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Zu ihnen gehören auch die Bega und die Bedäuye

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(1)

in den kuschitischen Sprachen

Von Herma Plazikowsky-Brauner, Frankfurt (Main)

Vorbemerkung

Zwischen dem traditionellen Bewußtsein der Völker Nordabessiniens

und der hier üblichen Klassifizierung der Völker und Sprachen dieser Ge¬

biete konnte ich eine tiefe Kluft feststellen. Durch meine Forschungen

auf diesem Gebiete wurde ich gezwungen, mich insoweit der Tradition

der Eingeborenen anzuschließen und eüie gründliche Revision dessen,

was man bisher als ,, kuschitisch" bezeichnete, zu befürworten. Damit

meine ich einen Ausschluß der Sprachen, die von Völkern gesprochen

werden, welche von den Eingeborenen als ,,Nöba" bezeichnet werden.

Zu ihnen gehören auch die Bega und die Bedäuye. Die mündliche histo¬

rische Tradition der Nordabessinier befaßt sich mit den zahlreichen Be¬

ziehungen, die sie seit jeher mit den von ihnen ,,Nöba" genannten Völ¬

kern hatten. Die sprachlich oft stark einschneidenden Wechselbeziehmi-

gen aller dort lebenden Völker spiegeln sich natürlich in allen diesen

Sprachen irgendwie wieder, sie schufen Gemeinsamkeiten, die zwar oft

sehr bedeutend waren, aber doch nicht berechtigen können, etwa diese

sogenannten „Nöba"-Sprachen als ,, kuschitisch" anzusehen — nicht in

dem Sinne, wie es die mir bekannt gewordenen kuschitischen Sprachen

sind. Wie man diese „Nöba"-Sprachen einreihen, benennen, charakteri¬

sieren will, das lasse ich dahingestellt, ich selbst erkenne sie nur nicht

als „kuschitisch im engern Sinne" an.

Ich hatte das große Glück, mit den eigentlichen kuschitischen Sprachen

und zwar mit allen ihren Untergruppen bekannt zu werden. Das zwang

mich, die mir unerklärlichen Bezeichnungen und Einteilungen fallen zu

lassen. Die vier Gruppen der kuschitischen Sprachen im engern Sinne,

die ich feststellen konnte, haben untereinander soviel grundlegend Ge¬

meinsames, daß ihre sehr nahe Verwandtschaft außer Zweifel stehen muß.

Diese vier Gruppen smd:

1. Die Agaugruppe, zu der unter andern auch die Fäläsä-Sprache ge¬

hört. Diese Gruppe stand wesentlich unter dem Einfluß der sogenannten

Nöba-Sprachen.

2. Die Börogruppe, zu der heute nur noch die Sprachen der Sinaäa und

Käfä gehören, die aber im Südwesten, bei den Ometi frühzeitig einen

großen Einfluß ausübte.

(2)

8 Hebma Plazikowsky-Bbauneb

3. Die große Hädiyagruppe, zu der u. a. auch das Sidämo, Aläbä,

Kämbätä gehören. Auch ihre Spuren finden wir bei den Ometivöll^ern.

4. Die Olläbigruppe, zu der das Gälla, Adäl, Somali und andere von

kleinern Völkern gesprochene Sprachen gehören.

Außer ihnen kann man die Gruppe der Ometisprachen hinzurechnen,

die trotz eines nicht-kuschitischen Substrates grammatisch dazugehören.

Doch möchte ich sie um der Genauigkeit willen als „überwiegend

kuschitisch bedingte Mischsprachen" bezeichnen.

In den folgenden Ausführungen habe ich mich mit geringen Aus¬

nahmen, die ich jeweils anmerke, allein auf meine eigenen Forschungen

gestützt und bezogen.

Um der Unsicherheit in der Benennung möglichst aus dem Wege zu

gehen, habe ich auf den Rat von Herrn Professor ZYHLAKZ-Hamburg für

diesen von mir bearbeiteten Sprachstamm die Bezeichnung ,, kuschitisch

im engern Sinne" genommen. Ich bitte also, im Text unter ,, kuschitisch"

jeweils diesen Ausdruck zu verstehen.

* •

*

Die Hilfselemente der Konjugation in den kuschitischen Sprachen be¬

stehen aus einem Konsonanten mit flankierenden Vokalen. Sowohl der

Konsonant als auch die Vokale können die differenzierende Funktion

ausüben.

Aus dem heutigen Bestände dieser Konsonanten ist nicht zu erkennen,

ob man sie als Rudimente ansehen soll. Auf jeden Fall aber sind sie Laut¬

formen von Wurzeln, deren ursprüngliche Lautform nicht mehr fest¬

stellbar ist.

Das Entstehen der verschiedenen Lautformen ist auf die imiere, eigen¬

ständige Entwicklung und auf äußere Beeinflussung zurückzuführen.

In nicht wenigen Fällen zeichnen sich die Folgen von Überkreuzungen

ab. Unter diesen verstehe ich den Vorgang, in dem sich in einer Sprache

als Folge einer völkischen Verbindung mehrere Lautformen emes Wortes

nebeneinander erhalten haben, die aus der gleichen Wurzel stammend

den Sprachen der verschiedenen völkischen Komponenten in diesen ver¬

schiedenen Lautformen eigen sind.

(Neben diesen einzelnen Konsonanten, die den Begriff von „esse" und

„existere" enthalten, gibt es zweiradikalige vollwertige Verba des letztern Begriffs, die hier nicht behandelt werden können.)

Die Funktionen dieser Konsonanten sind :

1. die selbständiger Verben, die als solche nebenbei zur Bildung

der sekundären, also der stärker differenzierenden Zeitformen dienen.

(3)

2. die Fimktionen echter Hilfselemente, zur Differenzierung primärer

Konjugationsformen, in denen diese Konsonanten als Flexionsradikale

auftreten, an die sich die personalen und zeitlichen Bildungselemente an¬

schließen.

3. Bildung der verbalen Begriffsformen, die in den semitischen Sprachen

Derivata genannt werden.

(Da der Ausdruck „Derivata" ein ganz spezieller Terminus ist, kann er

nicht auf die anders gebildeten kuschitischen Formen des gleichen be¬

grifflichen Inhalts angewandt werden.)

In ihrer ersten Eigenschaft bilden diese Konsonanten neben ihrer

Funktion als selbständige Verben die ,, mehrfach zusammengesetzten"

Zeitformen, in denen sie aber auch schon dem allgemeinen Schicksal der

Abschleifung zu verfallen beginnen.

In ihrer zweiten Eigenschaft sind sie mit dem Stamme schon aufs

engste verbunden tmd bilden so das Gerüst der Flexionen. In den meisten

Fällen ist das Stamm und Flexion verbindende Zwischenglied — Stamm

,, sagen" — bereits imterdrückt und der übrige ganze Komplex zu einem

einzigen Wort verschmolzen. Hier liegt also schon die ,, echte" Kon¬

jugation vor.

In ihrer dritten Eigenschaft bilden sie das Passivum, das Reflexivum

und zuweilen ein zwiegesichtiges Durativum. (Das Causativum hat bei

gleichem Bildungsprinzip ein anderes Bildungs element, das selbst

meist als ein vollwertiges Verbum in Gebrauch ist.)

Diese Hilfselemente bestimmen z. T. die zeitliche Differenzierung, die

anders auch durch die ihnen adhärenten Vokale bestimmt wird. Das

erste ist der Fall z. B. in den Sprachen der Sinäsa und der Fälälä, das

zweite in den Sprachen der Hädiya-Gruppe, im Agau von Lastä, femer

in einigen Sprachen der OUäbi-Gruppe.

Im Sinäsa bezeichnet der Konsonant w die Gegenwart, der Konsonant

r die Vergangenheit. Im Pdläää bezeichnet der Konsonant k die Gegen¬

wart und der Konsonant die Vergangenheit. Das gilt in allen Fällen für

die finiten Zeitformen.

Im Hädiya bezeichnet o die Gegenwart, a und u die Vergangenheit und

e die Zukunft (bei gleichbleibendem Plexionselement m). Im Aläbä be¬

zeichnet a die Gegenwart und o die Vergangenheit, im Sidämo in den

einfachen Zeitformen a die Gegenwart und e die Vergangenheit.

In der Olläbi-Gruppe: Im Irob bezeichnet a die aoristische Zeitform,,

e die Vergangenheit, o die Zukunft. Im Gälla bezeichnet a die Gegenwart,

e die Vergangenheit und % sonstige Fälle in syntaktischer Regelung.

1 Q ist nicht identisch mit dem von Reinisch als % bezeichneten Laut. Es

steht am ehesten zwischen einem sehr weich gesprochenens „h" imd dem

französischen „r". Vielleicht ein aufs äußerste abgeschwächtes 6.

(4)

10 Hebma Plazikowsky-Bbattner

Im Agau von Lastä bezeichnet ein ä die Gegenwart und ein e die Ver¬

gangenheit, im Agau von Agaumedr bezeichnet ein u die Vergangenheit

und ein a die Zukunft, in beiden Sprachen bei gleichbleibendem Flexions¬

radikal. Doch ist hier schon ein merkliches Zurücktreten dieses Prinzips

vorhanden.

Die Hilfselemente lassen sich vor allem in zwei große Gruppen ein¬

teilen: solche mit positiver und solche mit negativer Bedeutung.

Die positiven Hilfselemente bilden drei Untergruppen: 1. Stamm

„sagen", 2. die Copula, 3. die Stämme des ExistenzbegrifFs.

Der Stamm ,, sagen" allein hat kein negatives Äquivalent.

