DEUTSCHES ltß.ZTEBLATT
Selten hat es so viele Publikationen über ein Schriftstück ge- geben, ehe dies überhaupt den Adressaten vorlag: Gemeint ist die vom Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen erar- beitete Preisvergleichsliste
,die derzeit im Druck ist. Ihr Ver- sand an die Kassenärzte in der Bundesrepubl
ik steht kurz be-vor. Erst dann kann der einzelne Arzt sich ein eigenes Bild von der Liste machen
, die seiner Information dient- jetzt erstmalsauch über Kombinationspräparate
, nachdem frühere Preisver-gleichslisten nur Monopräparate behandelt haben. Versuche Interessierter, das Erscheinen der Liste pergerichtlicher An- ordnung zu verhindern
, sind bis jetzt gescheitert. Zu diesemThemenkomplex der nachstehende Kommentar aus der Rechtsabteilung der Kassenärztl
ichen Bundesvereinigung.N
achdem das Sozialgericht Köln aufgrund mündlicher Verhandlung am 5. Novem- ber 1986 zwei Anträge auf einst- weilige Anordnung gegen die Preisvergleichsliste des Bundes- ausschusses der Ärzte und Kran- kenkassen abgewiesen hat, ist (vorbehaltlich einer Überprü- fung der Rechtsgrundlagen im Hauptsacheverfahren) zunächst davon auszugehen, daß die Preisvergleichsliste rechtmäßig ist und daher an die Kassenärzte verteilt werden kann. Dies gilt auch und insbesondere für die in der Preisvergleichsliste erstmals vorgenommene Gruppeneintei- lung A, B, C, mit der eine Bewer- tung der Arzneimittel, bezogen auf die jeweilige Therapiebreite im lndikationsgebiet, verbunden ist, welche die besondere Kritik der pharmazeutischen Industrie hervorgerufen hat.Das Sozialgericht Köln ging bei seinen Entscheidungen davon
aus, daß ein Arzneimittelherstel-
ler keinen Rechtsanspruch dar- auf hat, daß ihm die. rechtlichen oder wirtschaftlichen Vorteile er- halten bleiben, die er bei der Entwicklung seines Medikamen- tes zunächst angetroffen hat.
Der Arzneimittelhersteller muß vielmehr hinnehmen, daß sich die "Umweltbedingungen" für die Absatzchancen seines Arz- neimittels zum Beispiel dadurch ändern, daß dieses Arzneimittel mit anderen verglichen wird.
Preisvergleich rechtlich
abgesichert
~ Dabei ist nach Auffassung des Gerichtes ein solcher Preisver- gleich nur sinnvoll, wenn auch der therapeutische Nutzen, die Wirksamkeit und der medizi- nisch-pharmakologische Effekt beurteilt werden; dabei I iege es in der Natur solcher wissen- schaftlicher Beurteilung, daß un- terschiedliche Wertungen vertre- ten werden. Soweit keine sach- tremden Erwägungen die Beur- teilung beeinflussen, das Beur- teilungssystem sachgerecht und auf das einzelne Medikament ordnungsgemäß angewandt ist, gehören solche gleichwohl un- terschiedlichen Bewertungser-
liTAT
Weichenstellung
"Durch die Preisvergleichsliste
des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen wird den Ärzten jetzt eine entschei- dende Hilfe für eine wirtschaft- liche Verordnungsweise an die Hand gegeben - ohne daß in
3352 (26) Heft 48 vom 26. November 1986 83. Jahrgang Ausgabe A
DER KOMMENTAR
gebnisse zu jenen Umweltbedin- gungen, die ein Arzneimittelher- steller hinnehmen muß.
Die aus dieser Rechtsprechung hervorgehende Zulässigkeit ei- nes bewertenden Preisverglei- ches schließt nicht aus, daß im Rahmen der weiteren Entwick- lung der Preisvergleichsliste Än- derungen an deren Inhalt vorge- nommen werden und auch die Zuordnung einzelner Arzneimit- tel oder Arzneimittelgruppen in die genannte Gruppeneinteilung geändert wird. Der Bundesaus- schuß hat insoweit bei der ab- schließenden Beschlußfassung der Preisvergleichsliste aus- drücklich erklärt, daß die Inhalte der Preisvergleichsliste, die halbjährig neu erscheint, lau- fend überprüft und dem Stand der medizinischen Entwicklung angepaßt würden. Dabei wird entsprechend der Novaliierung des Arzneimittelgesetzes auch eine Koordinierung mit der Transparenzkommission und der von ihr zu erstellenden Transparenzliste erfolgen.
~ Die Preisvergleichsliste dient ausschließlich der Information des Arztes über die für ihn in der kassenärztlichen Versorgung verfügbaren Arzneimittel. Die Gruppeneinteilung führt daher nicht zur Einschränkung der Verordnungsfähigkeit im Sinne einer Positivliste oder Negativli- ste. Durch diese Gruppeneintei- lung und durch die jeweiligen Vorspanntexte soll jedoch das Problembewußtsein des Arztes bei der Auswahl des im Einzelfall sachgerechten Arzneimittels ge-
stärkt werden. RA
die Therapiefreiheit des einzel- nen Arztes eingegriffen wird.
Mit diesen Weichenstellungen hat die Selbstverwaltung in der ambulanten Versorgung einmal mehr ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt"
Bundesarbeitsminister Dr. Norbert Blüm