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Energie und Biogas aus Abfall für eine klimaneutrale Wirtschaft

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Academic year: 2021

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25 Energie und Biogas aus Abfall für eine klimaneutrale Wirtschaft

Anlagen

Energie und Biogas aus Abfall für eine klimaneutrale Wirtschaft

Andres Kronenberg 1. Das Klimaabkommen von Paris:

Keine Treibhausgasemissionen ab 2060 ...26

2. Ziele für die Abfallwirtschaft ...26

3. Steigerung der energetischen Effizienz ...27

3.1. Energie aus Bioabfällen ...27

3.2. Trockene Vergärung...27

3.2.1. Beispiel: Vergärungsanlage Faedo in Italien ...31

3.2.2. Kompostieren oder anaerob vergären? ...31

3.3. Energie aus Restabfall ...33

3.3.1. Beispiel: EfW-Anlage Renergia bei Luzern in der Schweiz ...33

3.3.2. Beispiel: EfW-Anlage Ferrybridge in England ...34

4. Stabilisierung der Energieversorgung mit Energie aus Abfall ...35

4.1. Hohe Penetration von Solar und Wind ...35

4.2. Speicherung von erneuerbarer Energie mit Stauseen ...36

4.3. Speicherung von erneuerbarer Energie als Biomethan ...37

4.4. Power-to-Gas-Anlage ...38

5. Quellen ...39

Die Ziele des Pariser Klimaabkommens stellen eine große Herausforderung für jede Volkswirtschaft dar.

Der vorliegende Bericht beleuchtet den Beitrag, welchen Energie aus Abfall und Biogas aus Bioabfällen leisten können, um diese Ziele zu erreichen:

• Das erste Ziel der Vermeidung von Deponiegasen ist in den deutschsprachigen Ländern bereits erreicht.

• Die Energieeffizienz der Anlagen weiter zu steigern ist ein Imperativ, der sich direkt aus dem Klimaabkommen ableitet. Anhand von Beispielen wird gezeigt, was dies für die Verwertung von Bioabfällen und Restabfällen bedeutet.

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• Bandenergie und Energie auf Abruf werden bei hoher Penetration von fluktuie- renden Energiequellen wie Wind und Sonne immer wichtiger. Dieser Artikel legt dar, wie Energie aus Abfall dazu beitragen kann, die Energienetze der Zukunft zu stabilisieren und Energie jederzeit verfügbar zu halten.

Ein besonderer Schwerpunkt wird auf die Rolle von erneuerbarem Erdgas gelegt. Dieses kann über das Gasnetz verteilt und in komprimierter Form als Treibstoff eingesetzt werden. Der Bericht erläutert, wie erneuerbares Gas entweder direkt aus Bioabfällen produziert oder aus erneuerbarer Spitzenenergie synthetisiert werden kann.

1. Das Klimaabkommen von Paris:

Keine Treibhausgasemissionen ab 2060

I hear no objection in the room, I declare the Paris climate agreement adopted. Mit diesen Worten schloss Laurent Fabius am 12. Dezember 2015 die 21. UN-Klimakonferenz erfolgreich ab. Nach zweiwöchigen, harten Verhandlungen und monatelangem Ringen einigten sich 195 Länder, den Klimawandel gemeinsam zu bekämpfen und verpflich- teten sich zu den anspruchsvollen und historisch wegweisenden Zielen. Nachdem 72 Länder, welche für 57 Prozent des weltweiten Treibhausgasausstoßes verantwortlich sind, das Abkommen ratifiziert hatten, trat es am 4. November 2016 in Kraft.

Um das anerkannte Ziel einer globalen Erwärmung von maximal 1,5 °C zu erreichen, sind die anthropogenen Emissionen von Klimagasen zwischen 2045 und 2060 soweit zu reduzieren, dass sie von der Natur – das heißt von Pflanzen, der Erde und den Ozeanen – gänzlich absorbiert werden können. Diese Zielsetzung erfordert konsequen- tes Handeln aller Akteure und kann nur erreicht werden, wenn die Energieversorgung in diesem Zeitraum vollständig auf erneuerbare Energie umgestellt wird. Dies bezieht sich nicht nur auf die Stromwirtschaft, sondern auf die gesamte Energieversorgung inklusive Verkehr und Wärme.

