D ie frühmesoiithische Pauna aus dem H ohlen Stein hei Callenhardt (Kreis Lippstadt)
Von Privatdozent Dr. Julius Andree^Münster i.W . M i t v i e r A b b i l d u n g e n
D e r H ohle Stein ist eine 21/ 2 km südw estlich von C a lle n h a rd t i.W . g elegenen K alksteinkuppe an der Lürm ecke (Abb. 1) m it einer im D u r c h sch n itt 30 m langen und 15 m breiten H öhle, die zwei E in g ä n g e aufw eist, von W einen großen, b reiten und von S einen kleineren, rund 7 m tie fe r gelegenen, d er m it der eigentlichen H öhle du rch einen G ang v e rb u n d e n ist (Abb. 2).
In den letzten Jah ren führte H e rr K o n re k to r H enneböle-R ü th e n m eh re re kleine Schürfe in d e r H öhle aus und wies d u rch seine V e rö ffe n t
lich u n g en auf die W ichtigkeit dieses F undpunktes hin (H enneböle 1928 und 1929). Im O ktober 1929 unternahm ich fü r die V orgeschichtliche A b teilu n g des L andesm useum s d er Prov. W estfalen in M ü n ster i.W . G rab u n g en , im A ugust 1930 fü r die A ltertum skom m ission fü r W e s t
falen des W estf. P rov.-Instituts fü r Landes- und V olkskunde w e ite re G ra b u n g e n ; üb er die erste U ntersuchung habe ich in den M itteilu n g e n d e r A ltertum skom m ission fü r W estfalen b erichtet (A n d re e , 1931 a).
D ie A rbeiten im Jah re 1929 m ußten sich auf S ch ü rf g ra b e n am u n te re n und oberen E in g än g e d er H öhle und auf die gen au ere U n te r suchung eines Teiles der „ T e rra sse “ — d er h ö h e r gelegenen h in te re n P a rtie d e r H öhle — beschränken (vgl. Abb. 2 und 3). Im m erhin ko n n te a b e r auf dem kleinen Schurffeld zwischen d er T e rra sse und dem la n g e n S ch ü rf g ra b e n festgestellt werden, d aß sich die M esolithikum fü h re n d e u n d auf d e r T errasse frei zutage tretende Schicht (II in Abb. 3 u n d 4) h ie r u n te r eine Schicht m it eisenzeitlichen K u ltu rre ste n (IV in A bb. 3 u .4 ) h eru n terzo g . Die A usgrabungen 1930 b rac h ten dan n w ichtige E r g e b nisse bezügl. d er L ag eru n g d er Schichten, die in Abb. 3 und 4 d a rg e s te llt ist. D ie n ach den bisherigen R esultaten in d er H öhle selbst ziem lich horizontal verlaufenden Schichten (s. Abb. 4) fallen nach dem u n te re n E in g ä n g e zu ab. Diese E rsch ein u n g w ird z. T. verm utlich auf u n te r irdische E instürze d er H öhlensohle zurückzuführen sein, a n d e re rse its dü rfte wohl auch die H öhlensohle selbst gem äß dem E in fa lle n d e r K alksteinschichten nach dem u n tere n E in g än g e hin etw as absinken.
W as den In halt der Schichten an K u lturrelikten a n b e trifft, so b a rg die oberste Schicht IV , wie schon erwähnt, eisenzeitliche Ü berreste.
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Abb. 2.
Skizze der Höhle im Hohlen Stein mit eingezeichneten Schürfen und Arbeits
feldern von 1929 und 1930.
Schicht I II un d I w aren steril, Sch ich t I I enthielt m ittelsteinzeitliche G eräte aus F euerstein, K ieselschiefer und Knochen, die dem Tardenoisien ang eh ö ren , u n d zwar — wie ich an an d erer Stelle n äh er au sg eführt habe (1931 a) — einem sehr frühen A bschnitt dieser K ultur, dem Vor-Tar- denoisien.
B esonders w ichtig erscheint in diesem Zusam m enhänge die Fauna, m it der die m esolithischen F unde vergesellschaftet sind. Vor allem b ra c h ten die G ra b u n g e n 1930 interessantes M aterial. E s fanden sich in
Schicht II b ish e r R este folgender T iere:
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Abb. 1.
