Die Gerechtigkeit Gottes im Evangelium
Ernst-August Bremicker
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PaulusschreibtinderEinleitungzuseinemBriefandieRömer:
„DennichschämemichdesEvangeliumsnicht,dennesistGottesKraft zum Heil jedem Glaubenden, sowohl dem Juden zuerst als auch dem Griechen.DennGottesGerechtigkeitwirddarinoffenbartausGlauben zuGlauben,wiegeschriebensteht:‚DerGerechteaberwirdausGlauben leben‘“(Röm1,6.17).
NachdemerinRömer1,8–3,30dieSchuldhaftigkeitjedesMenschenausführlich behandelthat,schließterdanndirektandieAussageinKapitel1anundschreibt weiter:
„Jetztaberist,ohneGesetz,GottesGerechtigkeitoffenbartworden,bezeugt durch dasGesetz und diePropheten: GottesGerechtigkeitaber durch GlaubenanJesusChristusgegenalle[und aufalle],dieglauben.Denn esistkeinUnterschied...“(Röm3,1.22).
DiesebeidenVersedienenalsAusgangspunktfürunsereweiterenÜberlegungen.
1. Einführung
ZunächstzweiVorbemerkungen:
a. Esfälltauf,dassdasNeueTestamentsagt:„GottistLicht“und„GottistLiebe“.
WirlesenjedochankeinereinzigenStelle:„GottistGerechtigkeit“.Natürlich istGottinseinemHandelnimmergerecht.DennochistGerechtigkeitkeine innereEigenschaft GottesimabsolutenSinn.InsichselbstistGottLicht undLiebe,abernichtGerechtigkeit.DieGerechtigkeitGotteshatimmermit derBeziehungGotteszuanderenzutun(z. B.zuMenschen,zuEngeln,zum HerrnJesus).
b. Der Versuch, die Gerechtigkeit Gottes zu erklären, hat zu manchen Fehlauslegungengeführt.DerGrundistwahrscheinlich,dassderRömerbrief sagt,dasssichdieGerechtigkeitGottesgeradeimEvangeliumoffenbart–und nicht(nur)imGericht.Manchedenkendeshalb,dassGerechtigkeitGottes indiesemZusammenhangnichtsanderesalsdieRechtfertigungdurchGott bedeutet.Anderedenken,dassgemeintist,dassGottdemGlaubendenseine eigeneGerechtigkeitzurechnet.WiederandereverbindendiesenAusdruck
mitderGerechtigkeitdesHerrnJesus,dieGottdemanrechnet,deranIhn glaubt.DerReformatorMartinLuthersprichtvoneinerGerechtigkeit,„die vorGottgilt“.Erschreibt:„DeineGerechtigkeitistnichts,sondernChristi Gerechtigkeit,diegiltalleinvorGott,vondersagtdasEvangeliumundsonst vonkeinerandern.“1
DievorgebrachtenArgumentesindnatürlichnichteinfachvonderHandzuweisen.
Allerdingserklärensienichtwirklich,wasGottesGerechtigkeitist:
• DieGerechtigkeitGottesistnichtidentischmitRechtfertigung:DerRömerbrief sprichtausführlichüberdieRechtfertigungdesSünders,unddieseSegnung hatinderTatdamitzutun,dassGottgerechtist.DennochistdieGerechtigkeit GottesvonderRechtfertigungzuunterscheiden.EssindzweiBegriffe,die zusammengehören,jedochunterschiedenwerdenmüssen.
• DieGerechtigkeitGottesmeintnichtdieZurechnungvonGerechtigkeit:Die ZurechnungvonGerechtigkeitistebenfallseineTatsache,vonderunsder RömerbriefbesondersinKapitel4schreibt.DortgehtesumdasBeispiel desGlaubensmannesAbraham.Allerdingsfälltauf,dassnichtausdrücklich gesagtwird,dassihmGottesGerechtigkeitzugerechnetwird.Esgehtvielmehr umdieRechtfertigungAbrahamsaufderGrundlagedesGlaubens.
