Das altägyptische Alphabet und seine Umschreibung.
Von Georg: Steindorff.
1. Einleitendes.
Auf dem Londoner Orientalistenkongresse im Jahre 1874 ist
auf Lepsius' Vorschlag die folgende Umschrift des hieroglyphischen
Alphabets festgestellt und von den Aegyptologen allgemein ange¬
nommen worden :
a, (] ii, D ä, \\ i, (|(| i, ^ u, k, ß k, A q,
© X' ra \ h, c t, <^ t, t. 5=3 &, p s, Hti s,
□ p, Jj b, >t=^ f, <=> r, 1, m, Aw>^ n.
Man war sich allerdings schon damals darüber klar, dass die
Umschrift mancher Zeichen ihrem wahren Lautwerthe nicht genau
entspreche, dass vor allem die Wiedergabe des (j durch ä und
des fl durch ä, die, wie man annahm, dem semitischen S und
y conform seien , eine sehr mangelhafte sei ; da man sich aber
bereits im allgemeinen für diese Umschrift entschieden hatte,
wurde sie beibehalten. Bald machten sich indessen ihre Mängel
fühlbar; die Umschreibung der Zeichen (|, o tjrid der ihnen
verwandten ^^d durch Vokale (ä, ä, a,* u) liess den
Irrthum entstehen, dass sie Vokale seien und nicht, was man von
(j und a jedenfalls wusste, wirkliche Konsonanten. Auch die
Transscription gewisser Zeichen durch Buchstaben des griechischen
Alphabets (O j(, a > 0) stellte sich als unbequem heraus und sah
im Druck hässlich aus. Hierzu kam endlich, dass das Alphabet selbst,
namentlich nach dem Bekanntwerden der sogenannten Pyramiden¬
texte ') wesentliche Aenderungen erfuhr : das Zeichen .2^, das schon 1; Vgl. Erman, S. 94.
Bd. XLVI. 46
4 H «
von Birch 1858 als Silbenzeichen ru erkannt worden war, musste
aus der Reihe der alphabetischen Zeichen entfernt werden ; ebenso
das Zeichen TtT(T , das man bisher für eine Variante von i ^ i |
gehalten hatte und das sich gleichfalls als Silbenzeichen (sa) heraus¬
stellte. Unter diesen Umständen wurde allmählich von der Londoner
Transscription abgewichen, ohne dass jedoch an ihrer Stelle eine
neue allgemein angenommen worden wäre. Der erste Versuch, der
immer grösser werdenden Verwirrung zu steuern, ist 1889 von
der Redaetion der „Zeitschrift für ägyptische Sprache und Alter¬
thumskunde" gemacht worden: sie hat eine dem damaligen Stande
der Wissenschaft entsprechende Transscription der Hieroglyphen
aufgestellt und für die Zeitschrift selbst streng durchgeführt, so
dass jedenfalls auf diesem Felde sich nicht mehr die verschieden¬
sten und oft widersprechendsten Umschreibungsmethoden breit
machen konnten.
Das so umschriebene hieroglyphische Alphabet sieht folgender¬
massen aus :
\\ i, fl *, w, y, \\ 1, J b, □ p, f,
m, AWAA n, <:z> r, nH h, ^ h, © h, jl und — h—
A k, k, ß g, Q t, s= t, d, ''-^ d.
Die Redaktion der ,, Zeitschrift" hat es dabei selbst ausge¬
sprochen, dass sie mit dieser Umschreibung nicht ein endgültiges
Urtheil über den Lautwerth der ägyptischen Buchstaben habe ab¬
geben wollen, sondern dass es sich dabei nur um zwei Punkte
gehandelt habe :
1) ,,für diejenigen Zeichen, deren Werth ungefähr feststeht,
eine Umschreibung zu finden , die diesen ungefähren Werth an¬
deutet, ohne ihn allzugenau zu specialisiren", und
2) ,,für die Zeichen, deren Werth unbekannt ist, conven¬
tionelle Bezeichnungen anzunehmen, die sie als unbekannte Grössen
kennzeichnen."
Alle Mängel der neuen Transscription zugegeben, die sich
übrigens bei jeder Umschreibung der Hieroglyphen kaum werden
vermeiden lassen, weist sie unbedingt gegenüber der Lepsius'schen
von 1874 wesentliche Vorzüge auf. Vor allem sind die Conso¬
nanten ||, 0, — von will ich zunächst mit Absicht
nicht sprechen — als solche in der Umschrift weit schärfer als
früher charakterisirt, und dann ist das Verhältniss der vier T-Laute
g- ->, =^ und untereinander genauer hervorgehoben
worden. Trotz alledem aber und meist wohl gerade deswegen
hat die neue Transscription über die ,, ägyptische Zeitschrift" und den Kreis der Aegyptologen hinaus, der sich speciell für ägyptische
f *
Grammatik interessirt, nur wenig Verbreitung gefunden und be¬
sonders hat man sich gegenüber der „neuen", eigentlich alten,
von Brugsch schon 1857 vertretenen Theorie von der konsonan¬
tischen Natur der (|, a und ^ vielfach ablehnend verhalten.
Unter diesen Umständen wird man es wohl für gerechtfertigt
halten, wenn im Folgenden ein neuer Versuch gemacht wird, das
ägyptische Alphabet und die Methode seiner Umschreibung zu be¬
handeln. Bei der immer klarer werdenden Verwandtschaft des
Aegyptischen und Semitischen, für die ich auf den vorstehenden
Aufsatz Erman's verweise, wird diese Auseinandersetzung wohl
auch über den Kreis der Fachgenossen hinaus Beachtung finden.
2. Das Alphabet.
Die älteste ägyptische Schrift, in der die Pyramidentexte und
die Inschriften des alten und mittleren Reichs abgefasst sind,
besitzt folgende 24 Buchstaben:
1) () 1 2) ^ 3) * 4) ^ w
5) J b 6) □ p 7) f 8)
9) /ww- n 10) <z> r 11) fD h 12)
13) © h 14) h 15) —»— 8 16) p s
17) cm 8 18) S g 19) k 20) <4 k
21) -o t 22) £=» t 23) d 24) d
Wie man sieht, weicht das vorstehende Alphabet von dem
der Transscription von 1874 zu Grunde liegenden und dem der
vorhandenen ägyptischen Grammatiken (Brugsch, Loret, Le Page-
Renouf), sowie von dem noch neuerdings durch Ebers (Die hiero¬
glyphischen Schriftzeichen der Aegypter, Leipzig 1890) aufgestellten vielfach ab. Der wesentliche Unterschied ist der, dass die Varianten
verschiedener Lautzeichen, / neben ^\ , JtTtT neben i » i,
I neben 1 '^eben a >, jl neben —«—, aus ihm verschwun¬
den sind. Die meisten davon sind, worauf oben schon hinge¬
wiesen wurde, besonders mit Hilfe der Pyramidentexte, als Silben¬
zeichen erkannt worden: / ist im (Brugsch, Wb. S. 63), JtTtT sj,
I d^, ^ ti (Erman, ÄZ. 1883, 64 Anm. 1). Dass .2^ kein Buch¬
stabe 1, sondern vielmehr ein Silbenzeichen mit dem Werthe rw ist,
46*
wurde sehon erwähnt, Dass diese Zeichen in der späteren Schrift, die
die Neigung hat, syllabisch zu schreiben, auch als Buchstaben ver¬
wandt werden, kann an ihrem ursprünglichen Werthe nichts ändern.
Das Zeichen © w kommt als Variante von in den Texten des
alten und mittleren Reichs nur ganz vereinzelt vor; es ist nichts
als eine cursive Form des die der sogenannten hieratischen
Schrift entlehnt ist, und ist erst zu Beginn der XVIII. Dynastie, also
im neuen Reiche, in hieroglyphischen Texten allgemein gebräuch¬
lich geworden'). Neuerdings hat nun Hommel (ÄZ. XXX. 9ff.)
nachgewiesen , dass auch die Zeichen jl und —»—, die noch in
dem Alphabet von 1889 nebeneinander aufgeführt waren, nicht
Schriftvarianten eines Lautes sind , sondern vielmehr im Alt¬
ägyplischen zwei verschiedene Laute darstellen und demgemäss,
wenigstens in den Texten des alten Reichs (um die es sich ja hier
in erster Reihe handelt) streng von einander geschieden werden
müssen. Hiermit ist das letzte Doppelzeichen aus der altägyptischen
Schrift gestrichen worden, und es kann jetzt als ein festes Gesetz
gelten, dass die Hieroglyphensehrift ursprünglich für
jeden Laut nur ein S chrift zeichen besessen hat^).