1) Der Stamm ,, sagen" ist (a) ein selbständiges Verbum, (b) das kom¬

positorische Element des ,, verbalen Ausdrucks". Sein Herantreten an

einen nominalen Stamm bildet den ,, verbalen Ausdrucksbegriff". (Die Be¬

zeichnung , .verbaler Ausdruck' ' scheide ich streng vom Begriffe ,, Verbum' '.

Unter ersterem verstehe ich die erste Stufe eines verbalen Denkens,

unter dem zweiten aber die mit allen Merkmalen zeitlicher und personaler

Bestimmung versehene Wortgattung mit ihrer echten Konjugation.)

Das Schema des ,, verbalen Ausdrucks" lautet: Pronomen possessivum

+ nominalem Stamm + Stamm ,, sagen" + der hinzuzudenkenden

Copula. (Sie fehlt in diesen Sprachen oft.) Infolge ihres Fehlens geht ihre

verbale Bedeutung auf den Stamm ,, sagen" über, und zwar zunächst im¬

personal, im Sinne emer 3. neutralen Person. In diesem Ausdrucke liegt

die personale Differenzierung beim Pronomen possessivum.

Das Paradigma dieser Bildung findet sich im Sinäsa noch als die ur¬

sprünglich aoristische Form neben den späteren, differenzierten Zeit¬

formen. Der Ausdruck lautet da: ti am eti = mein Gehen Sagen (ist). Zu

ergänzen ist also die Copula eni, die auch tatsächlich in manchen Fällen

erscheint.

Der Konsonant von ,, sagen" ist in dieser Sprache ein sein Stamm

et- wird als ein reguläres Verbum im Sinne von sagen" konjugiert. Als

Hilfselement der Konjugation erscheint es nur in einer Konstante: eti

und eti, wahrscheinlich die ursprünglichste Form dieses Begriffs.

Aus ti am eti wurde durch Anschluß der personal-flektierten Copula

lü als eines zeitlich-bestimmenden Elements und den so bedingten Er¬

satz des Pronomen possessivum durch das Pronomen personale der Aus¬

druck: ta amitwe 'ich gehe', 'ich werde gehen'. Die 2. Person lautet: ne

amMwi, die 3. masc. hi amitwe, fem. ftiy ametwä usw. Also bereits eine

echte Konjugation.

Der erste verbale Ausdruck erfuhr noch eine Verkürzmig: ti am =

'mein Gehen'. (Das Gleiche findet im Wallämö statt, wo ein aber schon

sekundär gebildeter Infinitiv die gleiche Rolle hat: ta bäna = 'mein

Gehen' = 'ich gehe'.)

(5)

Diese verkürzte Form erfuhr durch den Anschluß des gleichfalls per¬

sonal flektierten Hilfselementes r und auch mit gleichzeitigem Ersatz des

Pronomen possessivum durch das Pronomen personale seine Umbildung

in ein echtes und eindeutiges Präteritum: ta dmre = 'ich ging', ich bin

gegangen', 2. Ps. ne dmri, 3. Ps. masc. bi dmre, fem. biy ämrä, usw. —

Hier ist also Stamm ,, sagen" in keiner Spur mehr vorhanden und wir

haben eine bereits sehr fortgeschrittene Konjugationsform vor uns. (Ich

gebrauche den Terminus ,, Präteritum ", weil dieser Begriff unser Per-

fectum und unser Imperfectum umfaßt. Zwischen beiden aber kennen

die kuschitischen Sprachen keinen Unterschied.)

In den andern kuschitischen Sprachen sind die Lautformen von 'sagen'

ein y, ein g und ein Hamza, alle der gleichen Wurzel entstammend. Im

Zuge einer Überkreuzung finden sich auch zwei dieser Lautformen in

einer Sprache. So z. B. im Wallämö und im Agaumedr-Agau. Das in der

Sprache von Agaumedr vorkommende n und n — 'sagen' halte ich für

eine Dissimilierung unter fremdem Einfiusse. Es kommt in keiner der

Schwestersprachen vor. Daneben aber finden sich Spuren von y-.

In allen diesen Sprachen ist 'sagen' als ein selbstständiges Verbum

vorhanden.

Im Hädiya lauten die Formen des Grerundiums :

1. Ps. sg. y- 1. Ps. pl. yin-

2. Ps. sg. yit- 2. Ps. pl. yiiak-

3. Ps. masc. y- 3. Ps. pl. yak-

fem. yit-

Daran schließen sich an : -ö im Praesens, -« im Praeteritum, also :

Praes. 1. Ps. sg. yö Praeteritum: yä

2. Ps. sg. yitö yitä

3. Ps. masc. yö yä

fem. yitö usw. yitä usw.

Besonders wichtig ist die syntaktische Rolle dieses Verbs, es ergänzt

den Ausdruck des Sprechens. Z. B.

yä ta'miiko = 'sagend er fragte', yä woöäko = 'sagend er erzählte'.

Daß dieser Stamm ,, sagen" auch hier den ersten verbalen Ausdruck

bildete, zeigt sich noch in einzelnen Relikten: abö'o = 'das Grauwerden

des Alters', davon abo'oyyomo = 'ich werde grau'. (Die Reduplikation

des y ist hier nicht formbedingt, sie erschien aber in der Aussprache.)

Daneben gibt es heute auch schon die Form: abo'dmo. haHyomo = das

alte, nicht mehr gebräuchliche Verbum: 'ich liebe', heute sagt man:

itömo. fatay-issomo = 'ich verzichte, lasse ab von —, dazu Caus. II.

fatays-issomo = 'ich veranlasse einen Verzicht', zeigen noch y = 'sagen'

im Anschlüsse an einen fremden Stamm (amharisch).

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12 Hebma PxAziKowsKY-BBAtrNEB

In der sehr durchgebildeten Konjugation dieser Sprache sind die

Formen in hohem Grade eingeebnet und man kann nur noch aus den

Relikten Schlüsse ziehen. Wir können aber nach den Spuren mit voller

Sicherheit z. B. marö von mar-yö, mattd von mar-yitö etc. ableiten.

(mar- = gehen). Mit dieser fortgeschrittenen Bildung steht also diese

Sprache auf dem gleichen Niveau, auf dem die Sprache der Sinäsa mit

ihrer Bildung: ta am-re 'ich ging', steht.

Im Wallämö kommt 'sagen' in beiden Stämmen, y und g als selb¬

ständiges Verbum vor. Offenbar ist es das Resultat einer Überkreuzung.

Stamm y finden wir als selbständig in einer doppelt-refiexiven Bildung :

yo-tett = 'sagen, sprechen' und im Nomen: yö-ho = 'Sache, Ding, An¬

gelegenheit, Rede' (amhar. nagar).

Stamm g ist als selbständiges Verbum 'sagen' vorhanden:

ta gays 'ich sage' ta gikke 'ich sage nicht'

tie gäsa 'du sagst' ta gadikke 'ich sagte nicht'

ta gddis 'ich sagte' usw.

l gis 'er sagte'.

Beide Stämme, y und g, bilden verbale Ausdrücke, wie: si'i-ga 'si'i

sagen' = schweigen (im Sinaäa sik-eti) ; yeg-ga 'helfen' ; iz-ga 'horchen'

(wdza = Ohr im Sinäsa); yeke-ga 'Trauer haben'; hdsse-ga 'erinnern'

(hesa 'Erzählung' im Hädiya) ; yüy-ya 'herumziehen' (gur-, gul-, gal- u. a.

gemeinkuschitisch in dieser Bedeutung); ydy-ya 'fürchten'; bd-ya 'mi߬

lingen', wörtlich: 'nicht-sein-sagen.'

Vom Stamme g 'sagen' bildet sich das Suffix des Partizips -aga, z. B.

ötti'aga 'arbeitend' ; maketti'aga 'aussöhnend' ; bi'aga 'gehend' ; makettiddga

'ausgesöhnt'. (Eine Analogie dazu findet sich im Irob, wovon noch ge¬

sprochen wird.)

In den Agausprachen: im Agau von Lästä ist der Stamm y als selb¬

ständiges Verbum: yäkun 'ich sage', ferner in Ausdrücken, wie: dna-

yäkun 'ich sage ja', 'ich stimme bei', 'stimme zu'; zayyäkun 'ich steige

hinab', wörtlich 'hinab ich sage'. (Vgl.das amharische zeg-mälat 'tief sein', 'tiefer sein' und zegg 'hinab, tiefer'.)

Im Agau von Agäumedr lautet das selbständige Verbum 'sagen': ne

'ich sage' (aber auch ne) ; ndu 'er sagt' (unregelmäßig und defektiv).

Diese Sprache hat unter mehrfachen Fremdeinflüssen — zuletzt auch

unter dem der Günza — eine eigene, etwas abseitige Entwicklung gehabt,

die sie z. T. auch von ihrer Basis entfernte. Die obige Form n halte ich für

ein Resultat dieser Entwicklung. Dennoch finden wir auch in dieser

Sprache noch als Relikt das y in der Konjugation, z. B. käs-ye 'ich gehe'

oder em- 'kommen', das nur in einer reflexiven Form als emt- vorkommt.

Davon lauten die negativen Formen: emt-y-dla 'ich komme nicht';

emti-y-dla 'du kommst nicht'.

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Die Form n in den Ausdrücken: en-gä-ne 'ich sage nein, will nicht,

widersetze mich' usw. Dazu das Gterundium: engänäta, amharisch: embi

beye.

Auch im Faläsä kommt Stamm y selbständig vor: yäku 'ich sage'

(vgl. das Hädiya!); yitäku 'du sagst'; yäku 'er sagt'; yäti 'sie sagt' usw.

Ferner in den Ausdrücken : eSi-yäku 'ich sage ja, stimme bei' ; bä-yäku

'ich sage nein, will nicht, weigere mich' ; en-ga-yäku idem.

Auch hier gibt es also noch Spuren einer alten Konjugation mit 'sagen'

und daneben eine ,, echte" Konjugation.