2. Ziele für die Abfallwirtschaft

Die Abfallwirtschaft kann einen erheblichen Beitrag dazu leisten, diese Ziele zu erreichen. Emissionen aus Deponien müssen eliminiert und die Rückgewinnung von Rohstoffen und Energie aus Abfall (EfW1) erhöht werden. Außerdem kann die Energie aus Abfall und Biomasse zur Stabilisierung einer vollständig erneuerbaren Energieversorgung eingesetzt werden. Auf dieses Ziel wird im vorliegenden Artikel besonders eingegangen.

Das größte Potenzial liegt in der Reduktion respektive der Elimination von Treib- hausgasemissionen aus Deponien. Eine Studie des deutschen Umweltbundesamts [1]

1 EfW: Energy from Waste, oder Energie aus Abfall. Der Autor verwendet diesen Begriff anstelle von MVA (Abfallverbrennungsanlagen), da moderne EfW-Technik auf die Gewinnung von Energie und nicht nur auf die Beseitigung von Abfall ausgelegt ist

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hat gezeigt, dass dieses Hauptpotenzial von 656 kg CO2-Äq per Tonne Abfall in Deutschland und einigen weiteren Ländern mit Deponieverbot bereits ausgeschöpft ist. Europaweit werden aber noch immer etwa ein Drittel der Abfallmenge, was 74,5 Millionen Tonnen entspricht, deponiert2. Ein Drittel davon in der Türkei. Eine Deponiegaserfassung reduziert die Klimagasemissionen aus Deponien zwar erheblich, aber nur ein Deponieverbot eliminiert sie ganz. Dieses Thema ist reichlich bekannt und wird in diesem Beitrag nicht weiter erläutert.

Energie aus Abfall ersetzt fossile Energie. Die oben genannte Studie zeigt, dass die Netto- Emission von EfW-Anlagen im Jahr 2006 bei -130 kg CO2-Äq per Tonne Abfall lag und mit verbesserter Technik bis 2020 -320 bis -370 kg CO2-Äq per Tonne Abfall erreichbar sind.

Wichtig bei diesen Aussagen ist das Vorzeichen. Die mit durchschnittlichem Energiemix eingesparten Klimagasemissionen sind so hoch, dass auch nach Abzug der durch die EfW- Anlagen ausgestoßenen Treibhausgase eine Reduktion der Klimagasemissionen erfolgt.

Die Energieeffizienz der Anlagen weiter zu steigern ist ein Imperativ, welcher sich direkt aus dem Klimaabkommen ableitet. Im Folgenden wird an Beispielen von neu errichteten Anlagen und Umbauten bestehender Anlagen aufgezeigt, was bereits heute machbar ist.

EfW-Anlagen gewinnen aus Restabfall die Energieträger Strom und Fernwärme. Mit Vergärungsanlagen und folgender Gasaufbereitung wird aus Bioabfällen Energie in der Form von Biomethan gewonnen. Dieser Fachbeitrag wird aufzeigen, wie sich diese Ener- giearten in eine von Solarstrom und Windkraft dominierte, vollständig erneuerbare Ener- gieversorgung integrieren und einen wesentlichen Beitrag zu deren Stabilisierung leisten.

3. Steigerung der energetischen Effizienz

Den Klimazielen entsprechend muss die Energiegewinnung aus biologischen Abfällen und aus Restabfällen weiter gesteigert werden. Die folgenden Beispiele zeigen, dass dies möglich ist.

3.1. Energie aus Bioabfällen

Europaweit wird die getrennte Erfassung von biologischen Abfällen gefördert, um diese zu Kompost aufzubereiten und stofflich zu verwerten. Wertvolle Nährstoffe und organisches Strukturmaterial bleiben damit der Landwirtschaft erhalten.

3.2. Trockene Vergärung

Die in organischen Abfällen – bestehend unter anderem aus Küchen- und Garten- abfällen sowie Essensresten – enthaltene Energie kann mit Vergärungstechnologien in Biogas umgewandelt werden. In Bild 1 werden die wichtigsten Komponenten der Kompogas-Technologie – der anaeroben Vergärungstechnologie von Hitachi Zosen Inova – dargestellt. Die biologischen Abfälle werden im Fermenter während etwa zwei

2 Eurostat 2015 mit Zahlen für 2013 für EU der 28 Länder

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Wochen langsam zersetzt, sodass Biogas freigesetzt wird. Der Gärrest wird entwässert und nach der Nachrotte als Kompost mit entsprechenden Gütesiegeln für den Einsatz in der Landwirtschaft vermarktet.