Der Hoble Stein bei Callenhardt (Kr. Lippstadt)
phot. D r. R eich lin g
Raubtiere: W olf Fuchs Eisfuchs D achs M ard er W ildkatze H öhlenbär N a g e r: B iber
H ase
W a sse rra tte H u ftiere: W ildpferd
E lch R entier E delh irsch R eh U r
W ildschw ein V ögel: Schneehuhn
Vogelknochen, nicht n äh er bestim m bar.
D as A u ftreten einer solchen aus T undra-, Steppen- und k lim atisc h in d iffe ren te n T ieren gem ischten F au n a ist d u rch a u s m öglich (vergl.
Jakobi 1919). Gleichwohl sei h ier betont, d a ß diese T ie rre ste in voll
k o m m en unberührter S ch ich t zusam m en m it den m eso lith isch en A r te fa k te n gefunden wurden. E s kann keinem Zw eifel un terlieg en , d a ß die T ie rre s te zu den W erkzeugen gehören. D er g rö ß te T eil d er T ie re h a t sicher den m esolithischen B ew ohnern der H öhle als N a h ru n g g e d ie n t; b e zeichnend d afü r ist das sehr häufige V orkom m en zersc h la g e n e r K nochen in d e r Schicht, fern er das Vorkom men von R entiergew eihen, an d enen noch Teile des Schädels sitzen.
Östt.EcVfe
dc^ HöKle
Profil durch die Ablagerungen im Hohlen Stein vom unteren Eingänge bis zur SO-Ecke des großen Höhlenraumes.
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Abb. 4.
Profil durch die Ablagerungen im Hohlen Stein vom unteren Eingänge bis zur N-Wand des großen Höhlenraumes.
Bezüglich d er F ra g e , w elcher Z eit diese eig e n a rtig zusam m engesetzte F au n a der Schicht II an g eh ö rt, g eben zunächst einm al die übrigen Schichten in d er H öhle keinen n ä h e re n A ufschluß. Die Schicht II wird im u n tere n E in g ä n g e u n te rla g e rt von lehm igen Lürm ecke-K iesen (Abb. 3 und 4), die k einerlei T ie rre ste enthalten. W as im großen H öhlenraum u n te r Schicht II liegt, ste h t nicht fest, da die A usgrabungen noch nicht so weit vo rg esch ritten sind. Ü b erlag ert wird Schicht II in dem G ang vom u nteren E in g a n g zum g ro ß en H öhlenraum von Schicht III (Abb. 3 und 4), einem b rau n e n Lehm m it eckigen und (selten) kan ten g eru n d eten K alksteinen, d e r stellenw eise sta rk m it G e
wöllen durchsetzt ist. An T ie rre ste n fan d en sich n u r einige D ach s
schädel und wenige, nicht n ä h e r bestim m bare B ovidenreste. Im vo r
deren Teil der H öhle liegt ü ber Schicht II die Schicht m it den eisenzeit
lichen K u ltu rrelik ten (IV auf Abb. 3 und 4), die lediglich Ü berreste noch heute lebender T iere enthielt (H irsch, R eh, Schwein. W olf, Fuchs, W ild
katze, P ferd, D achs, Ziege, Schaf).
Auch die G rabungsergebnisse in an d eren H öhlen W estfalens b rin gen keine unm ittelbaren A n h a ltsp u n k te fü r das A lter d er Schicht II.
In keiner w estfälischen H öhle — und darin liegt die gro ß e B edeutung der Funde — ist bisher eine F auna von gleicher Z usam m ensetzung wie im H ohlen Stein angetroffen w orden. W ohl kennen wir K ulturrelikte, die mit denen d er Schicht II übereinstim m en, aus d er früheren M artins- H öhle bei L etm athe i. W . und aus einer H öhle bei Iserlohn i. W. Von der Iserlohner H öhle ist, abgesehen von dem W erkzeuginventar, nichts bekannt (A ndree, 1931 b). Aus den w enig genauen B erichten über die M artins-H öhle geht nu r (was a b e r im m erhin wichtig ist) hervor, d aß die m esolithische Schicht R entiergew eihe enthielt (Andree 1931 c).
