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Academic year: 2022

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1 Einführung

1.1 Zum Anliegen dieser Arbeit

Seit Harald Weydt im Jahre 1969 sein Buch Abtönungspartikel veröffentlicht hat, ist das Interesse an dieser Wortart, die vielfach (wie auch im Folgenden) als Mo- dalpartikeln bezeichnet wird, ständig gewachsen. Haben sich vor ihm kaum For- scher eingehend mit diesen Wörtern befasst1, so ist die Zahl der einschlägigen Studien mittlerweile Legion. Schon ein Blick auf die Literaturliste der vorliegen- den Arbeit, die keine vollständige Übersicht der Partikelliteratur bietet, verrät den Umfang des Feldes sowie die Vielfalt der Perspektiven, theoretischen Rah- men, Herangehensweisen und Methoden, die bei der Partikelforschung bislang herangezogen wurden.

Trotzdem sind viele Fragen zu den deutschen Modalpartikeln bislang noch offen geblieben. Auf einige davon hat Werner (2010: 185) hingewiesen:

Nichts oder nur ansatzweise ausgeführte Fallstudien oder Einordnungen findet man über nicht-verbale und paralinguistische MP-kompatible Merkmale wie Gestik, Mimik, Rhyth- mus, Intonation bzw. Prosodie […], systematische Akzentuierung und obligatorische bzw.

fakultative Betonbarkeit […].

Ähnlich behauptet auch Schulz (2012: 13):

Spannend wäre, die These zu untersuchen, ob es systematische Zusammenhänge von be- stimmten Partikelverwendungen (mit spezifischem Wissensbezug) zur Mimik/Gestik (so- wie Intonation) gibt.

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1 Eine wichtige Erklärung ist, dass die Modalpartikeln lange als leere Füllwörter betrachtet wur- den, so etwa von Adler (1964) und Reiners (1943). Einige Forscher haben zwar ansatzweise kon- trastive Betrachtungen geliefert, u. a. in Vergleichen mit dem Englischen (Collinson 1938, Rattler 1943, Schubiger 1965) und dem Russischen (Arndt 1960), aber es handelt sich nicht um systema- tische Analysen. Etwa zeitgleich mit Weydts Buch sind (größtenteils unabhängig voneinander, vgl. Harden 1983: 15) zwar noch einige weitere Arbeiten zu den Partikeln entstanden – Krivono- sovs schon 1963 vollendete aber erst 1977 veröffentlichte Dissertation sowie einige Aufsätze sei- ner Hand (1965a,b; 1966) und ein Aufsatz von Kawashima (1965) – die aber vor allem anfangs weniger rezipiert wurden, sodass Weydts Buch im Allgemeinen als Anfang der modernen Parti- kelforschung betrachtet wird.

DOI 10.1515/9783110566260-001

Open Access © 2020 Steven Schoonjans, publiziert von Walter de Gruyter GmbH.

lizenziert unter der Creative Commons Attribution 4.0 Lizenz.

Dieses Werk ist

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Bei den multimodalen Aspekten der Verwendung von Modalpartikeln scheint es sich also um einen noch weitgehend unerforschten Bereich zu handeln. An sich ist dies nicht verwunderlich, da sich die Multimodalitätsforschung selber auch noch in vollem Wachstum befindet. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, diesen Bereich der multimodalen Partikelforschung zu sondieren und so erste Ansätze für ein besseres Verständnis der multimodalen Aspekte des Partikelgebrauchs im Deutschen zu liefern. Im Anschluss an Schulz’ Beobachtung soll dabei vor allem die Gestik zentral stehen; andere multimodale Größen wie Köperhaltung und Blickverhalten können im Rahmen dieser Arbeit nur ansatzweise angesprochen werden.

