekelund, H., et al.: Administration of vi­

tamin K to newborn infants and child- hodd cancer. Brit. Med. J. 1993; 307- 89-91.

(9)

Gastkommentar 2aBA 789

G. Nissen

Neue Behandlungsmethoden für psychisch kranke Kinder

und Jugendliche

Klinik für Kinder- und Jugendpsychia­

trie der Universität Würzburg

Psychische Störungen bei Kindern und Jugend­

lichen wurden bis vor wenigen Jahrzehnten entweder als erziehungsbedingt oder als erb­

lich eingestuft. Strafen statt Heilen und Resi­

gnation statt Zuversicht waren der natürliche Ausdruck der therapeutischen Hilflosigkeit. Ein erster Wandel trat mit der Einführung entwick­

lungspsychiatrischer Konzepte und den daraus resultierenden alters- und entwicklungsspezi­

fischen Behandlungsmethoden ein. Aber erst seitdem eine der mehrdimensionalen Pathoge­

nese fast aller psychischen Störungen entspre­

chende multifokale Therapie eingeführt wurde, entspricht die Besserungs- und Heilungsrate der der Allgemeinmedizin. Dafür stehen heil­

pädagogische, verhaltenstherapeutische, psy­

chotherapeutische, psychopharmakologische und zahlreiche andere Behandlungskonzepte zur Verfügung, die in unterschiedlichen Kom­

binationen eingesetzt werden können. Die Aus­

wahl bestimmter Behandlungsverfahren sollte dabei weniger von der jeweiligen therapeuti­

schen Einstellung des Arztes als von der indi­

viduellen Eigenart des Kindes und seiner Stö­

rung bestimmt sein.

Zu Zeiten Rousseaus, Pestalozzis und Eröbels wurden selbst schwere psychische Störungen bei Kindern mit Schwererziehbarkeit gleichge­

setzt. Immerhin, im Gegensatz zu den als un­

heilbar geltenden »Besessenen«, tatsächlich je­

doch psychisch schwerkranken und psycho­

tischen Erwachsenen räumte man psychisch kranken Kindern mit einer sich allmählich ent­

wickelnden Heilpädagogik doch Besserungs­

und Heilungschancen ein. Ärzte wandten sich leider erst spät und nur zögernd der Aufgabe zu, sich mit »schul- und erziehungsschwieri­

gen Kindern« zu beschäftigen. Mit der sich entwickelnden Kinder- und Jugendpsychiatrie wuchs die Einsicht, daß schwierige Kinder und nicht selten auch ihre ebenfalls schwierigen Eltern nur selten als solitäre Erziehungsarte­

fakte anzusehen sind. Psychische Störungen weisen selbst bei identischer Symptomatik eine sehr differente, oft vielschichtige »multifokale«

Pathogenese auf. Neben der medizinischen Heilpädagogik, die sich speziell der Behand­

lung primärer mentaler Defekte und emotiona­

ler Defizite zuwandte, entwickelte sich aus der Psychoanalyse eine alters- und entwicklungs­

bezogene Psychotherapie unterschiedlicher Störungsformen. Aus der Erfahrung, daß die Psychotherapie von Kindern und auch noch von Jugendlichen naturgemäß immer auch pä-

Prof. Dr. med. Gerhardt Nis­

sen. em. Lehrstuhlinhaber an der Julius-Maximilians- Universität in Würzburg, Prof. h. c. und Mitglied der spanischen »Königlichen Nationalen Akademie für Medizin«. 1953-1963 Wei­

terbildung zum Arzt für Psychiatrie und Neu­

rologie und für Kinder-und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychoanalyse. 1953 bis 1978 Leiter der Klinik für Psychiatrie und Neu­

rologie des Kindes- und Jugendalter Wiesen­

grund und Ärztlicher Direktor 1975-1978 des Humboldt-Krankenhauses in Berlin-West.

1976-1977 Rufe auf die Lehrstühle in Essen und Würzburg. 1968-1988 Dekan der Medizi­

nischen Fakultät der Universität. Autor und Herausgeber von über 20 Büchern, u. a. »De­

pressive Syndrome im Kindes- und Jugendal­

ter«. »Psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter« (3. Aufl.), Mitautor des Lehrbu­

ches »Kinder- und Jugendpsychiatrie« (6.

