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Archiv "Harmonie in Zahlen" (13.04.1978)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Nötizen GESCHICHTE DER MEDIZIN

Am Beispiel der griechischen Antike läßt sich sehr eindrucksvoll der Be- ginn wissenschaftlichen Strebens in der Medizin nachweisen. Infolge mehrerer soziokultureller Faktoren gelang es in Griechenland im Ver- gleich zu anderen antiken Hochkul- turen am vorbildlichsten, das Beob- achtete systematisch zu ordnen und die Lebensvorgänge durch all- gemeine Naturgesetze zu erklären.

Da es große Schwierigkeiten berei- tet, Abhängigkeiten im kommunika- tiven Austausch wissenschaftlicher Informationen zwischen den anti- ken Hochkulturen detailliert aufzu- zeigen, müssen wir uns hier mit dem Hinweis auf gewisse gemeinsame Vorstellungen in diesen Kulturen begnügen, Vorstellungen, die das griechische Denken maßgeblich geprägt haben. Ich denke dabei vor allem an die Annahme eines ge- setzmäßigen Zusammenhanges al- len Geschehens, die sich beson- ders in der Vorstellung eines nach den Prinzipien Zahl und Harmonie geordneten Weltganzen (Kosmos) manifestierte.

Charakteristisch für das Denken der Antike ist die Tendenz zu hoch- gradiger Abstraktion unter Verwen- dung weniger, aber umfassender Hypothesen. Durch die bewußte Reduktion auf wesentliche Grund- prinzipien des Seins versuchte die frühe antike Philosophie, die ver- wirrende Fülle der Erscheinungen zu begreifen. Intuitiv sah sie jedes Einzelphänomen in bezug auf das Ganze und empfand die harmoni- sche Ordnung des Kosmos. Die ge- setzmäßige Verknüpfung der Er- scheinungen gelang unter Verwen- dung der Prinzipien „Zahl" und

„Harmonie", die eine zentrale Rolle

im Denken der griechischen Antike und somit auch in der antiken Me- dizin spielten.

Im folgenden nähern wir uns die- sen Begriffen von der pythagore- ischen Philosophie her, die ja die antike Medizin außerordentlich stark beeinflußte. In einem zweiten Schritt versuchen wir dann ihre Be- deutung im „Corpus Hippocrati- cum" zu analysieren.

Das Streben der vorsokratischen Naturphilosophen, zu einer befrie- digenden Gesamtkonzeption des Weltgeschehens zu kommen, führte im 7. und 6. vorchristlichen Jahr- hundert zur allmählichen Ablösung von magischen Krankheitsvorstel- lungen sowie zur synoptischen Sy- stematisierung einfachster empiri- scher Erkenntnisse in der Medizin.

Besondere Bedeutung für die Medi- zin der griechischen Antike erlang- te der im 6. Jahrhundert lebende

Abbildung 1: Antike Büste des Pythago- ras

Pythagoras mit seiner einflußrei- chen Schule. Zwar handelte es sich bei den meisten Pythagoreern nicht um Ärzte im engeren Sinne, trotz- dem haben sie die griechische Me- dizintheorie entscheidend beein- flußt; diese Kreativität war wohl zu einem Großteil begründet durch die kontemplative Verknüpfung me- dizinischer und metaphysischer Probleme.

Der Zugang zu Pythagoras (Abbil- dung 1), auf dessen legendenumwo- bene Biographie wir hier nicht ein- gehen wollen - hinsichtlich der oben genannten Beziehungen zwi- schen den antiken Hochkulturen scheint lediglich bemerkenswert, daß er ausgedehnte Reisen nach Ägypten und Babylonien unternom- men haben soll —, muß durch eine vielschichtige, zugleich nur frag- mentarisch vorhandene und somit schwer zu entwirrende Überliefe- rung gewonnen werden. Pythago- ras selbst hat nichts Schriftliches hinterlassen. Was wir über seine Lehren wissen, stammt aus den Schriften seiner Schüler oder in reicherem Maß aus Quellen spät- antiker Zeit. So mangelt es zwar keineswegs an Nachrichten über ihn und seine Schule, aber der in ihnen enthaltene altpythagoreische Kern ist nicht immer von späteren Entstellungen und Mystifizierungen zu trennen; das gilt insbesondere für die nacharistotelischen Quellen.