• DieGerechtigkeitGottesistnichtdasgerechteLeben Jesu:Esistohnejede Frage wahr, dassder Herr Jesus ein Leben in praktischer Gerechtigkeit gelebthat.Erhat„GerechtigkeitgeliebtundGesetzlosigkeitgehasst“(Heb1,).
DennochlehrtdieBibelankeinerStelle,dassdieseGerechtigkeitaufden Glaubendenübertragenwird.WennGottdasgetanhätte,wäredersühnende undstellvertretendeTodChristinichtnotwendiggewesen.Christushatdas GesetzinallenPunktengehalten.ErwardemGesetznachgerecht.Doch selbsteinesolcheGerechtigkeitwärefürunsimmernocheinemenschliche Gerechtigkeit.DazuschreibtderApostelPaulus:„IchmachedieGnadeGottes nichtungültig; denn wennGerechtigkeitdurch Gesetz kommt,dann ist Christusumsonstgestorben“(Gal2,1).
2. Begriffserklärung
Esisteigentlichnichtschwierig,denBegriffzuerklären.„GerechtigkeitGottes“
bedeutetnämlichgenaudas,wasderAusdrucksagt.Römer1sprichtbeispielsweise vonderKraftGottes.Dasheißtganzeinfach,dassGottmächtigbzw.allmächtigist undIhmnichtszugroßist.Römer1sprichtvomZornGottes.Dasbedeutet,dass GottüberdieSündezürntundsierichtenmuss.
WennalsovonderGerechtigkeitGottesdieRedeist,dannistganzeinfachgemeint, dassGottinseinemWesenundinseinemHandelnimmergerechtist.Erbleibtsich selbstimmertreu.Eskannnichtanderssein.Gerechtigkeitistdieunveränderliche undvollkommeneTreueGottessichselbstunddemgegenüber,wasErinseinem Wortsagt.Gottistgerecht,weilErkonsequentinÜbereinstimmungmitdemhandelt, wasErist,d. h.mitseinemWesen.Alles,wasGotttut,stehtimEinklangdamit, dassErLichtundLiebeist.GottistLiebe,aberdieseLiebeäußertsichnieunter VernachlässigungderTatsache,dassErLichtist.DeshalbkenntdieBibelkeinen
„liebenGott“,derderSündegegenüber„einAugezudrücken“wird.WennGottin seinerunbegreiflichenLiebedemSünderdasHeilanbietet,dannkannEresnurauf einergerechtenGrundlagetun.DieseGrundlagefindetErindemWerkvomKreuz.
3. Gottes Gerechtigkeit muss Sünde bestrafen
DieGerechtigkeitalsCharakterzugGotteszeigtsichzumeinenimGericht.Das verstehenwirgut.GottistheiligundkannSündenichtsehen.Eristgerechtund mussdeshalbSünderichten.Jesajaschreibt:„DerHerrderHeerscharenwirdim Gerichterhabensein,undGott,derHeilige,sichheiligerweiseninGerechtigkeit“
(Jes5,6).PauluserinnertinseinerRedeaufdemAreopagdaran,dassGotteinmal denErdkreisrichtenwirdinGerechtigkeit(Apg17,1).UndauchderRömerbrief –indemesvorrangigumdieOffenbarungderGerechtigkeitimEvangeliumgeht –sprichtvondem„TagdesZornsundderOffenbarungdesgerechtenGerichts
Gottes“(Röm2,).
GottesGerechtigkeitkann dieSündenvonMenschennichteinfachungestraft hingehenlassen.Gottmusssiebestrafen,sonstwäreErnichtgerecht.Daswar
selbstimAltenTestamentbekannt.Esrabetete:„Herr,GottIsraels,dubistgerecht...
Siehe,wirsindvordirinunsererSchuld;denndeswegenkannmannichtvordir bestehen“(Esra9,5).ÄhnlichformulierteesDaniel:„DennderHerr,unserGott,ist gerechtinallenseinenTaten,dieergetanhat;aberwirhabenseinerStimmenicht gehorcht“(Dan9,4).PaulussprichtdeshalbamAnfangdesRömerbriefesdavon, dassGottesgerechtesUrteilanzuerkennenist,„... dassdie,diesoetwastun,des Todeswürdigsind“(Röm1,2).GottesGerechtigkeitfordertalsodieBestrafungdes Sünders,dochalsgnädigerundbarmherzigerGottstraftEreinenanderendafürals diejenigen,diegesündigthaben.JesusChristusistunserStellvertretergeworden.