Ich komme nunmehr zu den Abweichungen, die das von mir
aufgestellte Alphabet zu dem in der ÄZ. 1889 gegebenen aufweist.
Es sind, wenn wir von der Trennung der Zeichen ^ und —«—
absehen, im Ganzen nur drei, und zwar ist das Zeichen «—=■ als
besonderer Buchstabe in das Alphabet eingeführt, die Zeichen
und \\ aber daraus gestrichen worden.
Ueber den Charakter des «—=> war man bisher nicht recht
im Klaren. Bald betrachtete man es als ein zweilautiges mit h
anlautendes Silbenzeichen (z. B. ÄZ. 1882, 61), bald als eine
Schriftvariante des © h. Die erste Annahme schwebt vollkommen
in der Luft und ist auch durch keinen stichhaltigen Beweis gestützt
worden. Dass aber das tt— »> nicht einen dem © h identischen,
sondern einen davon verschiedenen Lauf darstellt, ergiebt sich
erstlich aus der altägyptischen Orthographie , die in Wörtern mit
o— => niemals statt dessen ein O setzt , und zweitens aus der
verschiedenen Behandlung beider Laute im Koptischen, auf die
schon Stern (Kopt. Gr. § 23) hingedeutet hat. Währead näm¬
lich das O in koptischen Wörtern bald als j = ^ , bald als uj
erscheint (so z.B. vom Stamme 'nh ,, leben" uitig^= uin^ „leben",
1) Vgl. Borchardt s und meine Bemerkungen in kV.. XXIX. 46 fr.
2) Dass in der ägyptischen Schrift, wie iu jeder anderen, oft mehrere, physio¬
logisch getrennte Laute durch ein Zeichen ausgedrückt werden, widerspricht natürlich dem ohen aufgeteilten Satze nicht.
TÄHg^o = TewnÄo ,, beleben", aber ei^ni^uy ,,Eid")', entspricht
einem alten überall nur ein koptisches = ^ (z.B. hdb
,, tödten" guixfe =Äui-xe&, ht ,,Leib" gH = äk, hnw ,, Inneres"
2oyn = ^oyn).
Was nun das Zeichen ( (| betrifFt, so weist schon seine äussere
Gestalt — es ist aus zwei (| zusammengesetzt — auf eine sekun¬
däre Ableitung hin. Diese wird dadurch bestätigt, dass in altägyp¬
tischen Wörtern ein (| (| sich niemals als Stammkonsonant nachweisen
lässt. Während z. B. ein > oder ^ w oder (
als erster oder zweiter Radikal finden , kommt' [ (
i sich häufig nirgends als in guter alter
Radikal eines Wortstammes vor. Vielmehr tritt (| (
Orthographie — also in Texten des alten und mittleren Reichs —
nur in bestimmten Endungen auf, sowohl nominalen als auch
verbalen. — Beim Nomen findet es sich im alten Reiche vor
allem in der männlichen Dualendung ^ [j lj w ii '), die der weib¬
lichen ti entspricht; z. B. 'wii ,,die beiden Arme" Pepy I,
643; hrwii st ,,die beiden auf dem Sitze befindlichen" Pepy II
= ÄZ. 1884, 81 u. ö. Beim Verbum haben wir ein (|(| in den
Dualendungen des Pseudoparticips masc. wii, fem. tiiw (s. S. 100)
und namentlich bei einer grossen Anzahl von Formen der Verba Ulae
und IVae infirmae, die ein i als letzten Radikal haben (s. S. 99).
Bei diesen letzteren hat nun Sethe nachgewiesen, dass das
überall nur in solchen Fällen auftritt, in denen an das zum Stamme
gehörige (J i noch eine Endung (1 i, z. B. das Possessivsuffix der
1. Person Singularis i, die Pluralendung des Imperativs i (s. S. 102),
die Endung der 3. Pers. Sing, des Pseudoparticips (s. S. lOOj,
angefügt worden ist. Wir haben also bei diesen zahlreichen Verbal¬
formen in dem (j [| nicht einen, sondern vielmehr zwei Buch¬
staben (| -H || zu sehen. Da ferner auch keinerlei Grund vor¬
liegt, in den oben erwähnten Dualendungen des Nomens und
1) So, und nicht wi, wie Erman oben, S. 98, irrtliümlich angiebt, wird die männliche Dualendnng geschrieben. Sie ist gewiss durcli Antiigung der Endung l au die alte Nomiualendung w gebildet; aus welchem Grunde aber aus dem ursprünglichen wi ein wy (wii) geworden ist, weiss ich nicht befriedigend zu erklären.
2) Vgl. Sethe, De Aleph prosthetico in lingua Aegyptiaca verbi formis prae¬
posito, p. 3 not. 2.
Pseudoparticips das [^[^ für einen Buchstaben zu halten, so werden
wir es folgerichtig vielmehr auch hier für ein || + (| ansehen
und demgemäss das als Buchstaben des altägyptischen Alphabets
streichen müssen. Im mittleren Reiche ist übrigens der Gebrauch
des [| (| beim Nomen ein etwas ausgedehnterer als im alten , da
man in Texten dieser Zeit gewisse, wahrscheinlich aus älterem w 1
masc, wit fem. entstandene Nominalendungen mit ii masc,
bez. (|(|^ iit fem. schreibt; z.B. altäg. idhwfi) ,, Sumpfbewohner"
(Adjectivbildung von idhw ,, Sumpf") = mitteläg. idhii; Sbkw(i) N. pr. masc. ,,der dem Gotte Sobk gehörige" (Adjektivbildung von Sbkw ^oü)(o;) = mitteläg. Sbkii; altäg. 8ndw(i)t ,, Schurz"
= mitteläg. sndiit u. a. m.
Gegen das Ende des mittleren Reiches hat sich dann im
Gebrauch des (1(1 eine wesentliche Veränderung vollzogen. Man
verwendet es nämlich seit dieser Zeit häufig, um eine gewisse
nominale Endung (vielleicht eine vocalische), die im Auslaut des
Wortes mit i oder überhaupt nicht geschrieben wird, wieder¬
zugeben , sobald diese Endung durch Anfügung einer zweiten
Endung (z. B. der Femininendung t, der Pluralendung w] in den
Inlaut des Wortes tritt; z. B. wnn(i) ,,der welcher ist", Plur.
wnniiw ,,die welche sind"; nhsi ,, Neger", fem. nhsiit. Aus
dieser eigenthümlichen Orthographie, die sicher lautlich begründet
sein wird, hat sich wahrscheinlich noch eine andere entwickelt : das
Stamme gehörige (| der Verba ultimae infirmae vor Suffixen
zu schreiben. In diesen Fällen wird (1(1 zum ersten Male,
soweit wir sehen können, als ein besonderer Buchstabe verwandt
und zwar , wie das Kopiische lehrt , zum Ausdruck eines halb¬
vokalischen, dem semitischen ^ entsprechenden j. Dieser Gebrauch
ist dann erweitert worden, und so wird 0(1 in Texten des neuen
Reichs und der späteren Zeit, besonders bei Schreibung von Lehn¬
wörtern und fremden Eigennamen, zur Wiedergabe eines j ge¬
braucht, im Gegensatze zum [j, das vielmehr zur Schreibung des
S dient. Doch dies gilt nur für die jüngere Orthographie; den
Texten des alten Reichs ist, um es noch einmal zu wiederholen,
ein Buchstabe fremd; sie kennen nur ein || -|- i|, und wir
müssen deshalb in ihnen, wenn wir (| mit i transscribiren, das
doppelte IaU überall durch ii umschreiben.
