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Archiv "Tumormarker: Prinzipien und Klinik" (13.04.1989)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Unter dem heute erweiterten Begriff von Tumormarkem neh- men die im Serum zirkulierenden eine zentrale Stellung ein, Ihre klinische Bedeutung liegt vorwiegend in ihrer Funktion als nichtinvasive zusätzliche Hilfsparameter in der ärztlichen Nachsorge von Tumorpatienten, während ihr Beitrag für die Diagnose, Prognose und Überwachung von Risikogruppen eher gering und nur auf wenige Marker beschränkt ist.

Rolf Lamerz

Tumormarker

Prinzipien und Klinik

Begriffsbestimmung

IN

Tumormarker(TM) im weite- sten Sinne sind definierte nachweis- oder meßbare Substanzen, die in si- gnifikanter Weise auf einen Tumor hinweisen oder zu seiner Entdek- kung, Spezifizierung, Messung seiner Ausbreitung und der Therapie-Res- ponse beizutragen vermögen. Dazu zählen heute (64) morphologisch gut definierte Marker zur Organdiffe- renzierung, Hilfsmarker zur immun- histologischen Zuordnung gering dif- ferenzierter Tumoren, Oberflächen- marker hämatologischer Malignome, biologische Marker genetischer An- omalien und vor allem im Serum oder anderen Körperflüssigkeiten zirkulierende Tumormarker. Bei die- sen handelt es sich um Substanzen von Protein-, Lipid- oder Kohlen- hydratcharakter, die in oder auf Tu- morzellen vorkommen oder in ihrer Umgebung induziert werden und die in hohem Maße mit der Entstehung, dem Wachstum und der therapiebe- dingten Verkleinerung eines Tumors korrelieren. Trotz ihrer zum Teil hochspezifischen radio- oder enzym- immunologischen Erfassung sind alle heute klinisch etablierten Tumor- marker jedoch nicht als tumorspezi- fische, sondern allenfalls als tumor- assoziierte Substanzen anzusehen, die ihrer Herkunft nach zum Beispiel monoklonale Immunglobuline (Pa- raproteine), Vorstufen normaler An-

tigene wie zum Beispiel Blutgrup- pensubstanz-Derivate (CA 19-9), Hormone (HCG), Enzyme (PAP, PSA, NSE), karzinofetale Antigene (AFP, CEA) und hybridomdefinier- te Antigene (CA 125, CA 15-3) dar- stellen.

I Indikation

zur Tumormarker- Bestimmung

Bezüglich Diagnose eignen sich alle heute etablierten Tumormarker wegen mangelnder Sensitivität und Spezifität nicht zum Screening asymptomatischer Patienten (21), al- lenfalls als Hilfsparameter bei der Überwachung von Risiko-Gruppen wie etwa von Verwandten von Pa- tienten mit C-Zellkarzinom der Schilddrüse beziehungsweise MEN II (Calcitonin) und von Leberzir- rhose-Patienten auf Entstehung ei- nes primären Leberzellkarzinoms (AFP).

Zur Tumorlokalisation sind alle zirkulierenden Tumormarker wegen fehlender Tumororganspezifität bis auf die prostata-spezifische saure Phosphatase (PAP), das prostataspe-

Medizinische Klinik II (Direktor:

Professor Dr. med. Gustav Paumgartner), Klinikum Großhadem der Ludwig- Maximilians-Universität München

zifische Antigen (PSA) und das Thy- reoglobulin (TG) unbrauchbar. Dies ist jedoch die Domäne der Immun- szintigraphie (24) wie zum Beispiel bei CEA-, CA-19-9-, CA-125-Mar- keranstieg im Serum ohne Tumor- nachweis mit herkömmlichen Me- thoden. Auch für Staging oder Pro- gnose sind nur wenige Tumormarker (zum Beispiel CEA beim kolorekta- len Karzinom, AFP und HCG bei Keimzelltumoren) mit gewissen Ein- schränkungen verwendbar.