Die. jüngsten K u ltu rü b erreste d er anderen bisher untersuchten w est
fälischen H öhlen gehören dem M agdalénien an. W erkzeuge dieser K ultur fanden sich in der B alver H öhle und in d er Feldhof-H öhle
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(H ö n n e ta l), in der B ilstein-H öhle bei W arstein i. W. und in d e r schon erw ä h n te n M artins-H öhle; sie stellen typologisch ein sehr sp ätes M a g d a lénien ( ,,E nd-M agdalênienu) dar, das c h a ra k te risie rt ist d u rch m ik ro - lithische G eräte, K lingen, M esser vom Typus La G ravette, e in re ih ig e , etw as a b g e p la tte te H arpune, F ellg lätter aus H irschhorn usw. D ie ses E nd-M agdalénien ist vergesellschaftet m it einer durchaus ,,e isze itlic h e n “ F au n a, näm lich in d er B alver H öhle (Andree 1928) m it M am m ut, woll- h a a rig e m N ashorn und R en tier (außerdem : H öhlenbär, F uchs, W ild katze, M arder, W ildschwein, Biber, H ase), in der F eld h o f-H ö h le (h ie r a lle rd in g s verm ischt m it A urignacien) m it M am m ut, W ild p ferd u n d H irsc h (A n d ree 1928), in d er Bilstein-H öhle (.A ndree 1927) m it woll- h a a r. N ash o rn , Eisfuchs, Ren und Schneehuhn (au ß erd em : W ild p fe rd , H ö h le n b ä r, W olf, Fuchs, H öhlenlöw e, W ildkatze, Luchs, M arder, D a c h s, U r, W ildschw ein, H ase). Die F au n a der E nd-M agdalénienschicht in d e r M artin s-H ö h le ist heute nicht m ehr festzustellen (A ndree 1931) c).
M a m m u t und wollhaariges N ashorn fehlen im H ohlen Stein völlig.
S chicht II m uß also paläontologisch jü n g er sein als die E n d -M agda- lén ienschichten der genannten w estfälischen H öhlen.
E s d a rf jedoch nicht unerw ähnt bleiben, d a ß in a n d eren H ö h le n D eutschlands, besonders Süddeutschlands (R. R. S ch m id t 1912), im sp ä te n M agdalénien M am m ut und w ollhaariges N a sh o rn ebenfalls n ich t m eh r erscheinen. D asselbe ist auch in den belgischen, französischen un d spanischen H öhlen der F a ll* ). A llerm eist fin d et sich bei diesen V or
kom m en eine F auna folgender Zusam m ensetzung: R en, E isfu c h s, Schneehase, Schneehuhn als R ep räsentanten eines im m erhin noch k a lte n K lim as; stellenweise kom m en dazu: Gemse, A lpensteinbock, V ie lfraß , M urm eltier, H alsbandlem m ing, Zw ergpfeifhase, Schneem aus. D ie ü b rig e F au n a besteht aus: W ildpferd, W ildschwein, W olf, Fuchs, M arder, D achs, W ildkatze, braun. Bär, E delhirsch, Reh, U r, B iber, H ase und a n d e re ; m an c h e ro rts noch Bison, W iesel, H erm elin, H ö h le n b ä r, H ö h len h y än e, Luchs und Fischotter.
N u r im K artstein in d er E ifel (Radem acher 1911) liegt im s p ä te n M ag d alén ien eine ähnliche F au n a vor wie in den w estfälischen H ö h le n : Ren, E isfuchs, Schneehase?, Schneehuhn, M oschusochse, M u rm e ltie r;
dazu: Luchs, H erm elin, M arder, Dachs, braun. B är?, W ildpferd, W ild schwein, E d e lh irsch und Bison. W enn auch M am m ut und w o llh aa rig e s N a sh o rn nicht vorhanden sind, so ist doch in etw a ein E rsatz d a fü r in dem Vorkom m en vom M oschusochsen zu sehen.
E s ist w eiterhin bem erkensw ert, d a ß sich im späten M a g d alén ien in einigen H öhlen - ich erw ähne als Beispiele n ur die T eufelsküche am Ö lberg bei K uckucksbad (Z otz 1928) und die G rotte „du C o léo p tère“ in
*) Es ist nicht möglich, im folgenden die gesamte Literatur über die deut
schen und westeuropäischen Höhlen, die Magdalénien führen, anzugeben; nur bei direkten Hinweisen ist die betr. Arbeit zitiert.
