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Hat Gott Jesus ans Kreuz genagelt?

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Academic year: 2022

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Hat Gott Jesus ans Kreuz genagelt?

Im Leib Christi befindet sich ein gerissener Eindringling, der oft unbemerkt bleibt - nicht unähnlich dem Coronavirus - und welcher große Teile der christlichen Gesellschaft infiziert hat. Dieser Virus nagt am grundlegenden Vertrauen an die bedingungslose Liebe Gottes, und wenn er unbehandelt bleibt, kann er den Glauben einer Person an die Güte Gottes völlig untergraben. Er trägt den englischen Namen PST - Penal Substitutionary Theory.

Wird es Ihnen bereits unheimlich?

Stellen Sie sich einmal vor, Sie würden versuchen, mit Ihrer Familie in ein neues Land einzuwandern. Der Präsident sagt Ihnen: "Wir würden Sie gerne willkommen heißen.

Aber unsere moralischen Standards hier sind so hoch, dass Sie ihnen niemals gerecht werden können. Im Gegenteil", und er blickt auf Ihr jüngstes, unbändigstes Kind, "allein dadurch, dass Sie eine so unvollkommene Familie sind, verdienen Sie gemäß der von mir aufgestellten Gesetzen alle gefoltert und getötet zu werden." Sie treten einen Schritt zurück und ziehen Ihre Kinder näher heran. "Aber ich habe gute Nachrichten", fährt er fort. „Ich habe einen Sohn, der mich so sehr liebte, dass er sich meinem Willen

unterwarf und sich an eurer Stelle foltern und töten ließ, damit ihr mit mir leben könnt. In diesem Sinne, seid willkommen!"

Sie hätten die Flucht ergriffen, bevor er das letzte Wort geäußert hätte.

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Was hier absurd klingt, ist in Wirklichkeit genau die Botschaft, die von der Mehrheit der wohlmeinenden Christen auf der ganzen Welt verkündet wird. Gott möchte, dass Sie sich Seinem Reich anschließen. Aber gleichzeitig ist Er so angewidert von Ihren Unzulänglichkeiten, so unfähig, Ihre Unvollkommenheit zu akzeptieren, dass Er ein Opfer haben muss, um seinen Zorn und seine Wut zu entladen. Jemand muss

bezahlen! Aber keine Sorge - es ist Jesus. Er hat den Preis bezahlt und Gottes Zorn in Ihrem Namen auf sich genommen, also geht es Ihnen gut. Und ihm geht es jetzt auch gut, denn er ist von den Toten auferstanden, und wenn Sie das richtige Gebet

sprechen, wird Ihnen Gottes Zorn erspart bleiben.

Ich staune darüber, wie ich diese Botschaft jemals glauben konnte. Warum in aller Welt sollte ich einen Freund haben wollen, der seinen Zorn durch ein grausames

Menschenopfer befriedigt haben muss? Kein Wunder, dass das Ganze für so viele Menschen zutiefst verwirrend ist.

Ich erinnere mich an den Tag vor langer Zeit, als ich in einem Restaurant in der Schweiz versuchte, meinen eigenen Bruder zu bekehren. Ich hatte ihm von all den wunderbaren Dingen erzählt, die mir widerfahren sind, seit ich Christ geworden war (guter Ansatz). Er sagte mir, er freue sich für mich, hatte aber selbst keinen Bedarf dazu (recht häufige Antwort). Ich erzählte ihm von seiner Notwendigkeit, gerettet zu werden, und er fragte, warum.

Ich erinnere mich an meine Gefühle in diesem Moment, als ob es gestern geschehen wäre. Leichte Panik stieg auf, als mir klar wurde, dass es nicht leicht sein würde,

meinen freundlichen, friedlichen Bruder davon zu überzeugen, dass er es verdiente, für seine Taten blutig geschlagen, gefoltert und schließlich an ein Kreuz genagelt zu

werden – und dass dasselbe für seine Kinder galt, bis hin zu seinem neugeborenen Sohn.

Ernsthaft jetzt?!