NurdeshalbkönnenwirdergerechtenStrafeentgehen.
4. Gottes Gerechtigkeit im Evangelium offenbart
GottseiDank–seineGerechtigkeitoffenbartsichnichtnurimGericht,sondern sieoffenbartsichauchimEvangelium,dergutenBotschaftGottes.DasEvangelium unseresHeilsgehtweitüberdashinaus,wasimAltenTestamentbekanntwar.Jetzt istGottesGerechtigkeitoffenbartworden–undzwarohneGesetzunddennoch
„bezeugtdurch dasGesetz unddiePropheten“. Auf dereinen Seitegeht diese Offenbarung alsoüberdashinaus,waswirimAltenTestamentfinden.Aufder anderenSeitewirdsieimAltenTestamentbereitsdeutlichbezeugt.
4.1. Unterschiede zum Alten Testament:
DieUnterschiedezwischendemAltenunddemNeuenTestamentimBlickaufdie Gerechtigkeitsindauffallend:
• ImaltenBundwurdeGerechtigkeitgefordert.DieIsraelitenhattendasGesetz, dassiehaltenmussten,umzuleben.ImEvangeliumwirdGerechtigkeitnicht längergefordert,sondernsiewirdoffenbartundzugerechnet.
• ImaltenBundhättemansich–zumindesttheoretisch–einemenschliche Gerechtigkeiterwerbenkönnen.ImEvangeliumwirddieGerechtigkeitGottes ausGnade unddurch Glauben angeboten. Sie kann nicht für irgendeine Gegenleistungerworbenwerden.
• ImaltenBundwurdeGerechtigkeitaufdemGrundsatzvonWerkenerreicht.
ImEvangeliumwirdGerechtigkeitzugerechnet,undzwaraufdemGrundsatz desGlaubens.WennesumdasHeilGottesgeht,istdasWirkenderMenschen völligausgeschlossen.
• Im alten Bund war Gerechtigkeit mit einem sichtbaren Gottesdienst verbunden.ImEvangeliumgehtesumdieGerechtigkeitGottes,dienicht nuraufdemGrundsatzdesGlaubens,sondernauch„zuGlauben“ ist.Esgeht inderHaushaltungderGnadenichtumsichtbare,sondernumunsichtbare undgeistlicheDinge,dienurderGlaubeergreifenkann.
4.2. Bezeugt im Alten Testament
DieTatsache,dassGottesGerechtigkeitimEvangeliumoffenbartwirdundden rechtfertigt,deranChristusJesusglaubt,wirdimAltenTestamentzwarnichtvöllig offenbart,wohlaberbezeugtundangedeutet–undzwarimGesetzundinden Propheten.
a. ImGesetz:HierdenkenwirvorallemandievielfältigenVorschriftenüber dieOpfer,diealleandaseineOpferdesHerrnJesuserinnern(Heb10,4).
KeinesdieserOpferkonnteSündenwegnehmen(Heb10,),wohlaberaufdas einevollkommeneOpferhinweisen,indemGotteineGrundlagegefunden hat,umseineGerechtigkeitimEvangeliumzuoffenbarenundSünderzu rechtfertigen.
b. IndenPropheten:IndenProphetenlesenwirhäufigüberdieGerechtigkeit Gottes.EsistbesondersderProphetJesaja–manchmalalsEvangelistdes AltenTestamentesbezeichnet–,derdiesesThemaaufgreiftundesmitdem HeilGottesverbindet.DurchihnlässtGottbeispielsweisesagen:„Ichhabe meineGerechtigkeitnahegebracht,sieistnichtfern,undmeinHeilzögert nicht“(Jes46,3).„NaheistmeineGerechtigkeit,meinHeilistausgezogen...
meineGerechtigkeitwirdnichtzerschmettertwerden...meineGerechtigkeit wird inEwigkeit sein,und meinHeil durch alleGeschlechterhindurch“
(Kap.51,5.6.8).