Im Irob und Saho ist der Stamm 'sagen' als selbständiges Verbum nur

noch ein Hamza, an das sich die personalen Flexionen als Präfixe an¬

heften, während die adhärenten Vokale die zeitliche Bestimmung be¬

zeichnen. Die Formen lauten:

Beispiele für den selbständigen Gebrauch: fügi hak kihinä ya 'Gott

liebt Rechtlichkeit, sagt man (er)', intih ka manahli yän 'mit Augen sehen

wir nicht, sagen sie'.

Auch hier die verbalen Bildungen: alu-ya 'er leugnet'; dehe-ya 'er gibt

zurück' ; hatäfi-ya 'er schwätzt' ; füfu-ya 'er bläst das Feuer an' ; kabi-ya 'er nähert sich' ; anräro-ya 'es ist grün' ; füte-ya 'er schlürft'.

Diese oben angegebenen, personal und zeitlich bestimmten Formen des

Verbs 'sagen' werden in der rein kuschitisch bedingten Konjugations¬

gruppe A dem Stamme angehängt : räb-a 'ich sterbe' (räb-*-a) ; räh-ta 'du

stirbst' ; räb-a 'er stirbt' ; räb-ta 'sie stirbt' usw.

In der semitisch beeinflußten Konjugationsgruppe B werden sie präfi¬

giert : a-gdife 'ich töte' ; ta-gdife 'du tötest' ; ya-gdife 'er tötet' ; ta-gdife 'sie tötet' usw.

Wie im Wallämö ist auch hier das Partizip mit Hilfe von Stamm

'sagen' gebildet: -ena, neben dem auch noch das ältere -yena, erscheint;

orobyena 'eintretend' ; mabbyena 'zuhörend'.

Auch das relative yd-tiya 'welcher', fem. td-tiyä geht offenbar auf die

aoristische Form von 'sagen' zurück. (Hier zeigt sich der Übergang zu

weitern Funktionen der Hilfselemente.)

Das gleiche Konjugationsprinzip gilt mit einigen Abweichungen in

der Somalisprache (vgl. M. M. Moreno: II Somalo della Somalia,

Roma 1955, Istituto Poligrafico dello Stato).

Das Prinzip der Gruppe A ist im Gälla vertreten: dem-a 'ich gehe';

dem-ta 'du gehst' ; dem-a 'er geht' ; dem-ti 'sie geht' usw.

Aorist :

1. Ps. sg. a (aus '-«)

Präteritum :

2. Ps. sg. ta (aus t-'-a) 3. Ps. masc. ya (aus y-'-a)

fem. ta (aus t-'-a)

e (aus '-e) te (aus t-'-e) ye (aus y-'-e) te usw. (aus t-'-e).i

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14 Herma Plazikowsky-Brauner

In dieser Sprache kommt der Stamm 'sagen' nur noch in einer Kon¬

stante yu vor (dialektisch ga\ nach meinen Wargi). demä-yu 'er geht';

demerä-yu 'er ging' ; aber: deme-ga 'ich ging' ; demte-ga 'du gingst' usw.

Die letzten Formen werden auch für deme gira 'ich bin gegangen',

gebraucht. Ferner gibt es den mit ga zusammengesetzten Imperativ,

einen ,, Imperativ der Ungeduld": demiga\ 'so geh doch!' füdiga\ 'so

nimm doch endlich !' — Dabei erinnere ich an den amharischen Ausdruck :

bei hid\ 'so geh doch schon!'

In allen diesen Fällen erscheint diese Konstante des Stammes 'sagen'

als ein sekundäres Bildungselement, das emphatisierende und verstär¬

kende Bedeutung erhielt. Eine solche Formengebung ist offenbar nur

durch Überkreuzung zu erklären, sie kann kaum organisch gewachsen sein.

Zusammenfassend ist festzustellen: Dadurch, daß der Stamm

'sagen' personal und zeitlich bestimmende Elemente annahm, wurde er

zum Verbum 'sagen'. Wenn auch zunächst das unabdingliche Element

zur Bildung des verbalen Ausdrucks, wurde er mit der Zeit zurück¬

gedrängt und schließlich ganz umgangen.

Schon in der uns bekannten literarischen Form des Ge *ez finden sich

vereinzelte Ausdrücke mit beMla. Man kann wohl annehmen, daß die

unter stärkerem kuschitischem Einfluß stehenden Ge 'ez-Dialekte deren

mehr gebrauchten. Unter dem Drucke seiner mehrseitigen kuschitischen

Volkskomponente hat das Amharische diese Redeweise zu besonders be¬

tonten, emphatischen Redeformen ausgebildet, die einen Superlativ dar¬

stellen sollen, z. B. kdrra 'er blieb weg' ; kerit, kerrit, kerrltt alä 'er blieb

ganz und gar weg'; täf ja 'er verschwand'; tefh, tefjh, tsffdtt alä 'er ist

ganz und gar verschwunden, ohne Spur'. — Zu den hier auffallenden

Reduplikationen möchte ich darauf aufmerksam machen, daß es in den

kuschitischen Sprachen und im Amharischen ,, emphatische Redupli¬

kationen" gibt.

Aber es gibt im Amharischen auch noch klare Fälle, die in denSubstra-

ten schon eingeebnet sind, z. B. amharisch: bunn iläl 'es zerstreut sich,

zerstiebt', im Hädiya schon binnoko; zegg iläl 'es ist tiefer', im Lastä-

Agau zäyyäku 'er steigt hinab'.

Cppula und Stämme des Existenzbegriffs

Die Stämme dieser beiden Gruppen wechseln in der Bedeutung, so daß

die Copula der einen Sprache auch den Begriff" des Existierens in der

andem Sprache bedeuten kann. Diese Labilität des Begriffs führte dazu,

daß die an sich aoristisch gedachte Copula ihre übrigen Zeitformen aus

der andern BegrifiFsgruppe entlehnen konnte.

Die Copula hat meist ihre eigene, von der regulären Konjugation ab¬

weichende Form. Sie kann einradikalig und redupliziert, als Konstante

(9)

und als flektiertes Verbum vorkommen. Ihr Konsonant hat in einigen

dieser Sprachen eine Funktion als Flexionselement oder als Bildungs¬

element verschiedener zusammengesetzter Zeitformen. Ihren Ausfall —

resp. ihre stille Teilnahme — erwähnte ich schon bei der Besprechung des

ersten verbalen Ausdrucks der Sinäla-Sprache.

Um ein Beispiel zu geben: Im Agau von Lastä wird sie in einem Aus¬

drucke der unmittelbaren Zukunft mit dem Gerundium konstruiert :

fic-e-yey 'ich bin im Begriffe zu gehen; firt-e-yey 'du bist im Begriffe

zu gehen'; fir-yay 'er ist im Begriffe zu gehen'; firt-e-rß 'sie ist im Be¬

griffe zu gehen' usw.

Im Agau von Agäumedr und im Faläää lautet die Copula ag und ist hier

auch das Flexionselement. Die gleiche Rolle spielt im Hädiya Lautform m.

Die Stämme des Existenzbegriffes, soweit sie als Hilfselemente

der Konjugation auftreten, gehören meist in die Gruppe der einradi-

kaligen Verben. Der Begriff selbst aber umfaßt auch zweiradikalige, mehi -

deutige und regulär konjugierte Verben. Bei ihrer Entstehung kann es

sich um verschiedene Vorgänge handeln, die hier nicht zur Frage stehen.

Die Wurzelgruppen der Hilfselemente. Es kann bei der weitern

Behandlung zwischen Copula und Verbum des ExistenzbegrifFs kein

Unterschied gemacht werden.

Die Elemente der positiven Gruppe lassen sich in ihrer Gesamtheit in

drei Wurzelgruppen einteilen: Gruppe 1: b-m-w-f-, Gruppe 2: n-r-l-o-,

Gruppe 3: t-s-k-.

Es muß offenbleiben, ob diese drei Gruppen ursprünglich aus drei,

zwei oder aus nur einer Wurzel stammen, ob sie also aus der letztern

durch verschiedene Dissimilierungsprozesse hervorgegangen sind. Es

wäre möglich, daß sie (a) aus begrifflich differenzierten Wurzeln hervor¬

gegangen sind, so daß etwa eine Wurzel den Begriff des Existierens, eine

zweite den des Zustandes, eine dritte den irgendeiner andern Bedeutung

gehabt hätte, oder (b) daß sich aus einer einzigen Wurzel Laute mit

diesen Begriffen herausdifferenziert hätten.

Wie schon gesagt, haben verschiedene dieser Radikale eine flexions¬

bildende Funktion. Als Gerüst dieser Flexion sind sie aufs engste mit

dem Stamm 'sagen' verbunden, den sie später ganz verdrängen. Es ent¬

steht also zunächst eine Form : 'sagen ich bin, sagen du bist' usw. Im An¬

schluß an ein Nomen bilden diese Formen die Konjugation.

Es könnte scheinen, daß das Gerundium, das in den kuschitischen

Sprachen an der Konjugation in hohem Maße beteiligt ist, infolge der

Spärlichkeit seiner Flexionsformen schwer deutbar wäre. Es handelt sich

aber hierbei zweifellos um den Beginn einer Personal-Differenzierung

durch Suffixe, also um den Ersatz des Pronomen possessivum des ersten

verbalen Ausdrucks,

(10)

16 Herma Plazikowsky-Bbauiter

Die Gruppe 6-m-w-/. Diese Lautformen einer Wurzel kommen als

selbständige Copula und als Verbum des Existenzbegriffs vor.