Aufl.) und Verfasser von über 450 wissen­

schaftlichen Arbeiten in deutschen und aus­

ländischen Zeitschriften. Seit 1989 Vorsitzen­

der des »Psychotherapeutischen Kollegs Würz­

burg«.

»Strafen statt Heilen« - ein natürlicher Ausdruck der therapeuti­

schen Hilflosig­

keit

Zur Person

Z. Allg. Med. 1993; 69: 789-790. © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1993

(10)

dKiehi.:

Persönlich- keitsstörungen und endogene Psychosen sind keineswegs therapie- resistent

Alle seelischen Vorgänge sind an hioelektri- sche und bio­

chemische Ab­

läufe gebunden

dagogische Elemente impliziert, entstand nach dem letzten Weltkrieg in Berlin-West das Be­

rufsbild des Psychagogen. Neben den delegati­

onsberechtigten Kinder- und Jugendpsychia­

tern, für die eine psychotherapeutische Weiter­

bildung obligat ist, sind Kinder- und Jugendli- chen-Psychotherapeuten und Diplom-Psycho­

logen, soweit sie über eine anerkannte psycho­

therapeutische Ausbildung verfügen, für die Behandlung zuständig.

Wir müssen von drei sich apodiktisch behaup­

tenden Vorurteilen Abschied nehmen, die teil­

weise heute noch die therapeutische Atmo­

sphäre beeinträchtigen:

• Daß genetisch bedingte psychische Störun­

gen und Erkrankungen, insbesondere Per­

sönlichkeitsstörungen und endogene Psycho­

sen, therapieresistent seien und schicksal­

haft verlaufen. Durch kombinierte psycho­

pharmakologisch-psychotherapeutische Be­

handlungstechniken lassen sich teilweise dramatische Besserungen vollziehen.

• Daß zerebrale Läsionen, die mit sensori­

schen oder geistigen Störungen einhergehen, als irreparabel gelten. In der Therapie kommt es vielmehr darauf an, definitiv ge­

schädigte Hirnsubstanz zu aktivieren und die fast immer unvergleichlich größeren Hirn­

areale ersatzweise zur Übernahme neuer Funktionen zu trainieren.

• Daß milieureaktive, neurotische und psycho­

somatische Erkrankungen ausschließlich durch eine Veränderung des Milieus und ausschließlich durch psychotherapeutische Techniken erfolgreich behandelt werden können.

Das weitverbreitete Vorurteil, daß man Kin­

dern und Jugendlichen niemals Psychophar­

maka geben sollte, ist so nicht zutreffend. Für bestimmte Indikationen weisen sie besonders dann, wenn sie symptomorieptiert eingesetzt werden können, konkurrenzlos hohe Besse­

rungsraten auf. Das wundert uns nicht, weil wir wissen, daß alle seelischen Vorgänge an bioelektrische und biochemische Abläufe im ZNS gebunden sind. Das heißt auch, daß nicht nur Medikamente, sondern auch Gespräche und »Einbildungen« einen ständigen bioche­

mischen und biophysikalischen Funktionswan­

del bewirken. Weshalb indes einige psychische Erkrankungen mit überwiegend psychothera­

peutischen Behandlungen rasch gebessert wer­

den, während eine Medikation erfolglos ist, ist ebenso ungeklärt wie die Tatsache, daß es Symptome gibt, die prompt auf Medikamente ansprechen, während sie selbst einer intensi­

ven Psychotherapie trotzen.

Anschrift des Verfassers;

Prof. Dr. med. G. Nissen

Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität Fuchsleinstr. 15

97080 Würzhurg

Buchbesprechung

Gilbert Charette

Homöopathische Arzneimittellehre für die Praxis

Hippokrates Verlag, Stutt­

gart, 1991. 6., unveränderte Auflage, 492 Seiten, 144,- DM.