Angesichts des Anliegens dieser Arbeit, den Bereich der multimodalen Parti- kelforschung zu erkunden, werden im Folgenden die Ergebnisse einer konstruk- tionsgrammatisch orientierten Korpusuntersuchung vorgestellt, bei der die ges- tischen Aspekte der Verwendung von Modalpartikeln im Deutschen fokussiert werden. Konkret werden drei Cluster von Elementen untersucht, die onomasio- logisch definiert sind und sich jeweils um zwei oder drei traditionelle Modalpar- tikeln zentrieren: Frageanknüpfer (denn, eigentlich), Bekanntheitsmarkierer (ja, doch) und Evidenzmarkierer (eben, einfach, halt).2 Das Anliegen dieser Arbeit geht jedoch über die multimodale Analyse dieser sieben Partikeln hinaus und umfasst ebenso die Beleuchtung einiger damit zusammenhängender theoreti- scher Aspekte. Dementsprechend lassen sich die Forschungsfragen in einer the- oretischen und einer empirischen Gruppe aufteilen. In dieser Reihenfolge seien sie jetzt vorgestellt.

1.1.1 Theoretische Forschungsfragen

Wie angesprochen, ist das zentrale Thema der vorliegenden Arbeit die Frage, wel- che Rolle Gestik bei der Vermittlung abtönender Bedeutungen spielt bzw. wie die Interaktion zwischen verbalen Abtönungsmitteln (insbesondere Modalpartikeln) und multimodalen Größen (insbesondere Gestik) aussieht. Wenngleich diese Frage eine systematische Darlegung der vorzufindenden Korrelationen zwischen Partikeln und Gesten voraussetzt, reicht das Anliegen dieser Arbeit durchaus weiter, als nur die Beschreibung der analysierten Modalpartikeln auf multimoda- ler Ebene zu erweitern. Tatsächlich erfordert die zu beschreibende Analyse einige

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2 Eingehendere Erläuterungen zur Definition und Abgrenzung dieser Cluster finden sich im Ab- schnitt 1.1.2 sowie in den Abschnitten zu den jeweiligen Partikeln im nächsten Kapitel.

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theoretische Überlegungen, sowohl zum Forschungsobjekt als auch zum theore- tischen Rahmen. Daher soll vor der Besprechung der Untersuchung auf die ein- zelnen Hauptbegriffe des Titels dieser Arbeit (Modalpartikeln, Konstruktionen und Multimodalität) weiter eingegangen werden.

Im Falle der Multimodalität wird es sich vor allem um eine Stellungnahme in diesem breiten Feld handeln. An erster Stelle soll geklärt werden, was in vorlie- gender Arbeit unter ‚Multimodalität‘ verstanden wird bzw. wie sich die Arbeit zu anderen Untersuchungen in diesem Forschungsbereich verhält und warum. Da die Gestik im Zentrum der Beobachtung steht, soll diese auch schon im theoreti- schen Teil fokussiert werden. Eine allgemeingültige Definition des Begriffs ‚Ges- tik‘ steht allerdings noch aus, so dass insbesondere darauf einzugehen ist, von welchem Gestikkonzept in vorliegender Arbeit ausgegangen wird und welche Di- mensionen des breiten Gestikfeldes im Rahmen dieser Analyse besondere Be- obachtung verdienen. Dieser Schritt beinhaltet zwar eine kritische Auseinander- setzung mit bestehender Literatur, dient aber an erster Stelle der Situierung der Arbeit; die Begriffe ‚Multimodalität‘ und ‚Gestik‘ an sich werden nicht hinterfragt.

Anders sieht es bei den beiden anderen Kernbegriffen (Modalpartikeln und Konstruktionen) aus. Für diese beiden stellt nämlich der Einbezug von Multimo- dalität eine Herausforderung dar. Nicht nur wurden die multimodalen Aspekte des Gebrauchs von Modalpartikeln bisher kaum erforscht; auch explizit kon- struktionsgrammatisch gerahmte multimodale Analysen sind bislang eher sel- ten. Somit ist auf die Frage einzugehen, wie sich Multimodales konstruktions- grammatisch analysieren lässt bzw. wie ein multimodaler Konstruktionsbegriff zu konzipieren ist. Auch der Modalpartikelbegriff dürfte infolge des Einbezugs der Multimodalität einer Neuüberdenkung bedürfen. Tatsächlich stellt sich die Frage, welche Rolle die Multimodalität bei den Modalpartikeln spielen kann und inwiefern das Multimodale an sich die Form einer Modalpartikel ausmachen kann. Zu klären ist zum Beispiel, ob es Modalpartikelgesten gibt (d. h. Gesten, die unabhängig von verbal explizierten Partikeln die Bedeutungsnuance einer Mo- dalpartikel vermitteln) und wie sich diese dann zu den traditionellen Modalpar- tikeln verhalten. Diese Diskussion über die Natur des Partikelbegriffs wird an sich auch ihre Auswirkungen auf den Konstruktionsbegriff haben, und diese zu er- kunden ist ebenfalls eines der Ziele der vorliegenden Arbeit.