Das Zeichen \\ endlich, auch || geschrieben, ist den meisten
Texten des alten Reichs fremd. Es findet sich zuerst in den
,,Pyrainideiitexten", und zwar dient es hier zur Bezeichnung dea
Dualis männlicher und weiblicher Nomina. Es ist in diesem Falle
lediglich ideographisch und vertritt die gewöhnlich beim Dual ge¬
setzten zwei Determinativzeichen, wie ja ähnlich statt der drei Deter¬
minativzeichen des Pluralis im alten Reiche bisweilen drei runde
Kügelchen, imn A^^AA/\mittleren Reiche drei senkrechte Striche geschrieben werden; z.B. | II ,, deine zwei Schwestern" (lies: sntik) Pepy27
für ||^^Teti274; (| (| <wi{ „die beidenArme"Pepy 256
oder ■ Pepy 6. 63. 122 u. ö. für " " . Da nun die mittelst
der Endung (| i von weiblichen Substantiven abgeleiteten Adjec¬
tiva') — z.B. i>'bti „östlich" von i^'bt „Osten"; i.'hti ,,der zum Horizont gehörige" von i ' h t ,, Horizont" — wenigstens im
Konsonantengerippe den Dualformen dieser Snbstantiva, die gleich¬
falls durch Anhängung eines i an die Singularform gebildet sind 2),
gleichlauten, so treiben bereits die Schreiber des alten Reichs die
Spielerei, statt der Adjectivform den Dualis zu setzen; sie schreiben z.B. ntr nti ,,der städtische Gott" (von nt ,, Stadt") '^^^(j
Pepy 164, als wenn es „der Gott der beiden Städte" hiesse. Je
häufiger nun im mittleren Reiche der Dualis lediglich durch die
zwei Determinativstriche (\\ oder j |) bezeichnet wurde, desto öfter
pflegte man auch die männliche Adjectivendung weiblicher Nomina
mit W oder II zu schreiben; z. B. Jj ^ i^^bti „östlich";
<"''^ ^ w'ti ,, einzig"; vgl. auch das von dem masculinen
hmt „Erz" abgeleitete hmti „Schmied" (plur.
hm tiw). Und nicht genug hiermit: auch in den mit ti gebil¬
deten, eigenthümlichen Verbaladjectiven 3)— ~^^^p,wvw> *ktisn
,,die welche eintreten" von 'ksn ,,sie treten ein"; .c2>-"|jl^"^^
irtisn ,,die welche machen" von irsn ,,sie machen" — wurde
statt 1 ti das dualische ^ geschrieben; ^-2.^-^^^^^"1^77 swj'tisn
„die welche vorübergehen". Endlich gewöhnte man sich auch,
nicht nur bei weiblichen Substantiven , sondern auch sonst die
Adjectivendung i mit \\ zu bezeichnen; z. B. (|*~^^ v^^^ zuge-
n /—A^^^
hörige" (iri); iS ^ „der erste" (tpi); der wel¬
cher gesund ist" (snbtifi). So kam es, dass man bald den
ursprünglichen Charakter des \\ als Vertreters der beiden Dual-
1) Vgl. S. 98.
2) Vgl. S. 98.
3) Vgl. S. 103.
determinative vergass und in ihm vielmehr einen Buchstaben sah,
den man zur Schreibung bestimmter Endungen im Auslaut ver¬
wandte. Als solcher steht er dann in der männlichen Dualendung
für (jlj ii, in allen anderen Fällen für ein zum Ausdruck einer
bestimmten Endung (die später wohl vocalischen Charakter hatte)
dienendes fl i. In jenem Falle haben wir es mit ii, in diesem
mit i oder, in Texten des neuen Reiches, mit i' zu transscribiren.
Als besonderer, von (| zu unterscheidender Buchstabe hat es,
jedenfalls im altägyptischen Alphabete, keinen Platz.
3. Die Lautwerthe der ägyptischen Buchstaben.
Wenn wir von der heutigen Aussprache des Koptischen ')
absehen, die der ursprünglichen keineswegs entspricht und durch
die arabische Volkssprache stark beeinflusst ist, so ist uns nichts
über die Aussprache des altägyptischen Alphabets direkt überliefert.
Um sie zu ermitteln bleibt demnach nur der eine Weg: zu unter¬
suchen, wie die durch bestimmte Zeichen ausgedrückten ägyptischen
Laute in anderen, lautlich uns bekannten Sprachen wiedergegeben
werden und durch welche Zeichen das Aegyptische die Laute
fremder Sprachen wiederzugeben pflegt. Bei einer derartigen
Untersuchung müssen die ägyptischen Umschreibungen semitischer
Wörter und die semitischen Umschreibungen ägyptischer Wörter
den Ausgangspunkt bilden, weil, wie dies Brugsch^) zuerst
betont hat, das Semitische dem Aegyptischen auch lautlich durch
Verwandtschaft nahe steht und weil ferner in den semitischen
Sprachen ebenso wie im Aegyptischen durch besondere Schrift¬
zeichen Lautverschiedenheiten ausgedrückt werden, für die z. B.
das Griechische weder den Laut noch den Schriftcharakter besitzt.
In zweiter Reihe müssen die zahlreichen griechischen Formen
ägyptischer Eigennamen, die uns in Urkunden der ptolemäischen
und römischen Zeit erhalten sind, zu Rathe gezogen werden. Nur
ausnahmsweise dürfen dabei die von den Klassikern überlieferten
ägyptischen Wörter und Namen' berücksichtigt werden, da ihre
handschriftliche Ueberlieferung nur zu oft verderbt ist und die
ursprünglichen griechischen Formen meist erst mit Hülfe des
Aegyptischen wieder hergestellt werden können. Wenig Material
liefern auch die hieroglyphischen Schreibungen persischer, griechi¬
scher und römischer Namen ; dazu kommt, dass diese meist in einer
so wüsten Orthographie geschrieben sind, dass sie den durch andere
Mittel gewonnenen Thatbestand eher verdunkeln als erhellen.
1) Vgl. Itochemonteix, la prononciation du Copte dans la Haute-Ägypte, in den .Me'inoires de la Sociale' de linguistique de l'aris, tome VII.
2> Brugscb, Geographische Inschriften altägyptischer Denkmäler I. Band p. 6 ff., Leipzig 1857.
Nächst den fremdsprachlichen Umschreibungen ist die Unter¬
suchung des Lautwandels innerhalb der alten Sprache — vom
Altägyptischen zum Neuägyptischen — und des Verhältnisses der
koptischen Laute ') zu denen der alten Sprache das beste Mittel
für eine Erschliessung des altägyptischen Lautsystems. Was sich
mit diesen Hülfsmitteln über die Lautwerthe der altägyptischen
Buchstaben ermitteln lässt, habe ich im Folgenden kurz skizzirt.
Das genaue Beweismaterial gebe ich in meiner demnächst er¬
scheinenden „Aegyptischen Lautlehre".
Indem ich die vier ersten Zeichen des von mir aufgestellten
Alphabets zunächst übergehe, beginne ich mit den Buchstaben
Jj, □ und «~ ■ Von diesen entspricht das JJ dem 3 bez. 3
und dem griechischen ß, das □ dem B bez. & und dem griechi¬
schen it. Schwieriger ist die Lautbestiramung des x-^ . Zunächst
ist hervorzuheben, dass das zur Wiedergabe semitischer Laute
fast nie verwandt wird, dass also wahrscheinlich das Semitische
einen dem k— genau entsprechenden Laut nicht besessen hat.
Zur Wiedergabe des ägyptischen bedient man sich im Hebräi¬
schen des B, im Assyrischen des p, im Griechischen des cp (niemals
des Tt). Es wird also der Laut des äc=._. wohl ein dem cp ähn¬
licher gewesen sein. Identisch sind jedoch beide Laute nicht.
Es geht dies u. a. daraus hervor, 1. dass die Hieroglyphensehrift das
griechische cp nicht durch «— , sondern durch □ m ph oder □ p
wiedergiebt; z. B. <l)i'Xi7:iros = Phiiwrwiiwpws (d.i. in Kon¬
sonanten Phrps) oder Prwiipws u. ähnl., Lepsius, Königsbuch
No. 685; — und 2. dass die koptische Schrift zum Ausdruck des
j^,e^-Lautes nicht das ihr zu Gebote stehende griechische cp, sondern
ein besonderes, auf x— zurückgehendes Zeichen, das q, gebraucht.
Der Unterschied zwischen cp (B) und mag vielleicht darin
gelegen haben, dass cp , ebenso wie auch ursprünglich &, eine
Aspirata, d. h. ein p mit nachstürzendem h (vgl. das kopt. c^,
das für ng p h gesetzt wird), dagegen eine labiale Spirans
war und etwa wie unser f, vielleicht auch etwas weicher wie
norddeutsches v gelautet haben wird.
Das entspricht genau dem semitischen H und dem
griechischen p. und stellte wohl wie diese einen nasalen Lippen¬
laut dar ; ebenso entspricht das /www dem semit. 1 und dem griech.
V und ist gleich diesen ein nasaler Dentallaut.
1) Das Koptische, das uns in mehreren Dialeltten erhalten ist, ist bekanntlich eine Tochtersprache des Altägyptischen und steht zu diesem in demselben Ver¬
hältnisse wie das Italieni.'^che zum Lateinischen. Welchen Werth das Italienische für die Erschliessung des Lateinischen haben würde, wenn dieses uns nur in einer grossen Keihe vokallos geschriebener Inschriften und Urkunden erhalten wäre, bedarf keiner Darlegung.