Die Hauptindikation aller eta- blierten Tumormarker ist die Thera- pieverlaufskontrolle nach Operation oder unter Radio-, Chemo- und Hor- montherapie. Hier können Tumor- marker bei kritischer Anwendung in bis zu 50 Prozent der Fälle mit einer Vorzeitigkeit von ein bis sechs Mo- naten früher als andere diagnosti- sche, teils invasive Verfahren auf ei- ne Anderung des Tumorverhaltens hinweisen.

Grundsätzlich sind Tumormar- ker-Verlaufsbestimmungen einer Einzel-Bestimmung an Validität überlegen, da sie durch Erfassung ei- ner Tumormarker-Kinetik einen un- behandelten progredienten Tumor (stetiger oft exponentieller Tumor- marker-Konzentrationsanstieg) bes- ser gegen eine benigne Erkrankung (selten transitorisch erhöhte oder konstant pathologische Werte im niedrig-pathologischen Bereich) ab- zugrenzen vermögen.

A-1034 (42) Dt. Ärztebl. 86, Heft 15, 13. April 1989

(2)

HNO : SCC

Lunge : CEA, NSE, SCC, TPA

Oesoph.:

SCC, CEA

Pankreas :

CA 19-9 Gallenblase :

CA 19-9

Dickdarm : CEA, CA 19-9

9 Ovar :

CA 125, HCG, AFP Leber : AFP,

Prostata : PAP/PSA

Schilddrüse : hCT, NSE,Tg

9

Brust :

CEA + CA 15-3

Magen :

CEA + CA 19-9

Cervix : SCC

d Hoden : AFP, HCG

❑ TPA ❑ HCG PAP/PSA

❑ CEA

C A-12 5

SCC

❑ AFP

E

CA-15.3

hCT

CA 19-9 NSE/Horm.

Tg

Abbildung 1: Klinisch etablierte Tumormarker und ihre Tumororganzuordnung. SCC = squamous cell carcinoma antigen; CEA (carcinoembryonales Antigen); NSE = neuronen- spezifische Enolase; TPA = tissue polypeptide antigen; hCT = humanes Calcitonin; Tg = Thyreoglobulin; AFP = Alpha-Fetoprotein; HCG = humanes Choriongonadotropin; PAP = prostatic acid phosphatase; PSA = prostata-spezifisches Antigen; HNO = Tumoren im HNO-Bereich

Im klinischen Verlauf spricht ein Tumormarker-Spiegelabfall zur Norm innerhalb von vier bis acht Wochen in Abhängigkeit von der Halbwertzeit des Tumormarkers (zum Beispiel AFP vier bis fünf Ta- ge, HCG 24 bis 36 Stunden), vor al- lem nach Operation für eine voll- ständige Tumorentfernung, während eine Tumormarker-Spiegel-Persi- stenz oder sogar ein weiterer Anstieg auf einen Residualtumor oder eine Metastasierung hinweisen. Von be- sonderer Bedeutung ist ein Tumormarker-Spiegel-Wiederan- stieg nach erfolgter Normalisierung bei vermeintlich kurativer Operation (z. B. Kolonkarzinom-Operation) als dringender Verdacht auf ein Rezidiv oder eine Metastasierung (69).

Die im Rahmen von Nachsor- geprogrammen bundesdeutscher Tu- morzentren empfohlenen Tumor- marker-Spiegelkontrollen sollten bei postoperativ kontrollierten Patien- ten im 1. und 2. Jahr häufiger (etwa vierteljährlich), später nur noch halbjährlich bis zum 5. postoperati- ven Jahr durchgeführt werden. Wei- tere Indikationen können sein ein Tumormarker-Ausgangswert vor größeren Therapiemaßnahmen so- wie eine Kontrolle vor Therapie- wechsel, bei erneutem Staging und bei unklarer Anderung im klinischen Bild.