Die Lautform b, in der Gestalt von be- ist in den beiden uns bekannten

Börosprachen, dem Sinäla und dem Käfä, vorhanden. Im Sinäla als ein

selbständiges Verbum: ta betwe 'ich werde', aber auch 'ich bin (!)' und

ta bere 'ich war' und 'ich bin gewesen'. Im Kafä als bete im gleichen Sinne, z. B. göyo goSe bete 'der Acker wird gepflügt'. — In diesen beiden Sprachen

begegnen wir offenbar der Zusammenlegung zweier Wurzeln mit der

gleichen augenblicklichen Endform be-. Es handelt sich einmal um das

Hilfselement b in seinem selbständigen Gebrauch, zum andern um ein

Verbum, dessen zweiter Radikal sich abgeschliffen hat; so entstand ein

falsches einradikaliges Verbum mit der gleichen Endform be-. Das ety¬

mologische Äquivalent des ersten ist im Hädiya Radikal m, im zweiten

Falle aber das Verbum afur- 'sitzen, bleiben' etc. Auch im Sinäla hat

be- die gleiche Bedeutung.

Im Sinäla finden wir als eine ausgesprochen nur 'existo' bedeutende

Form die Lautform /: 1. Ps. sing, ta fa'e 'existo'; 2. Ps. sing, ne fa'i\

3. Ps. sing. masc. bi fa'e; fem. biy fa'äna usw. (Siehe meinen Auf¬

satz Schizzo moriphologico dello Scinascia, Rassegna di Studi Etiopici

1950.)

Vorwegnehmend weise ich auf die Durativbildung dieses Radikals im

Sinäla hin und auf die durative Färbung von bete im Kafä.

Die Lautform w, die in den Ometisprachen als Copula vorkommt, er¬

scheint im Sinäla nur als ein Flexionselement. Sie kann aber hier meiner

Meinung nach nur im Zuge einer erleichterten Aussprache erscheinen,

also im Grunde doch nur ein b sein. Die Formen lauten: 1. Ps. sing, ta

amitwe 'ich gehe'; 2. Ps. sing, ne amitwi; 3. Ps. sing. masc. bi amitwe;

fem. biy amMwä usw.

Im Käfä ist das Hilfselement 6 resp. w in dem folgenden Vokal auf¬

gegangen.

Im Wallämö findet sich Lautform w einwandfrei als Flexionselement,

wenn auch in einer Konstante, in einem scheinbaren Singulum : ta bä-wa

'ich bin nicht', wörtlich 'nicht-sein ich bin'. (Sonst konnte ich nichts

mehr feststellen.)

Die Lautform m bildet im Hädiya als dme 'sum', aber auch 'existo' ein

selbständig gebrauchtes Verbum. Meine Gewährsleute setzten an dme =

an die und gaben ihm den doppelten Sinn. Meist aber scheint es mir den

ersteren Sinn zu haben. — Das gleiche begriffliche Ineinandergreifen

kennt die amharische Volkssprache übrigens auch.

Die Lautform m ist im Hädiya durchgehends das Flexionselement.

Hierbei tritt es in charakteristischer Weise als die zeitlose Copula auf,

während die zeitliche Bestimmung den adhärenten Vokalen zukommt.

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Das Praesens lautet :

1. Ps. sg. -omo (auch -ömmo, aus -ömno) pl. -nomo

2. Ps. sg. -totto (aus -tömto) pl. -tahdmo

3. Ps. sg. masc. -oko, fem. -tämo pl. -akäma

Das Flexionselement m geht durch alle Zeitformen.

Die Gruppe n-r-g-l-y. Die Lautform n dieser Gruppe finden wir

selbständig in nahezu allen kuschitischen Sprachen: Im Sinäsa als die

Copula na {ta tana 'ich bin' ; ne Tiena 'du bist' ; doch in der 3. Person: bi &ni

'er ist', auch als unpersönlicher Ausdruck). Im Glmira lautet die Copula

ne. Im Wallämö lautet die Copula na mit unregelmäßiger 3. Person. Im

Agau von Lästä findet sich die Lautform y in der ersten und zweiten

Person redupliziert : yey. Im Irob erscheint die Lautform n selbständig

als ein Verbum der Gruppe B in den Formen :

Praesens Praeteritum

1. Ps. sing. äne Ine

2. Ps. sing. täne tine

3. Ps. sing. masc. yäne yine

fem. täne usw. tine usw.

Mit einer gerundialen Form zusammen bilden sie ein Praesens und ein

Praeteritum.

Im Somali gibt es die Lautform n als an imd al (siehe : M. M. Moeeno,

II Somalo della Somalia).

Im Sidämö lautet die Copula nömmo 'ich bin', 3. Ps. nö (siehe M.

M. MoEENO, Manuale die Sidamo, Milano Mondadori).

Im Hädiya kommt es selbständig nicht mehr vor, es bildet nur noch

eine Konstante -n, die an das Gerundium Futuri angehängt wird. Diese

Form mit eti verbunden gibt einen Initiativ, eine Form der nächsten Zu¬

kunft : an maren eti 'ich bin im Begriffe zu gehen'.

Und schließlich muß noch das amharische nan = „sum" erwähnt wer¬

den (Entlehnung aus Agau!).

Die Lautform q hat in den drei mir bekannten Agausprachen die

Funktion der Copula und zwar nicht ganz einheitlich. Im Agau von

Agäumedr lautet die Copula: an ag 'ich bin'. Im Faläsä bildet diese

Copula eine futurische Form: an agdku 'ich werde sein'. Im Falälä und

im Lastä bildet diese Copula ein Futur:

Faläää Lastä

1. Ps. sg. an agdku an äcir (aus ag-cir)

2. Ps. sg. ant ageku (aus agi-dku) ket ät&r (aus ag-ter)

3. Ps. sg. masc. ni agdku yey atü (aus ag-tu)

fem. ni agdti yi ati (aus ag-ti)

(Die merkwürdige Erscheinung der emphatischen Flexionskonsonanten

kann hier nicht erörtert werden.)

2 ZDMG 107/1

(12)

18 Hebma Plazikowsky-Bbauneb

Die negativen Formen des Präsens lauten :

Falälä Lastä

1. Ps. sg. an ageli an dkkar (aus dg-kar)

2. Ps. sg. ent agela (aus agi-ila) ket äyrer (aus dg-rer)

3. Ps. sg. masc. ni agela yey dyyo (aus dg-yo)

fem. ni agela (aus agi-ela) yi dyre (aus dgre).

Das t der 2. Ps. und des Fem. ist im Lastä durch r ersetzt.

Im negativen Futur des Lastä erscheint das g offen : 1. Ps. sg. aji a^aker ; 2. Ps. sg. kit äkdr (aus ag-kar, wobei das t der 2. Ps. zu fc dissimiliert wird) ;

3. Ps. sg. masc. yey agdo, fem. yi agdy usw. — Diese Formen gelten für

die Begriffe 'sum' und 'existo'.

Im Agau von Agäumedr und im Faläsä bildet die Lautform g das

Flexionselement. Wie weit es im Agau von Lastä in dissimilierter Form

durchgehend vorhanden ist, ist mir noch nicht ganz klar geworden, es

kann aber kaum bezweifelt werden, daß es ursprünglich so war. Die vielen

Komplikationen dieser Sprache entstanden unzweifelhaft unter dem in¬

tensiven Einflüsse der von den Eingeborenen 'Nöba' genannten Sprachen.

Im Agau von Agäumedr bildet Q als ein aoristisch gedachtes Element

zugleich ein Praeteritum II und die Form des nächsten Futurs. Das

erstere besteht aus dem flektierten Gerundium ~\- der Konstante -Qua,

im Futur äpa, wobei die 2. und 3.Ps. plur. die üblichen Ausnahmen macht,

im Futur auch die 3. Ps. sg.

Praeteritum II : Nächstes Futur :

1. Ps. sg. käs-Qüa käs-dga

2. Ps. sg. kät-güa kät-dga

3. -Ps. sg. masc. käs-güa käs-dtvi

fem. kät-güa kät-dte usw.

Im FaläSä bildet die Lautform g die Flexion des Praeteritums I. Von

käi- 'sehen' lautet sie: 1. Ps. sg. käl-ög; 2. Ps. sg. källi-ög (aus käldi-ög);

3. Ps. sg. masc. käl-ög, fem. källiti.

Als ein reines Hilfselement der Konjugation erscheint die Lautform r.

Seiner aoristischen Grundbedeutung entsprechend büdet es im SinäSa

das Praeteritum und das Gerundium Futuri.

Praeteritum Gerundium Futuri

1. Ps. sg. ta dmre amär 'ich als ein Gehender'

2. Ps. sg. ne dmri amär 'du als ein Gehender'

3. Ps. sg. masc. bi dmre amir 'er als ein Gehender'

fem. biy ämrä

Das gleiche Element bildet das Praeteritum im Gälla: 1. Ps. sg. ruin

bekera 'ich habe gewußt, ich wußte'; 2. Ps. sg. bekterta; 3. Ps. sg. masc.

bekera, fem. bekterti usw.

Die Gruppe t-s-k. Lautgesetzlich steht dieser Zusammenstellung

(13)

Die Hilfselemente der Konjugation in den kuschitischen Sprachen 19

nichts im Wege und auch in der Bedeutung und Verwendung liegt eine

weitgehende Übereinstimmung vor.

Die Lautform t bildet im Hädiya ein selbständiges Verbum mit einer

eigenen personalen, an das Gerundium angelehnten Konjugationsform

und dazu kommt eine unpersönlich gedachte Konstante in der Form eti.

Die konjugierten Formen lauten: an ete 'ich bin und ich war' ; at ette 'du

bist und du warst' ; it He 'er ist und er war', fem. is ette usw.

Daneben kommen die Formen ai^ und ite vor. Die Vokale haben hier

(heute!) keine differenzierende Bedeutung. Diese kann einer Nivellierung

zum Opfer gefallen sein, was besonders begreiflich wäre, wenn diese Vo¬

kale einem fremden Einfluß zugeschrieben werden müßten.