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Belgien (H am m al-N adrin et Servais 1925 > A r te fa k te aus Elfenbein vorfinclen. obwohl sonst in den b e tre ffe n d en S chichten M am m utreste fehlen*). Stehlin (in Z otz 1928' m eint das dam it e rk lä re n zu können, d aß
„die M a g d a lé n ie n le u tc ... noch tech n isch verw en d b ares E lfenbein aus einer früheren Zeit v o rfa n d e n '1. Ic h glaube, d a ß das F ehlen des
Mammuts (und des w ollhaarigen N a sh o rn s) in den K ulturschichten auch damit Zusam m enhängen kann, d a ß diese beiden T iere nicht m ehr wie früher zu den Ja g d tie re n jen er M enschen gehörten, deren H a u p t
nahrungstiere R en und P ferd w aren. D a d u rc h w ird auch e rk lä rt, warum die bekannten H ö h len b ild er und -g rav ieru n g en des ausg eh en d en M ag d a
lén ien s in der H au p tsach e R entiere, P ferde, R in d e r und H irsch e zeigen.
Die wenigen noch vorhandenen M am m ute und N a sh ö rn e r kam en als N ahrungs- und Ja g d tie re nicht m eh r in B e tra c h t; es e rü b rig te sich also der Versuch, auf sie einen „ Jag d z a u b e r“ (in F orm d e r H e rste llu n g eines Abbildes d er beg eh rten T iere) auszuüben.
Im g ro ß en und ganzen w ird es sich so v e rh a lte n haben, d aß im späten M agdalénien im W esten und in S üddeutschland M am m ut und w ollhaariges N a sh o rn nicht m eh r o d e r n u r sehr selten auf traten, w äh
rend im N o rd en (z.B . im H ö n n e ta l) beide S ä u g e r zu dieser Zeit noch lebten (vergl. O berm aier 1925). Im allgem einen gleicht also die Fauna des w estlichen E nd-M agdaléniens d e r des H ohlen Steins.
E ine ähnliche F au n a wie die des typologisch sehr frü h en Vor-Tar- denoisiens in der C allen h ard ter H ö h le fin d et sich a b e r auch zusam m en m it typischem F rüh-T ardenoisien in belgischen H ö h len (R ahir 1920). In Rem oucham ps kom m en im F rüh-T ardenoisien vo r: R entier, E isfuchs und Schneehuhn, ferner E delhirsch, W ild p ferd , R ind, Ziege, W ildschw ein, H ase, W ölf ?, Fuchs und W ildkatze. E s ist w iederum etw a die F a u n a des westlichen E nd-M agdaléniens; vergl. z. B. de Saint-P érier 1920, niveau A; Capitan, Breuil, B ourrinet et P eyrony 1908, couche su p érieu r; P e yro n y et M aury 1914, couche C; B reuil et D ubalen 1910, couche su p érieu r; Passem ard 1922). Die belgischen Funde aus d e r G ro tte von Chaleux und den G ro t
ten von M ontaigle (Rahir 1920) k ö n n e n h ier nicht heran g ezo g en werden, weil sie m it W erkzeugen des E nd-M ag d alén ien s verm ischt w aren. W ich tig dagegen sind die F unde von R em oucham ps, die n ach Rahir (1920) in gänzlich u n g estö rter Schicht lagen. E s ist kein G rund einzusehen, weshalb O berm aier (1929) diese bedeutsam e T atsache ablehnt und von
„augenscheinlichen n ach träg lich en Schichtenverw ühlungen“ spricht.
E ine ganze Reihe d er T iere von Rem oucham ps und vom H ohlen Stein ist aus dem Altalluvium, besonders N orddeutschlands, bekannt,**)
*) Dasselbe ist der Fall im Petersfels. S. Peters, Die altsteinzeitliche Kulturstätte Petersfels. Augsburg, 1930.
**) Die vielfachen, in der Literatur weit verstreuten Angaben hierüber können nicht alle hier zitiert werden. Vergl. bes. Deecke 1904; Schuchl 1914; Struck
mann 1880, 1884, 1892 und 1897.