Dem «c:^ steht sowohl ein 1 und p, als auch ein b und X
gegenüber. Auch im Koptischen entspricht etymologisch altägypt.
<r:> bald ein p, bald ein A; z. B. rn „Name" p*.n ; br „aussen"
toA. Es ist demnach mit grosser Wahrscheinlichkeit anzunehmen,
dass schon das alte <:rr> zwei verschiedene Laute, ein r und ein
1, zum Ausdruck brachte. Denkbar wäre übrigens auch der Fall,
dass in dem <r:> ursprünglich nur ein Laut enthalten war, der
sich erst später in die physiologisch eng verwandten Laute r und
1 gespalten hat.
Ganz klar liegen die Lautwerthe der drei folgenden Zeichen
^ und ®. Es entspricht ("[] dem Ü, ^ dem n, ^ und ®
dem punktirten n, ^'). Dementsprechend werden auch \\] und ^
von den Griechen in der Schrift nicht wiedergegeben. Nach einer
Tenuis haben sie aber die Aspiration dieser Tenuis veranlasst ;
z. B. Hthr = AOtüp. Dagegen entspricht dem ® im Griechischen
ein y^"^), wie ja auch dem semitischen ^ ein gegenübersteht. Ueber
das Verhältniss des «—=■ zum ® vyurde schon oben das Nöthige
gesagt ; Genaueres über die Aussprache des »—=> ist nicht bekannt.
Die Lautbestimmung der Zeichen — h—, |1 und i w i wird
durch die verwickelten Zischlautverhältnisse in den semitischen
Sprachen, über die ich auf Lagarde's Bemerkungen in den GGN
1891, 164 ff. verweisen möchte, sehr erschwert. Steht doch nicht
einmal die Aussprache der Sibilanten TD, TB und D im Hebräischen
fest. Was sich aus den Transscriptionen ergiebt, ist nur das
Allgemeine , dass — h—, ^ und i \s i Sibilanten darstellen und
dass jedenfalls seit der XXII. Dynastie (950 v. Chr.) , viel¬
leicht auch schon seit früher, das —«—, ^ eine dem hebräischen
D, das I—CT—I eine dem hebr. Ü entsprechende Aussprache hatte und
dass im Koptischen —»— und ^ etymologisch als c s, r w i als ig S
(sch) erscheint. Im neuen Reiche scheint jedoch — h— und jl dem
0 noeh nicht entsprochen zu haben, da die ägyptischen Texte dieser
Zeit ein hebr. D nicht durch —»— und ^, sondern vielmehr durch
s=> (s. u.) wiederzugeben pflegen. — Alles andere bleibt unklar,
besonders auch, wie sich —»— und jl ursprünglich von einander
geschieden haben. In urverwandten Wörtern steht — ich ver-
1; Auffallend ist, dass in urverwandten Wörtern dem ® gewöhnlicli ein — entspricht; s. S. 124.
2; Nur vereinzelt wird ® mit o wiedergegchen, und zwar in Fällen, in deuen es im Aegypt. in s (kopt. tg) ühergegangen war.
weise auf die von Erman S. 125 gegebenen Beispiele — dem |l
in der Regel ein TB, ^ gegenüber, und man mag hieraus folgern'),
dass der Lautwerth des altägypt. ^ wirklich dem des TC, ent¬
sprochen habe. Dagegen entspricht dem — h— in je einem Falle
ein 0, TB li«, T ö, in zwei Fällen ein TB (_wv, so dass wir daraus
kaum einen Schluss auf den Lautwerth dieses Zeichens ziehen
dürfen^). Auch der ursprüngliche Werth des c^n, dem im neuen
Reiche stets ein TB gegenübersteht^), ist nicht festzustellen.
Von den drei folgenden Buchstaben ß, • « und A sind die
Lautwerthe der beiden letzten sicher gestellt, und zwar entspricht
das V « einem D, das /i dagegen einem p. Der Lautwerth des
ß ist unklar; nur soviel wissen wir, dass es gleichfalls eine
Gutturalis darstellt. Der nächstliegenden Annahme, dass es mit
dem dritten semitischen Gutturallaute, dem 5, identisch ist, stehen
verschiedene Bedenken im Wege. Zunächst ist dagegen einzuwenden,
dass das 3 in Texten des neuen Reichs sowohl durch ß, als auch
durch und A wiedergegeben wird, dass es also den Anschein
hat, als habe das Aegyptische keinen dem 5 genau entsprechenden
Laut besessen und zu seiner Wiedergabe die nächstliegenden
Zeichen ß, '— und A benutzt*). Ferner wird das ägypt. ß,
soweit wir sehen können, von den Semiten nicht durch 5, sondern
durch p wiedergegeben; vgl. ägypt. gif „Affe" =: vjip und ägypt.
*Grg-Fth ein Ortsname = nnSplp Euting, Epigr. Miscellen
No. 100. Endlich setzen die Griechen für ß ein x ein, während
sie andrerseits das semit. 5 durch -( wiedergeben. Diesem negativen
Resultate lässt sich positiv nur das gegenüberstellen, dass ß dem
A näher verwandt zu sein scheint wie dem v ^ und vielleicht
wie dieses einen Explosivlaut darstellt, der sich zu dem 5 verhalten
haben mag, wie das '— zum p*).
1) Vgl. Hommel ÄZ. XXX. 9.
2) Hommels Annahme (a. a. 0.), dass P semit. IB (j*, —"— semit. D (j«, I « I .semit. ir (j*' sei, entbehrt, jedenfalls in den beiden letzten Aufstellungen, der thatsächlichen Begründung und ist lediglich durch die Vergleichung der sabäischen Zischlaute veranlasst. Die Werthe, die Hommel den ägypt. Zeichen zuweist, mögen ja vielleicht richtig sein , sie können aher auch ganz andere ge¬
wesen sein.
3) Indessen wird zur Wiedergahe des a auch — h—, P gebraucht.
4) Daneben wird ß, ebenso wie das griech. auch zur Wiedergabe des ^ gebraucht in äg. Gi'-d.,'-tw, 0 i-äi-ti = rur , Tiüla und wohl auch in dem Frauennamen der Tell-Amarna-Texte Ki-r-gi-p 3'= keilschr. Giluljipa, in dem wohl das ji (wie in assyr. IJ az u t u = filS) nur für ^ steht. Auch A gieht übrigens ^ wieder.
5) Koptisch entspricht dem ß etymologisch in den oherägypt. Dialekten ein
^ (ts, später s gesprochen), im Boheirischon ein '^t (g). Ebenso steht bisweilen auch dem A ein iS" bez. ■Jt gegenüber.
Was nun die vier letzten Buchstaben des Alphabets betrifft
so entspricht das ci einem n o, das <-^=^j einem ü _b. Beide
werden von den Griechen durch t bez. & wiedergegeben'). Einen
dem 1 conformen Dentallaut besitzt das Aegyptische tiberhaupt
nicht; wo es sich in Lehnwörtern und Fremdnamen um die ägypt.
Wiedergabe eines 1 handelt, gebraucht man beliebig bald ci, bald
<-^=^ i . — Die Laute der Zeichen 5 , > und haben in der
alten Sprache selbst eine Wandlung erfahren. In einer Reihe von
Fällen ist nämlich das s=> in c^, das in übergegangen,
und zwar hat sich dieser Uebergang bereits im alten Reiche vor¬
bereitet, wenn nicht überhaupt vollzogen. Demnach geht eine
grosse Menge späterer ^ und <-"=^ auf ursprüngliche g > und
zurück 2). In einer anderen Reihe von Fällen haben sich
s=3 und '^"''^ erhalten. Es ist nun nicht unwahrscheinlich, dass
die Zeichen a > und ''"^ ursprünglich je zwei verschiedene
Laute zum Ausdruck gebracht haben und dass sich hieraus ihre
verschiedene Behandlung im Aegyptischen erklärt ; doch ist es auch
möglich, dass sich die Spaltung der s==3 und ''"^^ aus je einem
Laute vollzogen hat. Für uns kommt nur das 8 > und '^"^
in Betracht, das sich als solches erhalten hat. Von diesen beiden
entspricht nun das % "> einem kana' anäischen D und t, während
es von den Griechen mit o wiedergegeben wird ^) . Wir haben
also in ihm jedenfalls einen nicht emphatischen Zischlaut zu sehen,
ohne dass es sich sagen liesse , ob dieser dem 0 oder T näher
gestanden hat. — Das '^"'^ dient mit wenigen Ausnahmen, in
denen ihm ein T entspricht, zur Wiedergabe des semit. S und
wird seinerseits auch im Semitischen mit S wiedergegeben. In
den griechischen Formen ägyptischer Namen entspricht dagegen
dem "^"^ ein t (bez. 8). Somit hat das im Hebräisch-
1) Wo im Griechischen dem ägypt. cr^ra ein 8 gegenübersteht, hat dies entweder lautliche Gründe (z. B. in 'Eaßevofjti?, JlfiEvOTj; = ägypt. Ns-bj'-nb- D dt, ' Ape-rfSttiTT)« = Hr-nd-lt u. a.), indem im Griechischen das ursprüngliche T nach einem v in 6 übergegangen ist, oder beruht wie in 'ApuBo; = ägypt.
j'bdw, anf einer Anlehnung an das griech. 'Aßu5oc.