Als Konjugationselement kommt es in den mehrfach zusammen¬

gesetzten Zeitformen, also den sekundär entstandenen, vor. So im Plus¬

quamperfektum : an marä ete ihPümo 'ich war gegangen'. Diese Form wird

schon zu an marätPümo zusammengezogen. Das gleiche gilt für den Irrealis.

Es wäre durchaus möglich, daß das Gerundium des Sinäla sich von

diesem t gebildet hätte und nicht von t 'sagen'. Hier, wie im Wallämö,

ist der dem t vorangehende Vokal das personale Flexionselement;

Sinäsa: amdt 'ich (du) als ein Gehender'; amet 'er als ein Gehender';

WaUämö : öttdda 'ich (du) als ein Arbeitender' ; öttidi 'er als ein Arbeiten¬

der' (auch für den ganzen Plural). M. M. Mobeno nennt diese Form

,,Perfetto subordinate", weil sie auch selbständig gebraucht werden kann.

Es wäre angebracht, solche Untersuchungen auch z. B. auf das etwas

abseitige Gälla auszudehnen. Auch hier gibt es eine Reihe von Bildungen,

die sich wohl einfügen ließen.

Die Lautform s gibt Cebulli {La Lingua Caffina) als eüi selbständiges

Verbum der Bädditü im Sinne von 'esse' an, zugleich auch als Bildungs¬

element eines Durativs. Soweit mir bekannt, konnte ich keinen zweiten

solchen Fall feststellen, doch ist mir diese Lautform als Flexionselement

bekannt. i

Im Agau von Agaumedr bildet s als positive Konstante, an das redu¬

plizierte „k negativum" angeschlossen, das Negativum der Copula: an

kekes 'ich bin nicht'. Es kommt auch in einer Form vor, die ich Jussiv

nenne, die aber nicht allein den Jussiv bedeutet: käses 'ich (er) soll

gehen, — will gehen, — gehe (geht)'; M(es 'sie soll, will gehen' etc.

Als eine weitere Konstante erscheint im Agäumedr-Agau eS und gleich

angewandt im Maggi is.

Agaumedr

an es tÜQa 'ich bin gewesen' ente eS tißua 'du bist gewesen'

ine is kino 'ich bin' yete is kitto 'du bist' eze is kizo 'er ist' ize is kizze 'sie ist' etc.

Maggi

ni es yiQua 'er ist gewesen' ni es tigua 'sie ist gewesen' 2*

(14)

20 Hebma. Plazikowsky-Bbauneb

Die historische Brücke dazu: Zer'a Jakob, der große Eroberer, setzte

in alle eroberten Länder eine Besatzung aus seinen Stammländern. In

Maggi waren es Tigreaner, denen Agau und Saho beigegeben waren. Im

Wortschatze des Maggi finden sich Ge'ez-Elemente, in der Grammatik

aber kuschitische Spuren. Die Einheimischen waren nicht kuschitisch

und wohl auch nicht einheitlicher Herkunft.

Im Glmira erscheint diese Lautform auch als S. Da mir alle Aufzeich¬

nungen dieser Sprache durch Kriegseinwirkung verlorengingen, muß ich

mich auf meine Erinnerung beschränken.

tän amtdnS 'ich gehe' tän ankastäns 'ich ging'

nen amneneS 'du gehst' nen ankassiS 'du gingst'

tän amtitdnä 'ich gehe nicht' tän amitdns 'ich ging nicht'.

Als ein nahezu durchgehendes Flexionselement erscheint Lautform s

im Wallämö: ött- 'arbeiten'.

Praesens Praeteritum

1. Ps. sg. ta öttdys ta öttddis

2. Ps. sg. ne öttdsa ne öttaddsa

3. Ps. sg. masc. i öttes i öttides

fem. ä öttdus {öttdsu) ä öttddus (öttadäsu)

(Für die Ometo-Sprachen siehe M. M. Moreno, Introduzione alla Lingua

Ometo, Milano Mandadori.)

Die Lautform k ist die gebräuchlichste Lautform dieser Gruppe. Als

selbständiges Verbum ist sie im Irob im Sinne von 'existo' ein Verbum

der Gruppe B. Die Formen lauten:

Aorist Futur Praeteritum Subjunktiv

1. Ps. sg- dkke dko yikke dkko

2. Ps. sg- tdkke tdko tikke tdkko

3. Ps. sg. masc. ydkke ydko yikke ydkko

fem. tdkke tdko tekke tdkko.

Außerdem erscheint es in einer konstanten Form in einer Bildung

gerundialen Charakters, in Gruppe A als -ak, in Gruppe B als -ik. So

bildet es mit äne zusammen ein Praesens und mit ine zusammen ein

Praeteritum (räb- 'sterben').

Praesens

1. Ps. sg. rdbak äne

2. Ps. sg. rdbak täne

3. Ps. sg. masc. rdbak yäne

fem. rdbak täne

Gruppe B {gedef 'töten') : dgdifik äne 'ich töte' ; dgdifik ine 'ich tötete'.

Im Agau von Lastä vertritt es als ein selbständiges Verbum den Be¬

griff 'existo'. Seine Negation lautet eger 'non existo', also der Stamm ek-

Praeteritum I

rdbak ine rdbak tine rdbak yine rdbak tine usw.

(15)

mit einer sehr verschliffenen Flexion. Es ist davon nur eine Praesensform vorhanden.

Positiv Negativ

1. Ps. sg. an ekün an egir (egger ?)

2. Ps. sg. ket ekrü ket egerir

3. Ps. sg. masc. yer) ekü yey ego

fem. yi eküe yi egere

Als Flexionselement erscheint es modifiziert in zwei Formen :

Praesens Praeteritum II

1. Ps. sg. käläkun kälekun

2. Ps. sg. käldäku käldekrü, källrkrü

3. Ps. sg. masc. käläku käleku

fem. källäc usw. käldeku^, kälerku^ naw.

Im Faläsä findet sich davon nur eine Konstante -äku, die mit der

Gerundialform der 2. Ps. sg. källi- die zusammengezogene Form källeku

bildet. Die 3. Ps. fem. lautet källiti.

Im Sinäla scheint es das Flexionselement des sehr komplizierten Ir¬

realis zu sein (am- 'gehen'): 1. Ps. sg. ta amyd^ke, 2. Ps. sg. ne amyd"ki usw. So auch im Negativ.

Eine Variante h kommt in den Hädiyasprachen vor. Hier finden wir

es in einer durch eine Sprossilbe und in einer durch einen zweiten Radikal

erweiterten Form. Es hat den Sinn von 'existo'. Von der erstem Form

gibt es ein allgemein selbständig gebräuchliches Futurum und ein nur

in Zusammensetzungen vorkommendes Praeteritum.

Futurum Praeteritum

1. Ps. sg. ihomo ihdmo

2. Ps. sg. ikkötto (aus ih-totto) ikkätto

3. Ps. sg. masc. ihöko ihdko

fem. ikkdmo (aus ih-tämo) ikkämo usw.

Die zweite Form lautet : ihe'- und Ae'-. Von ihr bildet sich ein „erzählen¬

des Praeteritum", mit z. T. abweichenden Konjugationsformen, es er¬

scheint auch in den zusammengesetzten Zeitformen.

Das Aläbä hat die erweiterte Form ha', von der sich mit Hilfe des

Suffixum Pronominis possessivi eine Konjugationsform bildet. Sie scheint

die Bedeutung von 'sollen' oder 'müssen' zu haben. Die Formen lauten :

1. Ps. sg. hdyyi, 2. Ps. sg. häkki, 3. Ps. sg. masc. hdssi, fem. Msse usw.

Im Kafä gibt es das Verbum ahe 'esse'. Im Somali findet sich die erwei¬

terte Form hay (siehe M. M. Mobeno, II Somalo della Somalia).

Die negativen Hilfselemente. Hierbei handelt es sich um Ele¬

mente einer rein negativen Bedeutung. Ihre Genesis ist ganz unklar und

(16)

22 Hebma. Plazikowsky-Brauner

ihre etymologischen Zusammenhänge können vorerst nur hypothetisch

behandelt werden. Ich bringe sie also nur in einer losen Zusammen¬

stellung.

Wir stehen vor der Merkwürdigkeit, daß ihre heutigen Endformen

denen der positiven Elemente größtenteils gleich sind. Auch daraus ist

die besondere Schwierigkeit der Behandlung ihres genetischen Problems

ersichtlich.

Die negativen Hilfselemente sind: l, y, n, t, k, s und die mit hoher

Sicherheit zusammenstellbare Gruppe b-m-w-g-f-p. Zur Kennzeichnung

stelle ich hinter jedes dieser Hilfselemente das Wort ,, negativum".

Das ,,i-negativum" kommt im Agau von Agaumedr und im FäläSä als

die Negation des Verbums 'existo' vor. Im Faläää ist es eine Konstante

illa, an illa 'non existo'. Im Agau von Agaumedr lautet der Singular

illa, im Plural lauten die Formen Ulan und für die 3. Ps. PI. dldnma.

Die Reduplikation des l kommt nur in diesen Formen vor. Als Hilfs¬

element der Konjugation ist l stets einfach.

Im Fäläää lauten die Formen (käi- = sehen) :

Praesens Praeteritum

1. Ps. sg. kälili källi

2. Ps. sg. källela källila

3. Ps. sg. masc. kälila kalla

fem. källela källila

Im Agau von Agaumedr kommt „l negativum" im Praesens in einer

Konstante äla vor. Das Praeteritum hat ein „y negativum", das eine

Variante von „l negativum" sein könnte. Doch gibt es dafür noch eine

zweite Lösungsmöglichkeit. Die Formen lauten:

Praesens Praeteritum

1. Ps. sg. källa (aus käs-lä) käs-dya

2. Ps. sg. källa (aus kät-la) kät-dya

3. Ps. sg. källa (com.) usw. käs-dya fem. kätdya usw.

Im Sinäla bildet „l negativum" ein echtes Perfekt in taä dlere 'ich hatte

nicht, mir war nicht'. Ferner bildet es die Negation der Copula und des

Verbums des Existenzbegriffs.

