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Archiv "Gastroenteritis-Ausbruch: Noroviren in Tiefkühlkost" (12.10.2012)

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A 2036 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 41

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12. Oktober 2012

GASTROENTERITIS-AUSBRUCH

Noroviren in Tiefkühlkost

Der große lebensmittelbedingte Gastroenteritis-Ausbruch ist offenbar überwunden.

Als wahrscheinlichste Ursache gilt eine Charge Tiefkühlerdbeeren.

E

s ist der mit Abstand größ- te, lebensmittelbedingte Aus- bruch von akuter Gastroenteritis, der in Deutschland bekanntgewor- den ist. In kürzester Zeit sind mehr als zehntausend Fälle von Gastro- enteritis am Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin gemeldet worden.

Bis Redaktionsschluss (8. Oktober) waren es 11 202. Der rasche An- stieg begann am 24. September. In fünf Bundesländern, Berlin, Bran- denburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, waren vor allem Kinder und Jugendliche in knapp 500 Betreuungseinrichtungen und Schulen betroffen. Sie erhielten über regionale Küchen Essen von einem gemeinsamen Unternehmen.

Inzwischen gibt es fast keine Fall- meldungen mehr.

Lebensmittelkontaminationen früh im Fokus von Studien

Die typische Symptomatik: plötzli- che Übelkeit und heftiges Erbre- chen, häufig auch Durchfälle, ab - dominale Krämpfe und Fieber. Die Symptomatik hält in der Regel zwölf bis 60 Stunden an. Bislang wurden mindestens 37 Patienten hospitalisiert. Da die betroffenen Einrichtungen bis auf wenige Aus- nahmen von einem bundesweit täti- gen Unternehmen beliefert wurden, bestand schon früh der Verdacht auf Lebensmittelkontamination. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) richtete eine Task Force aus Vertre- tern des Bundesamtes für Risiko - bewertung, des RKI und der Lan- desbehörden der betroffenen Bun- desländer ein, das RKI koordinierte Fallkontrollstudien in Sachsen, Thüringen und Berlin und E-Mail- Befragungen an Schulen und Kin- dertagesstätten.

„Eine Charge Tiefkühlerdbeeren ist sehr wahrscheinlich die Ursache des Ausbruchs“, teilten RKI und

BVL mit. Die Fallkontrollstudien hatten statistisch signifikante Zu- sammenhänge mit der Teilnahme an Gemeinschaftsessen und dem Verzehr von Erdbeerkompott erge- ben (Odds Ratio [OR] 8,2 bis 26,0 und eine OR von 11,5 für den Ver- zehr von Erdbeerkompott, das kalt geliefert und nicht nochmals erhitzt wurde). Im Verlauf des Ausbruchs wurden immer mehr Fälle von Se- kundärinfektionen bekannt, wie sie für Noroviren typisch sind. „Nach derzeitigem Kenntnisstand spricht sehr viel für Noroviren“, sagte Prof.

Dr. med. Klaus Stark, Leiter des Fachgebiets Gastroenterologische Infektionen, Zoonosen und tropi- sche Infektionen am RKI, zum Deutschen Ärzteblatt. „Das Virus wurde in einem beträchtlichen Teil der Patientenproben nachgewiesen.“

Allerdings stehe der Nachweis im Lebensmittel noch aus. Dieser sei komplex und gelinge nicht immer.

Es seien noch nicht alle Rückstell- proben mit PCR untersucht.

Noroviren sind die häufigsten Auslöser von nichtbakterieller Gast - roenteritis. Seit 2001 besteht eine gesetzliche Meldepflicht für den di- rekten Nachweis von Noroviren, bei einer Häufung von Fällen auch für den Verdacht auf die Infektion, etwa bei Personen mit Tätigkeit in Küchen von Gaststätten oder Ge- meinschaftsverpflegungen. Starke Kontagiosität mit niedriger Infekti- onsdosis, hohe Viruskonzentration in Stuhl und Erbrochenem, Fehlen einer längerfristigen Immunität und ausgeprägte Umweltresistenz des Virus gelten als Ursache, warum es vor allem in Gemeinschaftseinrich- tungen immer wieder Ausbrüche mit hohen Sekundärinfektionsraten gibt. Saisonale Erkrankungsgipfel lie- gen zwischen November und April.

„Aus der Klinik wissen wir, dass schon ein kurzer Kontakt mit In - fizierten zur Ansteckung führen

kann“, betonte Prof. Dr. med. Win- fried Kern, Leiter des Zentrums In- fektiologie an der Universitätskli- nik Freiburg und Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Infek- tiologie. „Wenn wir einen Patienten mit akuter Gastroenteritis unklarer Ursache oder im Zusammenhang mit einem Norovirus-Ausbruch sta- tionär aufnehmen, wird er im All - gemeinen isoliert, bei Indikation behandelt, und dann prüfen wir zeitnah, ob eine Weiterversorgung außerhalb der Klinik möglich ist“, sagte Kern. Es gelte, auch das Per- sonal vor Infektionen mit den hoch- ansteckenden Viren zu schützen.

Anfang Oktober hat das Insti- tut für Lebensmitteltechnologie der Hochschule Ostwestfalen-Lip- pe, Lemgo, bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie in Hamburg Da- ten vorgestellt, die die Stabilität von Noroviren bei tiefen Temperaturen bestätigen: So konnte das Einfrieren von kontaminierten Lebensmitteln bei −18 Grad Celsius für 14 Tage die Viruszahl nicht wesentlich redu- zieren. Dies gelang durch Erhitzen (200 °C für zwölf Minuten) oder Kochen (100 °C für 30 Minuten).

Immer wieder neue antigene Driftvarianten von Noroviren

Schließlich entstehen unter den drei humanpathogenen Genogrup- pen (GG I, II, IV) immer wieder neue antigene Driftvarianten, die ungewöhnlich hohe Erkrankungs - raten hervorrufen. So wird ein Aus- bruch im Herbst 2002 mit vielen Tausend Fällen auch auf die damals neue Variante GG II.4 zurückge- führt. Die Ergebnisse der Subtypi- sierungen am RKI lagen bis Redak- tionsschluss noch nicht vor.

Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze

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Informationen für Ärzte zu Diagnostik, Falldefinitionen und Therapie unter www.rki.de

M E D I Z I N R E P O R T

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