Als metaphysisches Grundprinzip galt den Pythagoreern „Zahl" und

„Harmonie". Aristoteles berichtet (Aristoteles, Metaphysik, 985b u.

986a):

Während dieser Zeit und schon vorher legten sich die sogenannten Pythagoreer auf die Mathematik und brachten sie zuerst weiter, und darin eingelebt hielten sie die Prin- zipien dieser Wissenschaft für die Prinzipien aller Dinge. Da nämlich in diesem Gebiete die Zahlen der Natur nach das erste sind, und sie in den Zahlen viel Ähnlichkeiten zu sehen glaubten mit dem, was ist und entsteht (...), indem sie ferner die Bestimmungen und Verhältnis- se der Harmonie in Zahlen fanden, und ihnen somit alles andere, sei-

Harmonie in Zahlen

Die Bedeutung der Prinzipien „Zahl" und „Harmonie"

für das medizinische Denken der griechischen Antike

Hans-Jürgen Möller

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 15 vom 13. April 1978 923

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Abbildung 2a—c: Figurierte, sogenannte pythagoreische Zahlen. 2a: Drei- eckszahlen, 2b: Quadratzahlen, 2c: Rechteckzahlen

ner Natur nach als den Zahlen nachgebildet, die Zahlen aber als das erste in der gesamten Natur er- schienen, so nahmen sie an, die Elemente der Zahlen seien Elemen- te aller Dinge, und der ganze Him- mel sei Harmonie und Zahl. Was sie nun in den Zahlen und den Harmo- nien als übereinstimmend mit den Zuständen und den Teilen des Him- mels und der ganzen Weltbildung aufweisen konnten, das brachten sie zusammen und paßten es an.

Die Pythagoreer sahen in der

„Zahl" ein ordnendes und formen- des Prinzip. Die Materie dagegen galt lediglich als empfangendes Prinzip, ihre genaue Charakterisie- rung schien den Pythagoreern des- halb weniger bedeutungsvoll; we- sentlich allein ist die Zahl, die die Materie formt und bildet. Das Quantitatives und Qualitatives in sich vereinigende Wesen der Zahl wird anschaulich, wenn man eine zur Zeit der frühen Pythagoreer üb- liche Methode, Zahlen darzustel- len, beachtet: bei dieser Methode der „figurierten Zahlen" ordnete man Punkte zu symmetrischen Figu-

ren (Die Lehre von den figurierten Zahlen wird ausführlich behandelt von dem Neupythagoreer Nikoma-

chus von Gerasa, 2. Jh. n. Chr., in seiner „Introductio arithmetica" so- wie von anderen spätantiken Auto- ren). Wenn man z. B. von 1 ange- fangen, Reihen aufeinanderfolgen- der Zahlen in Form von Punkten darstellt (Abbildung 2a), resultier' ein Dreieck; die sich aus dem Drei- eck jeweils ergebenden Summen nennt man Dreieckszahlen: 1, 3, 6, 10, 15, 21, 28 usw. Fügt man (Abbil- dung 2b) zur 1 die nächste ungera- de Zahl und zur jeweiligen Summe die nächste ungerade Zahl usw.

hinzu, so ergibt sich immer eine Quadratzahl. Wenn jedoch zur 2 die aufeinanderfolgenden geraden Zahlen addiert werden (Abbildung 2c) entstehen die Rechteckszahlen.