Inhalt

• Einführung in die Homöo­

pathie mit Erklärung der Grundprinzipien

• 121 Arzneimittel in alpha­

betischer Reihenfolge

• Beschreibung des Arznei­

mittels (botanisch, zoolo­

gisch, chemisch)

• physiologische Wirkung des Mittels auf den Gesun­

den

• Typenbild des Kranken (Konstitution)

• Modalitäten

• Leitsymptome

• hauptsächliche Indikatio­

nen

• beispielhafte Krankenge­

schichten und Kommentar

• Erklärungen zu den von Charette angegebenen Arz­

neipotenzen

Kommentar

Durch den didaktisch sehr gelungenen Aufbau bei der Besprechung der einzelnen Arzneiformen ist vorliegende Arzneimittellehre auch für den Anfänger sehr gut geeig­

net, um sich in die Materie gründlich einzuarbeiten. Vor allem die am Ende jedes Ka­

pitels aufgeführten Kranken­

geschichten belegen in impo­

santer Weise, welch hervor­

ragende Wirkung ein unter Beachtung der Konstitution und Modalitäten richtig ein­

gesetztes Homöopathikum erzeugen kann.

Besonders erwähnenswert sind auch die vergleichenden Gegenüberstellungen indika­

tionsgleicher Mittel. Hierbei wird deutlich herausgear­

beitet, daß es eben nicht

»das homöopathische Kopf­

schmerz- oder Hustenmittel«

gibt, sondern jede noch so unbedeutend erscheinende Begleiterscheinung für die Bestimmung des richtigen Mittels wichtig ist. Unter die­

ser Prämisse kann denn auch der Abschnitt »hauptsächli­

che Indikationen« durchaus als eine Verstehens- und Lernhilfe akzeptiert werden, zumal der Autor selbst in sei­

ner Einführung »Indikation«

nicht im allopathischen Sinne verstanden haben will und stets vorrangig eine Überein­

stimmung der Symptome des Patienten mit denen des Arz­

neimittelbildes fordert.

E. Anwärter

(11)

Fortbildung

D. Bürgin

Die psychische Krise im Jugendaiter

Definition und Behandiung

’ZSFA

Kinder- und ju­

gendpsychiatrische Universitätsklinik und Poliklinik

Eine Krise ist ein Nachfolgeereignis schmerzli­

cher Art auf eine mehr oder weniger zufällige, zeitlich begrenzte Störung der Homöostase eines Individuums oder menschlichen Systems.

Sie ist meistens mit einer psychischen oder sozialen Dekompensation bestimmten Ausma­

ßes verbunden. Der Terminus Krise ist viel­

schichtig und unklar definiert, er wird von ver­

schiedenen Personen und Fachrichtungen un­

terschiedlich gebraucht. Dieses Defmitionspro- blem scheint beim heutigen Kenntnisstand unüberwindbar. Der wissenschaftliche Wert dieses für die Praxis zwar außerordentlich re­

levanten, da leicht zu gebrauchenden und ein­

leuchtenden Begriffes bleibt somit offen. Dies zum Teil auch deshalb, weil es Kinder, Jugend­

liche und auch Erwachsene gibt, die unter wid­

rigsten Umständen seelisch stabil bleiben (z. B.

»invulnerable children«). Der Begriff der »psy­

chischen Kompetenz« - ebensoschwer defi­

nierbar wie derjenige der Krise - dürfte bei diesem Phänomen eine wichtige Rolle spielen.

Eine Krise hat meist appellativen Charakter, mobilisiert Hilfe, d. h. das Bedürfnis der Um­

gebung, den Betroffenen Erleichterung zu ver­

schaffen und ihnen zu verhelfen, zum Gleich­

gewichtszustand, der vor der Krise bestand, zurückzukehren. Krise ist auch ein Wende­

punkt, entweder für Verschlimmerung oder für Veränderung zum Besseren, ist Möglichkeit für psychisches Wachstum oder Gefahr psycho­

sozialen Zerfalls. Verschlimmerung erfolgt ins­

besondere dann, wenn ungünstige Anpas- sungs- und Bewältigungsmechanismen einge­

setzt werden oder die äußere Belastung anhält.

Krisen dauern Stunden oder Wochen. Sie ent­

halten, infolge der möglichen positiven oder negativen Entwicklung, zumeist einen Selbst­

limitierungsmechanismus.