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so R en, Elch, E delhirsch, Reh, W ildpferd, W ildschw ein, U r, W olf, F uchs, D achs, Afarder, W ildkatze, B iber und H ase. F e r n e r w e rd e n als subfossil erw ähnt: braun. Bär, F ischotter, Bison, R ie sen h irsc h und S chneehase. E inm al wird sogar der H ö h lenbär aus einem T o rfm o o re in O ld e n b u rg angegeben (Struckm ann 1892), was sich jedoch n ic h t m e h r n a c h p rü fe n läß t.
A uffallen könnte also nu r das Vorkommen von E isfuchs und S c h n e e h u h n in d e r nacheiszeitlichen K ultur des Tardenoisiens. D a a b e r im E n d - M ag d alén ien im N orden noch Mammut, wollh. N ashorn und M o sc h u s
ochse v e rtre te n sind, so ist eine friihnacheiszeitliche T ie rg e sellsc h a ft m it R en, E isfu ch s und Schneehuhn in der gleichen G egend d u rch au s e r k l ä r lich. Ich glaube ferner, d a ß die Faunen von R em oucham ps u n d vom H ohlen Stein verschiedenen A lters sind, und zwar ist die des H o h le n S tein s die ältere, da hier noch — allerdings als g ro ß e S eltenheit - - d e r H ö h len b ä r vorhanden ist, der sonst nicht nu r im w estlichen E n d -M a g d a lénien, sondern auch sogar in der vorhergehenden Zeit, im w estlichen (und süddeutschen) sog. Spat-M agdalénien n irg en d s m ehr g e fu n d e n w urde. E s scheint, d a ß d er H ö h len b är im Süden und W esten schon vor M am m ut u n d wollh. N ashorn ausgestorben bezw. ab g ew andert ist.
Zu berücksichtigen sind schließlich noch die F u n d e aus d e r b e l
g ischen H ö h le von M artinrive (L ohest usw. 1922). D iese G rotte e n th ie lt Steinw erkzeuge, die eine Zw ischenstufe zwischen dem E n d -M ag d alén ien u n d dem frühesten T ardenoisien einzunehmen scheinen und d a rin den F u n d e n von Zonhoven in d er belgischen Provinz L im burg (H a m a l-N a n - d rin e t Servais 1909) gleichen*). E s fand sich in M artinrive fo lg e n d e F a u n a : W ildpferd, Ren, R ind, H öhlenbär, brau n . B är, Luchs?, W ild katze, D achs, Fuchs, H ase und eine Reihe von N a g e rn . Z onhoven ist F re ila n d sta tio n und h at als solche noch keine T ie rre ste geliefert. D ie F a u n a von M artinrive zeigt Ä hnlichkeit m it d er vom H ohlen S tein ; sie ist wie diese, wenn auch E isfuchs und S chneehuhn fehlen, sicher ä lte r als die F a u n a von Rem oucham ps.
R ein faunistisch m ü ß ten somit aufeinander folgen:
1. E nd-M agdalénien (B alver H öhle usw.) m it M am m ut, w ollh. N a s horn, R en und H ö h lenbär.
*) Es fehlen an beiden Stellen eigentliche „Stielspitzen", wie sie im Hohlen Stein Vorkommen. Dagegen ist die Klingenindustrie, besonders in Zonhoven, gut ausgebildet und ähnelt der des End-Magdaléniens sowie der der K u l t u r v o n A h r e n s b u r g - L a v e n s t e d t (Schmantes 1928; Müller-Brauel 1928). Die Kutur von Ahrensburg-Lavenstedt, in der die Stielspitze in schönen Exem plaren vertreten ist, nimmt aber auf Grund ihres überaus reichen und eigen artigen Klingenmaterials eine gewisse Sonderstellung ein. Da Ahrensburg und Lavenstedt Freilandsiedlungen sind, haben sich Tierreste bisher dort noch nicht gefunden. — Erwähnt sei hier, daß Hamal-Nandrin und Servais Zonhoven jetzt als Aurignacien ansehen, während Rahir Zonhoven für ein „rudimentäres“ Früh- Tardenoisien hält.
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2. H ohler Stein i V or-T ardenoisicn und M a rtin riv e ( Ü bergangs- M agdalénien i mit Ken und H ö h le n b ä r um H o h len S tein noch Eisfuchs und S c h n e e h u h n ’.
