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Urlaub und Kurzarbeit

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Academic year: 2022

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Nr. 4812600

ARBEITSRECHT

Das Zusammenspiel von Urlaub und Kurzarbeit wirft bei Arbeitgebern wie Arbeitnehmern zahlreiche Fragen auf. Der nachstehende Beitrag bringt Licht ins Dunkel.

Grundsätzlich gilt: Erholungsurlaub muss zur Vermeidung der Kurzarbeit eingebracht werden, wenn die Urlaubswünsche der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dem nicht entgegenstehen (§ 96 Abs.

4 S. 2 Nr. 2 SGB III). Anderenfalls gilt der angezeigte Arbeitsausfall zur Kurzarbeit als vermeidbar und es wird kein Kurzarbeitergeld gewährt. Dabei sind verschiedene Konstellationen zu unterscheiden:

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist es zulässig zu vereinbaren, dass

Urlaubsansprüche für Zeiten, in denen wegen Kurzarbeit keine Arbeitsleistung erbracht wird, anteilig gekürzt werden.  Das Bundesarbeitsgericht geht in einer viel beachteten Entscheidung vom

Urlaub und Kurzarbeit

Urlaubsgewährung in Zeiten von Corona und Kurzarbeit – Was kann, darf und muss der Arbeitgeber?

Urlaubsabbau vor Kurzarbeit?

Resturlaub aus dem Vorjahr muss (immer) vor Einführung der Kurzarbeit abgebaut werden.

Bei Urlaub des laufenden Jahres kommt es darauf an, ob im Betrieb eine Urlaubsplanung besteht, z.B. in Form einer Urlaubsliste. Ist das der Fall (was vom Arbeitgeber auch gezielt im Hinblick auf die drohende Kurzarbeit organisiert werden kann, selbst wenn es sonst nicht üblich ist), wird der Urlaub entsprechend der Liste gewährt und muss nicht vorrangig zur Vermeidung von Kurzarbeit eingesetzt werden. Abweichungen sind möglich, dürfen aber nicht aufgrund der Kurzarbeit erfolgen.

Gibt es keine Urlaubsplanung, muss gegen Ende des Urlaubjahres der Antritt von

Urlaubsansprüchen zur Vermeidung von Kurzarbeit festgelegt werden. Das gilt aber nur, wenn der Urlaub nicht in das folgende Urlaubsjahr übertragen werden kann.

Können Urlaubsansprüche für Zeiten der Kurzarbeit gekürzt

werden?

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30.11.2021, Az. 9 AZR 225/21 sogar noch einen Schritt weiter und stellt folgende Regel auf: "Fallen aufgrund von Kurzarbeit einzelne Arbeitstage vollständig aus, ist dies bei der Berechnung des Jahresurlaubs zu berücksichtigen." Für die Berechnung ist davon auszugehen, wie viel Urlaub dem Arbeitnehmer bei einer 6-Tage-Woche zustehen würde. Der gesetzliche Mindestanspruch beträgt in diesem Fall z.B. 24 Urlaubstage. Dieser Wert wird mit der Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht (also ohne die wegen Kurzarbeit arbeitsfreien Tage) multipliziert und durch 312 Werktage dividiert. Das Ergebnis bezeichnet die Anzahl der Urlaubstage unter Berücksichtigung der Kurzarbeit und des

Arbeitszeitfaktors (regelmäßige Anzahl der Arbeitstage pro Woche). Keine Regel ohne Ausnahme:

Abweichende Regelungen durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Individualvereinbarung sind möglich. So sehen beispielsweise einzelne Tarifverträge ausdrücklich vor, dass die Kürzung von Urlaub bei Kurzarbeit ausgeschlossen ist. Eine vergleichbare Regelung setzen häufig auch

Betriebsräte bei der Einführung von Kurzarbeit im Betrieb durch. Es gilt daher in jedem Fall genau hinzuschauen, ob für das einzelne Arbeitsverhältnis abweichende Regelungen einschlägig sind.