Individuen, insbesondere Kinder und Jugend­

liche, sind Organismen in dynamischer Ent-

Krise - psychiatrischer Notfall

Krise ist gegenüber dem psychiatrischen Notfall abzugrenzen, Krisenintervention unterscheidet sich von der Kurzpsychotherapie .Der psychiatri­

sche Notfall ist gegenüber der Krise durch eine viel ausgeprägtere Gefährdung, ein Betroffen­

sein vor allem von Einzelpersonen, eine hohe Prozeßgeschwindigkeit und damit unmittelba­

ren Handlungszwang unter Zeitdruck gekenn­

zeichnet.

Wicklung, mit spezifischer genetischer Ausstat­

tung und mehr oder weniger ausgeformter Per­

sönlichkeit, die in einen spezifischen sozio-kul- turellen Kontext eingebettet sind. Dementspre­

chend spielen biologische, psychologische, in­

dividuelle, familiale, soziale und kulturell-hi­

storische Faktoren zusammen - in wechseln­

dem Ausmaß - eine pathogenetische Rolle. Um nicht im wörtlichen Sinne »verrückt« zu wer­

den, bedarf ein Individuum anhaltender Infor­

mation (d. h. einer Art nährender Zufuhr) aus seiner sozio-kulturellen Matrix. Diese Informa­

tion hat üblicherweise einen stabilisierenden Charakter, kann aber unter bestimmten Bedin­

gungen auch destabilisierend wirken.

Krise als zeitlich begrenzte Störung einer Ho­

möostase zeigt üblicherweise einen phasischen Verlauf. Es ist zu unterscheiden zwischen exi­

stentiellen. normativen und pathologischen Krisen psychiatrischer oder sozialer Art. Je nach Art der Krise stehen therapeutische Maß­

nahmen zur Angstreduktion und Stützung oder solche zur Angstverarbeitung mittels psycho­

dynamischer Techniken im Vordergrund. An Hand eines Fallbeispiels (Notaufnahme eines 15jährigen Mädchens) wird die Abgrenzung zum psychischen Notfall diskutiert. Zudem werden Zielgruppen für präventive Interven­

tionsprogramme genannt.

Eine Krise hat meist appellati­

ven Charakter

Zum Inhalt

Z. Allg. Med. 1993; 69: 791-796. © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1993

(12)

Psychische krise im Jugendalter Fortbildung

Das Individuum geht gleichsam auf »Reserve«

Der Ausgang der Krise hängt davon ah, oh das gestörte Gleichgewicht wiederherge­

stellt werden kann

Ursachen und Erscheinungsformen

Es bleibt somit eine offene Frage, ob es die Umge­

bung ist, die mit ihren sozialen Belastungen das Individuum überfordert und damit eine Krise auslöst oder ob in erster Linie die Anpassungs­

mechanismen des Individuums oder der Gruppe ungenügend oder zu wenig flexibel sind für eine angemessene Bewältigung eines Geschehens.

Üblicherweise zeigt eine Krise einen phasen- haften Ablauf (s. Abh. 1):

1. Zuerst kommt es zu einem Spannungsan­

stieg. Dieser bewirkt eine Mobilisation der üblichen Problemlösungsmechanismen, mit dem Ziel der Wiederherstellung der Homöo­

stase.

2. Reichen die verwendeten Maßnahmen nicht aus, so bleibt der Reiz weiterhin bestehen und hat einen weiteren Spannungsanstieg zur Folge. Ärger, Unlust und Unmut breiten sich aus, ebenso ein Gefühl der Hilflosigkeit infolge der Unwirksamkeit der getroffenen intrapsychischen Abwehrversuche, der mißlungenen Anpassung oder der ungenü­

genden Bewältigung.

3. Da somit die Spannung weiter ansteigt, kommt es zum Versuch, weitere innere und/

oder äußere Ressourcen zu mobilisieren.

Das Individuum lebt gleichsam »auf Re­

serve« und unter Gebrauch von notfallmä­

ßigen Problemlösungsmechanismen. Es un­

ternimmt den Versuch, neue Lösungen zu finden, das Problem umzudefinieren, zu ei­

ner Umwertung der Werte zu gelangen. Re­

signation und das mögliche Aufgeben von Zielsetzungen mögen sich einstellen. Das weitere Vorgehen hat nicht selten die Form von Versuch und Irrtum.