2) Dieser Lautwandel ist nieht überall in der Sohrift zura Ausdruck ge¬
kommen, besonders nicht bei ideographisch geschriebenen Wörtern.
3) Eine bestimmte Reihe von Texten des neuen Reichs .— auch die Städte¬
liste Scheschonk's — giebt die semit. Femininendung n durch S=>, statt des
gewöhnlichen k(l tl oder qv\ tw wieder. Worauf diese Schreibungen be¬
ruhen, kann Ich hier nicht ausführen. Jedenfalls haben wir aber in diesem : ein hereits in i:^ übergegangenes und t gesprochenes ö i zu sehen. Auch im Namen des Psmtk = "FaixfUQTi^^os wird das S=> stets durch t wiedergegeben.
Phönicischen und Griechischen genau dieselbe Behandlung erfahren,
wie ein (ursemitisches?) Jj; auch dieses erscheint ja im Hebräi¬
schen als S, im Griechischen als t (vgl. lis Tüpo;, Olshausen,
Monatsber. Berl. Ak. 1879, 555 ff.), während im Gegensatz, dazu
ein ursprüngliches S (jo mit a wiedergegeben wird. Ich glaube
deshalb nicht fehl zu gehen, wenn ich das """^ dem emphatischen Jj
vergleiche. Es würden alsdann vielleicht <-^^ und '^'^ die dem
o und s=3 entsprechenden emphatischen Laute sein und sich
zu ähnlich verhalten wie zu s > und — um noch einen
Schritt weiter zu gehen — wie /l zu ^— ^ .
Ich wende mich nunmehr der Besprechung der vier ersten
Buchstaben zu, des (|, o, Was zunächst das a
anlangt, so hat es bereits Brugsch vor fast 40 Jahren d^m 9 gleich¬
gestellt, und an dieser Identification ist auch heute nichts
zu ändern. Ueberall wird in den Texten des neuen Reichs das
semit. y durch a wiedergegeben, und umgekehrt setzen auch
die Hebräer in ägypt. Lehnwörtern für a stets ein y ein ; vgl.
R<ms8(w) = DOayi; D'n(t) = iyx u. a. Dasselbe gilt auch
noch für die späteren aramäischen Schreibungen ägyptischer Namen;
so entspricht dem ägypt. Personennamen 'nh-Hpii ein '^BriHjy
Corp. Inscr. Sem.II 142; 147 col.I 4. Dass die Griechen für das n
kein Aequivalent haben und es in der Schrift unausgedrückt lassen,
wird den nicht wundern, der da weiss, wie sie mit dem semit. 9
verfahren. Auch dieses bleibt ja in den griech. Trans scrip tionen
unbezeichnet ; vgl. bVS, BoaX ; ISIS Xavaav ; — ebenso ägypt.
'nk(t) 'AvoSixk;; ägypt. Mn-k^w-R* Mev;(eprj? u. a. m. Im
Koptischen ist fl zu S abgeschwächt worden (wie ja auch im
Babylonisch-Assyrischen 9 mit K zusammenfiel) und wird durch
kein besonderes Zeichen wiedergegeben; z. B. r' (vocalisirt *re')
= pK „Sonne"; *hm (vocalisirt, nach Art der meisten trilitteralen
Verben, 'öhem) = luiglS. ,, auslöschen" ; s' (vocalisirt *8Ö') =
ujoi ,,Sand" ; 'k ,,Brot" (vocalisirt **oik, wie die zweiradicaligen
nociT „Mehl", noeiK „Ehebrecher") = oeiK. Es bedarf wohl
demnach keines besonderen Hinweises mehr, dass in diesen Bei¬
spielen die Vocale k, ui oder der Diphthong oei nicht dem n
entsprechen , sondern vielmehr die von dem o völlig unab¬
hängigen Bildungs vokale dieser Wörter sind.
Nächst dem n liegen die Lautverhältnisse am klarsten bei
dem Sein Charakter tritt schon bei der Vergleichung urver¬
wandter ägypto-semitischer Wörter hervor, in denen dem ein
^ (hebr.oder 1) gegenübersteht*). Wir haben demzufolge jeden-
1) S. Krman's Zusammenstellung S. 124.
falls für das älteste Aegyptische in dem ^ einen dem ^ ent¬
sprechenden Halbvocal (oder Halbconsonanten) zu sehen, der in
seiner Aussprache dem englischen w geglichen haben mag. Diese
Ansicht wird auch durch die Transscriptionen der späteren Zeit
bestätigt. Im Koptischen erscheint das als ofi das bekanntlich
sowohl rein vocalisches u , als auch , wie in diesem Falle, halb-
consonantisches w (») zum Ausdruck bringt; z. B. wns ,,Wolf"
= oTuiniy; twt Statue" =-roifUJT; dw ,,Berg" = Tooy. Auch
in anderer Beziehung entspricht das dem , ; so erfahren z. B.
im Aegyptischen die Verba mediae und ultimae vielfach
eine ähnliche Behandlung wie die semitischen Verba mediae und
ultimae Wie ferner im Semitischen das in geschlossener Silbe
stehende j mit einem vorhergehenden Vocal monophthongisirt wird,
so geschieht es auch im Aegyptischen und Koptischen mit dem ^
bez. oy. Beispielsweise wird, wie Sethe gesehen hat, bei gewissen
Forinen der von trilitteralen Stämmen primae abgeleiteten Causativa
das^^ in den Pyramidentexten nicht geschrieben, weil hier das ^>
mit einem vorhergehenden e wohl zu u geworden ist und ein inlau¬
tender Vocal in der Hieroglyphensehrift nicht zum Ausdruck kommt;
z.B. p p ^ p AA/ww ssh-sn „sie erweitern" (für P^P^P/wwv\
swsh-sn, vocalisirt *sewsoh-sn = 'susoh-sn) . Ebenso wird
im Koptischen ein aw zu au 1*.^ , ein ew zu eu oder u
(oy, zusammengezogen; z. B. hraw ,,ihr Gesicht" = gpt^y;
s6wh — tonloser Infinitiv von sowh (cmoyg) ,, versammeln" =
ceyg- —; sew den — tonloser Infinitiv von sowden (cooyTn)
„richten" = coyiit —. Ich glaube, dass schon diese Beispiele
genügen, um darzuthun, dass ^> keinen reinen Vocal, sondern
vielmehr einen Halbvocal darstellt , der bei der Stammbildung
consonantischen Werth hat und dem semit. ^ entspricht. Dies
schliesst nun nicht aus , dass es auch , ähnlich wie 1 ^ , zur
Bezeichnung von Vocalen , als mater lectionis , verwandt wird.
So erscheint es schon im alten Reiche zur Schreibung gewisser
nominaler und verbaler Endungen, die vielleicht vocalisch waren,
und vor allem wird es in der Orthographie des neuen Reichs,
um von der der saitischen und griechischen Zeit ganz zu schweigen, zum schriftlichen Ausdruck verschiedener Vocale e, o, u) gebraucht.
Hier wird aber ein Kenner der ägyptischen Formenlehre meist
leicht zwischen einem halbvocalischen und einem lediglich als
Lesemutter gesetzten ^ unterscheiden können.