5. Die Gerechtigkeit Gottes in Bezug auf Christus
DasEvangeliumGottesistzuerstseineguteBotschaftüberseinenSohn(Röm1,.3).
DeshalbzeigtsichGottesGerechtigkeitimEvangeliumzuerstandemMenschen JesusChristus.Eristes,derdiegerechteGrundlagegelegthat,umdenSünder,der diesesWerkimGlaubenannimmt,zurechtfertigen:
a. Gottwargerecht,alsErdenHerrnJesus,alsEralsSündenträgeramKreuz hing,verließundfürunsereSchuldstrafte.Wirkönnenesnichtbegreifen, dassErindenStundenamKreuzausrief:„MeinGott,meinGott,warum hastdumichverlassen?“(Mt27,6;Mk15,4).AufdiesenNotschreigabes keineAntwort.DieSonneverbargihrenSchein,derHimmelschwieg.Keine AntwortaufdenNotschrei dessen,derin seinemganzenLebenaufGott vertraut hatte! Kann das ein Gott der Liebe sein?So mögen Menschen vielleichtfragen. Ja,eswardieLiebeGottes,dieIhninTodundGericht gab.EswarzugleichdieGerechtigkeitGottes,dieIhndortstrafte.Sogerecht istGott,dassErIhn,alsEr„selbstunsereSündenanseinemLeibaufdem Holzgetragenhat“(1.Pet2,4),ohneAntwortließ.DasGerichtGottes,das wirverdienthatten,trafIhndortohnejedeSchonung.EwigseiseinName dafürgepriesen!
b. WennesdieGerechtigkeitGotteswar,dieIhnamKreuzstrafte,sowares ebenfallsseineGerechtigkeit,dieIhnausdenTotenauferweckte.Erhatte keineSündegetan.Erwar„derGerechte“,derfürUngerechtegelittenhat,so dassGottgerechtwar,alsErIhnausdenTotenauferweckte.Petruserinnert seineZuhörerbeiseinergroßenRedeamPfingsttagdaran,dasses„nicht möglichwar,dassEr[derHerrJesus]vonihm[demTod]behaltenwürde“, dennschonimAltenTestamentwurdegesagt:„DuwirstmeineSeelenicht imHadeszurücklassennochzugeben,dassdeinFrommerVerwesungsehe“
(Apg2,4–27).SohatGottIhnausdenTotenauferweckt,weilErgerechtist.
c. GottesGerechtigkeithatIhnnichtnurausdenTotenauferweckt,sondern siehatIhmdanacheinenPlatzzuseinerRechtengegeben.Inderbereits angeführtenRededesPetruswerdenwirdaranerinnert,dassEr„durchdie
RechteGotteserhöhtwordenist“(Apg2,3).DerHerrJesusselbsthattedavon gesprochenundseinenJüngernerklärt,dassderHeiligeGeistdieWeltvon Gerechtigkeitüberführenwerde.AlsGrundgibtEran:„...vonGerechtigkeit aber,weilichzumVaterhingehe“(Joh16,0).
6. Die Gerechtigkeit Gottes in Bezug auf uns
Das Großartige und Unfassbare ist, dass Gottes Gerechtigkeit sich jetzt im EvangeliumMenschengegenüberoffenbart,undzwar„gegenalleundaufalle, dieglauben“.
GotterwartetnichtlängerGerechtigkeitvonunsMenschen,sondernEroffenbart seine Gerechtigkeit, indem Er Menschen auf der Grundlage des Glaubens rechtfertigt, d. h. für gerecht erklärt. Dieselbe Gerechtigkeit, die den Sünder verurteilenmuss,rettetden,derZufluchtzuJesusChristusundzuseinemWerk nimmt.NatürlichhatdasseinenUrsprungdarin,dassGottLiebeistunddemSünder Gnadeerweist.DennochistesnichtnurseineGnade,dieunsrettet,sondernEr handeltgerecht,wennErSünderannimmt.GenaudaszeigtderRömerbrief.
WennsichGottesGerechtigkeitimBlickaufMenscheninderRettungäußernsoll (undnichtimewigenGericht),dannbrauchtGottdazueinegerechteGrundlage.