Am Ende versuchte ich, ihn davon zu überzeugen, dass geistlich gesehen selbst die nettesten Menschen den Tod verdienen, und dass nur Jesus diesen Weg zum Vater zurück ebnen konnte. Doch ich fand es trotzdem schwierig, ihm zu erklären, weshalb Gott so wütend ist auf uns, uns weshalb Er anscheinend an blutigen Ritualen solchen Gefallen findet. Rückblickend nehme ich an, dass mein Bruder über die archaischen Ideen seiner Schwester den Kopf schüttelte und dafür sorgte, dass er sich selbst davon fernhielt.

Penal Substitutionary Theory, auf deutsch etwa Strafrechtliche Ersatztheorie, ist der große Name für diese Idee: Jesus wird von Gott an unserer Stelle bestraft. Sie wurde vom Kirchenvater Anselm begründet und später von Johannes Calvin, einem

französischen Juristen und Theologen, weiterentwickelt. Als Jurist argumentiert Calvin auch juristisch: Es wird ein Verbrechen begangen (Die Unvollkommenheit und

Sündhaftigkeit des Menschen), und das vollkommene Gesetz verlangt eine Strafe.

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Während Juristen vielleicht etwas mit Calvins Idee anfangen können, ist es jedoch eine schlechte Grundlage für eine christliche Theologie. Das größte Problem dieser Theorie ist, dass sie Gott zum Mörder seines eigenen unschuldigen Sohnes macht. Sie macht ihn zu einem blutrünstigen, rachsüchtigen Diktator, der Perfektion verlangt. Nichts, was mit der PST zu tun hat, erinnert uns daran, wie Jesus den Vater offenbart: Barmherzig, geduldig, gütig, langmütig, vergebend. Wenn wir also nicht einen Gott verkünden wollen, den niemand bei klarem Verstand anbeten möchte, müssen wir die Frage stellen: Hat Gott Jesus wirklich ans Kreuz genagelt?

Und wenn nicht – weshalb musste Jesus sonst sterben? Eine gefährliche Frage!

Vom ersten Tag an, an dem er zu lehren begann, forderte Jesus das Römische Reich heraus. Er forderte ihre Methoden der Macht und ihre Politik heraus. Er forderte auch die jüdischen religiösen Führer heraus, die ihrerseits versuchten, sich bei den Römern einzuschleimen und sich ihr Stück vom Machtkuchen zu ergattern. Doch Jesus spielte ihr Spiel nicht mit. Und kein Imperium mag es, ignoriert zu werden. Kein Machtsystem, weder politisch noch ökonomisch, toleriert jemanden, der ihm nichts schuldet. Der von den Mächtigen völlig freie Mensch ist deren größte Bedrohung. Sogar Platon, ein griechischer Philosoph, der 400 Jahre vor Christus lebte, wusste dies. Er beschrieb im Detail, was mit einem vollkommen gerechten, unbestechlichen Mann geschehen würde:

"Unser gerechter Mensch wird gegeißelt, gequält, gefesselt ... und schließlich, nach allen möglichen Leiden, gekreuzigt werden."

Aus genau diesem Grund waren sowohl der römische Gouverneur als auch die jüdischen Führer, der Sanhedrin, damit einverstanden, Jesus zu töten. Es ging nicht darum, einen blutrünstigen Gott zu besänftigen. Es ging darum, die Welt von einem Mann zu befreien, der den Menschen zeigte, dass sie nicht Sklaven eines Systems sein müssen, das auf Gier, Macht und Gewalt aufgebaut ist.

Das mag nun klingen, als ob der Tod Jesu am Kreuz gar keine göttliche Idee war, sondern einfach ein unausweichliches Schicksal, das jeden Rebellen in römischer Zeit erwartete. Doch es steckt mehr dahinter.

Wenn wir aufhören, das Kreuz als ein Mittel zur Beschwichtigung eines zornigen Gottes zu betrachten, gewinnt es an vielschichtiger Bedeutung. In diesem neuen Licht ist das Kreuz ein Mysterium, ein Objekt der Schönheit, und eine Lebensform.

Was meine ich damit?