3. Früh-T ardenoisien (R cm oucham ps usw. ) m it Ren, E isfu ch s und Schneehuhn.
Zu berücksichtigen ist hierbei, d a ß die G ro tte von M a rtin riv e ihrem K ulturinventar nach dem E n d -M a g d a lé n ie n n ä h e r ste h t als dem Vor- und Früh-T ardenoisien ; dasselbe ist bei den F re ila n d sie d lu n g e n Zonhoven und A hrensburg-L avenstedt d e r P all.
B ei d e r E in o rd n u n g d er hier e rw ä h n te n P u n d p unkte in das C hrono
logieschem a des ausgehenden E isz e ita lte rs u n d der frü h en Nacheiszeit lege ich die ausgezeichnete T abelle von S ch w a n tes (1928) zugrunde, die die geologischen und klim atischen V e rh ä ltn isse g enauer w iedergibt als die T abelle M enghins (1927). D a s E n d -M ag d alén ien W estfalens ist mit einer durchaus arktischen F a u n a v e rg e se llsch a fte t un d ist dem gem äß an das E n d e der letzten (111.) n o rd d eu tsc h en E iszeit in eine Periode mit arktischem K lim a zu setzen. D ie nah v erw an d te K u ltu r von M artin
rive weist zwar keine h o ch a rk tisc h e n T ie re auf, a b e r doch solche, die ein im m erhin noch kaltes K lim a v erlan g en . D ie M artinrive ähnlichen K ulturen von Zonhoven und A h ren sb urg-L avenstedt sind F reilan d sied lungen im G egensatz zu den H öhlensiedlungen des nördlichen End- M agdaléniens und von M artinrive; m an könnte h ieraus auf ein m ilderes Klima w ährend dieser Zeit schließen und die K u ltu ren deshalb in die auf die letzte ark tisch e Periode folgende, etw as m ildere A lleröd-Zeit setzen.
Ich erinnere h ie r an die B em erkung von B irkn e r (in M üller-Brauet 1928), der wohl mit R echt das Vorkom m en d e r g ro ß e n G e rä te in Ahrensburg- Lavenstedt d a d u rc h erklärte, d a ß diese S iedler in einem Gebiet mit einem gewissen W ald b estan d e leb ten — wenn auch nicht ein regelrech
ter W ald in B e tra c h t kom m en k an n , so d o c h d e r „offene Kratt- wald m it W eide, P appel und K ie fe r“ d e r A lleröd-Z eit. Die nun folgen
den K ulturen des Vor- und F rü h -T a rd e n o isie n s deuten m it Ren, Eisfuchs und Schneehuhn w ieder ein k ä lte re s K lim a an, so d a ß das auch faunis- tisch ältere V or-Tardenoisien in die 2. D ry as-Z eit des M ittelschwedischen H altes — T u n d ra in N o rd d eu tsch lan d — gehört, das etwas jüngere F rüh-T ardenoisien in das A usgehende dieser Periode. W aren Vor- und F rüh-T ardenoisien w iederum in H öhlen anzutreffen, so ist das M ittel- T ardenoisien n u r in F reilandstationen v ertreten und ist seinerseits w ie
der in eine klim atisch günstigere Periode, etw a in die M itte d er Ancylus- Zeit, zu stellen.
H iern ach würde die E in o rd n u n g folgende sein:
Z eit Geologische
Gliederung Zoolog.-botanische Gliederung Klima W esten Nordwest
deutschland S p ât-
Tarde- noisien
S p ät- T ard e-
noisien F r e i- 5500
bis 7000 v. Chr.
Abschmelzen des E isrestes nach
Erstes Auftreten Eichenmischwaldesdes Boreal
land
sied - der Bipartition A n cy lu s-Z eit
5500 bis 8000 v. Chr.
Kiefernzeit
M ittel- Tarde- noisien
Frü h- T arde- noisien
M ittel- T arde- noisien
Früh«
T arde-
Jungen
Ende der Eiszeit Nordschwedisches Abschmelzen
7000 Birken-Espenzeit
z. T. schon Kiefer
Boreo- arktisch
bis o m n
(Finiglazial) Zirphaea-Beds Einwandern
des W aldes Klima
H ö h - v. Chr. Mittel«
schwedischer Halt
<Daun-Stadium>
2. Dryaszeit in Südschweden, Dänemark und
Holstein
Tundra in Südschweden, Dänemark und
N ord
deutschland
heutigen Westfinn«
marken Subark
tisch
noisien ? V o r -T a r-
denoisien (H ohler
Stein)
len«
sied«
lungen
9 0 0 0 bis 1 2 0 0 0 v. Chr.