Neben der Zuverlässigkeit und Reproduzierbarkeit eines verbreite- ten standardisierten und kommer- ziell erhältlichen Tumormarker-Te- stes spielen für den Einsatz das Wis- sen um seine Sensitivität (S: bei aus- gebildeter Erkrankung mindestens >

50 Prozent) und Spezifität (Sp: bei Normalpersonen meist 95 Prozent, bei Personen mit benignen Erkran- kungen oft deutlich niedriger) eine

wichtige Rolle (91). Bei Verlaufsbe- stimmungen sind zur Vermeidung von unspezifischen Tumormarker- Spiegelschwankungen neben Intra- (< 5 Prozent) und Inter-Assay-Va- riation (< 15 Prozent) eines Tests die Verwendung immer des gleichen Tests (Hersteller-Angabe mit dem Ergebnis!) im gleichen Labor sowie eventuell mit einer Vor-Serumkon- trolle des Patienten empfehlenswert.

Auch ist zu beachten, daß die Höhe

des Tumormarker-Spiegels eine Summe darstellt nicht nur aus Tu- mormasse und -ausbreitung, sondern aus Tumormarker-Expression, -Syn- these, -Freisetzung, -Katabolismus und der Tumorblutversorgung. Fer- ner können verlaufsunabhängige Spiegeländerungen bei Störungen des Katabolismus (Leber) sowie aku- ter Therapieeinwirkung und präfinal auftreten und müssen differential- diagnostisch berücksichtigt werden.

I Häufigkeit

von Tumormarker- Bestimmungen

I Qualifikation

von Tumormarkern

Dt. Ärztebl. 86, Heft 15, 13. April 1989 (45) A-1037

(3)

Tabelle 1: Klinisch relevante und kommerziell verfügbare Tumormar- ker und ihre Empfehlung zum Einsatz bei einigen soliden Tumoren.

+ + + = Marker der ersten Wahl; + + = Marker empfehlenswert (eventuell Zweitmarker oder in Kombination mit einem zweiten Mar- ker); + = Markereinsatz möglich

Tumor HNO Thyr

Lunge + + Mamma + + + Pankreas + + Leber

Gallenw.

Magen + + Kolon + + + Uterus

Hoden Prostata Blasen C-Zell

Ovar Chorion

Marker CEA TPA CA- CA- CA- SCC PAP/ AFP HCG HCT/ TG

15-3 19-9 125 PSA NSE

++

++ ++

++ +++

++

++

+++

++ ++

++ +++

+++

+++

+++

+++

+++

+++

+++

+++

+++

+++

+++

Tabelle 2: Einsatz und Häufig- keit von Tumormarker-Bestim- mungen

Vorsorge

- nicht bei asymptomatischen Patienten

- bei symptomatischen Patien- ten

- Überwachung von Risiko- gruppen

Nachsorge

- innerhalb von Nachsorge- Programmen (zum Beispiel vierteljährlich)

- postoperativ nach kurativer Resektion

- vor größeren Therapiemaß- nahmen

- vor Therapiewechsel - bei erneutem Staging - bei unklarer Änderung im

klinischen Bild

I Einsatz einzelner etablierter

Tumormarker

Aus der Vielzahl der beschrie- benen und ohne noch in Evaluierung stehende neue Marker wird im fol- genden nur auf einige der klinisch bedeutsamen Marker hingewiesen, die heute aufgrund verschiedener Kriterien und erhobener klinischer Daten als etabliert gelten (Abbildung 1, Tabelle 1) (79).

Das karzinoembryonale Antigen (CEA) (MG 200000, Konzentration im Serum meist bei 3 ng/ml) (45, 53, 59) wird mit relativ hoher Sensitivität (Sammelstatistik) beim kolorektalen (71 Prozent), Magen- (45 Prozent) (89, 98), Mamma- (54 Prozent; Abbil- dung 2) (12, 50, 54, 99, 102) und Bronchialkarzinom (74 Prozent) (102) im Serum nachgewiesen. Für das kolorektale Karzinom (Abbildung 3) (56, 69, 76, 94) stellt CEA den Marker der ersten Wahl mit einer deutlichen Korrelation zum Tumor- stadium (Dukes A, B, C, D: 15 Pro- zent, 40 Prozent, 60 Prozent, 80 Pro- zent) und des prätherapeutischen CEA-Serumspiegels zum postopera- tiven rezidivfreien Intervall und zur Überlebenszeit dar (10, 47). Außer-

dem weist der CEA-Test bei der Überwachung vermeintlich kurativ operierter Patienten (70, 75, 82, 93) eine höhere Sensitivität als CT, So- nogramm und Endoskopie auf (73).