4. Hält das Problem weiter an und kann es nicht gelöst, aber auch nicht vermieden oder umgangen werden, so steigt die Spannung weiterhin an bis zum Punkt eines Durchbru­

ches, an welchem eine ausgeprägte Desor­

ganisation des Individuums zutage tritt.

Aus jeder Phase kann der Weg hinaus in Lö­

sung und Stärkung, aber auch hinein in intra­

psychische, interpersonale oder umweltbezo­

gene Pathologie münden. Der Ausgang des Ge­

schehens ist immer abhängig davon, ob das gestörte Gleichgewicht wiederhergestellt wer­

den kann oder nicht.

Spannungsabfall Angstreduktion

Resignation Aufgeben von Zielsetzungen

Problem unlösbar und unvermeidbar

Homöo-

Ressourcen (intrapsychisch interpersonal intergenerational)

Zunehmende Hilflosigkeit

Angst steigt an Spannung steigt an Leben »auf Reserve«

Versuch einer Um- definierung der Probleme

Krisenhafte Störung Durchbruch mit psychi­

scher Des­

organisation Störung der

Homöostase (innerseelisch oder im Funktionieren nach außen)

Verstärkung der Stabilität, der Ressourcen, der Ich-Funktionen und damit der Homöostase

Innere Belastung (situativ, exi­

stentiell, normativ, psycho- pathologisch) Äußere Belastung

Abwehr-, = übliche Anpassungs- Problem- u. Bewälti- lösungs- gungsmecha- mecha- nismen nismen

unwirksam

wirksam

Abbildung 1: Schema der Krisenentwicklung

(13)

FortbUdimg

Bei der Mobilisation von äußeren Hilfen kommt es nicht selten zu Kompetenzkonflikten zwi­

schen nichtprofessionellen, professionellen und institutionellen Hilfsangeboten, da psych­

iatrische und soziale Krisen häufig nicht scharf getrennt, sondern ineinander übergehend in Erscheinung treten. Dennoch hat es für den

Häufige Krisensituationen im Jugendalter bei:

• schwerem Leistungsabfall (Schule, Lehre usw.)

• schweren psychosomatischen Störungen

• schwerer körperlicher Krankheit

• Suizidalität

• narzißtischem Zusammenbruch

• psychotischem Zusammenbruch (Schizophrenie, Depression)

• Suchtstoffabusus

• Dissozialität/Delinquenz

• Inzest, sexuellen Übergriffen

praktischen Gebrauch Sinn, zwischen psychia­

trischen und psychosozialen Krisen zu unter­

scheiden. Grundsätzlich kann von drei Krisen­

formen ausgegangen werden:

1. Situative oder existentielle Krisen: z. B.

Traumata; Verluste durch Tod, Unglück oder Krankheit, von Arbeit oder Beschäftigung;

Naturkatastrophen; Krieg. Solche Krisen sind nicht oder nur schlecht antizipierbar.

2. Entwicklungs- oder normative Krisen:

z. B. Geburt, Schuleintritt, -austritt, Adoles­

Zielgruppen möglicher psychiatrischer Interventionsprogramme:

• Kinder, die (schweren) Belastungen ausge­

setzt sind (z. B. Hospitalisation, chirurgische Eingriffe, Mißhandlungen, Amputationen usw.)

• Kinder mit chronischen Krankheiten (z.B.

Diabetes, zystische Fibrose, Herz-/Kreislauf- störungen, onkologische und orthopädische Patienten)

• Familien mit mehr Kindern, als für sie zu bewältigen sind (z.B. Mehrlingsschwanger­

schaften)

• Familien mit behinderten Kindern (z.B. gei­

stig, physisch oder sensorisch Behinderte;

Kinder mit Teilleistungsschwächen)

• schwangere Adoleszente

• Frauen mit Risikoschwangerschaften (vor al­

lem solche aus unteren sozialen Schichten oder solche mit vorgängigen Psychosen im Wochenbett)

• Individuen mit hereditären Krankheiten oder Risiken.

zenz, Heirat, Geburt eines eigenen Kindes etc. Hierbei handelt es sich zumeist um eine Art kritische Ereignisse im Leben eines Menschen. Manchmal stellt eine Gesellschaft bestimmte Rituale zur Verfügung, um den Übergang zu erleichtern. In diesem Bereich sind präventive Programme, die gesund- heits- und nicht krankheitsorientiert sind, wahrscheinlich am wirksamsten. Diese Kri­

sen stellen im allgemeinen eher eine Chance und weniger eine grundsätzliche Gefahr dar.