Bild 1: Schematische Darstellung der Kompogas-Technologie zur trockenen anaeroben Vergä- rung von biologischen Abfällen

Das gewonnene Biogas kann entweder direkt in einem Gasmotor elektrisch verwertet werden oder es wird in einem zweiten Schritt zu Biomethan aufbereitet. Dieses Bio- methan lässt sich vielseitig einsetzen. So kann es einerseits in das Gasnetzwerk ein- gespeist oder aber in Form von CNG3 als Treibstoff für Fahrzeuge eingesetzt werden.

Der exakte Ertrag hängt von der Zusammensetzung der Abfälle ab. Typische Erträge werden in Bild 2 dargestellt.

3 CNG: Compressed Natural Gas, komprimiertes Biogas 60 Nm3 Biomethan, gleichwertig zu 60 l Benzin Aus 1 Tonne

gemischter Bioabfälle entstehen:

Kompost und Dünger

Netto 250 kWh Strom oder

Bild 2:

Typischer energetischer Ertrag aus einer metrischen Tonne gemischter Garten- und Küchen- abfälle

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3.2.1. Beispiel: Vergärungsanlage Faedo in Italien Im Jahr 2012 wurde die Kompogas-Anlage Faedo im italienischen Trentino errichtet (Bild 3). Sie ist eine von über 80 mit Kompogas-Technologie gebauten Anlagen und war die erste kontinuierliche Trockenvergärungsanlage für Bioabfälle in Italien. Der vor Ort erzeugte Kompost wird als kostbarer, zertifizierter Nährstoff- und Humuslieferant von lokalen Abnehmern direkt auf der Anlage abgeholt und in der Landwirtschaft, dem Obstbau und den Weinbergen Trients und Südtirols eingesetzt.

Bild 3: Faedo, Italien – Anaerobe Vergärung mit Kompogas-Technologie

Der Kompogas-Fermenter der Anlage Faedo wird jährlich mit 32.000 Tonnen Küchen- abfällen und Grüngut beschickt. Daraus entstehen etwa 3,8 Millionen Nm3 Biogas, was 2,1 Millionen Nm3 Biomethan entspricht.

3.2.2. Kompostieren oder anaerob vergären?

Sobald organische Abfälle wie Küchen- und Gartenabfälle getrennt vom restlichen Abfall gesammelt werden, stellt sich die Frage, ob diese kompostiert oder vergärt werden sollen.

Ein Vergleich aus der Praxis ist in Bild 4 dargestellt. Eine bestehende Kompostier- anlage, welche jährlich 40.000 m3 Bioabfälle zu Kompost verarbeitet, braucht für ihren Betrieb etwa 2.600 MWh Strom. Eine Kompogas-Anlage benötigt nur geringfügig mehr Strom, nämlich etwa 2.900 MWh/a und zusätzlich 1.600 MWh Wärme pro Jahr. Die Wärme wird nur auf tiefem Niveau benötigt und kann daher durch die Abwärme von

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EfW-Anlagen oder anderen thermischen Anlagen gedeckt werden. Mittels der Vergä- rungstechnologie werden jedoch zusätzlich zum Kompost jährlich etwa 31.000 MWh Biogas produziert.

Bild 4: Energetischer Vergleich einer Kompostierung mit einer Trockenvergärung

Aus einer Energiesenke (Kompostierung) wird somit eine Energie produzierende Anlage. Wird konservativ angenommen, dass die für die Vergärung benötigte Wärme durch die Verbrennung von Biomethan gedeckt werden muss, bleibt ein Netto-Ener- giegewinn von 29.100 MWh/a. Diese Energiemenge entspricht 2,9 Millionen Nm3 erneuerbarem Biomethan, welches in der Form von CNG als Treibstoffersatz verwen- det werden kann oder aber ins Gasnetz eingespeist wird. In der Form von CNG ist die Energie gespeichert, einfach transportierbar und kann bedarfsabhängig zu einem späteren Zeitpunkt verbraucht werden.

Dies wird im Kapitel 4.3. Speicherung von erneuerbarer Energie als Biomethan be- schrieben.

Mit dem Netto-Ertrag an CNG können 2,9 Millionen Liter Benzin ersetzt werden, was ausreicht, um mit einem 6-Liter-Auto 1.200 mal um die Erde zu fahren.4

Mit jedem Kubikmeter Bioabfall, welcher vergärt statt kompostiert wird, können also über 70 l Benzin ersetzt werden, was Emission von Treibhausgasen um 200 kg CO2 reduziert.5

Mit Kompogas lässt sich somit die in biologischen Abfällen enthaltene Energie nutzen, während gleichzeitig die Nähr- und Strukturstoffe als Kompost in der Landwirtschaft wiederverwertet werden.