5 Ö
Bei den beiden Buchstaben (| und ist zunächst die
Frage zu beantworten, ob sie Vocale oder Consonanten bez. Halb¬
vocale darstellen. Ihre Lösung ergiebt sich, wie ich meine, mit
Sicherheit schon aus einer unbefangenen Betrachtung der ägj'pti-
schen und koptischen Verbal- und Nominalformen. Ich gebe hier
nur einige Beispiele für viele:
1) Sethe hat in seiner oben citirten Dissertation nachgewiesen, dass gewisse Verbalformen in den Pyraiiiidentexten ein vorgesetztes
(| zeigen. Es findet sich dieses (j z. B. in dem sogenannten
Subjunctiv zweiradicaliger Stämme (s. S. 101): vom Stamme bs
bildet man i-bs-f; von fh : i-fh-f ; von nd : i-nd-f; von
kd : i-kd-f. In derselben Weise bildet man nun von einem
Stamme b' : i-b^-f; von pj' : i-p.?-f; von s> : i-s'-f. Das
' dieser letzten Stämme entspricht also genau dem zweiten Stamm¬
consonanten der erst angeführten Verben und muss also wie
dieser radikaler Consonant sein. Und weiter : das (j dieser Formen
entspricht genau dem Aleph prostheticum des Semitischen utid
wird wie dieses in solchen Verbalformen gesetzt, die mit einer
Doppelconsonanz beginnen. Man sprach nicht bsof, sondern
ebsof, nicht kdof sondern ekdof und schiieb auch demgemäss
i-bs-f, i-kd-f etc. Daraus nun, dass man dieses i prostheticum
auch bei zweilautigen Stämmen secundae j setzte , folgt deshalb
mit Sicherheit, dass auch j als Consonant, also ebiof, ßpjofetc.
gesprochen wurde.
2) Von dreiradicaligen Stämmen sind im Aegyptischen und
Koptischen häufig fünfradicalige in der Weise abgeleitet worden,
dass man die beiden letzten Radicale reduplicirte; z. B. bildete
man vom Stamme nhm ,, jauchzen" ein nhmhm; von *libr ein
hbrbr; von där (mit Metathesis des s und r) ein -rpoigpcuju. a.m.
Ebenso bildet man nun von einem Stamme jgb ein jgbgb, von
*nw3' ein nw'w', von *hb3 ein hbibi", von w^d ein w^d^d
„grünen". Hier steht also überall das j als vollgültiger Radical
und muss, ebenso wie bei den erstgenannten das n oder r, als
Consonant aufgefasst werden').
3) Die Mehrzahl der zweiradicaligen Verben bildet im Kop¬
tischen den Infinitiv mit ö, das Pseudoparticip („Qualitativ") mit 1) Hier sei schon darauf hingewiesen, dass viele trilltterale Verbalstämme
mediae frühzeitig, zum Thcil schon im mittleren Reiche, dadurch zu
zweiradicaligen geworden sind, dass das i „qniescirte" und dann als Consonant aufgegeben wurde. So wurde aus dem oben genannten 'wj'd vocalisirt *W3'od;
ein *wod, *wod, dessen reduplicirte Form im Koptischen oyoToye'r, also wie ein reduplicirtes zweiradicaUges Verbum (z. B. ujopiypj lautete. Aber gerade dieses oyoToyeT gegeniiber altem w'dj'd beweist, dass in letzterem das j Consonant war.
e zwischen dem 1. und 2. Radical; z. B. kh „verdoppeln", Inf.
KUife, Psp. KHfc; dm „schärfen" Inf. tuiai, Psp. thai. Ebenso
bildet man von ip „zählen" Inf. uin (für *iöp), Psp. hu (für
*iep).
Weiter bilden die meisten trilitteralen Verbalstämme im Kop¬
tischen den Infinitiv mit ö , das Pseudoparticip mit ö nach dem
1. Radical; z.B. sdm „hören", Inf. cwtS, Psp. cotH; hdb
„tödten", Inf. gui-rS, Psp. g^o-rfe; *lim „auslöschen", Inf. oiigjüL,
Psp. oujü. Ebenso bildet man von 'sh „ernten" den kopt.
Infinitiv (mit Metathesis des s und h) uigc, von 'tp ('tp) „be¬
laden" den Inf. ui"tti, Psp. crh.
Die Verba tertiae infitrmae (s. S. 99) endlich haben im Koptischen
im Infinitiv meist nach dem 1. Radical ein i , im Pseudoparticip
ein o; z. B. msi ,, gebären", Inf. Aiice, Psp. uoce; hsi ,, leiden", Inf. gice, Psp. goce; 'hi ,, aufhängen" Inf. eiuje, Psp. «lujc (für
*oige). Ebenso lautet ini „führen" Inf. eine; ibi „dürsten"
Inf. cifie, Psp. ofie; iri machen" Inf. eipc, Psp. o (für *ope).
Die Vergleichung dieser Verben zeigt, dass sowohl i als auch
3 überall als Radicale auftreten , die den radicalen Consonanten
gleichwerthig sind und deshalb auch als Consonanten (oder Halb¬
vocale) aufgefasst werden müssen. Die Annahme , dass i und '
Vokale sind wird schon dadurch hinfällig, dass alsdann ein i oder
3 bald ein ö, bald ö, bald i, bald e ausdrückte, also für fast alle
Vocale stünde, was doch unmöglich der Fall sein kann.
4) Dieselbe Behandlung des i und j kann auch bei den
Nominalstämmen beobachtet werden. Beispielsweise wird eine
Klasse zweilautiger Nomina mit o nach dem 1. Radical gebüdet :
sn ,, Bruder" con; sp ,,Mal" con; hr ,, Gesicht" go (für *gop) ; ebenso s^ „Rücken" coi, d^ „Schifi"" ■soi. In letzteren entspricht
also dem zweiten Consonanten von &n, sp, hr das zu halb vocali¬
schem I C') gewordene
Dreiradicaligen Bildungen mit ui nach dem 1. Konsonanten,
die z. B. in wns ,,WoH" oytunüj, nfr „gut" noyqe (für *ntuqp)
vorliegen, entsprechen die von i- und j-haltigen Stämmen abge¬
leiteten: inr ,, Stein" luric (für *iunp), apd ,,Gans" tu&T (mit
Metathesis). Einem mit e gebildeten gnue ,,arm" vom Stamme
hkr (für gHRp) steht ein Hpn ,,Wein" vom Stamme irp gegenüber.
Ein deverbales Nomen ist gSctu (sprich höbsö) Kleid", das
von dem Verbum hbs, giufec, bekleiden" abgeleitet ist. Ihm
entspricht genau ein von ^tp lu-rn „beladen" abgeleitetes CTniu
(für aetpö) „Last".
In allen diesen Fällen trägt also sowohl i als auch ^ deutlich
consonantischen (bez. halbvocalischen) Charakter und ist
nicht etwa ein Vocal').
1) In welcher Weise Formen wie etoTT „Monat" ägypt. Ibd, s^noJUt
„Haut" ägypt. Inm, cpiu-re Milch" ägypt. 1 rtt, i.Klu „Verderhen" ägypt.
Die angeführten Beispiele könnten leicht noch verzehnfacht
werden. Doch werden schon die vorliegenden jeden Kenner des
Semitischen überzeugt haben, dass || und in derselben Weise
als Consonanten zu betrachten sind wie etwa semitisches oder S.
Daneben werden sie allerdings auch zur Andeutung von Vocalen
benutzt. So dient [| im alten Reiche (|| ^ in der Orthographie
des neuen Reichs) zur Bezeichnung des Vorschlagsvocals e, der,
wie oben erwähnt wurde, bei gewissen, mit einer Doppelconsonanz
anlautenden Verbalformen gesprochen wurde, sowie zur Schreibung
bestimmter vocalischer Endungen '). dagegen wird besonders
in der eigenthümlichen Orthographie, deren man sich im neuen
Reiche bei der Wiedergabe von Lehnwörtern und Fremdnamen
bediente, und die man die syllabische" genannt hat, zum Aus¬
druck von Vocalen benutzt.
Was nun die Lautwerthe der Consonanten (| und betriflft,
so ergiebt sich für ihre Bestimmung aus der Vergleichung der
urverwandten Wörter nichts Entscheidendes 2). Im Koptischen er¬
scheinen beide sowohl als halb vocalisches "i, als auch als (in der
Schrift nicht ausgedrücktes) tt. Für die Bestimmung von (| kommt
vornehmlich in Betracht, dass es in alten Texten, wie Sethe gesehen
hat, bisweilen mit wechselt 3), und ferner dass eine grosse Anzahl
dreiradicaliger Verben als dritten Consonanten ein (| zeigen , das
koptisch in gewissen Formen als 'i erscheint, und von denen mehrere
semitisch zu den Verben tertiae i gehören*). Demnach würde (|
einem semitischen entsprechen. Dagegen liesse sich nur einwen¬
den, dass in den Texten des neuen Reichs das semitische i von den
Aegyptern nicht durch (|, sondern durch das secundär gebildete
wiedergegeben wird, und dass (j vielmehr für K steht. Doch
j'kt, a-Aloyn "A|j.(J.(uv ägypt. Imn u. a., jn denen dem 1 bez. 1 scheinbar ein *^ oder e gegenübersteht, zu erklären sind, habe ich in meiner Dissertation
„Prolegomena zu einer koptischen Nominalklasse" gezeigt.
