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ie in diesem Heft des Deutschen Ärzteblatts ab Seite 274 berichtet wird, hat die Arbeitsgruppe der Universitäts-Frauenklinik Erlangen erstmals in Deutschland die Retransplantation von kryokonservier- tem Ovarialgewebe bei einer Karzinompatientin vorge- nommen. Damit ist ein weiterer Fortschritt in den Bemühungen zum Fertilitätserhalt nach onkologischen Therapiemaßnahmen auch in Deutschland erreicht.Strategien zum Erhalt der Fruchtbarkeit nach Krebser- krankung sind notwendig. Die Zahl der Langzeitüberle- benden von Krebserkrankungen insbesondere in Kind- heit, Jugend und frühen Erwachsenenjahren nimmt ste- tig zu. So liegt die 5-Jahres-Überlebensrate nach Hodg- kin-Lymphomen in der Kindheit bei mehr als 90 % und bei fast 80 % für akute lymphoblastische Leukämien (1). Im Jahre 2010 wird einer von 715 Erwachsenen ei- ne Krebserkrankung in der Kindheit anamnestisch auf- weisen (2). Die guten Langzeitchancen eröffnen den Betroffenen Perspektiven für die weitere Lebenspla- nung, wozu auch der Wunsch nach einer eigenen Fami- lie zählt. Dem steht aber entgegen, dass der zytotoxische Effekt auf die Gonaden mit Sterilität geradezu eine der typischen Folgen der onkologischen Therapien ist, sei es Chemotherapie oder Radiatio.
Fertilitätserhalt im experimentellen Stadium
Erst in den letzten Jahren sind für die Frau Techniken des Fertilitätserhalts entwickelt worden, die aber noch selten über das experimentelle Stadium hinaus gereift sind. Dies liegt zum Teil auch daran, dass eine oft lan- ge Zeitspanne zwischen zytotoxischer Therapie und Familienplanung liegt und nicht immer an die Zukunft im Moment der akuten Lebensbedrohung gedacht wird. Dies wurde in Erlangen aber getan. Zwischen Gewebeentnahme und -replantation lagen zwei Jahre, um den Verlauf der Krebserkrankung beurteilen zu können.Beim Mann ist mit der Kryokonservierung von Sa- menzellen ein unkompliziertes Verfahren ohne Zeitver- zug verfügbar; dies ist bei der Frau komplexer. Man un- terscheidet heute drei grundlegende Therapiewege: me- dikamentöse Protektion, Maßnahmen der assistierten Reproduktion und operative Maßnahmen mit Gewebe- kryokonservierung zur späteren Replantation. Die me- dikamentöse Behandlung mit Agonisten des Gonadotro- pin-Freisetzungshormons kann zwar ohne Zeitverzug beginnen und ist nur wenig belastend, ihre Effektivität bleibt aber strittig (3). Maßnahmen der künstlichen Be-
fruchtung sind Standard, bedingen aber eine hormonel- le Stimulation, eine Zeitverzögerung und eine feste Partnerschaft. Einzig die Gewebeentnahme mit späterer Replantation ist von diesen Einschränkungen unabhän- gig. Gewebeentnahme und Kryokonservierung werden in Deutschland bereits häufig vorgenommen.
Nun hat die Erlanger Gruppe erstmals in Deutschland den zweiten Schritt gewagt und bei einer Karzinompati- entin die Replantation ovariellen Gewebes durchge- führt. Zumindest der Nachweis einer endokrinen Akti- vität ist gelungen. Die erste erfolgreiche Replantation hat im Jahre 2000 die New Yorker Arbeitsgruppe von Kutluk Oktay publiziert (4), die erste Geburt im Jahre 2004 in Brüssel die Gruppe von Jacques Donnez (5).
Weltweit wurde bislang über sechs Schwangerschaften nach Replantation berichtet. Die führenden Arbeits- gruppen überblicken die Kryokonservierung einiger hundert Ovarialgewebeproben.
Vorteile der Kryokonservierung
Was macht die Kryokonservierung von Ovarialgewebe im Vergleich zu den anderen Techniken so attraktiv?