Copula 'non sum' 'non existo'

1. Ps. sg. ta tdnäli ta dltäna

2. Ps. sg. ne nenäli ne dlnena

3. Ps. sg. masc. bi und biy all bi und biy äli usw.

Die Form äli ist wohl ursprünglich eine unpersönlich gedachte Kon¬

stante, die den Begriff des , .Nichtseins" schlechthin zum Inhalt hatte

(17)

(siehe meine Arbeit Schizzo morphologico dello Scinascia, Rassegna di Studi Etiopici, 1950).

Das ,,n negativum" ist sehr selten. Ich erinnere an Ausdrücke im

Ge'ez wie ^nbiya, amharisch embt 'ich will nicht', das auch ins Hädiya

gedrungen ist.

Das „n negativum" könnte mit „l negativum" zusammenhängen, doch

fand ich weder dafür noch dagegen Argumente.

Vor allem kommt es in einzelnen Formen im Wallämö vor, wo es die

;i. Ps. masc. negiert: gidinna 'er wird nicht' ; öltinna 'er arbeitet nicht'.

Der Umstand, daß die anderen Personen mit Hilfe eines andern Ele¬

ments negiert werden, läßt auf den ursprünglich offenbar unpersönlichen

Süm schließen, aus dem sich die 3. Person entwickelte. Bekräftigt wird

das dadurch, daß auch der negative Infinitiv in dieser Sprache in gleicher

Weise gebildet wird: gidönna 'nicht werden', öttönna 'nicht arbeiten'.

Zugleich bildet es ein negiertes Partizip, von dem ich aber nur dieses

eine Beispiel fand: heynndga, be'inndga 'nicht seiend'. Hier ist unzweifel¬

haft das „b positivum", das ich sonst im Wallämö nicht fand.

Ferner wird dieses „n negativum" zur direkten Negierung eines No¬

mens verwandt: lo'o 'gut', lo'dnna 'schlecht (= gut es ist nicht)'.

Wie hier bildet das „n negativum" auch den negativen Infinitiv im

Hädiya. Das hier eingeschaltete Hamza ist mir unerklärlich, maro'ni

'nicht gehen'; ajurdi'ni 'nicht sitzen'.

Das ,,k negativum" kommt in zwei Fällen in einer reduplizierten Form

vor. Im Wallämö bestreitet es die ganze negative Konjugation mit Aus¬

nahme der schon erwähnten 3. Ps. masc: 1. Ps. sg. öttikke 'ich arbeite

nicht' ; 2. Ps. sg. öttdkka 'du arbeitest nicht' ; 3. Ps. sg. fem. öttukku 'sie arbeitet nicht'.

Im Agau von Agäumedr negiert es in silbenreduplizierter Form die

Copula: an kekis 'non sum' [kekis ist konstant).

Vielleicht ist das vorangesetzte negative ha des Somali eine Variante

des „k negativum" (s. Moeeno, II Somalo etc.).

(Hierzu das hin- der Gälla ?)

Das „t negativum" findet sich in den Hädiyasprachen im negativen

Imperativ (ban 'treimen') :

Hädiya: positiv negativ Sidämö: positiv negativ

Sg. hanti bantit -t -töti

PI. bantihe bantakdti -tinönte

Im Aläbä lautet der Singular ebenfalls martöti, die Pluralform aber

martönoce. In diesem c ist „t negativum" ohne Zweifel enthalten.

Im Maggi bildet es als -ti den negativen Infinitiv, tye 'gehen', tye-ti

'nicht gehen', ki 'sein', ki-ti 'nicht sein'. In der Konjugation wird es so

(18)

24 Hebma Plazikowsky-Bbaxtner

verwandt: M tan tyeti 'ich gehe nicht'; yete tana tyeti 'du gehst nicht'

{tan konjugiert) ; ine tan tye kiti 'ich bin nicht gegangen' ; yete tana tye kiti

'du bist nicht gegangen' usw.

Im Glmira findet sich die schon erwähnte Form: tan am-ti-tänä 'ich

gehe nicht'.

Bei den Formen de^ negativen Jussiv im Agau von Agäumedr könnte

die Negation auch bei i 'sein'. Die Formen lauten :

1. und 3. Ps. sg. käsitin 1. Ps. pl. kännitin

3. Ps. sg. fem. kätitin 3. Ps. pl. käsuintin

Die Kafä-Sprache hat das „t negativum", das Cerulli in seinem schon

genannten Buche, S. 189, ,,negativo arcaico" nennt. Es wäre aber denk¬

bar, daß es erst nach der Besetzung des Landes durch die Gonga im

15. Jahrhundert — als Folge eines völkischen Verschmelzungsprozesses

— von den Ometivölkern übernommen wurde.

Das „s negativum" fand ich nur im Sinäla (im Kafä -&) (am-'gehen').

Praesens Praeteritum

1. Ps. sg. ta amdse ta amrd§e

2. Ps. sg. ne amdsi ne amrdsi

3. Ps. sg. masc. bi amdse, fem. biy amdsa bi amrdse, fem. biy amrdsa

Hier besonders zeigt sich die Schwierigkeit eüier etymologischen Be¬

stimmung. Das „s negativum" könnte ebensogut mit „t negativum" wie

mit „k negativum" zusammenhängen und es wäre lautgesetzlich durchaus

möglich, daß diese drei Konsonanten auf eine gemeinsame Wurzel zurück¬

gingen. Die gleiche Schwierigkeit tritt hei „y negativum" auf, das sowohl mit „l negativum" wie mit „s negativum" zusammenhängen könnte.

Die Gruppe ö-m-w-gr-/-p-negativum. Hier handelt es sich mit

großer Wahrscheinlichkeit um sechs Lautformen einer einzigen Wurzel.

Die Lautform g ist über w entstanden.

Die Lautform „b negativum" ist im Hädiya in den Formen be und 6e*

'non sum, non existo' vorhanden: an be, an be'e 'non sum, non existo';

an ihm be'e 'non existo'. Als eine absolute Form bedeutet be 'nein'.

Das Wallämö hat diese Negation in den Verben: bäwa 'nicht sein';

ta bäwa 'ich bin nicht' ; bäya 'mißlingen', wörtlich : 'nicht-sein-sagen'.

Die Lautform „w negativum" findet sich im Irob in den erweiterten

Formen wä' und way. Als eine Konstante wä'i kann es nachgesetzt jede

finite Zeitform negieren' ydgdife wä'i 'er tötet nicht'; yigdife wä.i ,er

tötete nicht'.

Als defektives Verbum kommt wä' selbständig vor; es bedeutet 'es

fehlt, es ist nicht vorhanden' etc.

In gleicher Weise, wie wä' wird im Aläbä -ba an die finiten Zeitformen angeschlossen (mar- 'gehen'):

(19)

Praesens Praeteritum marrömba martöntiba marröba martoba

1. Ps. sg. mardmba

2. Ps. sg. martdntiba

3. Ps. sg. masc. maranöba fem. martdba

Ebenso das Futurum resp. der Initiativ : an marotäba 'ich werde (so¬

eben) nicht gehen' ; at martotdba 'du wirst (soeben) nicht gehen'.

Das SinäSa hat einen negativen Infinitiv : amä 'nicht gehen' ; finä 'nicht

arbeiten'; bPä 'nicht sein'; ferner eine negative Form des Partizips:

ameräwöni 'nicht gehend, der nicht Gehende' ; fineräwöni 'nicht arbeitend,

der nicht Arbeitende'; ameräsöni 'nicht gegangen seiend, der nicht ge¬

gangen Seiende'.

Dieses negative a ist ein verschliffenes ba. Im Kafä entspricht ihm wohl

sinngemäß ein „y negativum", für dessen etymologische Erklärung

es aber noch andere Möglichkeiten gibt. Eine Entstehung aus ha müßte

über wa geführt haben.

Die Lautform „g negativum" findet sich im Agau von Agaumedr ui

im Falälä. Sie stammt offenbar aus einer sehr alten und gemeinsam

lebten Lautwandlung über „w negativum".

Im Faläsä fand ich folgende Formen: engayäku 'ich will nicht',

wörtlich 'sein-nicht-ich sage'; engäti 'ohne, außer', wörtlich 'sein-nic'

was ist'; aqe-gen-ga 'existieren ist nicht', auch 'daß es nicht sei'. — I

der Negation des Partizips: yiwu-ga 'nicht gebend', wörtlich 'geben-

nicht-sein'. In der Negation des Relativ-Ausdrucks : 6igdqo 'der nicht hat',

wörtlich 'haben-nicht-ist-welcher' ; yiwugöQo 'der nicht gibt', Adjekti¬

vum 'geizig'.

Als ein syntaktischer Behelf bildet „g negativum" den vorzeitigen

Temporalsatz, der in diesen Sprachen immer negativ und periphrastisch

ausgedrückt wird. Die Form lautet -gi. ente-gi 'als ich (noch) nicht kam,

bevor ich kam ; entekki (aus entet-gi) 'bevor du kamst' usw.

Im Agau von Agaumedr findet sich die Form : engane, die dem engayäku

der Falälä 'ich will nicht' usw. entspricht. Das Gerundium lautet:

engänäta 'als ein nicht Wollender'.