3. Pathologische Krisen psychiatrischer oder sozialer Art: Hier ist zwischen zwei Gruppen von Betroffenen zu unterscheiden.

Es gibt Menschen, die aufgrund ihrer biolo­

gischen, psychologischen, entwicklungsmä­

ßigen oder sozialen Situation/Ausstattung nie ein Funktionsniveau erreicht haben, das sie in den Stand gesetzt hat, mit den Bela­

stungen des Alltages richtig fertigzuwerden.

Solche Menschen haben chaotische zwi­

schenmenschliche Beziehungen, eine au­

ßerordentlich verletzliche und zerbrechliche Persönlichkeitsstruktur und im allgemeinen wenig Ressourcen, auf die sie sich abstützen können. Therapeutisch sind hier in erster Linie angstunterdrückende und stützende Verfahren angezeigt.

Zielgruppen möglicher psychosozialer Interventionsprogramme:

• Elternschaft in der Adoleszenz

• Familien mit Armut

• Familien mit schwierigen Rollenaufteilungen (z.B. Adoption, Stiefeltern, Alleinerziehende, a priori oder nach Scheidung oder Trennung)

• Familien mit Mißhandlungen

• Familien mit schweren Konflikten (Gewalt, Suchtstoffabusus, Trennung, Scheidung usw.)

• Familien in normativen Konflikten (z.B. Ge­

burt des ersten Kindes, Kindergarten-ZSchul- eintritt, Adoleszenz, Klimakterium, Pensio­

nierung)

• Familien mit einem oder zwei schwerkran­

ken Eltern (körperlich oder psychisch)

• Familien mit Verlust eines Mitglieds (z. B. Un­

fall, Krankheitstod).

Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die eine angemessene Entwicklung ihrer Persön­

lichkeit durchgemacht haben und zeitweilig an umschriebenen, mehr oder weniger schweren neurotischen Symptomen leiden, die ihnen Einschränkungen auferlegen. In diesen Fällen sollten angstbearbeitende, psychodynamische Verfahren eingesetzt werden.

Psychiatrische und soziale Krisen treten häufig ineinan- dergehend in Erscheinung.

Entwicklungs- Krisen - meist eher eine Chance und weniger eine Gefahr

(14)

Die Krisen­

intervention muß rasch einsetzen, die Belastungs­

situation genau geklärt werden

Beim Abschluß ist auf eine an­

gemessene Nachbetreuung zu achten

Therapeutische und präventive Interventionsmögiichkeiten

Angstreduktion und Stützung

Diese Maßnahmen sind vor allem in den ersten Tagen und Wochen des Geschehens sinnvoll.

Sie sind in erster Linie dann nötig, wenn die Patienten von Ängsten überwältigt werden und sich dadurch - im Hinblick auf eine Beendi­

gung der Krise - zunehmend inadäquater ver­

halten. Angstreduktion und Stützung können erfolgen durch medikamentöse Sedation, Ein­

flußnahme auf die Umgebung und Bestätigung/

Gratifikation im narzißtischen Bereich für ent­

sprechende Schritte. Das detaillierte Verständ­

nis der Psychopathologie steht hier scheinbar im Hintergrund, denn es dient nicht primär der direkten Interpretation. Es ist hingegen außer­

ordentlich wichtig für die Strukturierung und die Vorgehensqualität der gesamten Interven­

tion. Ein rasches Einsetzen der Kriseninterven­

tion und die genaue Klärung der Belastungssi­

tuation (Art, Intensität, Dauer, Auswirkungen), der auslösenden Faktoren, der maladaptati- ven, ungünstigen Reaktionsformen der Patien­

ten und ihrer Familien, der Regressionsnei­

gung, der Ressourcen jeglicher Art sowie der optimalen Ansatzpunkte für Interventionen sind vor erstrangiger Bedeutung.