Es hat immer andere Erklärungen für den Tod Jesu am Kreuz gegeben als die von Calvin. Durch die Jahrhunderte hindurch haben Christen das Kreuz Jesu als etwas Bedeutungsvolleres als eine Beschwichtigung Gottes oder bloße politische Konsequenz empfunden. Sie entdeckten unter anderem drei tiefe Realitäten, die aus dem Kreuz erwachsen:

Der Weg des Friedens

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Der Weg der Solidarität Der Weg der Liebe

Durch seinen so gewaltsamen Tod schuf Jesus einen dauerhaften Weg für den Frieden in der Welt. Er empfing die unaussprechliche Gewalt, den unvorstellbaren Hass und die unersättliche Mordlust der Menschheit am Kreuz und nahm alles davon in sich auf. Er demonstrierte, wie Vergebung allein den Teufelskreis der Gewalt unterbricht. Wie René Girard es ausdrückt, Gewalt ist eine Sackgasse. Und die Menschheit war tief in diese Sackgasse geraten.

Doch Christus verwandelte am Kreuz alle Dunkelheit der Welt in Vergebung und durchbrach damit auf ewig den hässlichen Kreislauf der Gewalt, der die Welt seit Anbeginn der Zeit gefangen hält. Er demonstrierte eine oft übersehene Wahrheit:

Gottes Macht zeigt sich in Seiner Bereitschaft, auf Macht zu verzichten. Wie Paulus in Phil 2,6 sagt, hielt Jesus nicht selbstsüchtig an seinen göttlichen Vorrechten fest, sondern erniedrigte sich selbst und wurde zum Diener. Jesus hätte den Weg der Macht und Gewalt wählen können, aber er wählte stattdessen den Weg des Friedens und der Demut. Eine Demut, die so weit ging, dass Gott sich von seinen eigenen Geschöpfen quälen und töten ließ.

Dies ist eng mit der zweiten Realität des Kreuzes verbunden: der Solidarität. Am Kreuz umarmt Jesus sowohl unsere körperlichen als auch emotionalen und spirituelle Leiden und Unzulänglichkeiten. Er wird wirklich einer von uns – so dass wir uns nie fragen müssen, ob er uns verstehen kann oder ob wir gut genug für ihn sind. Wir müssen uns nie fragen, ob wir allein sind. Er hat dort am Kreuz alles erlitten, auch die Dinge, die er in seinem Leben nicht buchstäblich durchgemacht hat. Er hat alles auf sich genommen.

Die von der Gesellschaft Ausgegrenzten, Schwachen und Unterdrückten haben in ihm darum ihren größten Fürsprecher.

Die dritte Realität des Kreuzes ist der Weg der Liebe. Der Heilige Geist erinnert uns durch das Kreuz daran, dass es immer einen Weg gibt, zu geben, zu vergeben, loszulassen, zu helfen und unser Leben für andere hinzugeben.

Die selbstlose Liebe ist ein Mysterium. Als die Evolutionisten rund um Darwin ihre Theorien formulierten, gab ihnen eine Sache immer wieder Rätsel auf. Bei all ihrem Verständnis über das Überleben des Stärkeren passte das Verhalten einer Spezies nicht dazu. Es war die unerklärliche Tendenz der Menschen, anderen auf ihre eigenen Kosten zu helfen, Menschen zu retten, die nicht einmal in ihrer Familie leben, Nahrung mit Fremden zu teilen und dergleichen mehr. Das ist im biologischen Sinne nicht das Verhalten des Stärkeren. Es ist nicht natürlich. Es ist übernatürlich - denn im Herzen des Menschen liegt die Sehnsucht, unseren Schöpfer in seiner aufopferungsvollen Liebe nachzuahmen.

Wenn wir uns Jesus Christus nähern, erhoben am Kreuz,

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wird Sein Kreuz für uns zur Achse der Liebe, ausgedrückt durch Vergebung,

die unsere Welt

auf neuen Boden stellt.

(aus der Morgenliturgie von Brian Zahnd)

Weiterführende Literatur:

"Did God kill Jesus?" von Tony Jones, HarperOne 2015

"Sinners in the Hands of a Loving God" von Brian Zahnd, Waterbrook 2017

Referenzen

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