Im Lastä fand ich das defektive Verbum iij- 'ich habe nicht, mir fehlt,

mangelt' etc. Es entspricht dem un- der Irob. Es ist aus yi-en-ga ent¬

standen, das 'mir ist nicht' bedeutet. Leider fand ich nur noch diese

einzige Form davon.^

Die Lautform „flv negativum" kommt allein in den Ometosprachen

vor. Diese Sprachen kann man als sehr stark kuschitisch bedingte Misch¬

sprachen auch imter einem strengen Maßstabe noch unter die kuschi¬

tischen Sprachen rechnen.

(20)

26 Hebma Plazikowsky-Bbauneb

Im Wallämö lautet der Jussiv, den M. M. Moreno auch den ,, Im¬

perative negative" nennt, so: 1. Ps. sg. -öffo und -öppo; 2. Ps. sg. -offa

und -öppa; 3. Ps. sg. masc. -öffo und -öppo, fem. -üffu und -üppu usw.

Nur im Lastä erscheint die Lautform m. Sie wird den finiten Konju¬

gationsformen ebenso angehängt, wie im Irob w und im Aläbä b. Ein

nicht übersehbarer Unterschied gegenüber diesen beiden liegt aber darin,

daß im Lastä die negative Konjugation mittels eigener negativer Flexi¬

onen gebildet ist. Diese werden aber bei den Verben des ExistenzbegrifFs

ohne das angehängte m gebraucht. Zu Gunsten eines ,,m negativum"

spricht die Tatsache, daß es nur in den negativen Formen vorkommt und

daß seine Stellung der des negativen Elements der andern kuschitischen

Sprachen gleichkommt. Der Umstand, daß in der Gurägcsprache nur

positive Formen ein angehängtes m besitzen, kann hier nicht gewertet

werden.

Das Amharische hat dieses suffigierte m aus dem Agau übernommen.

Wir hätten also bei beiden die ,, doppelte Negation". Das könnte die Ver¬

mutung nahelegen, daß es sich beim Agau wohl um ein altes kuschitisches

Element handelt, das auch beibehalten wurde, als unter fremdem Emflusse

(Nöba ?) eine neue negative Konjugationsform angenommen wurde. Deren

Elemente selbst aber können auch kuschitischer Herkunft gewesen sein.

Die Formen von käi- 'sehen' lauten :

Praesens positiv negativ

1. Ps. sg. käläkun käläkdr-m

2. Ps. sg. käMdku källärirm

3. Ps. sg. masc. kälaku kälagü-m

fem. källdö (aus käldäti) källäy-m usw.

Praeteritum positiv I H negativ I u. II

1. Ps. sg. kälun kälikun kälikdr-m

2. Ps. sg. käldu käldekrü källirärhn

3. Ps. sg. masc. kälu käliku käliyyö-m

fem. källiS käldeküc källiriy-m usw.

Die Verba des ExistenzbegrifFs haben folgende auch voneinander

abweichende Formen :

Praesens Futurum Praeteritum

1. Ps. sg. eger aqaMr winikär

2. Ps. sg. eger&r öMr ivinlrir

3. Ps. sg. masc. egö agd'u (oQä'o) winiyyö

fem. egere agdy vnnire usw.

Den positiven Formen der Copula stehen die negativen vom Stamm oq

gegenüber: 1. Ps. sg. äkkar (aus agkar); 2. Ps. dyrer; 3. Ps. masc. dyyo,

fem. dyre usw.

(21)

Wie man sieht, ist es schwer, wenn nicht noch unmöglich, hier ein ein¬

heitliches negatives Element festzustellen oder herauszuschälen. Viel¬

mehr würde ich zu der Meinung neigen, in dieser offenbaren Verwirrung

die kuschitische Reaktion auf eingedrungene und aus völkischen Grün¬

den nicht abweisbare, nicht-kuschitische Elemente zu sehen. Wir hätten

es dann vor allem mit lautlichen Verschmelzungen der beiden sprach¬

lichen Komponenten zu tun.

Wohl das größte etymologische Problem dieser negativen Hilfs¬

elemente ist das des ,,y negativum".

Dieses Hilfselement kommt vor allem in der Hädiya-Sprache vor und

da in allen negativen Zeitformen, wobei es, wie auch in andern Sprachen,

an die positiven Zeitformen angeschlossen wird. Nur einige der mehr¬

fach zusammengesetzten Zeiten werden mit &e' negiert. Es erscheint in

Form einer Konstante -yo.

Im Praeteritum I lautet die 2. Ps. mattättöyo und im Praeteritum II

lautet sie mattiMyo.

Daß dieses y ursprünglich die Negation der Copula gewesen sein mußte

— wie -inna im Wallämö —, geht daraus hervor, daß sie auch das Nomen

direkt negiert, z. B. naggädde 'Kaufleute'; naggäddeyo 'keine Kaufleute'

= 'sie sind keine Kaufleute'.

Die Negation des Praeteritums im Agau von Agäumedr durch aya

habe ich bereits gezeigt, die Zugehörigkeit mußte ich offenlassen. Es

zeichnet sich aber ein Zusammenhang ab zwischen dem Agau von

Agäumedr und dem Mäggi.

Praesens

positiv negativ

marömöyo

1. Ps. sg. marömo

2. Ps. sg. mattotto

3. Ps. sg. masc. maröko

mattöyo (für mattättöyo) marököyo

mattamöyo usw.

fem. mattämo usw.

Agau 'existo' Praeteritum positiv

1. Ps. sg. an e§ tüqa

2. Ps. sg. ente eS tiQiui

3. Ps. sg. ni eS yiqua

negativ an kd es täya ente ka eS tiya ni(rii) kä eä iya ni{ni) ka eä tiya usw.

fem. ni eä tiqua Maggi : Copula positiv

1. Ps. sg. ine tino

2. Ps. sg. yete tizzo

3. Ps. sg. masc. eze. tizo

negativ ine täyko yete täyko eze täyko ize täyko fem. ize tizze

(22)

28 Hbkua Plazikowsky-Brauner

Von 'existo' : Praesens positiv

1. Ps. sg. ini is kino

2. Ps. sg. yeti is kitto

3. Ps. sg. masc. eze is kizo fem. ize is kizze

negativ ine Myko yeti klyko eze ki,yko

izi kiyko

Praeteritum positiv negativ

1. Ps. sg. ini is ten kin

2. Ps. sg. yeti is ta kin

Ps. sg. 3. masc. ezi is ta kin

ine is Myko yeti is Myko eze is kiyko

fem. izi is ti kin ize is Myko usw.

Die historische Berührung dieser beiden heute so weit voneinander ent¬

fernten Völker habe ich schon erwähnt. Wir finden hier im Mäggi nicht

nur das „y negativum", sondern auch den Niederschlag des fco der Agau,

das hier wie dort eine rätselhafte Erscheinung ist.

Das "i negativum" des Glmira, wie es uns in ami-tanS 'ich bin nicht

gegangen' begegnet, könnte auch hierhergehören. Doch ist alles bei diesen

Sprachen überaus problematisch. Da sie alle einen nicht-kuschitischen

Sprachuntergrund hatten, muß man immer mit nicht-kuschitischen

Sprachelementen rechnen, zugleich aber mit der Wahrscheinlichkeit einer

nicht immer klaren Adaptierung kuschitischer Sprachelemente auf die

eigene Sprache, wobei eine mißverständliche Deutung auch eine solche

Anwendungsweise zur Folge haben mußte.

Die Konsonanten b, w, «-negativa bilden erweiterte, also zweiradikalige

Formen : be' und bey, wä' und way, tä' und tay. Es kaim sich hierbei um Bil¬

dungen mit Verbum 'sagen' handeln, wodurch diese Radikale zu regulären

Verben wurden. Der Hädiya-Sprache gehört be' an, dem Irob wä' und dem

Wallämö «ay. Sie alle bedeuten 'das Nicht-Sein, den Mangel, das Fehlen'.

Die Bildung der verbalen Begriffsformen. Die dritte verbale

Funktion der Hilfselemente besteht in der Bildung der verbalen Begriffs¬

formen: des Passiv, des Reflexiv und des zwiegesichtigen Durativ. Der

Causativ scheidet hier aus ; er wird durch ein eigenes Element gebildet.

In dieser Funktion tritt besonders die Gruppe der Hilfselemente t-s-k

hervor, sie ist hierbei geschlossen eingeschaltet. Die Lautformen t und k

sind reflexiv-, die Lautformen s und t passiv-bildend. Das Verhältnis

zwischen Reflexiv und Passiv ist sehr labil, beide können sich äußerlich

gleichen und doch verschiedenen Sinnes sein und umgekehrt.

Das „t reflexivum" ist besonders häufig in den Sprachen der Agau, der

Olläbi und der Ometi.

Refiexive Formen sind im FäläSä : bire 'Blut' ; berit- 'bluten' ; ddväyä

'Gürtel' ; dävyet- 'sich gürten' ; kin-, kint- 'lernen' ; im Lastä: topw-, tagwet-

'aufgehen (Teig)'; gwireb 'benachbart'; gwirbät- 'benachbart sein'; siya

(23)

'Kleidung' ; sitt- 'sich kleiden' ; im Agaumedr : siya 'Kleidung' ; syet- 'sich kleiden' ; deQe 'arm' ; deget- 'verarmen' ; difini 'blind' ; difent- 'erblinden' ; im Irob : af 'Mund, vorne' ; afU- 'sich beeilen' ; dgiro 'Held' ; agirit- 'mutig

sein'; lillo 'abwärts'; ullüt- 'schief sein' ; hingegen in passiver Bedeu¬

tung: hab- 'verlassen'; habbit- 'verlassen werden'; mwi- 'mit einer Lanze

stechen'; müddüt- 'mit einer Lanze gestochen werden'. Sömali: kab-

'nehmen' ; kabat- 'für sich nehmen' ; sid- 'bringen' ; sidat- 'für sich bringen'.

