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ie Gentechnik hat in der Lebensmittelher- stellung bereits Einzug gehalten. Auf dem Markt befinden sich zum Beispiel verschiedene Enzyme aus gentechnisch veränderten Mikroorganismen (GMO), vereinzelt sind GMO selbst zum direkten Einsatz in der Lebensmittelherstellung zu- gelassen. Lebensmittelrele- vante Zulassungen in Europa sind derzeit eine gentech- nisch veränderte herbizidre- sistente Sojasorte und eine insektenresistente Maissorte.Produkte aus gentechnisch veränderten Pflanzen, die ge- genwärtig bei der Lebens- mittelherstellung eine Rolle spielen, sind Soja- und Mais- keimöl sowie das Lecithin.
Kaum Nutzen für Verbraucher Obwohl die Deutschen den Einsatz der Biotechnolo- gie in der Medizin befürwor- ten, lehnen sie die Gentech- nik im Lebensmittelbereich bislang überwiegend ab. Die Gründe sind vielfältig. Für die meisten Verbraucher ist zur Zeit kaum ein Nutzen durch die gentechnisch ver- änderten Sorten zu erken- nen. Zudem fühlen sich vie- le durch die Nahrungsmit- telkonzerne bevormundet, wenn Produkte aus transge- nen Pflanzen ohne Wahlmög- lichkeit in die Läden kom- men.
Hinzu kommt die Sorge vor gesundheitlichen Risiken durch die „neuen“ Bestand- teile der Pflanzen. So ist es durchaus möglich, daß Aller- gien entstehen können. Doch dieses Risiko läßt sich nicht pauschal beurteilen. Jede Pflanze muß einzeln bewertet werden. „Allerdings“, erläu- terte Prof. Beda Stadler (Bern) bei einem Symposium des Unternehmens Novartis, das bereits transgene Pflan- zensorten vertreibt, „handelt es sich bei den meisten Al- lergien um Pollenallergien, also um Inhalationsallergien.
Nur drei Prozent dieser Im- munerkrankungen sind echte Lebensmittelallergien – zum
Beispiel gegen Milch, Wei- zen, Nüsse. Hier ist weltweit auch keine Zunahme zu ver- zeichnen.“
Allergien werden durch Proteine ausgelöst. Sobald neue Eiweiße in die Pflanze eingeführt werden, werden diese detaillierten Einzelfall- prüfungen unterzogen. Als wichtigstes Argument gegen eine Zunahme von Allergien
durch Gentechnik führte Stadler an, daß die im Nahrungsmittel vorhandenen neuen Proteine die Passage durch den Magen und Dünn- darm intakt überstehen müs- sen. Die als Nahrungsmittel- allergene bekannten Proteine sind dazu nachweislich in der Lage. Alle neu in Pflanzen eingeführten Proteine wer- den deshalb in einem künstli- chen Magen auf ihre Stabi- lität im Magenmilieu über- prüft („gastric-simulation- test“).
Darüber hinaus wird das allergene Potential der neu eingeführten Proteine noch weiteren Tests unterzogen, indem man sie auf die bio- chemischen und physikoche- mischen Eigenschaften be-
kannter allergener Proteine überprüft. Mit Hilfe der Gentechnik ist es außerdem möglich, vorhandene aller- gieauslösende Gene zu ent- fernen und damit hypoaller- gene Nahrung für Lebens- mittelallergiker zur Verfü- gung zu stellen.
Befürchtet wird von den Verbrauchern auch, daß die in einigen gentechnisch ver-
änderten Pflanzen vorliegen- den Antibiotika-Resistenz- gene zu einer Verbreitung von Resistenzen führen und die Wirksamkeit der bis- her eingesetzten Antibiotika eingeschränkt werde. Anti- biotika werden als Selekti- onsmarker bei der Trans- formation eingesetzt: Als Erkennungszeichen gemein- sam mit dem Zielgen in die Pflanzenzelle eingeschleust, ermöglichen sie die Selekti- on der Zellen, bei denen der Gentransfer tatsächlich er- folgreich war.
Die Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung der Antibiotika-Therapie durch die mit den gentechnisch ver- änderten Lebensmitteln auf- genommenen Resistenzgene
ist nach Einschätzung des Genetikers Prof. Wolfgang Schumann (Universität Bay- reuth) äußerst gering. Größ- tenteils werden die Resi- stenzgene nämlich wie alle anderen Proteine im Gastro- intestinaltrakt abgebaut.
Am stärksten diskutiert wird in diesem Zusammen- hang die Möglichkeit eines horizontalen Gentransfers.
Diese Übertragung von Anti- biotika-Resistenzgenen aus Pflanzen auf humanpathoge- ne Bakterien im Dickdarm könnte dazu führen, daß ein bestimmtes Antibiotikum ge- gen diese Bakterien nicht mehr wirkt. Allerdings rich- ten sich die als Marker einge- setzten Resistenzgene zu- meist gegen Antibiotika, die in der Therapie heute keine Anwendung mehr finden.
Auch wenn die Wahr- scheinlichkeit einer Über- tragung als gering gilt, ist nicht auszuschließen, daß sie durchaus regelmäßig gesche- hen könnte, sobald Millionen Menschen solche Pflanzen es- sen. Allerdings hänge es von der Art der Resistenz ab, ob dieser Vorgang eine Bedeu- tung erlange.
Schumann gab zu beden- ken, daß Antibiotika-Resi- stenzgene ja auch natürli- cherweise in der Bakteri- enflora des menschlichen Darms vorkommen. Auch werden mit der täglichen Nahrung mindestens 1,5 Mil- lionen Mikroorganismen auf- genommen, die Antibiotika- Resistenz-Gene enthalten.
Allerdings plädieren auch einige der Gentechnik nicht besonders kritisch gegen- überstehende Experten da- für, daß zukünftige transgene Pflanzen keine Gene erhalten sollten, von denen sie auf dem Feld keinen Vorteil ha-
ben. EB
Ergänzung der Estrogen- behandlung in den Wechsel- jahren – Zur menopausa- len Hormonsubstitution bie- tet Hexal als Ergänzung zur Estrogenbehandlung MPA GYN 5 mit 5 mg Medroxy- progesteronacetat an. pe A-764 (72) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 13, 27. März 1998
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Durch den Einsatrz eines Gens des Bodenbakteriums Bacillus thuringiensis (Bt-Gen) ist der Mais vor seinem Hauptschädling, der Maiszünslerlarve, geschützt.
Foto: Novartis Seeds AG