M E D I Z I N
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A3326 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 5012. Dezember 2003
Bei Patienten mit Vorhofflimmern kann ein Schlaganfall oder eine syste- mische Embolie mit dem neuen Throm- bininhibitor Ximelagatran mindestens so gut vermieden werden wie mit War- farin. Bei gleicher Wirksamkeit der Wirkstoffe, bietet Ximelagatan mögli- cherweise den Vorteil, dass hier auf die aufwendige Einstellung des internatio- nal normalised ratio (INR) verzichtet werden könnte. Für die SPORTIF-III- Multicenterstudie wurden aus 259 Krankenhäusern 3 410 Patienten mit Vorhofflimmern ausgewählt, die min- destens einen Schlaganfall-Risikofak- tor aufwiesen. Nach der Randomisie- rung wurden die Probanden nicht ver- blindet entweder mit Warfarin be- handelt, sodass ein INR von 2,0 bis 3,0 eingestellt wurde, oder mit zweimal täglich 36 mg Ximelagatan. Das Kollek-
tiv wurde 17,4 Monate lang beobachtet.
In diesem Zeitraum starben in der War- farin-Gruppe 33 Personen aufgrund ei- ner vaskulären Ursache, im Vergleichs- kollektiv waren es 40 Patienten. Es tra- ten neun tödliche Schlaganfälle nach Gabe von Warfarin und zehn nach Ximelagatan-Medikation auf. Nicht- tödliche Schlaganfälle und systemische Embolien wurden bei 67 (Warfarin) be- ziehungsweise 48 (Ximelagatan) Pati- enten dokumentiert. Hinsichtlich der Häufigkeit von zu Behinderungen führenden oder tödlichen Schlaganfäl- len, der Mortalität sowie der Frequenz starker Blutungen gab es keine signifi- kanten Unterschiede. Allerdings wur- den weniger schwere und leichte Blu- tungen sowie häufiger ein Anstieg von Leberenzymen nach der Gabe von Ximelagatan verzeichnet.
In einem begleitenden Editorial gibt Freek Verheugt vom University Medical Centre in Nijmegen, Niederlande, zu be- denken, dass die beobachtete Erhöhung der Leberenzyme eine sechsmonatige Überwachung erfordert, wodurch ein potenzieller Vorteil von Ximelagatan, nämlich die nicht notwenige Überprü- fung des INR, wieder hinfällig werden könnte. Ferner können, so Verheught weiter, die Ergebnisse nicht ohne weite- re Prüfung auf andere Patientengrup- pen übertragen werden. me Verheugt FWA: Can we pull the plug on warfarin in atrial fibrillation? Lancet 2003; 362: 1686–1687.
Executive Steerung Committee on behalf on the SPORTIF III Investigators: Sroke prevention with the oral direct thrombin inhibitor ximelagatan compared with warfarin in patients with non-valvular atrial fibrillation /SPORTIF III): randomised controlled trial. Lancet 2003; 362:
1691–1698.
Prof. S. Bertil Olsson, Department of Cardiology, University Hospital, Lund, SE-221 85 Schweden, E-Mail: bertil.
olsson@kard.lu.se
Ximelagatran zur Antikoagulation bei Vorhofflimmern
Referiert
Anhand derzeitiger Kriterien zur Dia- gnose eines Herzinfarkts werden in Großbritannien vermutlich mehr als 25 Prozent der Fälle nicht erkannt. Die European Society of Cardiology und das American College of Cardioloy ha- ben im Jahr 2000 zwar die Messung von Troponinen als zuverlässigeren Hin- weis auf einen Herzinfarkt empfohlen, in Großbritannien und anderen Län- dern wird die Diagnose jedoch weiter- hin überwiegend anhand eines EKG und konventionellen Enzymtests ge- stellt. Bei einer nicht selektionierten Gruppe von Patienten mit Brust- schmerzen, die in einem Lehrkranken- haus behandelt wurden, in dem sowohl konventionelle Verfahren als auch die neuere Methode angewendet wurde, verglichen die britischen Forscher die Zuverlässigkeit der beiden Diagnose- wege miteinander. Über einen Zeit- raum von sechs Monaten wurden alle Patienten, die mehr als 2,5 Stunden an Brustschmerzen litten, mit konventio-
Herzinfarkt: Konventionelle Diagnostik oft unzuverlässig
nellen Verfahren sowie anhand der Be- stimmung von Troponin T bei der Kran- kenhauseinweisung auf Vorliegen eines Herzinfarkts untersucht. Die 401 Patien- ten wurden daraufhin durch das For- scherteam nachuntersucht und weitere sechs Monate beobachtet. In vier Pro- zent der Fälle war bei der Eingangsun- tersuchung im Krankenhaus unter Ver- wendung konventioneller Methoden ei- ne falsche Diagnose gestellt worden. Fast alle dieser Patienten waren nicht von ei- nem Kardiologen, sondern von Ärzten anderer Fachgebiete untersucht wor- den. Bei Verwendung des neueren Dia- gnoseverfahrens konnten hingegen wei- tere 27 Prozent an Herzinfarktpatien- ten identifiziert werden, bei 12 Prozent musste die zuvor gestellte Diagnose korrigiert werden. Mehr als die Hälfte der fehlerhaften Diagnosen war auf die diagnostische Unzuverlässigkeit kon- ventioneller Marker zurückzuführen.
Für die Vorhersage der Prognose sechs Monate nach Entlassung aus dem Kran-
kenhaus erwies sich die Messung von Troponin T im Vergleich mit anderen Labormarkern ebenfalls als zuverläs- siger. Die derzeitigen Kriterien zur Diagnose eines Herzinfarktes, so die Autoren, sind unzuverlässig, zeitauf- wendig und beinhalten ein höheres Risiko für Fehldiagnosen. Das neuere Verfahren ist nicht nur sicherer, son- dern auch einfacher und schneller in der Handhabung. Die zuverlässigere Prognose könnte zudem helfen, die Dauer der stationären Aufnahme zu verkürzen. Die Ergebnisse verdeutli- chen nach Ansicht der Autoren außer- dem, dass Hochrisikopatienten, ein- schließlich Patienten mit plötzlich auf- tretenden starken Brustschmerzen, von Herzspezialisten behandelt wer-
den sollten. Se
Trevelyan J, Needham EWA, Smith SCH, Mattu RK: Sour- ces of diagnostic inaccuracy of conventional versus new diagnostic criteria for myocardial infarction in an unselec- ted UK population with suspected cardiac chest pain, and investigation of independant prognostic variables. Heart 2003; 89: 1406–1410.
Dr R. K. Mattu, Department of Biological Sciences, Uni- versity of Warwick, Coventry, CV4 7AL, Großbritannien, E-Mail: jtrevelyan@hotmail.com