Obwohl die vorliegende Arbeit an erster Stelle eine empirische Arbeit ist, in der die Ergebnisse einer Korpusuntersuchung zu drei Partikelclustern bespro- chen werden sollen, sind also auch mehrere theoretische Fragen zu behandeln.

Zum Teil können diese in der theoretischen Diskussion am Anfang (Kapiteln 2-4) beantwortet werden, zum Teil aber werden sich die Antworten erst im Laufe der

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Analyse herausstellen. Insgesamt handelt es sich um drei theoretische For- schungsfragen, die sich folgendermaßen zusammenfassen ließen:

(T1) Welche Rolle spielen multimodale Größen (insbesondere die Gestik) bei der Verwendung von Modalpartikeln, und welche Auswirkungen haben sie auf das traditionelle Konzept einer Modalpartikel?

(T2) Welche Stelle nehmen die für Abtönung relevanten Gestikmuster im weiten Feld der Gestik ein bzw. welche Arten von Gesten können zur Abtönung bei- tragen?

(T3) Welche Herausforderungen stellt die Analyse von Multimodalem für die Kon- struktionsgrammatik bzw. wie ist ein multimodaler Konstruktionsbegriff zu konzipieren?

1.1.2 Empirische Forschungsfragen

Die Anmerkung, dass eine befriedigende Antwort auf diese theoretischen For- schungsfragen erst nach der Analyse der Ergebnisse der Korpusstudie geliefert werden kann, betrifft insbesondere die erste theoretische Frage (T1). Die Antwort wird nämlich aus der empirischen Variante dieser Frage abzuleiten sein: Welche Rolle spielt die Gestik konkret bei den drei im Folgenden zu analysierenden Par- tikelclustern, und um welche Arten von Gesten handelt es sich? Ähnlich kann auch die zweite theoretische Frage (T2) nach der Position der relevanten Gesten im breiten Gestikfeld erst beantwortet werden, nachdem herausgefunden wurde, mit welchen Gesten die zu analysierenden Modalpartikeln korrelieren. Da nur drei Partikelcluster eingehend studiert werden, ist beim Verallgemeinern der em- pirischen Ergebnisse und Schlussfolgerungen hin zu den theoretischen Fragen T1-2 eine gewisse Vorsicht geboten, aber jedenfalls werden die Daten erlauben, zum einen die Fragen zumindest für die analysierten Partikeln zu beantworten, und so zum anderen zumindest einen ersten Eindruck von der Rolle von Gestik bei den Modalpartikeln im Allgemeinen zu erlangen.

Insgesamt sollen drei Gruppen von Partikeln untersucht werden, die onoma- siologisch definiert sind und jeweils zwei oder drei ‚etablierte‘ Modalpartikeln als zentrale Elemente haben. Gemeint sind Elemente, deren Einstufung als Modal- partikel heutzutage als eher unkontrovers gelten kann. Es handelt sich um Parti- keln, die eine Frage in den Gesprächszusammenhang einbinden (denn, eigent- lich), um solche, die markieren, dass das Gesagte als wahr gelten kann bzw. dem Hörer bekannt sein dürfte (ja, doch), sowie um solche, die andeuten, dass das Gesagte als evident oder unleugbar gelten kann (eben, einfach, halt). Die beiden

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letzteren Cluster gehören etwas enger zusammen, da die Evidenz eines Sachver- halts im Prinzip eine konzeptualisierte Wahrheit voraussetzt. Außerdem weisen diese beiden Partikelgruppen weitere Ähnlichkeiten auf, u. a. auf der Ebene der Satztypendistribution. Trotzdem werden die Evidenzmarkierer separat betrach- tet, da sie – eben aufgrund dieser Evidenzbedeutung – eine Sondergruppe inner- halb des größeren Feldes der Wahrheitsmarkierer darzustellen scheinen, was sich auch in der Gestikanalyse widerspiegeln wird. Aus diesem Grund erhalten sie auch in vorliegender Arbeit einen Sonderstatus den ‚einfachen‘ Wahrheits- markierern gegenüber.