4 2,9 Millionen Nm3 CNG entsprechen etwa 2,9 Millionen l Benzin. Mit 6 l/100 km ergibt dies eine Fahrstrecke von 48.300.000 km

5 1 l Benzin verursacht CO2-Emissionen von 2,88 kg

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33 Energie und Biogas aus Abfall für eine klimaneutrale Wirtschaft

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Der Imperativ zur maximalen Energienutzung wird dazu führen, dass die biologischen Abfallmengen in Zukunft nur noch vergärt werden.

3.3. Energie aus Restabfall

EfW-Anlagen sollten wenn immer möglich direkt als Wärmeheizkraftwerke gebaut werden, um möglichst viel fossile Energie ersetzen zu können. An zwei Beispielen wird im Folgenden gezeigt, dass EfW bereits heute mehr zur Reduktion der Klimagase beisteuert als in bisherigen Studien angenommen.

3.3.1. Beispiel: EfW-Anlage Renergia bei Luzern in der Schweiz In der Region Luzern im Zentrum der Schweiz wurde nach fast 50 Jahren Betrieb eine alte MVA durch eine moderne EfW-Anlage ersetzt. Die hierzu gegründete Firma Renergia eruierte einen idealen Standort, welcher die Lieferung von Prozessdampf an die nahe gelegene Papierfabrik Perlen Papier AG und die Abgabe von Fernwärme ins Netz erlaubt. Außerdem ermöglicht er die Anlieferung von Abfall über die Schiene.

Renergia entschied sich für ein Konzept, welches maximale energetische Effizienz mit tiefen Emissionen verbindet.

Bild 5: EfW-Anlage Renergia bei Luzern in der Schweiz

Die Resultate der Anlage dürfen sich sehen lassen. Aus jeder metrischen Tonne Abfall werden 750 kWh Strom sowie 2 MWh Prozess- und Fernwärme erzeugt. Der R1-Faktor liegt bei 93,8 Prozent. Mit der Behandlung von 200.000 t/a Abfall werden somit jährlich 40.000 Tonnen Öl eingespart und die CO2-Emissionen um 90.000 t/a reduziert. Pro Tonne Abfall werden also 450 kg CO2 aus der Energieproduktion vermieden.

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Hitachi Zosen Inova agierte als Technologielieferant für die Renergia. Die hohen Wir- kungsgrade sind möglich dank nahezu vollständiger Energierückgewinnung aus den Abgasen der Anlage. Dies wird durch einen möglichst klein gehaltenen Abgasstrom, eine tiefe Kamin-Austrittstemperatur sowie eine komplett trockene Abgasbehandlung realisiert.

Bild 6: Schematische Darstellung der EfW-Anlage Luzern

Die Renergia profitiert von verschiedenen innovativen Weiterentwicklungen der Hitachi Zosen Inova. Eine zweistufige Eindüsung von Sekundärluft, rezirkuliertes Abgas sowie eine erweiterte Feuerleistungsregelung erlauben den sicheren und stabilen Betrieb bei kleiner Abgasmenge. Nach mehrstufiger Reinigung werden die Abgase bis auf 80 °C abgekühlt. Außerdem wird der erste Zug anstelle von Feuerfestplatten vollständig durch eine Schweißplattierung mit Inconel 625 geschützt.

3.3.2. Beispiel: EfW-Anlage Ferrybridge in England

Fernwärme oder Prozesswärme abzugeben ist nicht überall möglich. Dennoch können hocheffiziente Anlagen gebaut werden, wie das Beispiel Ferrybridge zeigt. Die Anlage mit einer thermischen Kapazität von 2 mal 117 MW wurde auf hohe Energieeffizienz ausgelegt. SSE, der zweitgrößte Energieproduzent in UK, hat sich verpflichtet, die CO2-Intensität seiner Energieproduktion bis 2020 um 50 Prozent zu reduzieren. Die Anlage Ferrybridge 1 ist ein wichtiger Bestandteil dieser Strategie.

Die Anlage kann mit gemischtem Restabfall, Ersatzbrennstoff (EBS) oder Altholz be- trieben werden. Dank neuester Technik wird eine elektrische Netto-Energieeffizienz von 31 Prozent erreicht, was zu einer Stromproduktion von über 1.100 kWh pro Tonne verbranntem EBS führt. Dies bedeutet pro Tonne Abfall eine Reduktion der CO2-Emissionen um 670 kg.6

6 Der englische Strommix führt zu einer Belastung von 610 kg CO2 per MWh

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4. Stabilisierung der Energieversorgung mit Energie aus Abfall

Wie die Energiegewinnung aus Restabfall und Bioabfällen gesteigert werden kann, wurde in den vorangehenden Teilen ausgeführt. Im folgenden Kapitel wird erläutert, welchen Beitrag Energie aus Abfall zur Stabilisierung einer vollständig erneuerbaren Energieversorgung liefern kann.