1) In Endungen später W geschriehen; s. S. 715. Ob diese Endungen übrigens ursprünglich vocalisch gewesen sind, oder erst durch Zersetzung consonantischer entstanden sind, entzieht sich unserer Kenntniss.
2) Vgl. S. 123 und 126.
3) Vgl. w^l) nehen U'b , .grünen" S. 109; w'li neben i<h „Mond" S.1Ü7;
die Passivendung tw neben älterem ti. Ein gleicher Wechsel im Semitischen zwischen und ".
4) Vgl. S. 99.
Bd. XLVI. 47
5 0«
ist dies wohl so zu erklären, dass das ursprüngliche (| = "< schon
frühzeitig in einer grossen Zahl von Fällen in K übergegangen ist
und der späteren Zeit lediglich als K gegolten hat, während man
sich zur Schreibung eines "> des (1(1 bediente. Nehmen wir nun
für (| den Werth des in Anspruch, so wird wohl dem S
gleichzusetzen sein, für das ja sonst das Aegyptische kein Aequi-
vadent hätte '). Wie (| in S , so ist umgekehrt vielfach in
'i übergegangen, und dadurch ist eine Verquickung beider Buch¬
staben entstanden, die zwar, dank dem Sinn der Aegypter für
historische Orthographie, nicht zu einer beliebigen Verwechslung
beider führte, die es aber doch veranlasst hat, dass das (| später
als tt xaT iSojcTjV betrachtet wurde und wenigstens in der
jüngeren Orthographie, z. B. bei der Schreibung von Fremdwörtern,
gänzlich aus dem Consonantcnalphabet des Aegyptischen ausschied.
Der consonantische Werth des iii der alten klassischen
Orthographie wird selbstverständlich hierdurch nicht angetastet.
3. Die Umschreibung.
Die obigen Darlegungen haben wohl gezeigt, dass das ägyp¬
tische Alphabet ebenso wie das Altsemitische ein Consonanten-
alphabet ist und dass das Aegyptische nicht nur, wie Erman
gezeigt hat, in dem grammatischen Bau, sondern auch in dem
Lautbestande mit den semitischen Sprachen verwandt ist. Hier
wie dort drei Hauchlaute, die Explosivlaute 13 und p, der eigen¬
thümliche Laut des 7. Gegenüber diesen Uebereinstimmungen
kommen die mannigfachen Abweichungen des ägyptischen und
semitischen Lautbestandes , die ich mit Erman auf die starke
lautliche Zersetzung und Kntartung" des Aegyptischen zurückführen möchte, nicht wesentlich in Betracht.
Ich gebe naclistehcnd zur be.fseren Uebersicht eine Zusammen¬
stellung der Gleichungen ägyptischer und semitischer Buchstaben
bez. Laute, indem icli unbewiesene mit unsichere mit ?, sichere
oder wenigstens sehr wahrscheinliche ohne Fragezeichen gebe.
1) Die; 8. 127 aiis^'csproi-limo Vermuthung Erman's, dass die ägypt. j (und zum Theil auch die I nicht ursprünglich,sondern durch Zersetzung älterer vollerer Consouanten entstanden suicn, lällt für unsero l' rage, hei di'r ja nur die histo¬
rischen Lautverhältnisse in Uetracht konuuen, nicht ins Gewicht.
=^ ■ 9)
^)^=«-' 10)
3)__D = 7£ 11)
4)^ = ^^ 12)
5) J - 2 V 13)
6) □ = B o 14)
^^.^AA',== 3 17) I I = Ü (ji, ? ?
= -I, b ? 18) ß = J ? ■?
pg = n » 19) = D
= _ 20) ^ = p
^3 = ^
ohne siehe- 22) s— -> = ?
res Aequivalent
7) ic=^ ohneAequi- 23) = U
valent 15) = D "? ? „
a n ■ 24) ^ = S Jj?
8) ^=tt 16) |1 =11) ^
Angesichts dieser grossen Uebereinstimmungen des ägyptischen
und des semitischen Lautbestandes wird sich eine Transscription
der ägyptischen Buchstaben möglichst an die Transscription des
semitischen Alphabets anzuschliessen haben , und zwar am prak¬
tischsten an das am meisten verbreitete System der DMG., das
u. a. auch in Caspari's Arabischer Grammatik durchgeführt ist').
Dieser Grundsatz ist tlenn auch in dem neuen Transscriptions¬
system der Aegyptischen Zeitschrift meist befolgt worden.
So werden dio Zeichen J mit b, □ p, ™) "^f^^ n,
<r:=> r, nn ^ l'; O b> '— k, ^ k, t umschrieben. Von
den Zischlauten wird i ^ i seinem späteren Werthe als XO ent¬
sprechend mit s, — H— und |1 mit s umschrieben werden müssen.
Wo es sich im alten Reiche um eine Trennvmg von — it— und
P handelt, wird man am praktischsten das — h— s vom ^ s. unter¬
scheiden. Das <»—=» wird man als h zum Unterschiede vom ® h
bezeichnen ; doch wird diese Unterscheidung sich nicht überall
durchführen lassen und deshalb am besten bei der Transscription
ganzer Te.\to aufzugeben sein. Soweit weicht die ,,neu«*' Trans¬
scription nicht wesentlich von der Lepsius'schen ab; 'nur dass
statt des griechischen j( für ® das h und statt des q für /J das k
gewählt Wörden ist. Für den unbestimmten Laut des ist die
gute Umschreibung durch f beibehalten worden ; für den des ß
wurde g eingesetzt, da das Lepsius'sche k leicht zu Verwechslungen
mit dem von den Semitisten und auch jetzt durch uns mit k
wiedergebenen /} p Anlass geben konnte.
1) Vgl. dazu Haupt, Uli! somit. Sprachlaute und ihre Umschrift in den Ucitr. zur Assyriol. und vorgl. somit. .Sprachwissensi h. I. 249—207.
47*
Der emphatische Laut des <—=^ wird jetzt durch d wieder¬
gegeben. Ich glaube, dass hier der Lepsius'schen Umschreibung
(durch t) gegenüber keine glückliche Verbesserung angebracht
worden ist, und würde lieber zur alten Wiedergabe durch t zu¬
rückkehren. Doch bietet die neue Transscription den nicht uner¬
heblichen Vortheil , dass , wie im Arabischen , die Spiration der
dem d und entsprechenden Laute des s > und ''"^ durch
einen untergesetzten Strich bezeichnet werden kann, also s > t,
''"^ d, und dass so das wechselseitige Verhältniss des t, t, d, d
klarer hervortritt. Dafür bleibt aber auch der emphatische Charakter des "^"^ unangedeutet, und ich würde deshalb lieber, wie r^=^
durch t, das "^""^ durch z wiedergeben, da sich ein t wegen der zwei diakritischen Zeichen nicht empfiehlt.
Die Buchstaben (|, "^^j D, die von Lepsius durch
Vocale, bez. d, a, ä, u, wiedergegeben worden sind, sind nach
meinen Darlegungen vielmehr Consonanten, bez. Halbvocale und
müssen auch als solche umschrieben werden. In Uebereinstimmung
mit 3? ' ist auch für n ' zu schreiben. Das [| ist durch i
bezeichnet worden, um hierdurch auf die Doppelrolle des Buch¬
stabens, als S ' und ^ i hinzudeuten. Jetzt, wo nach den neueren
Untersuchungen wohl mit Sicherheit angenommen werden kann,
dass (| Isdiglich den Laut des darstellt, würde man es viel¬
leicht richtiger mit j, oder noch besser mit i') umschreiben; doch
mag auch die Umschreibung i bestehen bleiben. Das dem 1 5
analoge ^> ist wie dieses durch w wiedergegeben worden ; besser
hätte man dafür freilich u gewählt, da, wie Haupt'; richtig be¬
merkt, das w leicht wie deutsches und nicht wie englisches w
gesprochen wird und eine schlechte Vorstellung von der wirklichen
(halbvocalischen) Aussprache des giebt. Bei der Wiedergabe
des dem 5t wahrscheinlich entsprechenden durch ? wären
vielleicht die zwei Häkchen statt eines ', an denen auch Haupt 2)
Anstoss nimmt, zu tadeln. Doch ist aus praktischen Gründen die
Wiedergabe durch 3 beizubehalten , da ' zur Bezeichnung eines
jüngeren aus (|, °<i^'' - 0 entstandenen it dienen muss. Dass
das [IO im alten und mittleren Reiche durch ii, \\ bez. durch ii
r Vgl. Haupt, Die semit. SpracMaute a. a. 0. S. 255.