Ferner wird CEA als zusätzlicher Marker beim Magen- (mit CA 19-9, S = 30 Prozent, zusammen 40 bis 60 Prozent) und Mammakarzinom (zu- sammen mit CA 15-3) empfohlen.

Alpha-Fetoprotein (AFP) (MG 68000, Normbereich bis 10 IU/ml) (52, 60) stellt nach Berücksichtigung von gelegentlichen transitorischen Erhöhungen bei benignen Leberer- krankungen (55, 57) und neben Er- höhungen bei insgesamt 20 Prozent von gastrointestinalen Tumoren und Bronchialkarzinom meist im Zusam- menhang mit Lebermetastasierung (57) immer noch den Marker der er- sten Wahl beim primären Leberzell- karzinom (S = 85%) und neben HCG den zweiten wichtigen Marker bei Keimzelltumoren dar. Beim stets AFP-negativen cholangiozellulären Karzinom sind CA 19-9, beim sekun- dären Leberbefall CEA Marker der ersten Wahl.

Choriongonadotropin: Die wich- tigere Bedeutung von AFP liegt zu- sammen mit dem in trophoblasti- schen Strukturen und synzytiotro- phoblastären Riesenzellen gebilde- ten Choriongonadotropin (HCG, MG 39000, Normalwert bis fünf bis zehn mU/ml) (66, 67) in der Überwa- chung von Keimzelltumoren des Ho- dens und Ovars.

Entsprechend der Ausdehnung der Erkrankung und der oft unter- schiedlichen Tumorzusammenset- zung sind bei Hodentumoren ein rei- nes Chorionkarzinom immer HCG- positiv und AFP-negativ, ein endo- dermaler Sinustumor immer AFP- positiv und HCG-negativ, ein reines Seminom immer AFP-negativ und in sieben bis 14 Prozent HCG-positiv und gemischtzellige (MTU, MTI) so- wie Kombinationstumoren je nach Stadium in 25 Prozent bis 55 Prozent für HCG und 48 Prozent bis 61 Pro- zent für AFP beziehungsweise zu- sammen in 54 Prozent bis 78 Prozent positiv (15, 81). Im Gegensatz zu der nach Operation konkordanten Ver- minderung oder Normalisierung bei- A-1038 (46) Dt. Ärztebl. 86, Heft 15, 13. April 1989

(4)

PD PR PD PD

PD PR

Tumormarker- Konzentration

900

Patientin, 39 J., Mamma-Ca/OP 7/18 (T2N1MO)

Bestrahlung Knochen/Rö.Kastration •

•■• ■■ CEA Len mem • TPA un ,C)■ ■ CA1. U/ml

Bestrahlung Knochen

87 Multiple Met (45)

Leber-Met. (109) KNO/LU-Met. (23)

LN/Perlt-Met (25)

Dukes D (18)

Dukes C (43)

Dukes B (38)

Dukes A (24)

koloreMales CA Su (3285)

10 20 30 40 50 60 70 90

Prozentsalz erhöhter CEA-Serumwerte

>13W (3; 10 ng/m1)

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000

7/80 Tage nach Kontrollbeginn 7/86

Abbildung 2: Tumormarker-Verlauf von CEA, TPA und CA 15-3 bei einer 39jähigen Patientin mit metastasierendem Mammakarzinom (Kontrollbeginn 2 Jahre nach Operation). PD = Progression, PR = partielle Remission, CT = Chemotherapie

