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Nebel im Kopf

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Academic year: 2022

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EDITORIAL

ARS MEDICI 9 | 2021 249

Seit Beginn der Coronaviruspandemie zählte man in der Schweiz letzte Woche 642 131 laborbestätigte Fälle, und 9906 Personen starben mit COVID-19 (1). Die an- deren gelten als genesen, aber viele von ihnen sind es bis heute nicht. Das Phänomen wird als Post-COVID- oder Long-COVID-Syndrom bezeichnet, und es gibt be- reits auch einen ICD-10-Code dafür. Er lautet U09.9. Das Syndrom gehört damit vorläufig zu den Krankheiten mit unklarer Ätiologie. Die ICD-10-Definition «Post-COVID- 19-Zustand, nicht näher bezeichnet» widerspiegelt in gewisser Weise auch die Ratlosigkeit, mit der Betroffene und Ärzte dem Phänomen gegenüberstehen.

Es gebe drei Gruppen von ehemaligen COVID-19-Pa- tienten, sagt die Rehabilitationsmedizinerin Dr. Jördis Frommhold (2). Um die erste und bei Weitem grösste Gruppe macht sie sich keine Sorgen: Diese Personen hat- ten einen leichten oder gar symptomlosen COVID- 19-Verlauf, und sie haben danach keine langfristigen Be- schwerden. Die zweite Gruppe sind die Patienten mit sehr schweren Verläufen. Sie waren im Spital, auf der Intensivstation, und sie mussten zum Teil sehr lang be- atmet werden. Bei ihnen ist es nicht erstaunlich, dass sie noch lang unter den Konsequenzen ihrer schweren Er- krankung zu leiden haben werden.

Kopfzerbrechen bereitet die dritte Gruppe: Nach einem nicht sonderlich schweren COVID-19-Verlauf sind die

Personen in dieser Gruppe scheinbar wieder genesen und auf dem Weg der Besserung, bis sich ihr Zustand nach ein bis vier Monaten erneut verschlechtert: Fa- tigue, Atemnot, Herzbeschwerden, mangelnde Belast- barkeit und vor allem neurologische Symptome machen ihnen zu schaffen. Von «Nebel im Kopf» berichteten viele ihrer Patientinnen und Patienten, so Frommhold.

Die Betroffenen können ihre Gedanken nicht ordnen, und auch demenzielle Symptome sind nicht selten.

Nun kann es auch bei anderen Viruserkrankungen recht lang dauern, bis man wieder auf die Beine kommt. Bei COVID-19 dauert die Rekonvaleszenz besonders lang, und das Reboundphänomen spricht für einen auto- immunen Mechanismus. Man hat vermehrt Autoanti- körper bei Post-COVID-Syndrom-Patienten gefunden.

Sollte sich bewahrheiten, dass das Post-COVID-Syn- drom eine Autoimmunerkrankung ist, könnte man ent- sprechende Therapien versuchen. So weit ist es aber noch nicht. Einstweilen werden an das individuelle Sym- ptomprofil angepasste ambulante oder stationäre Re- habilitationsmassnahmen empfohlen.

Das Wichtigste aber ist, in der Praxis auch an die Mög- lichkeit eines Post-COVID-Syndroms zu denken und die Betroffenen nach einer befundlosen Abklärung ihrer Symptome nicht vorschnell als «Psychosomatiker» zu klassifizieren: «Natürlich gibt es typische Psychosoma- tiker, darauf muss man achten, aber hier handelt es sich meist um Patienten, die zuvor noch nie psychosoma- tisch aufgefallen sind», sagt Frommhold. Man schätzt, dass etwa 10 Prozent der ehemaligen COVID-19-Patien- ten betroffen sein könnten; wie viele es wirklich sind, wird sich noch herausstellen. Dass auch ein leichter Er- krankungsverlauf schwerwiegende Folgen haben kann, unterstreicht jedenfalls die Wichtigkeit, dass die COVID-Impfstoffe nicht nur vor schweren, sondern so gut wie möglich auch vor symptomlosen und leichten

Verläufen schützen sollten. s

Renate Bonifer

1. bag.admin.ch, Stand 22. April 2021

2. https://www.aerztezeitung.de/Nachrichten/Wie-brain-fog-Patienten- nach-COVID-19-das-Leben-schwer-macht-418888.html, 19. April 2021

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