Für die Auswahl dieser drei Cluster sind mehrere Gründe zu nennen. Ein wichtiger Teil der Erklärung ist die Frequenz der Partikeln. Die zu erforschende Partikelliste umfasst die zwei häufigsten Modalpartikeln des Deutschen (ja und doch), daneben auch die häufigste Partikel in Fragen (denn), und auch die ande- ren zu analysierenden Partikeln gehören nicht zu den seltensten (vgl. u. a. Hent- schel 1986: 247). Offenbar handelt es sich also um wichtigere Elemente der deut- schen Sprache, aber vor allem erhöht diese Auswahl die Wahrscheinlichkeit, dass für die Analyse eine breitere Datenbasis zur Verfügung steht.

Ein weiterer Faktor, der bei der Auswahl der Partikeln eine Rolle gespielt hat, ist die Illokutionstypendistribution. Tatsächlich sind mit diesen sieben Partikeln die wichtigsten Illokutionstypen des Deutschen vertreten: Fragen (denn, eigent- lich, doch, einfach), Assertionen und Aufforderungen (ja, doch, eben, einfach, halt) und Wünsche (doch). Auch wenn aufgrund der Distribution im Korpus die Verwendungen in Aufforderungen und Wünschen nur kurz angesprochen wer- den können, kann also mit nur wenigen Partikeln ein diverses Bild angestrebt werden, das einen Überblick über die unterschiedlichen Äußerungstypen gibt.

Darüber hinaus, und das ist zugleich ein dritter Aspekt der Motivation der Partikelwahl, erlauben diese Partikeln weitere Vergleiche. Vor allem die beiden Cluster der Bekanntheit und der Evidenz sind hier anzusprechen, da diese sich dadurch unterscheiden, dass ersterer eine allgemeinere, letzterer eine spezifi- schere (und daher potenziell stärkere) Bedeutung zum Ausdruck bringt. Es wäre zu sehen, ob sich dies in den multimodalen Realisierungen spiegelt. Zudem wäre der Unterschied zwischen diesen beiden Clustern mit (selber zusammenhängen- den) Faktoren wie Frequenz und Grammatikalisierung zu verknüpfen. Auch in dieser Hinsicht wäre also ein Vergleich interessant, nämlich im Hinblick auf die Frage, ob sich Korrelationen zwischen den multimodalen Aspekten der Partikel- verwendung und Faktoren wie Frequenz oder Spezifizität der Bedeutung finden lassen.

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Insbesondere für das Einbeziehen des Evidenzclusters gibt es noch einen vierten Grund. In der Literatur wurden schon mehrere Thesen zum genauen Ver- hältnis bzw. Unterschied zwischen diesen Partikeln (insbesondere zwischen eben und halt) formuliert (s. Abschnitt 2.3.3). Allerdings sind diese Thesen nicht immer miteinander verträglich und bislang besteht kein allgemeines Einver- ständnis darüber, welche These den anderen vorzuziehen wäre. Es ist nicht aus- zuschließen, dass eine Gestikanalyse diesbezüglich Aufschluss bringen könnte.

Sollten nämlich diese Partikeln unterschiedliche Gestendistributionsmuster auf- weisen, so könnten diese tatsächlich auf Unterschiede in der Bedeutung oder Verwendung der Partikeln hinweisen. Ähnlich könnte die Gestikanalyse ein neues Licht auf das Verhältnis zwischen den analysierten Partikeln und anderen Elementen mit ähnlichen Funktionen werfen, die nicht unbedingt der traditio- nellen Kategorie der Modalpartikeln angehören.