DieseGrundlagehatErimWerkdesHerrnJesusamKreuzgefunden.WeilGottdas gerechteGerichtüberunsereSündenundüberdieSündeaufIhn,denStellvertreter, legte,könnenwirfreiausgehen.GottrechtfertigtdenSünder,d. h.Errechnetihm Gerechtigkeitzu,Ersprichtihngerecht.DabeierweistGottseineGerechtigkeitin BezugaufunsinzweiRichtungen:
a)GottrechtfertigtdenSünder,wasdieSündenbetrifft(Röm3,1–26).Gottbestraft dieSündennureinmal,undErhatesamKreuzvonGolgathagetan.Dortfieldie Strafe,diewirverdienthatten,aufdenHerrnJesus.DeshalbistGottnichtnur gnädigundhandeltinLiebe,sondernErhandeltsogargerecht,wennErunsdurch denGlaubenfürgerechterklärt:„... zurErweisungseinerGerechtigkeitinder jetzigenZeit,dassergerechtseiunddenrechtfertige,derdesGlaubensanJesus ist“(Röm3,6).
NachdemdasWerkamKreuzvollbrachtistundGottdiesesWerkangenommenhat (bezeugtdurchdieAuferweckungundHimmelfahrtJesu),istGottgerecht,wenn
ErjedemGlaubendendiesesWerkzurechnet.WirsagenesmitallerEhrfurcht,dass Gottnichtanderskann.WennGottgerechtist–undEristes–,dannkanndie FolgederAnnahmedesWerkesdesHerrnJesusnursein,dassGottdenrechtfertigt, deranIhnglaubt.EingerechterGottstraftdieselbeSündenichtzweimal.Deshalb schreibtderApostelJohannes:„WennwirunsereSündenbekennen,soistertreu undgerecht,dasserunsdieSündenvergibt“(1.Joh1,).Hierstehtnicht,dassGott gnädigundbarmherzigist(wiewohldasstimmt),sondernGottisttreu(seinem Wortgegenüber)undgerecht(seinemWesengegenüber),wennEreinemSünder, dermiteinemaufrichtigenBekenntniskommt,dieSündenvergibt.
b)GottrechtfertigtdenSünder,wasdieSündebetrifft.„Dennwergestorbenist, istfreigesprochen(Fußnote:gerechtfertigt)vonderSünde“(Röm6,).Alslebende MenschenhabenwirnichtnurSündengetan,sondernwirwarendemWesennach Sünder.JederMensch,derheutegeborenwird,ist–ohneeineeinzigeaktiveSünde getanzuhaben–einSünder.Erwirdsogeboren.DiesesProblemmussteebenfalls gelöstwerden.Wiehättenwir,selbstwenndieFragederSündengelöstgewesen wäre,alsSünderinderGegenwarteinesheiligenGotteserscheinenkönnen?Es wäreunmöglichgewesen.Gotthätteunssonichtannehmenkönnen.Dochesgibt imWerkdesHerrnJesusdieAntwortauchaufdiesesProblem.Gottmachtunseins mitIhm.Eristgestorben,undwirsindmitIhmgestorben.GotthatdieSünde(das Fleisch,diealteNatur)amKreuzgerichtet.DasTodesurteilistanIhmvollzogen worden,undalsErgebnissindwir„freigesprochen“oder„gerechtfertigt“vonder Sünde.
GotthandeltimmerinÜbereistimmungmitseinerGerechtigkeit,d.h.Eristtreu gegenübersichselbst,wennErjedenSünder,derandenHerrnJesusglaubt,annimmt undihnrechtfertigt.DieimEvangeliumoffenbarteGerechtigkeitGotteserklärt unsalsgerecht.WirstehensovorGott,alsobwirniegesündigthätten.Diese Segnunggehtdeshalbweiter,alsVergebungderSündenzuhaben–obwohldas unserglücklichesTeilistundwiresniegeringschätzensollten.