Für Tage, an denen der Arbeitnehmer in der Kurzarbeitsphase zur Arbeit verpflichtet wäre, gelten die üblichen Regelungen zur Urlaubsbeantragung und –gewährung. In der Regel dürfte der Urlaub allerdings schon vor Beginn der Kurzarbeit im Rahmen einer Urlaubsliste verplant sein, um ihn nicht zur Vermeidung der Kurzarbeit einsetzen zu müssen, s.o.

Kniffelig wird es, wenn die Arbeitszeit während der Kurzarbeit auf Null reduziert ist oder der Arbeitnehmer Urlaub für Tage beantragt, an denen er schon wegen der Kurzarbeit nicht arbeiten müsste: Da die Arbeitspflicht in diesen Fällen schon wegen der Kurzarbeit entfällt, ist die Gewährung von Urlaub rechtlich gesehen unmöglich. Um diesen Konflikt zu vermeiden, sehen die der Kurzarbeit zugrunde liegenden Vereinbarungen häufig vor, dass die Kurzarbeit durch Urlaub unterbrochen wird.

Dann steht der gewünschten Urlaubsgewährung nichts entgegen. Für die Arbeitnehmer hat Urlaub statt Kurzarbeit den Vorteil, dass sich der Verdienstausfall verringert; Für Arbeitgeber ist es wichtig, dass Urlaubsansprüche auch während der Kurzarbeit eingebracht und abgebaut werden, um einen Urlaubsstau nach dem Ende der Kurzarbeit zu vermeiden. Dies schadet zwar kurzfristig der Liquidität, ermöglicht es dem Unternehmen aber andererseits, bei steigender Nachfrage die Kurzarbeit

beenden, auf die Mitarbeiter zugreifen und dadurch wieder voll durchstarten zu können.

Bei Kurzarbeit in Blockmodellen, bei denen sich Tage mit Vollarbeit mit Tagen abwechseln, an denen wegen der Kurzarbeit die Arbeit entfällt, dürfte es in der Praxis nicht unüblich sein, dass Arbeitnehmer nur für die Tage der Vollarbeit Urlaub beantragen. Auf diese Weise müssen Arbeitnehmer nur wenige Urlaubstage "opfern", um lange am Stück frei zu haben. Arbeitsrechtlich ist das kein Problem,

Kann Urlaub während der Kurzarbeit gewährt werden?

Ist der Wechsel von Urlaubstagen mit Kurzarbeitstagen

möglich?

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sondern, wie oben gezeigt, gerade der Normalfall. Auch die Arbeitsagentur billigt diese Gestaltungsform in aller Regel.

Demgegenüber ist es nicht zu empfehlen, für Tage, an denen nur halbtags gearbeitet werden müsste, weil z.B. der Nachmittag schon wegen der Kurzarbeit entfällt, nur einen halben Urlaubsantrag zu gewähren. Die Gewährung von halben Urlaubstagen stellt nach der Rechtsprechung des

Bundesarbeitsgerichts keine wirksame Erfüllung des Anspruchs des Arbeitnehmers auf den gesetzlichen Mindesturlaub dar. Der Arbeitgeber läuft daher Gefahr, den kompletten Urlaubstag später nochmals gewähren zu müssen. Rechtssicherer ist es daher, nur ganze Urlaubstage zu gewähren.

Mitarbeitern steht für Zeiten, zu denen sie Urlaub haben, kein Kurzarbeitergeld der Arbeitsagentur zu.

Während des Urlaubs muss der Arbeitgeber Urlaubsentgelt zahlen. Bei dessen Berechnung spielt die Kurzarbeit keine Rolle: Gem. § 11 Abs. 1 BurlG hat der Arbeitnehmer Anspruch auf den

durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den er in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes und ohne Berücksichtigung von Verdienstkürzungen infolge von Kurzarbeit. Die Arbeitnehmer werden während des Urlaubs also finanziell so behandelt, als gäbe es keine Kurzarbeit. Das macht es für Mitarbeiter attraktiv, den Urlaub noch während der Kurzarbeit zu nehmen.

