A K T U E L L
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A3056 Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 4615. November 2002
Demonstration
Protest gegen Regierungspläne
Gesundheitsberufe gehen gegen Vorschaltgesetz auf die Straße.
B
eschäftigte im Gesundheits- wesen blasen zum Sturm gegen das Vorschaltgesetz, das die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grü- nen am 7. November in den Bundestag eingebracht ha- ben. „Mehr Menschlichkeit statt Durchökonomisierung“fordern Angehörige der 38 im
„Bündnis Gesundheit 2000“
zusammengeschlossenen Ge- sundheitsberufe sowie Kran- kenhausvertreter bei einer Demonstration in Berlin.
„Das ist die Notglocke, die wir jetzt läuten“, sagte der Präsident der Bundesärzte-
kammer, Prof. Dr. med. Jörg- Dietrich Hoppe, bei der An- kündigung der Protestveran- staltung vor Journalisten. Das Spardiktat der Bundesregie- rung solle „den einen Luft verschaffen, indem die ande- ren in den Würgegriff genom- men werden“. Dabei sei si- cher, dass der so genannte Kostenstopp unweigerlich ei- nen Leistungsstopp nach sich
ziehen werde. Die Pläne der Bundesregierung bedeuten laut Hoppe keine Nullrun- de, sondern eine Minusrunde und würden zwangsläufig zu einer weiteren Destabilisie- rung des Gesundheitswesens, zu Demotivation und Depro-
fessionalisierung der Be- schäftigten führen.
Der Präsident der Deut- schen Krankenhausgesellschaft (DKG), Burghard Rocke, sagte, die geplante Nullrunde komme einer „Katastrophe“
gleich. 40 000 Arbeitsplätze im Pflegebereich seien in Ge- fahr. Aber auch die Patienten gehörten zu den Verlierern.
Sie müssten Leistungskürzun- gen, weniger persönliche Zu- wendung und Wartelisten für Operationen hinnehmen.
Die Apotheker planen nach Angaben ihres Präsiden- ten Hans-Günter Friese ju- ristische Schritte gegen die vorgesehenen höheren Ra- batte, die sie künftig den Krankenkassen gewähren sol- len. Die Auswirkungen des Gesetzes hätten für die Apo- theken „existenzvernichtende Wirkung“.
Vorschaltgesetz
Nullrunde ist Minusrunde
KBV kritisiert zunehmenden staatlichen Dirigismus im Gesundheitswesen.
W
enn die angekündigte Nullrunde für niedergelassene Ärzte umgesetzt wird, um 220 Millionen Euro zu spa- ren, sollten diese nur noch so viele Leistungen anbieten, wie bezahlt werden. Das hat der Erste Vorsitzende der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. med. Man- fred Richter-Reichhelm, am Montag in Berlin angeregt.Orientieren könne man sich dabei konzeptionell am Ho- norarverteilungsmaßstab der KV Brandenburg oder den Individualbudgets in Nordrhein.
Richter-Reichhelm widersprach dem Eindruck, die Spar- maßnahme sei nicht gravierend: „Die verordnete Nullrun- de bedeutet faktisch eine Minusrunde.“ Denn es geht kei- neswegs um die Honorare der Ärzte allein. Vielmehr be- schäftigen die niedergelassenen Ärzte derzeit 600 000 Mit- arbeiterinnen in Voll- und Teilzeit. Würden deren Bezüge um 2,5 Prozent steigen, müssten die Ärzte knapp 245 Mil- lionen Euro zusätzlich ausgeben. Gleichzeitig werden sich nach den Berechnungen der KBV die Lohnnebenkosten al- lein durch die vorgesehene Anhebung des Rentenversiche- rungssatzes auf 19,5 Prozent um weitere 20 Millionen Euro erhöhen.
Der KBV-Vorsitzende prognostizierte: „Zahlreiche Ärz- te werden ihr Praxispersonal reduzieren müssen.“ Rein rechnerisch würden rund 12 500 Vollzeitstellen wegfallen.
22. September 2000: Bereits vor zwei Jahren protestierte das Bündnis Gesundheit 2000 gegen die Kostendämpfung
im Gesundheitswesen. Foto: dpa
D
as Plastisch-Chirurgische Centrum für Terroropfer e.V. (placet), das im vergan- genen Jahr gegründet wurde, kann jetzt seine Arbeit auf- nehmen. Ermöglicht wurde dies durch die Partnerschaft mit den Deutsche Rote Kreuz (DRK) Kliniken Westend in Berlin, die gegen einen Tages- satz die verletzten Menschen versorgen. Der Verein küm-mert sich um Menschen, die durch Krieg, ethnische Verfol- gung, Folter oder Minen ver- stümmelt wurden und in ihren Herkunftsländern nicht ange- messen versorgt werden kön- nen. Pro Operation benötige der Verein etwa 30 000 Euro, die durch Spen- den finanziert wer- den müssen, erklärte Dr. med. Frank W.
Peter, Facharzt für plastische Chirurgie der DRK Kliniken.
Die erste Patientin, die in Berlin behan- delt wird, ist die 20- jährige Yuliya Bo- dachevska aus der Ukraine. Unbekann- te hatten die Frau bei einem Anschlag mit Benzin übergossen und angezündet. Die Brandwunden haben ihr Ge- sicht bis zur Unkenntlichkeit entstellt.
Wer die Arbeit von placet unterstützen möchte, kann sich informieren unter der Te- lefonnummer 0 30/8 60 98 60 oder im Internet unter www.
placet-berlin.de. Spenden- konto: Berliner Bank, Bank- leitzahl 100 200 00, Konto 2 741 700 000.
Plastische Chirurgie
Hilfe für Terroropfer
Verein versorgt mittellose Patienten.
Partner von placet: die Deutsche Rote Kreuz Kliniken Westend Foto: Susann Schiroslawski