Sie ist zeitlich ohne Verzug unmittelbar vor Beginn der Chemotherapie anwendbar. Sie ist unabhängig von ei- ner festen Partnerschaft. Dies ist umso wichtiger, als viele Patientinnen die Erkrankung bereits in sehr jun- gen Jahren erleiden. Auch kann die Technik der Ent- nahme, der Kryokonservierung und selbst der Replan- tation schon jetzt als ausgereift eingestuft werden. Wie auch in Erlangen, so werden meist kleine Gewebe- stücke peritoneal replantiert, entweder in ein noch vor- handenes restliches Ovarialgewebebett oder in eine peritoneale Tasche. Aber auch die Entnahme und Kryokonservierung eines gesamten Ovars ist derzeit Gegenstand der Forschung (6). Als potenzieller Nach- teil wird immer wieder die Möglichkeit der ungewoll- ten Replantation von Tumorgewebe beziehungsweise Tumorzellen vor allem bei lymphatischen Erkrankun- gen diskutiert. Die Studienlage dazu ist gering. In we- nigen Studien an entnommenem Ovarialgewebe fand man aber keinen Anhalt dafür (7, 8). Die Erlanger Pa- tientin war gut gewählt, handelte es sich doch um eine Patientin mit einem soliden, nicht systemischen und nicht hormonabhängigen Tumor.
Eine Alternative für junge Frauen ohne feste Partner- schaft könnte auch die Entnahme von Eizellen mit sich anschließender langjähriger Kryokonservierung sein.
Ein wesentlicher Nachteil besteht aber in der notwendi-
EDITORIAL
Fruchtbarkeitserhalt bei Krebspatientinnen
Vom experimentellen Stadium zur klinischen Anwendung Thomas Strowitzki
Abteilung für Gynäko- logische Endokrinologie und Fertilitätsstörungen, Frauenklinik, Universi- tätsklinikum Heidel- berg: Prof. Dr. med.
Strowitzki
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gen hormonellen Stimulation. Und selbst in den Hän- den der führenden italienischen Arbeitsgruppen braucht es zum Erzielen einer Schwangerschaft umge- rechnet mehr als 100 Eizellen (9). Das macht offen- sichtlich, dass diese Methode derzeit keine wirklich praktikable Alternative ist.
Flächendeckendes Netzwerk im Aufbau
Ziel nach diesen ersten ermutigenden Berichten zur Ovarreplantation muss es sein, flächendeckend ein An- gebot für fertilitätserhaltende Maßnahmen zu etablie- ren, um heute bereits den Patientinnen das Morgen zu ermöglichen. Europaweit einmalig wird dies in Deutsch- land durch das Netzwerk Fertiprotekt ermöglicht, das von den Abteilungen für Gynäkologische Endokrino- logie und Reproduktionsmedizin der Universitäten Heidelberg und Bonn koordiniert wird und in dem sich 100 Zentren bundesweit zusammengeschlossen haben.Das letzte Treffen hat vor kurzem in Erlangen statt- gefunden. Nähere Angaben finden sich auf der Homepage www.fertiprotekt.de.
Bei aller Euphorie darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Erfolgsaussichten aller denkbaren Me- thoden derzeit noch sehr limitiert sind. Dennoch kann nur die Durchführung dieser Maßnahmen bereits heute die Patientinnen in die Lage versetzen, von möglichen medizinischen Fortschritten in den nächsten Jahren zu profitieren.
Interessenkonflikt
Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des Inter- national Committee of Medical Journal Editors besteht.
Manuskriptdaten
eingereicht: 26. 2. 2008; revidierte Fassung angenommen: 27. 2. 2008
LITERATUR
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Anschrift des Verfassers Prof. Dr. med. Thomas Strowitzki
Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Fertilitätsstörungen Frauenklinik, Universitätsklinikum Heidelberg
Vossstraße 9 69115 Heidelberg
E-Mail: thomas_strowitzki@med.uni-heidelberg.de P
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FFrroomm EExxppeerriimmeenntt ttoo EEvveerryyddaayy CClliinniiccaall PPrraaccttiiccee Dtsch Arztebl 2008; 105(15): 272–3 DOI: 10.3238/arztebl.2008.0272
The English version of this article is available online:
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