Bei dieser sinnfälligen Schreibwei- se sieht man, wie aus den Zahlen geformte Flächen entstehen, und kommt zu der durch Anschauung gewonnenen Erkenntnis, daß mit der arithmetischen Ordnung zu- gleich die geometrische gegeben

ist, daß Quantitatives und Qualita- tives in dem Prinzip der Zahl ver-

Zahlen-Philosophie

schmelzen. Die Zahl formt und bil- det, sie macht das vorher Ungeord- nete gemäß der ihr immanenten Gesetzmäßigkeit zu einem Geord- neten, zu einem Kosmos. Mit dieser glücklichen Verbindung von Empi- rie und philosophischer Schau for- mulierten die Pythagoreer die Ge- setzmäßigkeiten in allem Werden und Vergehen. Das Naturgesche- hen und die Lebensvorgänge sind demnach nicht zufällige Ereignisse, sondern alles Leben läßt sich durch die Zahl in seiner Gesetzmä- ßigkeit ergründen. Hat man das Wesen der Zahl aus der Beobach- tung an Einzelerscheinungen als das Substanzprinzip erkannt, so kann man aus diesem allgemein- gültigen Prinzip die Einzelphänome- ne verstehen und eventuell sogar lenken.

Mit dieser Lehre vom Prinzip der Zahl verknüpften die Pythagoreer die Lehre von der „Harmonie" der Gegensätze, die besonders für die Medizin außerordentlich fruchtbar wurde. Aus dem Gegensatz der ge- raden und ungeraden Zahlen leite- ten sie den Gegensatz des Unbe- grenzten und Begrenzenden ab, letzteres stellen die ungeraden Zahlen dar, weil sie der Zweitei- lung eine Grenze setzen. Analog dazu entwickelten sie weitere Ge- gensatzpaare wie Einheit und Viel- heit, Rechtes und Linkes, Männli- ches und Weibliches, Ruhendes und Bewegtes, Gerades und Krum- mes, Licht und Finsternis, Gutes und Böses, gleichseitiges und un- gleichseitiges Viereck u. a.; so ver- standen sie die gesamte Natur als ein System von Antagonismen. Das erstaunliche Phänomen, daß eine aus Gegensätzen aufgebaute Welt existieren kann, versuchten sie durch das einigende Prinzip der

„Harmonie" zu erklären, die Bunt- gemischtes einigt und verschieden Gestimmtes zusammenfügt. Erst die Harmonie macht die Welt, nach den Anschauungen der Pythagore- er zu einem nach dem Gesetz der Zahl proportionierten Kosmos.

Für die Interpretation der Welt durch die Pythagoreer war ihre Be- schäftigung mit der Musik ent- 924 Heft 15 vom 13. April 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Verhältnis der Saiten- Schwingungs- längen frequenzen Grundton

1 1

Quarte

3:4 4 :3 Quinte

2:3 3 : 2 Oktave

1:2 2 :1

Abbildung 3: Schematische Darstellung der Intervallproportionen

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Zahlen-Philosophie

scheidend; hier konnten sie die Be- deutung ihrer metaphysischen Prinzipien ableiten und dem Kriti- ker erläutern. Mittels Demonstratio- nen am Monochord wiesen sie die zahlenmäßige Bestimmung der In- tervallgrößen als fixe Proportionen der Saitenlängen nach (Abbildung 3). So ergab sich für die Oktave das Verhältnis der Saitenlängen als 1:2, für die Quinte als 2:3, für die Quarte als 3:4 usw. Für die rationa- listische Grundhaltung der Pytha- goreer ist charakteristisch, daß sie bei der Unterscheidung zwischen Konsonanz und Dissonanz das Kri- terium der Einfachheit der Zahlen- proportion zugrunde legten. Des- halb galt ihnen die Oktave als die vollkommenste Konsonanz, die Terz dagegen, deren Zahlenver- hältnis komplizierter ist, als Disso- nanz. Auch die Phänomene der Harmonie waren in der Musik de- monstrabel; allerdings war der Gebrauch dieses Wortes in der musiktheoretischen Terminologie schwankend. Gemäß seiner etymo- logischen Grundbedeutung „Zu- sammenfügung", verstand man darunter das geordnete Neben- oder Nacheinander von gewissen Intervallen. Somit konnte man als

„Harmonie" das synchrone Zusam- menklingen von konsonanten Tö- nen, wie es die Lyra ermöglichte, bezeichnen, konnte aber auch darunter die sukzessive Folge von Tönen im Sinne einer Melodie ver- stehen. Als Harmonie im engsten Sinne galt die Konsonanz der Ok- tave. Die Pythagoreer bemühten sich nachzuweisen, wie die Oktave aus der Summation kleinerer Inter- valle rechnerisch darzustellen sei.