7. Rechtfertigung aus Glauben
DieRechtfertigungdesSündersausGlauben,derwirimRömerbriefwiederholt begegnen (Röm 3,4.26.30; 4,.25;5,.9.18), ist sehr eng mit GottesGerechtigkeit
verbunden.Sie findetihreGrundlagein derGerechtigkeitGottes.Dennochist siedavonzuunterscheiden.RechtfertigungisteigentlicheinjuristischerBegriff, dendieRömergutkannten.Erbesagt,dasseinAngeklagtergerechtgesprochen wird,d. h.erwirdsogesehen,alsoberdieihmzurLastgelegtenÜbertretungen garnichtbegangenhätte!GenaudashatGottmitunsgetan–undzwarausGnade (Röm3,4).VoraussetzungistderGlaubeandasWerkdesHerrnJesusamKreuz (Röm5,.9).GrundlageistdasWerkvomKreuz.PaulusschreibtandieKorinther:
„AusihmaberseidihrinChristusJesus,derunsgewordenistWeisheitvonGottund GerechtigkeitundHeiligkeitundErlösung“(1.Kor1,0).NurdurchdenSühnungstod unseresHerrnistesmöglichgeworden,dassdieseGerechtigkeitGottesunsfür gerechterklärt.
RechtfertigungistnichtidentischmitSündenvergebung.DieVergebungderSünden ist–wiebereitsbemerkt–eineunendlichgroßeSegnung,überdiewirniegering denkensollten.2EsistinderRegeldaserste,woransicheinMenscherfreut,der sichinBußeundGlaubenanJesusChristuswendet.„Ichschreibeeuch,Kinder, weileuchdieSündenvergebensindumseinesNamenswillen.“WeilGottgnädig undbarmherzigist,vergibtErdieSünden,d. h.Errichtetunsnichtmehrdeswegen.
DochweilGottgerechtist,tutErmehr.Errechtfertigtden,deranseinenSohn glaubt.Dasbedeutet,dassErihnfürgerechterklärt.ManhatdieGerechtigkeit GottesdeshalbmiteinemSchutzschildüberdemGlaubendenverglichen.Niemand kannmehreineAnklagegegenunserheben.„Gottistes,derrechtfertigt;werist es,derverdamme?“(Röm8,3.34).
InRömer4,5werdendiesebeidenSegnungenuntrennbarmiteinanderverbunden:
„... derunserer Übertretungen wegenhingegebenundunserer Rechtfertigung wegenauferwecktwordenist“.DasKreuzzeigtmir,dassChristusmeineSünden aufsichgenommenundsiegetragenhat(1.Pet2,4).DieAuferweckungChristi zeigtmir,dassGottseinWerkangenommenhatundichkeineAngstmehrhaben muss.3
8. Zur Gerechtigkeit rechnen
ImviertenKapiteldesRömerbriefesfindenwireinenAusdruck,dereinigeMale gebrauchtwird,nämlich:„zurGerechtigkeitrechnen“(Röm4,.5.9.11.22.24).Wasist
damitgemeint?ErneutgehtesumeinErgebnisdesrettendenGlaubens.Eswird nichtgesagt,dassesdieGerechtigkeitChristiist,diedemGlaubendenzugerechnet wird. Es wird ebenfalls nicht gesagt, dass es dieGerechtigkeit Gottes ist, die zugerechnetwird.Wennwirgenaulesen,wirdgesagt,dassAbrahamderGlaube
„zurGerechtigkeitgerechnet“ wurde.Esgeht darum,dassAbrahamnachdem GrundsatzdesGlaubensgerechtfertigtwurdeundaufkeinemanderen.
NiemalskönnteeinMenschaussichselbstherausvonGottfürgerechterklärt werden.NurderGlaubekannvonGottanerkanntwerden.DasmachtPaulusam BeispielAbrahamsdeutlich,dessen GlaubeinderBibelbesondersbetontwird.
AbrahamwurdenichtaufgrundseinerWerke gerechtfertigt,sondernaufgrund seinesGlaubens.DasgiltfürjedenMenschen.Rechtfertigunggeschiehtniemalsauf demPrinzipvonWerken,sondernausschließlichnachdemPrinzipdesGlaubens.
NurderGlaubekannzurGerechtigkeitgerechnetwerden.MitanderenWorten:
NurderGlaubeistdaseinzigrichtigeundgerechteVerhaltendesMenschenvor Gott.