2) A. a. Ü. S. 266.
Ueber die Vorzüge des neuen Transscriptionssystems vor dem
alten ist nach allem, was gesagt worden ist, wohl kein Wort mehr
zu verlieren. Freilich wer das alte mit seinen Vocalen für >\ , I ,
und seiner Vocallosigkeit zunächst eigenthümlich anmuthen. Aber
aus Bequemlichkeit darf doch schliesslich nicht Falsches gesetzt
werden. Wenn ein Stamm ayi immer uäb umschrieben wird,
obwohl er als Nomen Priester", wie uns das Koptische lehrt,
we'eb, als Infinitiv ,,rein werden" w'ob, als Pseudop arti cipium
,,rein seiend" wo'eb oder wa'eb gesprochen wurde, so ist das
durch nichts zu rechtfertigen. Freilich ist es ein grosser Uebel¬
stand , dass die durch die neue Transscription wiedergegebenen
Worte unaussprechbar sind, aber das ist ein Fehler, der in dem
ganzen Wesen der Hieroglyphensehrift begründet üegt, und der
sich ebenso bei der Transscription sabäischer oder phönikischer
Inschriften fühlbar macht. Welchem Semitisten würde es aber
bei letzteren einfallen , diesen Fehler durch den viel schlimmeren
auszubessern, dass er S z. B. überall durch a, 9 durch ä, durch
ä wiedergiebt? Zu welchen Consequenzen würde das in der Formen¬
lehre führen ?
Will man aber durchaus Vocale haben, so mag man sie auf
Grund der koptischen Formenlehre oder der griechischen Wort¬
formen ergänzen. Einen allzu grossen Irrthum wird man wenigstens
für die jüngere Sprachperiode dabei nicht begehen; denn die
koptischen Wortformen stehen in ihrem Vocalismus nach allem,
was wir jetzt wissen, denen des neuen Reichs viel näher, als man
gewöhnlich meint. Freilich ist dazu eins erforderlich : eine
gründliche Kenntniss der ägyptischen und koptischen Formenlehre.
Sonst mag man ruhig nach dem früheren, freilich wenig wissen¬
schaftlichen Gebrauche, die Aussprache durch Einfügen eines e in
jeder Silbe sich ermöglichen. Schliesslich wird — hierin haben die
Herausgeber der ..Aegypt. Zeitschrift" vollkommen Recht — .,die
Hauptsache immer die sein, dass der Lernende duroh die Trans¬
scription ein möglichst richtiges Bild der ägyptischen Laute gewinnt;
hat er es gewonnen, so ist es ohne Belang, wie er im Uebrigen
die Hieroglyphen aussprechen hört."
Zum Schlüsse noch ein Wort zu der Frage, wie bei der
geschilderten Schwierigkeit, ägyptische Wörter auszusprechen, in
Büchern, die nicht fachwissenschaftlichen Inhalts, sondern für
weitere wissenschaftliche Kreise oder für das grosse Publicum be¬
stimmt sind, ägyptische Eigennamen wiederzugeben sind. Hier
ist wohl am besten zunächst der Grundsatz zu befolgen , dass
überall da, wo griechische oder hebräische Transscriptionen
oder i zu transscribiren ist, wurde oben schon dargelegt. Im
neuen Reiche mag man für iJ(l y, für \\ i weiter schreiben.
ägyptischer Nainen überliefert sind , diese uns meist geläufigeren
Formen statt der ägyptischen eingesetzt werden. Man sage also
Sais, Tanis, Memphi s statt SD'nt, Mnnfr; oder Kamses ,
Thutmosis, Sethos statt ll'mssw, Dhwtms (oder des durch
nichts gerechtfertigten Tutmes), Stii. Ferner gebrauche man
die Form Pharao für ägypt. pr'.'' (nach dem Kopt. vocalisirt
pcr-'o'i"), Tirhaka oder Tharaka (Oapaxa) für äjjypt. T'-h-
rw-k, wie man ja auch Nebukadnezar und nicht assyr. N abü -
kudurri-usur sagt. Dieser Gebrauch, der ja auch jetzt schon
vielfach befolgt wird, könnte noch mehr als bisher ausgedehnt und
auch auf weniger geläufige Namen angewandt werden. So wähle
man z.B. statt des sicher falschen Unas (ägypt. Wnis) lieber
das Ovvo; Manetho's, statt Scheschonk lieber Sesonchis u. s. w.
Liegt keine griechische Wiedergabe des betr. ägypt. Namens vor,
so versuche man , wenn irgend möglich , die Vocale nach dem
Koptischen oder anderen griechischen Umschreibungen zu ergänzen
und in das ägypt. Consonantengerippe einzufügen; z. B. setze man
statt R', nach dem kopt. pH Sonne" ein Re*, stalt Nfr-litp,
auf Grund von Namen wie Necpep)(sp7]<; und IlsTEVecptuTTj;, Nefer¬
hotep u. s. w. Boi solchen Umschreibungen wird man auch
vielfach die Häkchen (j und ') und die diakritischen Zeichen bei
Seite lassen können und einfach Rc, Neferhotep und ähnlich
schreiben. Und wo sich endlich keine Möglichkeit findet , die
alten Vocale auch nur annähernd richtig zu ergänzen , da nehme
man wieder zu dem beliebten e seine Zuflucht und suche dadurch
die Unaussprechbarkeit des Namens zu beseitigen, oder man lasse
auch w und i nicht mehr Halbvocale, sondern Vocale u und i sein ;
' , , V
z. B. lntf = Entef oder Intel; Ppii=:Pepy; Spssk^'f =
Schepseskef; S)imt = Sech met u. a. m.
Schliesslich soll aber auch hier nicht puritanisch vorgegangen
werden, und wem der Name Amenophis' IV. Iilj-n-itn in der
mit e gespickten Form Ie ch-en-je ten niclit behagt, der mag ruhig
die altherkömmliche Form (/'hunaten beibehalten.
Mudrä = Schrift (oder Lesekunst)?
Von K. Otto Frauke.
Im Milindapaiiho (ed. Trenckner) S. 7 8 ff. werden die Mittel
aufgezählt, die dem menschlichen Gedäehtniss zu Hilfe kommen.
Darunter heisst eins muddu (Skr. mudrä) : mudduto iti sati uppa-
jjati = ,auch die muddd unterstützt das Gedäehtniss' (S. 78).
Auf S. 79 kommt dann die Frage: hatham mudduto sati uppajjaii'?
Antwort : lipiyu silckhitattu jundti: imassa akkharassa anantaram
imam akkharain kutuhbun ti, evain mudduto sati uppajjjati =
,Wie unterstützt die muddu das Gedächtuiss? — Wenn man die
Schrift {lipi) versteht, so weiss man: unmittelbar auf diesen Buch¬
staben niuss jener folgen. So unterstützt die muddu das Ge¬
däehtniss". Ich kann mir hier nichts anderes denken, als dass die
Schrift oder das Lesen das Gedäehtniss unterstützt, und es ent¬
spricht sich hier auch logisch lipiyu sikkhitattd und mudduto.
Davids übersetzt (S.B.E. XXXV, S. 123): ^calculation". Wenn
aber ein Beispiel für , calculation" erbracht werden sollte, so liessen
sich wohl passendere finden. Der Abstand der Bedeutung „calcu-
lation" von der anderen, gewöhnlichen: „Siegel' ist ferner ein viel
grösserer als der der von mir hypothetisch angenommenen Be¬
deutung. Schliesslich spricht gegen Davids' Interpretation der Um¬
stand , dass sie nicht überall am Platze ist , sondern hier durch
diese, dort durch jene ueue Deutung ersetzt werden muss.
So wird S. 3, Z. 32 des Milindap. die muddd unter den 19
Wissenschaften aufgezählt, in denen Milinda augeblich zu Hause
war. Hier geht schon (janika voraus. Und wenn , calculation" mit
zu Milinda's Wissensschätzen gehörte, dürfte diese Bedeutung wohl
sicherer in dem fjunikd gefunden werden. Davids übersetzt denn
auch muddu hier wieder anders, mit „conveyancing", worin ich
weder eine Kunst oder Wissenschaft noch eine Beziehung zu der
gewöhnlichen Bedeutung von mudru entdecken kann. Für die An¬
nahme einer (irundbedeutung „Schrift", die dann entweder zu der
Bedeutung „Schreibkunst' oder „Lesekunst" modificirt werden könnte, ist aber noch Platz.