Die an der Musik gewonnenen Er- kenntnisse übertrugen die Pythago- reer in spekulativer Weise auf den gesamten Makrokosmos; das be- rühmteste Beispiel dafür ist die Theorie von der Harmonie der Sphären (Abbildung 4). Diese ord- nete den Geschwindigkeiten der Planeten Töne zu, deren Zusam- menklang einen harmonischen Ak- kord ergeben sollte. Als höchste Sphäre wurde die der Fixsterne an- gegeben, als tiefste die des Mon- des. Die tägliche Rotation der Fix-

sterne galt als die schnellste; den Planeten wurden, wegen ihrer sie überlagernden entgegengesetzten Eigenbewegungen von Westen nach Osten, langsamere Geschwin- digkeiten zugeschrieben. Analog zur Musiktheorie wurde daher der Fixsternsphäre der höchste Ton zu- geordnet, den sieben Planeten- sphären in absteigender Linie tiefe- re Töne. Umfaßte die gesamte Ska- la der 8 Sphären eine Oktave, also die Harmonie par excellence, so wa- ren die dazwischenliegenden Töne so aufgeteilt, daß von Sphäre zu Sphäre der Ton sich um eine halbe oder eineinhalb Einheiten änderte, was bei entsprechender Zusam- menfassung die beiden anderen Grundharmonien der Quinte und Quarte ergab (die berühmteste Darstellung der Sphärenharmonie findet sich in Ciceros „Somnium Scipionis", rep. 6). Einwände hin- sichtlich der Nichthörbarkeit dieser Sphärenharmonie wurden mit dem Hinweis abgetan, daß die Men- schen sich so daran gewöhnt hät- ten, daß sie sie nicht bewußt regi- strieren. Es ist aber höchst fragwür- dig, ob der ursprüngliche Pythago- reismus überhaupt unter der Sphä- renharmonie ein akustisches Phäno- men verstanden wissen wollte oder ob er mit dieser Theorie le- diglich die durch einfache Zahlen- proportionen beschreibbare Ord- nung des Sternenhimmels, somit also eine Harmonie im übertrage-

nen Sinne, zum Ausdruck bringen wollte.

Gemäß der pythagoreischen Lehre findet sich im Menschen, dem Mi- krokosmos, einerseits das formen- de und ordnende Prinzip der Zahl, andererseits die gestaltbare Mate- rie. Harmonie dieser antinomisti- schen Dualität bedeutet Gesund- heit, Schönheit, Gutsein. Was über die Medizin ausgesagt wird, gilt so- mit in analoger Weise für Ästhetik und Ethik und umgekehrt das für diese Bereiche Ausgesagte für die Medizin, da allem als umgreifende Prinzipien Harmonie und Zahl zu- grunde liegen. In dem Maße, in dem die Harmonie des Menschen gestört wird, ist er krank, unschön, unedel. Der Mensch hat es selbst in der Hand, Gesundheit und Krankheit zu beeinflussen. Durch Überschreiten des durch die Zahl vorgegebenen Maßes, z. B. durch übermäßiges Essen und Trinken (also in der Hinzufügung vom Orga- nismus zu bewältigender stofflicher Komponenten) bzw. durch Anstren- gungen und Ausschweifungen (im Verbrauch der Bestandteile des Körpers) wird die zahlenmäßig faßbare harmonische Proportio- niertheit aufgehoben. Entspre- chend dieser Konzeption nehmen in der pythagoreischen Überliefe- rung die Vorschriften über die

„Diät" einen großen Raum ein. Die- ser Begriff wird dabei allerdings — DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 15 vom 13. April 1978 925

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Abbildung 4: Das pythagoreische, sogenannte philolaische Planetensystem Spektrum der Woche