In dieser Hinsicht werden also nicht nur die Partikeln selber analysiert: Zu Vergleichszwecken werden auch andere verbale Elemente herangezogen, die derselben Funktionsdomäne angehören aber nicht unbedingt zu den Modalpar- tikeln gezählt werden. Darüber hinaus wird auch das Vorkommen der relevanten Gestikmuster im Allgemeinen untersucht. Tatsächlich können auch die partikel- losen Kontexte, in denen die Gesten eingesetzt werden, zu relevanten Einsichten führen, die sich nicht nur auf die Gesten selber, sondern ebenfalls auf die mit ihnen gemeinsam vorkommenden Partikeln beziehen können: Die Häufigkeit der Verwendung in anderen Kontexten bzw. mit anderen verbalen Elementen kann ein interessanter Hintergrund sein, vor dem die Korrelation der Gesten mit den untersuchten Partikeln zu interpretieren wäre.

Im Grunde genommen sind die empirischen Zielsetzungen also Ausarbeitun- gen der ersten theoretischen Forschungsfrage (T1), die sich auf die Rolle der Ges- tik bei der Verwendung von Modalpartikeln bezieht. Konkret ließen sich aus T1 folgende empirische Forschungsfragen ableiten:

(E1) Welche Rolle spielt die Gestik bei der Verwendung der hier zu erforschenden Modalpartikeln? Mit welchen Gestikmustern kookkurrieren sie, und in wel- chem Maße?

(E2) Welchen Beitrag leistet die Gestikanalyse zur Diskussion über das Verhältnis zwischen den Partikeln untereinander sowie zwischen den Partikeln und an- deren verbalen Elementen der gleichen Funktionsdomäne?

(E3) Inwiefern können die Gestikmuster auch ohne die verbalen Partikeln ver- wendet werden? Inwiefern unterliegen sie dann denselben Restriktionen, und was tragen diese Beobachtungen zur Interpretation des Kookkurrenzver- haltens der Gesten mit den untersuchten Partikeln bei?

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Die Diskussion der bislang aufgelisteten theoretischen wie empirischen For- schungsfragen ruft allerdings noch weitere Fragen auf, die sich an erster Stelle auf die Distribution der Gesten beziehen. Wenn man die Korrelation zwischen verbalen und gestischen Ausdrücken untersuchen will, so ist dabei zu berück- sichtigen, dass das Auftreten der Gestik durch unterschiedliche sprachliche wie nichtsprachliche Faktoren beeinflusst werden könnte. Um welche Faktoren es sich handelt und wie stark deren Einfluss ist, bleibt allerdings noch zu klären.

Eine Sonderstellung diesbezüglich dürften Aspekte wie die Kombination ab- tönender Bedeutungen sowie der wiederholte Ausdruck einer und derselben ab- tönenden Bedeutung einnehmen. In Übersetzungsanalysen wie Schoonjans/

Feyaerts (2010) wurde schon nachgewiesen, dass bei Partikelkombinationen häufig nur eine Partikel übersetzt wird, und dass auch bei Partikelreihungen, bei denen die gleiche Partikel in aufeinanderfolgenden Äußerungen bzw. Äuße- rungseinheiten eingesetzt wird, die abtönende Bedeutung in der Übersetzung häufig nur einmal expliziert wird. Auch wenn sich eine solche Übersetzungsana- lyse nicht unbedingt direkt mit einer Gestikanalyse vergleichen lässt, suggerieren diese Daten doch, dass Kombinationen bzw. Reihungen abtönender Elemente eine Sonderstellung einnehmen, die sich auch in der Gestik spiegeln könnte, zu- mal Analysen ikonischer Gesten gezeigt haben, dass die Gesten bei Wiederholun- gen oft in abgeschwächter Form vorliegen (u. a. McNeill 1992: 175).

Allerdings sollte bei der Analyse von Reihungen und Kombinationen noch ein Schritt weiter gegangen werden, als nur den Einfluss dieser Faktoren auf ver- baler Ebene auf die Gestik zu untersuchen: Es sollte auch der umgekehrte Weg gegangen werden. Tatsächlich ist nicht auszuschließen, dass eine Geste wieder- holt eingesetzt wird. In diesem Fall wäre auch zu klären, wie es mit einer etwai- gen Wiederholung der verbalen Partikel aussieht. Ähnlich wäre der Frage nach- zugehen, ob auch auf gestischer Ebene abtönende Bedeutungen kombiniert werden können, und was sich über solche Fälle im Hinblick auf die verbale Ebene aussagen ließe. Schließlich könnte man sich auch fragen, ob es möglich ist, ab- tönende Bedeutungen zu kombinieren, die je in einem eigenen semiotischen Ka- nal ausgedrückt werden (d. h. eine Bedeutung verbal, die andere gestisch).