Abbildung 3: Diagnostische Sensitivität in Prozent von CEA beim kolorektalen Karzinom im Gesamtkollektiv ( = Su, Sammelstatistik) und in Abhängigkeit vom Stadium (Dukes-Klassifikation Stadium A-D, eigene Fälle, Anzahl in Klammem, Grenzwert 3 ng/ml) und beim metastasierenden Karzinom von der Metastasenlokalisation (eigene Fälle, Anzahl in Klammem, Grenzwert 10 ng/ml). Met. - Metastasen, KNO = Knochen, LU = Lunge, LN = Lymphknoten, PERIT = Peritonealkarzinose

der Marker ist unter zytostatischer Therapie eine Therapie-Antwort nur einer Zellart mit entsprechend dis- kordantem Tumormarker-Verlauf von AFP und HCG möglich (Abbil- dung 4).

PAP und PSA: Der für das Pro- statakarzinom beschriebene Marker der sauren Prostata-Phosphatase (PAP; MG 100000; obere Normgren- ze bei 2-2,5 ng/ml) (31, 39) kann heute radio- und enzymimmunolo- gisch bestimmt werden (sammelstati- stische Sensitivität = 20, 44, 44, 64 Prozent für die Stadien A-D). Eine Verbesserung in der Diagnostik wur- de durch das prostata-spezifische Antigen (PSA, MG 34000; obere Normgrenze bei 2 ng/ml) erreicht, dessen Sensitivität (S = 73 Prozent;

7 Prozent intra-, 59 Prozent extra- kapsulär, 27 Prozent Remission, 93 Prozent Progression) und Spezifität dem der PAP mindestens ebenbürtig ist (96, 104). Im Vergleich (86, 90) scheint das PSA in seiner Spezifität (57 Prozent! Deshalb empfohlene Grenzwert-Erhöhung auf zehn bis zwölf ng/ml) durch die benigne Pro- statahypertrophie (BPH) stärker be- einträchtigt als die PAP (80 Pro- zent), in ihrem Verhalten im Verlauf bei Patienten mit Prostatakarzinom jedoch signifikanter, schneller und

stärker zu reagieren als die PAP.

Die neuronen-spezifische Enola- se (NSE) oder y-Enolase (MG um 100000, Normalbereich bis 12,5 ng/

ml) hat ihre klinische Einsatzindika- tion neben dem Neuroblastom (S = 62 Prozent) (104) und gelegentlichen Erhöhungen bei APUDomen (34 Prozent) (5, 20) sowie dem Vorkom- men beim metastasierenden Semi- nom (S = 73 Prozent) (51) vor allem beim kleinzelligen Bronchialkarzi- nom (BC, 73 Prozent) (11, 23, 37, 92), während Erhöhungen bei beni- gnen Erkrankungen im Mittel nur bei 14 Prozent und ferner in einem Fünftel von anderen Malignomen anzutreffen sind (33).

CA 19-9, ein Hapten der menschlichen Lewis-a-Blutgruppen- determinante (Sialylderivat der Lac- to-N-Fukopentaose II; Normgrenze i. S. bei 30 bis 40 U/ml) (48, 61, 83), zeigt erhöhte Werte im Serum bei Patienten mit Pankreas- (82 Pro- zent) (4, 16, 17, 30, 98), Leber- (37 Prozent) (42), Gallenwegs- (67 Pro- zent), Magen- (43 Prozent) (32, 84) und kolorektalen Karzinomen (38 Prozent) (94). Im Sensitivitäts-Spezi- fitäts-Diagramm (58) ist das Diskri- minanzvermögen bei malignen/be- nignen Lebererkrankungen fehlend, für Gallenwegskarzinome stark ein- geschränkt und für Magenkarzinome (S = 32 Prozent, Sp = 92 Prozent) noch tolerabel bei guter bis sehr gu- ter Unterscheidungsfähigkeit für ko- lorektale (S = 76 Prozent, Sp = 95 Prozent) und Pankreaskarzinome (S

= 81 Prozent, Sp = 94 Prozent; p <

0,001). In dieser Reaktionsfähigkeit

scheint der Tumormarker CA 50, der eine nichtfukosylierte Vorstufe von CA 19-9 darstellt, ähnlich zu sein (8, 18, 26, 29, 34). Damit ist CA 19-9 (CA 50) Marker der ersten Wahl beim Pankreaskarzinom, der zweiten Wahl beim kolorektalen Karzinom (nach CEA) und wegen komplemen- tärer Befunde (additive S = 40 bis 60 Prozent) zusammen mit CEA beim Magenkarzinom zu empfehlen.