Aufsätze • Notizen

Zahlen-Philosophie

wie überhaupt in der gesamten an- tiken Medizin — viel weiter ge- spannt als in der heutigen Verwen- dung dieses Wortes. Im antiken Gebrauch bezeichnet er ganz all- gemein die Lebensweise eines Menschen, und zwar in physischer, psychischer und ethischer Hin- sicht. Man muß alles tun, was die durch das Maß der Zahl garantierte Harmonie der Gegensätzlichkeiten erhält oder wiederherstellt. In der spätantiken Pythagoras-Biographie des Jamblichos, den wir im folgen- den mit warnendem Vorbehalt hin- sichtlich seiner Glaubwürdigkeit für den ursprünglichen Pythago- reismus als späte Quelle zitieren, heißt es: (Jamblichos, Pythagoras,

§ 163):

In der Medizin erkannten sie am meisten die Diätetik an. Darin sollen sie sehr genau gewesen sein: er- stens versuchten sie, Anzeichen zu erkennen, um das rechte Gleichge- wicht zwischen Arbeit, Nahrungs- aufnahme und Ruhe zu finden; so- dann haben sie sogar die Zuberei- tung der Speisen eigentlich erst- mals zu erörtern und genau zu re- geln begonnen.

Man solle in allem „Maß" halten, nicht blähende oder überreiche Nahrung zu sich nehmen, nicht raf- finiert zugerichtete Speisen konsu- mieren, und auf gewisse Nahrungs- mittel solle man ganz verzichten.

Große Bedeutung komme der Er- haltung der psychischen Harmonie zu, die Lebensweise sei nach die- sem Ideal auszurichten, d. h. man solle sich nicht von Leidenschaften hinreißen lassen, müsse auf Genüs- se verzichten lernen und solle nicht Ungerechtigkeiten begehen.

Jamblichos (o. c., § 174):

... sie achteten den Körper ..., daß er nicht zu dürr oder zu fleischhal- tig sei, denn dies hielten sie für ein Zeichen anomalen Lebens. Und ebenso hielten sie es mit dem Ver- stand, daß er nicht zu fröhlich, nicht zu verstimmt sei; vielmehr solle er sich eines ausgeglichenen Verhaltens erfreuen. Zorn, Verstim- mungen und Erregungen lehnten sie ab.

Mag man auch noch so kritisch sein gegenüber der Glaubwürdig- keit spätantiker Pythagoreer hin- sichtlich der altpythagoreischen

Doxographie, so lassen doch die früheren Quellenfragmente der py- thagoreischen Schule den Schluß zu, daß die von Jamblichos hier ge- schilderten Fakten dem pythagorei- schen Wunschbild einer störungs- freien Harmonie von Körper und Seele entsprechen. Gelinge es trotz aller „diätetischen" Prophyla- xe nicht, dieses Wunschbild zu er- reichen, komme es also zur krank- haften Störung der seelisch-kör- perlichen Harmonie, so müsse man versuchen, die ursprüngliche Ord- nung durch entsprechende Maß- nahmen wiederherzustellen. Auch dabei spielt die „Diätetik" die Hauptrolle.

Dies etwa sind die Grundzüge der pythagoreischen Medizin, die in den späteren Ausprägungen des Lehrgebäudes immer wieder er- kennbar werden, so z. B. bei Alk- maion in der Lehre vom Gleich- maß der im Körper vorhandenen Stoffqualitäten. Nach ihm beruht Krankheit auf einer Störung dieses Gleichmaßes des Feuchten und Trockenen, des Warmen und Kal- ten, des Bitteren und Süßen usw.;

nur ihre wohlproportionierte Mi- schung bringe Gesundheit. Bei Empedokles besteht Krankheit in dem Mißverhältnis der vier Elemen- te Feuer, Wasser, Erde und Luft.

Von Pythagoras selbst heißt es in einer in diesem Zusammenhang mit aller Vorsicht zitierten (spätan- tiken) Schrift Galens (Galen, hist.

phil. 14, 344):

Pythagoras behauptet, Krankheiten des Körpers treten auf, weil der Körper zu warm oder zu kalt wer- de; denn das Warme ist es, was über das Maß hinausgeht, das zu Kalte dagegen das, was hinter dem Maße zurückbleibt.

• Wird fortgesetzt

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Hans-Jürgen Möller Schillerstraße 37

8000 München 2 926 Heft 15 vom 13. April 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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