Aus Bund und Ländern
Forschergruppe simuliert Folgen der Gesundheitsrefonn
AUGSBURG. Kann das vor zwei Jahren verabschiede- te Gesundheits-Reformgesetz zur angestrebten Kosten- dämpfung führen? Mit dieser Frage beschäftigt sich das In- ternationale Institut für Em- pirische Sozialökonomie (IN- IFES) in Stadtbergen bei Augsburg. Das Institut simu- liert die Auswirkungen von Aspekten der "Gesundheits- reform" auf die Beteiligten.
Dabei werden anonymisierte Daten der Versicherten einer AOK aus dem Jahr 1981 auf das Jahr 1987 hochgerechnet.
In einem jetzt vorgelegten Zwischenbericht stellt IN- IFES zwei beispielhafte Si- mulationen vor.
.... So wurde untersucht, welche Auswirkungen eine Erhöhung der Selbstbeteili- gung bei der Verordnung von Arzneimitteln von zwei auf drei DM bereits im Jahre 1987 gehabt hätte. Diese Er- höhung hätte die Ausgaben der gesetzlichen Krankenver- sicherung um 450 Millionen DM gesenkt. Der Beitrags- satz hätte sich um 0,05 Pro- zent reduzieren lassen. Ältere Menschen, Rentner und Frauen hätten die Hauptlast dieser Umverteilung tragen müssen. Einer zwar steigen- den absoluten Selbstbeteili- gung mit zunehmendem Ein- kommen hätte eine fallende relative Einkommensbela- stung gegenübergestanden.
Die durchschnittliche Bela- stung der Rezeptkosten durch den Selbstbehalt vari- iert zwischen sechs und neun Prozent.
Dies deutet darauf hin, daß die im Gesundheits-Re- formgesetz vorgesehene Ei- genbeteiligung von 15 Pro- zent pro Verordnung zu einer erheblichen Mehrbelastung der Versicherten führen wird, wenn nicht für einen großen Teil der Arzneimittel zuzah- lungsfreie Festbeträge festge- setzt werden sollten.
Eine Selbstbeteiligung an den stationären Kranken- hauskosten in Höhe der tägli- chen "Hotelkosten", die in der Untersuchung auf 50 DM festgelegt wurden, hätte in der gesetzlichen Krankenver- sicherung sieben Milliarden Mark einsparen können, wie eine zweite Simulation ergab.
Das hätte zu einer Beitrags- satzsenkung von 0,76 Prozent führen können. Allerdings wäre diese Art der Selbstbe- teiligung durch eine Nut- zungsquote von rund 12 Pro- zent ungleich verteilt gewe- sen. Wiederum wären vor al- lem Rentner wegen ihrer ver- hältnismäßig hohen Zahl von Krankenhaustagen stark be- lastet worden. Pro Kopf wäre die Belastung mit zunehmen- dem Alter gestiegen. Die Be- lastung der Männer würde über der der Frauen liegen.
Insgesamt jedoch wären mehr Frauen von einer solchen Selbstbeteiligung betroffen, wenn auch in geringerer
Höhe. WA
Medizinischer Dienst:
Honorargestaltung
FRANKFURT. Der Me- dizinische Dienst (MDK) geht in Hessen neue Wege.
Vertraglich festgelegt mit der Kassenärztlichen Vereini- gung Hessen und der Landes- ärztekammer soll im hessi- schen Modellversuch erprobt werden, inwieweit große Tei- le der gutachtlichen Routine- aufgaben des MDK durch niedergelassene Kassenärzte oder auch Krankenhausärzte erfüllt werden können. In Modellregionen Hessens, dort wo Mangel an Vertrau- ensärzten herrscht, sind qua- lifizierte Ärztinnen und Ärzte angesprochen.
Finanzielle Überlegungen werden bei den Interessenten dabei sicherlich keine unwe- sentliche Rolle spielen. Die betriebswirtschaftlich kalku- lierten Honorare haben schon sowohl bei der Ärzte- schaft als auch auf Kassensei- te Aufsehen erregt.
Dies verwundert auch nicht angesichts dreifacher
DEUTSCHES
IÄRZTEBLATT NACHRICHTEN
In einer Feierstunde wurden an der Universität Kahnirrgrad der Pathologe und Hämatologe Ernst Neumann (1834-1918), der Mathematiker David Hilbert (1862-1943), der Mathematiker und Astronom F. W. Bessel (1784-1846) und der Physiker Franz Neumann (1798-1895) aus dem ehemaligen Königs- berg geehrt. Ernst Neumann
(Abbildung), der zeitlebens in Königsberg wirkte, entdeckte im Jahr 1868 das Knochenmark als Blutbildungsstätte und 1869 die knochenmarkbedingte Leu-
kämie. D
Leistungshonorierung im Ver- gleich zum EBM. So wird die Begutachtung von Patienten bei Kuranträgen und Fortbe- stehen der Arbeitsunfähigkeit mit 95 DM bewertet, der Be- such eines Kranken zur Be- gutachtung der Schwerpflege- bedürftigkeit bringt dem un- tersuchenden Arzt 175 DM und zusätzlich 25 DM Wege- pauschale. Sollten technische und/oder Laborleistungen an- fallen, wird gemäß der GOÄ abgerechnet: 1,5fach für das Labor, der Rest der Leistun- gen 2fach.
Es verwundert nicht, daß die Vertreter der Kranken- kassen auf Bundesebene mit Blick auf die zukünftigen Ho- norarverhandlungen mit den Kassenärzten über die Hono- rarhöhe dieser Leistungen beunruhigt sind. Ebensowe- nig wäre es verwunderlich, wenn das MDK-Gutachter- angebot die Ärzte motiviert und die Patienten zufrieden-
stellt. EB
Fachliche Leitstelle für den öffentlichen Gesundheitsdienst
STUTTGART. In Stutt- gart wurde jetzt nach Anga- ben des Sozialministeriums das erste Landesgesundheits- amt in der Bundesrepublik errichtet. Es hat die Aufgabe,
"als fachliche Leitstelle für den öffentlichen Gesund- heitsdienst auf den Gebieten Umwelthygiene, Hygiene, Gesundheitsförderung und gesundheitliche Prävention, Epidemiologie und Gesund- heitsberichterstattung sowie für die Gewerbeaufsichtsver- waltung auf dem Gebiet der Arbeitsmedizin . . . Unter- stützung zu leisten". EB
Landesärztekammer
Thüring~n
entlastet Suhler Arzte
JENA. Die Landesärzte- kammer Thüringen hat bei der Untersuchung der Hand- lungen von zwei Suhler Ärz- ten in Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen die Charite (dazu Heft 37/1991) keine berufsrechtlichen Ver- stöße feststellen können. Den Ärzten wurde vorgeworfen, einen schwerkranken Patien- ten vom Bezirkskrankenhaus Suhl in die neurochirurgische Abteilung der Chirurgischen Klinik der Charite in Berlin verlegt zu haben.
Nach Informationen der Landesärztekammer habe es wichtige Gründe für eine sol- che Verlegung gegeben: "Im Bezirkskrankenhaus Suhl gab es über den Computertorno- graphen hinaus keine weite- ren diagnostischen Möglich- keiten, während in der Chir- urgischen Klinik der Charite als einziger Klinik in der ehe- maligen DDR westlicher Standard gegeben war." Daß die Familie des Patienten erst im nachhinein von der Verle- gung erfahren habe, werde von den Ärzten selbst bedau- ert, "war aber auch durch Kommunikationsprobleme zu später Stunde bedingt". EB Dt. Ärztebl. 88, Heft 38, 19. September 1991 (29) A-3093