Unabhängig davon, ob in einem Unternehmen Kurzarbeit geleistet wird, oder nicht, sehen sich Arbeitgeber insbesondere bei zunehmenden Reisewarnungen teilweise mit Anfragen von Arbeitnehmer konfrontiert, die ihren bereits beantragten und genehmigten Urlaub vorerst

zurückgeben und verschieben wollen, weil sie z.B. ihre ursprünglich geplante Reise nicht angetreten können. Hierauf hat der Arbeitnehmer allerdings keinen Anspruch. Einvernehmliche Lösungen sind natürlich immer denkbar. Der Sinn und Zweck des Urlaubs ist die "Erholung" und "Wiederherstellung der Arbeitskraft". Dies ermöglicht der Arbeitgeber schon allein durch Freistellung des Arbeitnehmers für die gewünschte Zeit. Der Arbeitnehmer kann sich hierbei nicht darauf berufen, dass er sich z.B. nur am Strand hätte erholen können. Die Pflicht des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer durch die

Freistellung Zeit zur Erholung zu verschaffen, hängt nicht davon ab, wie der Arbeitnehmer diese Zeit verbringt. Der Arbeitnehmer kann sich grundsätzlich auch im häuslichen Umfeld erholen. Wie der Arbeitnehmer seine Erholung konkret verbringt, ist auch in Zeiten weltweiter Reisebeschränkungen allein dessen Risikosphäre zuzuordnen.

Urlaub während Kurzarbeit: Wie hoch ist die Vergütung?

Kann der AN Urlaub, den er schon beantragt hat, wieder

zurückgeben?

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Als Alternative zur Kurzarbeit erwägen einige Betriebe, für alle oder einzelne ihrer Arbeitnehmer zwangsweise Urlaub anzuordnen. Betriebsferien können unter bestimmten Voraussetzungen möglich sein, allerdings darf nicht der gesamte Jahresurlaub verplant werden und es ist ein ausreichender zeitlicher Vorlauf zu wahren. In Betrieben mit Betriebsrat kommt diesem ein Mitbestimmungsrecht zu. Als kurzfristige Maßnahme zur Reaktion auf akute Auslastungsdefizite dürften Betriebsferien daher zwar möglich, aber eher unpraktikabel sein.

Die einseitige Anordnung von Urlaub gegenüber einzelnen Arbeitnehmern ist noch weniger zu empfehlen. Arbeitnehmer sind nicht verpflichtet, Bestimmungen des Arbeitgebers bezüglich des Urlaubszeitraums hinzunehmen. Sie können der Urlaubserteilung jederzeit formlos widersprechen, ohne besondere Gründe darzulegen. Grundsätzlich muss der Arbeitgeber also die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer berücksichtigen. Hat ein Arbeitnehmer bereits einen Wunsch geäußert, muss der Arbeitgeber dem nachkommen, es sei denn, dass der Berücksichtigung dringende betriebliche Belange entgegenstehen.

Wenn Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen verstärkt Urlaubsguthaben abbauen wollen, empfiehlt es sich stattdessen, die Mitarbeiter frühzeitig zur Einreichung von Urlaubsvorschlägen aufzurufen, sodass bestenfalls einvernehmliche Lösungen gefunden werden können. Wie eingangs erwähnt, empfiehlt sich die Planung des Urlaubs mithilfe einer Urlaubsliste ohnehin, um jedenfalls zum

Jahresende hin die zwangsweise Einbringung zur Vermeidung von Kurzarbeit zu vermeiden. Hilfreich kann auch ein Hinweis des Arbeitgebers zu Jahresbeginn sein, dass etwaige Urlaubswünsche, die erst in der zweiten Jahreshälfte geäußert werden, ggf. wegen dringender betrieblicher Belange abgelehnt werden könnten. Ein weiterer – wenn auch teurer – Weg zum Abbau von Urlaubsguthaben in Zeiten geringer Auslastung kann schließlich das Angebot von Zusatzurlaubstagen für eine frühzeitige Inanspruchnahme des Urlaubs während definierter Zeitfenster sein.

Verfasser: Dr. Corinne Klapper, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, ADVANT BEITEN, München, 

Stand: Dezember 2021

Kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zwingen, Urlaub zu

nehmen?

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