Angstbearbeitung mittels psycho­

dynamischer Techniken

Dieses Vorgehen ist um so geeigneter, je psy­

chisch gesünder die Beteiligten sind. Es ist vor allem bei psychologisch-psychiatrischen Kri­

sen angebracht. Neugierde und das Bedürfnis, sich selbst und die anderen zu verstehen, d. h.

eine ziemlich hohe Motivation für Veränderung und damit Krisenarbeit sollten als Vorausset­

zungen vorhanden sein. Ebenso sollte eine ge­

wisse Einsicht in die Tatsache bestehen, daß die Schwierigkeiten einen psychogenen Ur­

sprung haben. Auch sollten die entsprechen­

den Patienten verhältnismäßig leicht ein Ar­

beitsbündnis, eine milde positive Übertragung und ein tragendes Vertrauen zum Therapeuten aufbauen können. Diese Interventionsform kann fließend übergehen in eine Kurzpsycho­

therapie. Manchmal bedarf ein solches Vorge­

hen einer psychopharmakologischen Unter­

stützung oder/und auch einer Kurzhospitalisa- tion. Ziel davon ist - nach dem erarbeiteten Verständnis der maladaptativen Reaktionen - der Erwerb und das Einüben neuer intrapsy­

chischer und interpersoneller Konfliktlösungs­

strategien, die eine flexiblere Anpassung und

damit das Aussteigen aus einem Circulus vitio- sus ermöglichen. Solche neuen Vorgehenswei­

sen sollten, in einem präventiven Sinne, eine gewisse Immunisierung gegenüber ähnlichen Situationen zur Folge haben.

Bei diesem Prozedere können vier Phasen un­

terschieden werden;

• Aufbau einer akuten Vertrauens- und Ar­

beitsbeziehung (hierzu besteht im Krisen­

moment oft eine hohe Motivation).

• Kurz dauernde therapeutische Interven­

tionen unter Einschluß und Benennung von Übertragungsgefühlen.

• Ausrichtung der Interventionen auf objek- tale, trianguläre Beziehungskonstellatio­

nen mit ihren entsprechenden Affekten und Abwehren und damit auch auf transgenera­

tionale Aspekte. Dies gilt sowohl für den in­

trapsychischen als auch für den interperso­

nalen Bereich.

• Werden Veränderungen innerseelischer, in­

terpersonaler, innerfamilialer oder intra- gruppaler Art deutlich und kommt es somit zur Angstreduktion und Wiederherstellung einer innerseelischen oder zwischenmensch­

lichen Homöostase, so ist beim Abschluß auf die Sicherung des Erreichten durch eine an­

gemessene Nachbetreuung zu achten.

Sämtliche Interventionsarten können individu- ums- oder familienbezogen sein. Zu Beginn ist immer darauf zu achten, daß nach einer even­

tuell nötigen somatischen Behandlung mit den Hauptbetroffenen zusammen Maßnahmen ge­

troffen werden, die ihnen Sicherheit vor ihren selbstdestruktiven Tendenzen und Schutz vor pathologischen Regressionen gewähren.

Fallbeispiel

Notaufnahme: Ein 15y2jähriges Mädchen wird auf die medizinische Notfallstation gebracht.

Sie habe 15 Tabletten eines gerinnungshem­

menden Mittels geschluckt. Die Patientin ist leicht adipös, wirkt depressiv und etwas ver­

wahrlost. Medizinisch finden sich, außer ei­

nem gestörten Gerinnungsstatus, keine Auffäl­

ligkeiten, insbesondere keine Blutungen. Es ist zu erfahren, daß sie eine 14jährige Schwester hat und zu Hause seit Jahren heftige pubertäre Auseinandersetzungen stattfmden. Insbeson­

dere zum Vater bestehe ein gespanntes Ver­

hältnis (er ist wegen eines Status nach Myo-

(15)

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Wechselwirkungen mit anderen Mitteln; Keine bekannt. Dosierungsanleitung und Art der Anwendung: Soweit nicht anders ver­

ordnet, 1-2 Filmtabletten 1 Stunde vor dem Schlafengehen einnehmen. Darreichungsform und Packungsgrößen; 20 Filmtabletten NI DM 13,31; so Filmtabletten N2 DM 28,36; 100 Filmtabletten N3 DM 49,98. Stand: 3/93

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