Das reflexive d des Gälla, das unter gewissen Bedingungen mit ,,t"

alteriert, ist offenbar eine Variante des gemeinkuschitischen „t reflexi¬

vum" : bek- 'wissen, kennen' ; bekad- , bekat- 'für sich wissen' ; dab- 'pflanzen' ;

dabad- 'für sich pflanzen'. Das reflexive d des Sidämö ist offenbar dem

Einflüsse des Gälla zuzuschreiben, was historisch belegbar ist : fan- 'öffnen' ; fanid- 'für sich öffnen' ; a^ar- 'bewachen' ; agarid- 'für sich bewachen'.

Im Wallämö fällt die passive und die reflexive Bedeutung in einer

Form -ett und-tett zusammen: zor-, zorett- 'sich beraten' und 'beraten

werden'; mak-, makett- 'sich aussöhnen' und 'ausgesöhnt werden'; y(o)-

'sagen'; yotett- 'sprechen'.

Das Reflexivum im SinäSa wird durch ein « gebildet. Dieses Hilfs¬

element kann zweierlei Ursprung haben. Das „s reflexivum" könnte eine

Lautform der Gruppe t-s-k- sein, was lautgesetzlich durchaus möglich

wäre, es könnte aber auch ein spezielles Bildungselement sein, wie das

des Causativum, dann würde es mit dem Nomen dso = 'Leib, Wesen,

selbst' zusammenhängen.

Das Reflexivum ist in dieser Sprache stets und unabdinglich an eine

durative Form gebunden: am- 'gehen'; amef- (Durativum) 'wandern';

amefes- 'für sich gehen, im eigenen Interesse' ; fin- 'arbeiten' ; finef- 'dau¬

ernd arbeiten'; finefes- 'für sich arbeiten'. Daneben hat es die ,, echte"

reflexive Bedeutung: dam- 'jem. entsenden'; damefes- 'sich selbst ent¬

senden = gehen'. Es ist eine Eigentümlichkeit dieser Doppelbildung, daß

die durative Bedeutung dabei oft auch verloren geht.

Das reflexive Element allein der Hädiyasprache ist k, in der Form -ak

und mit eindeutig reflexivem Sinne : ww- 'geben' ; uwak- 'für sich geben' ;

iss- 1. 'veranlassen', 2. 'hinlegen, anlegen' etc.; issak- 1. 'im eigenen In¬

teresse veranlassen', 2. 'sich (Schmuck) anlegen'.

Die Lautform s dieser Gruppe kommt meines Wissens als Bildungs¬

element des Passivs nur in der Agaugruppe vor, ich fand sie aber in

allen drei mir bekannten Sprachen dieser Gruppe. Fäläsä : äfc- 'wissen,

kennen'; äks- 'gekannt, bekannt, erkannt werden'; kwäs- 'schädigen';

kwäss- 'geschädigt werden'; goläy- 'trennen'; goläys- 'getrennt werden'.

Lästä : (S) ärk 'Friede' ; ärkeS- 'ausgesöhnt werden, Frieden schließen' ; salbä

'Schande' ; salbäS- 'beschämt werden, in Schande gestoßen werden' ; Sibbir

(Lehnwort) 'Unruhe, Aufruhr' ; SibbirS- 'beunruhigt, aufgewiegelt werden'.

(24)

30 Hekma Plazikowsky-Brauneb, Die Hilfselemente der Konjugation

Im Agau von Agäumedr ist das Passivum stets an ein Reflexivum ge¬

bunden ; das so gewonnene Element lautet entsprechend st : em- 'fangen' ;

em^est- 'gefangen werden'; tik- 'ersetzen'; tikist- 'ersetzt werden'; zefi

'furchtsam' ; zefist- 'gefürchtet werden'.

Es stehen also s und t, offenbar zwei Lautformen einer gemeinsamen

Wurzel, nebeneinander und gehen zum Teil auch ineinander über. Es

gibt dennoch eine gewisse Scheidung zwischen ihnen: „t reflexivum und

passivum" ist gemeinkuschitisch, s ausschließlich passiv und gehört nur

der Agaugruppe an. Man kann hier also an eine Spaltung der Wurzel,

wie auch an fremden Einfluß denken, dem in diesem Falle nur die Agau¬

sprachen ausgesetzt gewesen wären.

Die Lautform m bildet in den Sprachen der Hädiyagruppe und der

Olläbi-Gruppe das Passivum. Mit der passiven Bedeutung geht oft die

intransitive Bedeutung zusammen. Hädiya: darer- 'zerreißen (transitiv)' ;

dareram- 'zerreißen (intransitiv)' und 'zerrissen werden'; unt- 'bitten';

untam- 'gebeten werden' und 'sich bitten lassen' ; ur- 'verlassen' ; uram-

'verlassen werden'. Aläbä: ager- 'bewachen'; ageram- 'bewacht werden';

ass- 'tun' ; assam- 'getan werden' ; biyit- 'zerbrechen' ; biyitam wie dareram

im Hädiya. Sidämö: it- 'essen'; itam- 'gegessen werden'; ab- 'tragen';

abam- 'getragen werden'. Irob: hab- 'verlassen'; habbim- 'verlassen wer¬

den' ; gey- 'finden' ; geyyim- 'gefunden werden' ; hadan- 'jagen' ; haddanim-

'gejagt werden'. Gälla: arg- 'sehen'; argam- 'gesehen werden; ages-

'töten'; agefam- 'getötet werden'; bek- 'wissen, kennen'; bekam- 'ge¬

kannt werden'. Somali: makal- hören'; maklam- 'gehört werden'; fur-

'öfFnen'; furam- 'geöffnet werden'.

Die Lautform / der gleichen Gruppe bildet im Sinäsa einen Durativ.

Die ganze Behandlung des Durativs in dieser Sprache veranlaßte mich,

ihm eine Stellung neben dem Passiv, Reflexiv usw. einzuräumen. Dabei

gebe ich zu, daß seine Stellung nicht eindeutig ist, und er als eine Art

Zwitterbildung erscheint. Es ist auch eine Tatsache, daß er, wie alle an¬

dern verbalen Begriffsformen auch, in seiner Bedeutung durchaus labil

ist, wohl noch labiler als die andern. Anderseits ist die durative Form

eine unabdingliche Bedingung für die Bildung des Reflexivs, ein Um¬

stand, der es eben auch in die Gruppe der verbalen Begriffsformen ein¬

reiht. Ich erinnere an die Parallele im Agau von Agäumedr, wo die Bil¬

dung des Passivs unabdinglich an das Reflexiv gebunden ist. Durative

Formen sind: am- 'gehen'; amef- 'wandern, unterwegs sein'; fin- 'ar¬

beiten' ; finif- 'dauernd arbeiten' ; dan- 'lernen' ; danf- 'wissen' ; do'- 'gut handeln' ; döf- 'gut veranlagt sein' ; Sat- 'fürchten' ; Satf- 'furchtsam sein' ;

kew- 'sprechen, sagen'; kewuf- 'immer wieder sagen'.

Die Funktionen dieser Radikale sind mit den hier behandelten nicht er¬

schöpft. Sie haben eine weitere Funktion als differenzierende Bildungs¬

elemente der Nomina. Das muß in einer spätem Arbeit erörtert werden.

(25)

zu dem gleichnamigen Traktat der Tosefta

Von Wolfgang Bunte, Remscheid-Lennep

Das Verliältnis von Mischna und Tosefta ist ein wichtiges Problem der

rabbinischen Literatur. Aus einer Gegenüberstellung der beiden Texte

wird sich ergeben, ob der Name SriBDin (,, Zusatz, Ergänzung") zu Recht

besteht. Die von Rabbi Jehuda ha-Nasi redigierte Mischna ist eine ver¬

hältnismäßig geordnete Zusammenfassung der halakhischen Überliefe¬

rung, während die Tosefta eine weitschweifige, mit haggadischen Be¬

standteilen vermischte, oft vom Wesentlichen abgehende Sammlung der

halakhischen Überlieferung ist. Hier soll eine synoptische" Gegen¬

überstellung der beiden Texte in Übersetzung folgen ; der Tosefta liegt,

die Ausgabe von M. S. Zuckermandel, Tosefta nach den Erfurter und

Wiener Handschriften. .. Pasewalk 1877, S. 676—680, zugrunde. Meines

Wissens liegt eine Übertragung des Toseftatraktates Zabim in eine

moderne Sprache (nicht einmal in Bd. 17— 20 des „Thesaurus antiquitatum

sacrarum"' des Bligio Ugolini, Venedig 1755—57) bisher nicht vor.

Tosefta 1 1

Wer einmal Samenfluß wahrgenom¬

men hat, gleicht nach den Worten

der Schule Schammais einer Flu߬

verdächtigen, nach den Worten der

Schule Hilleis dagegen einem, der

eine Pollution gehabt hat. Sowohl

diese als auoh jene stimmen zu, daß,

wenn er Samenfluß wahrgenommen

hat, er dann ein rituelles Bad nehmen

und auch am Rüsttage (des 14. Ni¬

san) das Passahlamm essen darf. Die

Hilleliten sagten zu den Schammai-

ten: „Stimmt ihr nicht zu, daß er

rituell baden und (also) auch am

Rüsttage das Passahlamm essen

darf?" Da antworteten ihnen die

Schammaiten : „Stimmt ihr nicht zu,

daß er, wenn er auch morgen (zum

zweiten Male also) Samenfluß wahr¬

nimmt, dann unrein ist ?" So gleicht

Mischna Ila

Wer einmal Samenfluß wahrgenom¬

men hat, gleicht nach den Worten

der Schule Schammais einer Flu߬

verdächtigen, nach den Worten der

Schule Hillels dagegen einem, der

eine Pollution gehabt hat.

Referenzen

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