4.1. Hohe Penetration von Solar und Wind

Der Anteil der erneuerbaren Energien stieg im deutschen Strommix dank dem Erneu- erbare-Energien-Gesetz (EEG) von etwa sechs Prozent im Jahr 2000 auf 32,3 Prozent – gemäß ersten vorläufigen Angaben – im Jahr 2016. Der Anteil an Solarstrom betrug 5,9 %, derjenige an Wind 12,3 %, was ein Total von 18,2 % ergibt. Noch immer wurden 53,1 % der Energie fossil und 13,1 % nuklear erzeugt.7

Eine vollständig erneuerbare Energieversorgung wird viel stärker von fluktuierender Solar- und Windenergie geprägt sein. Erneuerbare Bandenergie – also Energie, welche konstant verfügbar ist – und erneuerbare Energie, die auf Abruf zur Verfügung steht, werden sodann einen wichtigeren Stellenwert erhalten.

Bild 7: EfW-Anlage Ferrybridge in England

7 Vorläufige Zahlen des Bundesamtes für Wirtschaft und Energie, publiziert im Dezember 2016

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Bild 8: Schema einer vollständig erneuerbaren Energieversorgung

Bild 8 zeigt schematisch, wie diese drei Kategorien zusammenspielen. Der größte Anteil der erneuerbaren Energie wird durch fluktuierende Solar- und Windenergie abgedeckt.

Laufwasserkraftwerke sowie thermische Biomasse- und Abfallkraftwerke (EfW) liefern Bandenergie. Spitzenenergie und Energie auf Abruf werden durch Speicherseekraft- werke und AD-Anlagen geliefert.

Das Augenmerk liegt hier auf der Produktion von Bandenergie mit EfW oder Alt- holzanlagen und auf Biogasanlagen (AD). Unsere Industrie kann in Zukunft einen großen Beitrag zur Energieversorgung leisten, indem die Bandenergie zuverlässig und vorhersehbar produziert und vermarket wird.

Biomethan aus Bioabfall ist in seiner komprimierten Form als CNG über lange Zeit speicherbar und als Treibstoff für mobile Anwendungen einsetzbar. Auch die Einspei- sung ins Gasnetz erlaubt eine Speicherung, sodass diese Energie nachfrageabhängig eingesetzt werden kann. Die so gespeicherte Energie hat einen höheren Wert als kontinuierlich produzierte Bandenergie – welche zum Beispiel beim Betrieb eines Gasmotors entsteht – und soll entsprechend vermarktet werden.

4.2. Speicherung von erneuerbarer Energie mit Stauseen

Gunzinger [2] hat das Szenario einer vollständig erneuerbaren Energiewirtschaft für die Schweiz untersucht. Bei einer hohen Penetration von Solar- und Windenergie müssen Speicherlösungen das Netz stabilisieren.

EFW

AD Biogas Biogas

Bandenergie On Demand Fluktuierend

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Bild 9: Szenario einer vollständig erneuerbaren Stromwirtschaft für die Schweiz

Quelle: Anton Gunzinger/Supercomputing Systems AG

Bild 9 veranschaulicht den Strommix eines solchen Szenarios. Fluktuierende Energie aus Solarstrom und Windkraft wird durch Pumpspeicherkraftwerke und Speichersee- kraftwerke ausgeglichen. Energie aus Abfall – als konventionell-thermische Kraftwerke bezeichnet – und Biomassekraftwerke stellen die notwendige Bandenergie bereit. Die Ertragsspitzen aus der Solarenergieerzeugung werden mit Hilfe von Pumpspeicher- kraftwerken gespeichert.

Die Schweiz ist großzügig mit Bergen bestückt, welche Pumpspeicherkraftwerke ermöglichen. Im nächsten Abschnitt wird aufgezeigt, wie Energie auch anderweitig gespeichert und verfügbar gemacht werden kann.

4.3. Speicherung von erneuerbarer Energie als Biomethan

Bild 10 stellt dar, wie fluktuierende Energie in Energie auf Abruf umgewandelt werden kann. Die Standardlösung sind Pumpspeicherkraftwerke, mit deren Hilfe Wasser in Stauseen gepumpt und bei Bedarf turbiniert werden kann.