9. Gottes Gerechtigkeit in Christus
EsgibteinenweiterenVers,derzwarnichtimRömerbriefsteht,allerdingsmit unseremThemaengverbundenist.PaulusschreibtandieKorinther:„Den,derSünde nichtkannte,haterfürunszurSündegemacht,damitwirGottesGerechtigkeit würdeninihm“(2.Kor5,1).
DazufolgendeGedanken:
a. DerHerrJesuswirdhierzunächstalsderbezeichnet,„derSündenichtkannte“.
Erwarundistvölligsündlos.ErhattemitderSündegarnichtszutun,d. h.Er hatte–imGegensatzzujedemanderenMenschen–keinerleiAnteildaran.Er warvollkommenMenschundzugleichvollkommensündlos.Johannes–der sehrgrundsätzlichschreibt–sagtuns,dasskeineSündeinIhmist(1.Joh3,).
Petrus–derhäufigdiepraktischeSeitebetont–schreibt,dassErkeineSünde tat(1.Pet2,2).
b. DiesersündloseMenschwurdevonGottzurSündegemacht–alsozudem, wasIhmvölligwesensfremdwar.DasgeschahindendreifinsterenStunden amKreuz.„ZurSündemachen“bedeutetmehrals„zumSündopferstellen“,
obwohlunserHerrauchdasSündopfergestellthat.DieSündeistdasPrinzip derRebelliongegenGott.„DieSündeistdieGesetzlosigkeit“(1.Joh3,).Esist dasbösePrinzip,dasjedersündigenTatzuGrundeliegt.AmKreuzwurde alsodieSündealsbösesPrinzipanunseremHerrngerichtet.Dergerechte ZornGottesüberdieSünde(nichtnurüberdieSünden)wandtesichdort gegenIhn.AufdieseWeisewurdedieGrundlagezuunsererRechtfertigung gelegt,aberauch,dasseinmaldieSündeausdemWeltallabgeschafftwird (Heb9,6).
c. DieGerechtigkeitGottes,diedortimGerichtdenSohntraf,wirdnunin jedemgesehen,der dieVersöhnungannimmt. Gottistgerecht,wennEr uns„inChristus“siehtundannimmt.DasbedeutetderAusdruck:„Gottes Gerechtigkeitinihm“.DieseFormulierungisteinmaliginderBibel.Esgibt vieleStellen,dievonderGerechtigkeitGottessprechen,dochnirgendwosonst lesenwir,dasswirGottesGerechtigkeit„werden“.Manhatdassoerklärt, dasswireineArt„Prototyp“oder„Exponat“sind,andenenanderejetztdie GerechtigkeitGottessehenkönnen.Wirsindsozusageneinlebenderund sichtbarerBeweisderGerechtigkeitGottes.Gottwarsogerecht,dassErdie SündeanseinemSohngerichtethat.4Erwarsogerecht,dassErChristusals AntwortaufseinWerkzuseinerRechtenerhöhthat.JetztistErsogerecht, dassEruns,diewiranIhnglauben,mitChristusverbindet,ohneunszu richten.
Zweimalwirdalsodavongesprochen,dassjemandzuetwasgemachtwird:Christus wurdezudemgemacht,wasIhmvollkommenwesensfremdwar,nämlichzurSünde.
Wirsindetwas geworden,wasuns ebenfallsvölligwesensfremdwar, nämlich GottesGerechtigkeit.WirkönneninderTatniehochgenugüberdasWerkunseres Herrndenken.DasgroßeHeil,dassGottunsgeschenkthat,basiertaufdiesem WerkvomKreuz.
10. Resümee
DerGedankeandieGerechtigkeitGottesmusskeinenGläubigenmitSorgeerfüllen.
DieimEvangeliumgeoffenbarteGerechtigkeitGottesgibtunsvielmehrdieabsolute Sicherheit,dasseskeineVerdammnisfürdiejenigengibt,die„inChristus“sind (Röm8,).DergerechteGotthatdasgerechteUrteilanseinemSohnJesusChristus
vollzogen.UndweileingerechterGottnichtzweimalstraft,rechtfertigtErden Sünder,derChristusimGlaubenannimmt.
WirfassendenwichtigenGedankenandieGerechtigkeitGottesundihreFolgen fürunsmitdenWortenvonPauluszusammen:„Wassollenwirnunhierzusagen?