Diese weiterführenden empirischen Forschungsfragen ließen sich also fol- gendermaßen zusammenfassen:

(E4) Welche sprachlichen wie nichtsprachlichen Faktoren beeinflussen die Distri- bution der relevanten Gestikmuster?

(E5) Inwiefern weisen isoliert auftretende Modalpartikeln andere Kookkurrenz- muster mit Gestik auf als gereihte oder kombinierte Partikeln? Lassen sich

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auch die Gesten reihen bzw. kombinieren, und was ist in dem Fall über das Verhalten verbaler Partikeln auszusagen?

1.2 Zum Aufbau dieser Arbeit

Die Zweiteilung in theoretische und empirische Forschungsfragen spiegelt sich auch im Aufbau der vorliegenden Arbeit. Tatsächlich lassen sich die weiteren Ka- pitel in zwei größere Gruppen aufteilen: eine eher theoretische Besprechung der zentralen Konzepte in den Kapiteln 2–4, zum einen, und die Darstellung und Dis- kussion der Ergebnisse der empirischen Analyse in den Kapiteln 7–14, zum an- deren. Getrennt werden diese beiden Teile durch einige methodische Angaben in den Kapiteln 5–6.

Der theoretische Teil ist so aufgebaut, dass jedem der drei Kernbegriffe des Titels der Arbeit ein Kapitel gewidmet ist: den Modalpartikeln, der Multimodali- tät und dem Konstruktionsbegriff. Die Funktion dieser Kapitel ist an erster Stelle situativ-definitorisch: Es wird jeweils dargelegt, wie diese Begriffe in vorliegen- der Arbeit aufgefasst werden und welche Stelle die Arbeit in den entsprechenden Forschungsdomänen einnimmt bzw. wie sie sich zu anderen Arbeiten in diesen Domänen verhält. Fokussiert werden dabei die oben dargelegten theoretischen Forschungsfragen sowie die Frage, welche Implikationen diese Fragen für die zu vertretende Auffassung der drei Grundbegriffe haben und umgekehrt. Es soll mit anderen Worten ein Denkrahmen geboten werden, in dem sich im Laufe der Ar- beit die Antworten entwickeln werden, und ausgehend von dieser theoretischen Diskussion sollen einige Ansätze und Denkanstöße geliefert werden, die die Su- che nach den Antworten in der empirischen Analyse steuern sollen.

Der Schwerpunkt der Arbeit liegt jedoch bei der empirischen Analyse der Kor- pusdaten. Sieht man von den methodischen Angaben (eine kurze Vorstellung der verwendeten Korpusdaten sowie einige weiterführende Informationen zu den Annotations- und Analyseverfahren) in den Kapiteln 5–6 ab, lässt sich im empi- rischen Teil im Grunde genommen eine zweigliedrige Struktur ausmachen: Nach- dem in den Kapiteln 7–10 die konkreten Ergebnisse vorgestellt worden sind, er- folgt in den Kapiteln 11–14 eine Diskussion dieser Ergebnisse im Hinblick auf die oben aufgelisteten Forschungsfragen. Die Präsentation der Ergebnisse in den Ka- piteln 7–10 erfolgt nicht nach Partikelcluster, sondern unter der Form von Fall- studien, in denen jeweils eine bestimmte Geste fokussiert wird, die in den Kor- pora mit einer bestimmten Partikel bzw. mit bestimmten Partikeln korreliert.

Abgeschlossen wird die Arbeit mit einer Übersicht der wichtigsten Schluss- folgerungen sowie einer Zusammenfassung der Antwort auf die Forschungsfra-

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gen. Zudem wird ein kurzer Ausblick geliefert, und im Anhang werden eine zu- sammenfassende Übersicht der Transkriptionskonventionen und weitere Anga- ben zu den einzelnen Korpusdateien geliefert.

Sofern sie nicht auf konkrete Personen in den Beispielen verweisen, sind Bezeich- nungen wie ‚Sprecher‘ und ‚Hörer‘ in vorliegender Arbeit als geschlechtsneutral zu interpretieren.

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