Ein ganz anderer Weg kann mit Biomethan als Speichermedium angeboten werden.

Kalenderwoche Stromerzeugung pro Tag

Gigawattstunden

1 5 9 13 17 21 25 29 33 37 41 45 49

0 50 100 150 200 250 300 350

Pumpspeicherkraftwerke Speicherseekraftwerke Solaranlagen (Dachflächen) Solaranlagen (Berghänge)

Windkraftanlagen Laufwasserkraftwerke Biomassekraftwerke

Konventionell-thermische Kraftwerke

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Bei dieser Lösung werden die Mengen an fluktuierender Energie, welche nicht kon- sumiert werden, mit einer Power-to-Gas-Anlage (P2G) in Methan umgewandelt. Wie bereits beschrieben eignet sich Biomethan hervorragend als Speicher für erneuerbare Energie. Es kann über das Gasnetzwerk verteilt und in Form von CNG als Treibstoff eingesetzt werden.

Der P2G-Prozess benötigt nebst der zu speichernden Energie CO2, um Methan zu erzeugen. Deshalb bietet sich eine Kombination solcher Anlagen mit Vergärungs- oder EfW-Anlagen an.

8 Bei einer Fahrleistung von je 15.000 km/Jahr EFW

AD

PtG

Biogas Biogas

Bandenergie On Demand Fluktuierend

CO2

CO2

Bild 10: Speicherung von erneuerbarer Energie mit Pumpspeicherwerken und Power-to-Gas Ebenfalls wird in dieser Grafik die sich ergänzende Zusammenarbeit zwischen Vergä- rungsanlagen und P2G-Anlagen deutlich. Mit beiden Technologien wird speicherbares Biomethan produziert.

4.4. Power-to-Gas-Anlage

Audi setzt auf Nachhaltigkeit. Nicht nur bei den Automobilen, sondern in der ganzen Kette der Energieträger. Mit dem Audi e-gas-Projekt wird erneuerbares Biomethan, bei Audi auch synthetisches Erdgas oder eben e-gas genannt, als Treibstoff eingesetzt.

Mit einer Leistung von 6,3 MW ist die P2G-Anlage in Werlte die größte weltweit. Sie produziert genügend CNG, um 1.500 Audi A3 g-tron zu versorgen8.

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39 Energie und Biogas aus Abfall für eine klimaneutrale Wirtschaft

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Die P2G-Technik von HZI Etogas, einer Tochter von Hitachi Zosen Inova, produziert in mehreren Stufen CNG aus elektrischer Peak-Energie. Mittels Elektrolyse wird Was- ser mit Elektrizität in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Der Wasserstoff wird sodann mit CO2 katalytisch methanisiert. In einem abschließenden Schritt wird das Gas aufbereitet und komprimiert, sodass damit Fahrzeuge betankt werden können.

Die von Hitachi Zosen Inova unter der Marke Kompogas® vertriebene Technologie ist eine eingetragene Marke und patentrechtlich geschützt.

5. Quellen

[1] Dehoust, G.; Schüler, D.; Vogt, R.; Giegrich, J.: Klimaschutzpotenziale der Abfallwirtschaft – Am Beispiel von Siedlungsabfällen und Altholz. Umweltbundesamt (Hrsg.), 2010

[2] Gunzinger, A.: Kraftwerk Schweiz: Plädoyer für eine Energiewende mit Zukunft. Schweiz:

Zytglogge Verlag, 2015

Bild 11: Power-to-Gas-Anlage im Einsatz bei Audi in Werlte

Bildrechte: Audi AG

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Vorwort

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar

Karl J. Thomé-Kozmiensky, Michael Beckmann (Hrsg.):

Energie aus Abfall, Band 14

ISBN 978-3-944310-32-9 TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky

Copyright: Elisabeth Thomé-Kozmiensky, M.Sc., Dr.-Ing. Stephanie Thiel Alle Rechte vorbehalten

Verlag: TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky • Neuruppin 2017

Redaktion und Lektorat: Dr.-Ing. Stephanie Thiel, Elisabeth Thomé-Kozmiensky, M.Sc.

Erfassung und Layout: Sandra Peters, Anne Kuhlo, Janin Burbott-Seidel, Claudia Naumann-Deppe, Ginette Teske, Gabi Spiegel, Cordula Müller

Druck: Universal Medien GmbH, München

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funk- sendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9.

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