WennGottfürunsist,wergegenuns?Er,derdochseineneigenenSohnnicht verschont,sondernihnfürunsallehingegebenhat:wiewirderunsmitihmnicht auchallesschenken?WerwirdgegenGottesAuserwählteAnklageerheben?Gott istes,derrechtfertigt;weristes,derverdamme?Christusistes,dergestorben, janochmehr,der[auch] auferwecktworden,derauchzurRechtenGottesist“
(Röm8,1–34).
Fußnoten
• 1Dr.MartinLutherssämtlicheWerke
• 2SelbstinEpheser1–einemKapitel,indemPaulusdietypischchristlichen SegnungenwieKindschaftundSohnschaftundanderebeschreibt–istvon der„VergebungderVergehungen“dieRede(Eph1,).DieVergebungistnicht daseigentlicheZieldesHandelnsGottesmituns,sieistabersehrwohldie notwendigeVoraussetzung.Deshalbsolltenwirdafürimmereindankbares Herzhaben.
• 3ManhatdasanfolgendemBeispielillustriert:EinStraftäterwirdwegen einesVergehenszuzehnJahrenHaftverurteilt.Docherfindetjemand,derdie SchuldaufsichnimmtunddieStrafefürihnabsitzt.SolangederStellvertreter inhaftiertist,wirddereigentlichSchuldigejedochniezurRuhekommen, weilernichtweiß,obderStellvertreterdiekompletteStrafeabsitzenwird.
DocheinesTagestriffterihninFreiheitaufderStraßeunderfährt,dass diekompletteStrafeabgesessenist.Eratmetauf,dennnurweißersicher, dassihnkeineStrafemehrtreffenwird.SolangeChristus„nur“imTodwar, konntenwirniewissen,obseinWerkvonGottangenommenwordenist.
DochnunistChristusauferweckt–undwirsindsicher,dasskeinGericht unsmehrtreffenkann.EingerechterGottstraftnichtzweimal.
• 4FranzKaupperläutertdasaneinemBeispiel:VonzweileiblichenBrüdern wareinergläubigundderandereunbekehrt.TrotzvielerWarnungenund ErmahnungenseitensdesgläubigenBruderslebtederungläubigeinden bösenDingenderWelt.EinesTageswirderineinenStreitverwickeltund
erschlägtseinenGegner.BlutbesudeltstürzteringroßerAufregungnach Hausezuseinemgläubigen Bruder,umihmin HastdasVorkommniszu erzählenundihnumseinenRatzubitten.DiesersiehtnachderLageder SachekeinenanderenAusweg,alssofortdiebeschmutztenKleiderseines BrudersanzuziehenundsichdernachfolgendenPolizeizustellen,dieihn inderfestenÜberzeugung,dasserderSchuldigesei,festnimmtunddem Richtervorführt.DerRichterhältdemUnschuldigendieStraftatvorund, daerkeineEntschuldigungvorbringt,verurteilterihnzumTode.Nachdem dasUrteilvollzogenist,erhältdersichverstecktgehalteneBruderdavon Kenntnis,stürztnuneiligzumRichterundbekenntsichalsderSchuldige, inderErwartung,nunebenfallshingerichtetzuwerden.DerRichteraber sagt,dassdiegerechteStrafebereitsdenUnschuldigengetroffenhabeunder, nachdemGrundsatzderGerechtigkeit,ihnnichtnochmalsverurteilenkönne.
DamitgingderSchuldigefreiausundverkörperteinsichdengerechten Standpunkt(dieGerechtigkeit)desRichters.SoistesauchinBezugaufden Gläubigen,derschuldigwar,fürdenaberderUnschuldige(JesusChristus) gerichtetwurde.Undweildasgeschehenist,gestattetesGottesGerechtigkeit nicht,die,dieanIhngeglaubthaben,nochmalszurichten.Somitsindsie ebenfallsdieverkörperteGerechtigkeitGottes,unddasallesdeshalb,wie derVersausdrückt,weilGottIhn,derSündenichtkannte,fürunszurSünde gemachthat.(Quelle:ErmunterungundErmahnung1979)