CA 125: Der zweite hybridom- definierte Tumormarker CA 125 (MG > 200000, oberer Normgrenz- wert bei 35/65 U/ml) kommt als Dif- ferenzierungs-Antigen aus Zölom- epithel-Derivaten in verschiedenen histologischen Typen des serösen Ovarialkarzinoms sowie auch im nor- malen Oberflächenepithel des weib- lichen Genitaltrakts vor (14, 62). Als zirkulierendes Antigen kann es im Serum mit einer hohen Sensitivität (> 35 U/m» von 89 Prozent bei serö- sen Ovarialkarzinomen (1, 7, 22, 46, 63) und mit geringeren Positivitäts- raten (20 bis 35 Prozent) auch bei anderen gynäkologischen Tumoren sowie beim Pankreaskarzinom (S = 62 Prozent) (28) und wesentlich sel- tener bei anderen Tumoren und be- nignen Erkrankungen (27, 44, 72, 74, 100) gemessen werden. Bei besserer Abgrenzung gegenüber benignen gy- näkologischen Erkrankungen (> 65 U/ml) ergibt sich ein Anstieg der Sensitivität von 54 Prozent (Stadium I + II) auf 80 Prozent (Stadium III A-1040 (48) Dt. Ärztebi. 86, Heft 15, 13. April 1989

(5)

70 80

10 20 30 40 50 60

Prozentsatz erhöhter SCC-Serumwerte

> GW (2-2,5 ngänl)

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600

12/B3 Zeit (Tage)

1800 2000 9/88 AFP/HCG-Konzentration I. S.

1U;m1,1 1000

■••■■- AF /

C)■■■ HGO IUII Normgröße

10

. &oo-d &ixt o- —0.• •■■

Patient, männlich, 27 Jahre, Hoclentumor (MTU)

100- 4xCT

Ösophague-CA

HNO-Karzinome

PL-Epithel-BC (EXT)

PL-Epithel-BC (LIM)

Zervix-CA NED

Zenrix-CA

Vulva-CA

Corpus-CA

Benigne Erkrankungen

Abbildung 4: Verlaufskontrolle von AFP und HCG im Serum eines Patienten mit Hodentumor (MTU nach Pugh) mit diskordantem HCG-positiven Markerverlauf nach Primärtherapie. Semicastr. = einseitige Orchiektomie, RLA = retroperitoneale Lymphadenekto- mie; SLOP = second-look-Operation mit Metastasen-Entfemung;

4 x CT = vier Chemotherapie-Zyklen

Abbildung 5: Diagnostische Sensitivität in Prozent von SCC bei ver- schiedenen malignen Erkrankungen im Vergleich zu benignen Er- krankungen (Sammelstatistik). PL-EPITHEL-BC = Plattenepithel- karzinom der Lunge; EXT = extensive, LIM = limited disease;

NED = kein Tumoranhalt

+ IV), in Abhängigkeit von der Tu- morgröße von 24 Prozent 2 cm 0) mit einer niedrigen Rate bei feh- lendem Tumor (NED, 1 Prozent) und in Remission (14 Prozent) sowie hohen Raten von 74 Prozent bezie- hungsweise 79 Prozent beim Rezidiv oder unter Progression (Bundes- deutsche Gynäkologische Tumor- markergruppe GTMG) (38), jedoch kein Ersatz für die Second-Look- Operations-Indikation (43, 72, 80, 87).