Südschwedisches Abschmelzen (G otiglazial)
A lleröd -Z eit
Offener-Krak- wald mit W eide, Pappel
und Kiefer
Boreo- arktisch
Zonhoven
Ahrensburg Lavenstedt 1 Frei«
1 land«
j sied«
1 Jungen
1 2 0 0 0 bis
Südschwedischer H alt (Gschnitz-
V orstoß) Dryaszeit in Dänemark und H olstein
Tundra in Dänemark
M artin- rive
E nd«
M agda«
lenien
<Balver=
H öhle usw .) 1 9 0 0 0
v. Chr. Dänisches Abschmelzen (Daniglazial)
und N ord
deutschland
Arktisch
E n d - M agd a
lénien
H ö h -
19000
Lübecker œ Halt
£ <Pommersches g Stadium)
Dryaszeit und Bodeneis in
N ordw est
deutschland
Sied
lungen
bis Holsteinisch.
Abschmelzen 2 4 0 0 0
v. Chr.
5- Ahrensburger
*G H alt
•£ <Frankfurter
^ und Branden
burger Stadium)
H och- M agda-
lénien
?
13
Auch diese Tabelle ist insofern nicht vollkommen, als wir das genaue Alter von A hrensburg-Lavenstedt und Zonhoven auf Grund der L1 auna noch nicht feststellen können*). Für die K ulturentw icklung in der frühen Nacheiszeit ist aber vor allem das M esolithikum des H ohlen Steins bei Callenhardt von B edeutung, nicht nur seines interessanten Kidtar- inventars wegen**), sondern auch wegen seiner eigenartigen Fauna, für die wir in W estfalen bisher keine Parallele kennen. Die U ntersuchungen im Hohlen Stein sind, wie Abb. 3 und 4 zeigen, im oberen Teil der Höhle gerade erst bis auf die m esolithische Schicht vorgedrungen. Es sind also bei weiteren G rabungen auch fernerhin in jeder Beziehung wichtige und interessante R esultate zu erw arten.
A n g e f ü h r t e A r b e i t e n . A n d r e e , J u l i u s , Altsteinzeitliche
Funde aus Westfalen. II. Die Bilstein- Höhle bei Warstein i. W., Mannus, Zeitschr. f. Vorgesch., ip, 1927.
D e r s., Das Paläolithikum der Höhlen des Hönnetales in Westfalen. Mannus- Bibliothek, 42, 1928.
D e r s . , Beiträge zur Kenntnis des Paläo- lithikums und Mesolithikums westfäli
scher Höhlen. III. Die Grabungen im Hohlen Stein bei Callenhardt (Kr. Lipp- stadt) im Jahre 1929. Mitt. d. Alter
tumskommission für Westfalen, <?,1931.
(1931 a.)
D e r s . , Desgl., V. Alte Funde aus einer Höhle hei Iserlohn i. \V. Ebenda.
(1931 b.)
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der J i i ^ renskuri>'*-,avenstecR dürfte aus rein geologischen Gründen in das Ende
Schles ^r° ZU Setzen sein (vgl. meinen demnächst in den Mitteilungen des tikeV)SVV1ü^°^Ste^ SC^en ^ useums vaterländischer Altertümer erscheinenden Ar- das Alter611 Aus^ runSen von Zotz (Eiszeit und Urgeschichte, 7. 1930) über
^ ^ V° n Lavenstedt kann ich nicht zustimmen.
neuerer Höhl f UC^ vorläufige Mitteilung ,,Die wichtigsten Ergebnisse 1931, Nr 7 Cn orscllun6ett in Westfalen“. Forschungen und Fortschritte, 7,
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ZOBODAT - www.zobodat.at
Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database Digitale Literatur/Digital Literature
Zeitschrift/Journal: Abhandlungen aus dem Westfälischen Provinzial-Museum für Naturkunde
Jahr/Year: 1931 Band/Volume: 2_1931
Autor(en)/Author(s): Andree Julius
Artikel/Article: Die frühmesolithische Fauna aus dem Hohlen Stein hei Callenhardt (Kreis Lippstadt) 5-15