Gesundheitspolitik
Regierung unter Beschuss
Die CDU wirft Rot-Grün Konzeptlosigkeit vor.
K
napp eine Woche nachdem Bundesgesundheitsministe- rin Ulla Schmidt ein Defi- zit der Gesetzlichen Kran- kenversicherung von rund 2,8 Milliarden Euro bekannt gab, warfen CDU und FDP der Regierung Versagen vor. Die Politik der Ministerin habe keinen roten Faden und sei„beratungsresistent“ gegen- über den Fachleuten des Ge- sundheitsministeriums, kriti- sierte CDU-Gesundheitsex- pertin Sabine Bergmann-Pohl in einer aktuellen Stunde des Bundestages. Wolfgang Loh- mann (CDU) charakterisier-
te die rot-grüne Gesundheits- politik als „Herumdoktorei an Symptomen“. Für diese Kon- zeptlosigkeit sei allein die Ge- sundheitsministerin verant- wortlich. Der FDP-Gesund- heitspolitiker Dieter Thomae prognostizierte das Scheitern des Arzneimittelausgaben-Be- grenzungsgesetzes.
Redner der SPD verwiesen auf Fehler von Union und FDP in deren Regierungszeit.
Beim Kassendefizit und der Beitragsentwicklung „waren wir allemal besser“, verteidig- te sich Ministerin Schmidt.
Erst die rot-grüne-Regierung habe den West-Ost-Aus- gleich zwischen den Kassen realisiert und es den ostdeut- schen Kassen ermöglicht, sich zu entschulden. Eike Hover- mann (SPD) sagte, eine wirk- liche Reform im Gesund- heitswesen brauche die Mit- wirkung von Regierung, Op- position und Ländern, keine
„Kultur der Beschimpfung“.
F
ünf bis sieben Prozent der Zweit- und Drittklässler sind Legastheniker. Wird die Störung nicht erkannt, führt dies zu großen Belastungen der Kinder, Eltern und Leh- rer, warnt die Vizepräsidentin der Ärztekammer Schleswig-Holstein, Dr. med. Hannelo- re Machnik. Schlechte schuli- sche Leistungen, Versagens- angst, soziale Auffälligkeiten und depressive Verstimmun- gen seien die Folgen. Spä- ter drohten, häufiger als bei
Nichtbetroffenen, Arbeitslo- sigkeit oder Abgleiten in die Straffälligkeit. Hausärzte und Pädiater sollten besonders wachsam sein, wenn Schüler über Kopf-, Bauchschmerzen oder Übelkeit klagen, obwohl sich keine körperliche Ursa-
che finde. Dann müsse eine psychologische Diagnostik er- folgen. Der Arbeitskreis Früh- förderung der Ärztekammer Schleswig-Holstein biete da- zu regelmäßig Fortbildungs- veranstaltungen an.
D
as Projekt „S.I.G.N.A.L. – Hilfe für Frauen im Uni- versitätsklinikum Benjamin Franklin“ feierte Ende Febru- ar sein zweijähriges Bestehen.Als erstes deutsches Kranken- haus erprobt das Klinikum Benjamin Franklin der Freien Universität Berlin ein Inter- ventionskonzept, um Frauen zu helfen, die Opfer häuslicher
Gewalt wurden. Dazu werden Ärzte, Pflegekräfte und ande- res Fachpersonal fortgebildet und auf einen aktiven Umgang mit der Problematik vorberei- tet. Die Opfer werden infor- miert, ihre Symptome und Be- schwerden gerichtsverwertbar dokumentiert.
Seit dem Start des Modellprojekts, das der Arbeiter-Sama- riter-Bund und das Bundesfamilienmini- sterium finanziell un- terstützen, im März 2000 sind mehrere Hundert Pflegefach- kräfte geschult wor- den. Sie haben nach eigenen Angaben ei- nen offeneren Um- gang mit den Op- fern, sie fühlen sich sicherer und können angstfreier, aber auch distanzierter mit dem Thema umgehen. Aufgrund des großen Interesses soll zur Ausweitung des Projektes an weiteren Krankenhäusern ein Netzwerk gegründet wer- den.
Nach Angaben des Statisti- schen Bundesamtes sind jähr- lich vier Millionen Frauen in Deutschland mit häuslicher Gewalt konfrontiert.
Apothekengesetz
Neuregelung
Der Bundesrat will das Apothekengesetz ändern.
D
ie vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung des Apo- thekengesetzes (Drucksache 14/756) traf bei den Sach- verständigen einer öffentlichen Anhörung des Bundes- tags-Gesundheitsausschusses auf unterschiedliche Reak- tionen. Dem Hearing vorausgegangen sind Pläne der Län- derkammer, die Versorgung von Krankenhausambulanzen durch Krankenhausapotheken neu zu regeln. Der Grund:Durch die Einführung der zweiten Stufe der Pflegeversi- cherung werden zahlreiche Krankenhausbetten in sta- tionäre Pflegebetten umgewandelt. Sie fallen damit aus der Versorgung nach dem Apothekengesetz heraus.
Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände beklagte, dass der Gesetzentwurf eine systemwidrige Arz- neimittelabgabe aus der Krankenhausapotheke unmittel- bar vor Wochenenden und Feiertagen vorsehe. Weiter spricht sich der Verband dagegen aus, Impfstoffe generell aus der Apothekerpflicht zu entlassen.
A K T U E L L
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A748 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 12½½½½22. März 2002
Rund vier Millionen Frauen werden jährlich Opfer häuslicher Gewalt. Foto: dpa
Wird Legasthenie nicht erkannt, führt dies zu großen Bela- stungen für die Kin- der.
Häusliche Gewalt
S.I.G.N.A.L. – Hilfe für Frauen
Modellprojekt an der Freien Universität Berlin
Foto: BilderBox