CA 15-3: Der dritte hybridom- definierte etablierte Tumormarker ist CA 15-3 (MG zwischen 300 und 400 kD; obere Normgrenze bei 30 U/

ml), das als ein im Serum zirkulie- rendes Muzin-Glykoprotein mit ei- ner sammelstatistisch hohen Sensiti- vität von 50 bis 80 Prozent bei Pa- tienten mit Mammakarzinom (Abbil- dung 2), um 50 Prozent beim Ova- rialkarzinom und niedrigeren Wer- ten bei anderen Tumoren gemessen werden kann. Gegenüber benignen Mamma-Erkrankungen (S = 7 Pro- zent) und Werten um 20 Prozent bei Patientinnen vor Operation liegen im Vergleich höhere Werte von 65 Prozent bei metastasierendem Mam- makarzinom und im Verlauf typisch niedrige Werte von 7 Prozent ohne Tumornachweis, 37 Prozent in der Remission, 59 Prozent bei No Chan- ge und 77 Prozent bei Progression vor (GTMG) (49).

Nach vergleichenden TM-Be- stimmungen (96) sollte der gemein-

same Einsatz von CA 15-3 und CEA mit einer additiven Sensitivität um 40 Prozent für das präoperative und um 80 Prozent für das metastasieren- de Mammakarzinom bei einer Spezi- fität um 85 Prozent vorgezogen wer- den.

Beim Tissue Polypeptide Anti- gen (TPA) handelt es sich um ein partiell mit Keratin identisches Anti- gen (Zytokeratin 8, 18, 19; MG 43000, Normgrenze bei 80 bis 120 U/l) (3, 6, 77), das im Serum trotz deutlich reduzierter Spezifität bis unter 70 Prozent bei entzündlichen Erkrankungen (Leber, Lunge, Uro- genitaltrakt) (65) mit einer relativen Indikation beim Mamma- (Abbildung 2), Bronchial-, Uterus- und Blasen- karzinom (6, 9, 36, 78, 88) nachge- wiesen werden kann.

Das SCC-Antigen (TA-4; squa- mous cell carzinoma antigen; MG 48000; obere Normgrenze bei 2 ng/

ml) (41) ist ein Glykoprotein, das als zirkulierendes Antigen im Serum von Patienten mit Plattenepithelkar- zinom der Zervix (S = 70 Prozent) (13, 40, 71), des Osophagus (S = 39 Prozent), beim Hals-Nacken-Karzi- nom (S = 45 Prozent) (19) und beim Plattenepithelkarzinom der Lunge (S = 60 Prozent; 22 Prozent limited, 73 Prozent extensive disease) (19) mit relativ guter Unterscheidung ge- genüber benignen Erkrankungen (um 10 Prozent) gemessen werden kann (Abbildung 5).

Von weiteren etablierten Tu-

mormarkern seien lediglich erwähnt Thyreoglobulin (TG) postoperativ beim differenzierten follikulären/pa- pillären Schilddrüsenkarzinom, Cal- citonin beim medullären Karzinom (35, 85), Paraproteine und [32-Mikro- globulin (MG 11800) (2, 25) bei Plas- mozytom sowie summarisch Tumor- marker bei endokrin-aktiven Tumo- ren (5-HIES; Hormone: Insulin, Gastrin, Glucagon, VIP, PP u. a. m.) (68).

Abschließend sei bemerkt, daß Tumormarker-Bestimmungen nur bei noch möglicher therapeutischer Konsequenz und Kenntnis ihrer Wertigkeit als zusätzliche Hilfspara- meter zu anderen etablierten Unter- suchungsmaßnahmen vertretbar und nicht isoliert als einziges Therapie- Entscheidungskriterium oder Ersatz für die ärztliche Sorgfaltspflicht zur Erhebung von Anamnese und ande- ren relevanten Untersuchungsbefun- den zu verwerten sind.

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonder- druck, anzufordern über den Verfasser.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Rolf Lamerz Medizinische Klinik II Klinikum Großhadern der Universität Marchioninistraße 15 8000 München 70

Dt. Ärztebl. 86, Heft 15, 13. April 1989 (51) A-1041

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