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Kürzlich fand in Basel der Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Innere Medizin (SGIM) statt. Darüber werden Sie in ARS MEDICI bald mehr lesen. So viel aber schon jetzt: Auffällig viele Vorträge im Plenum oder in kleineren Sitzungen boten eine Auseinandersetzung mit diagnostischen und therapeu- tischen Massnahmen, die hin- terfragt werden müssen oder besser ganz unterbleiben.

Damit scheint auch in der Schweiz angekommen zu sein, was schon seit längerem Ärztinnen und Ärzte in englischspra- chigen Ländern umtreibt: Less is More (1).

Inzwischen hat sich in den USA eine regelrechte Bewegung (Choosing Wisely) etabliert, an der sich bis jetzt schon neun Fachgesellschaften beteiligen, die in sorgfältigen Auswahl- und Konsensverfahren jeweils «Fünf Dinge, welche Ärzte und Patienten hinterfragen sollten» aus- gewählt haben (2).

Die fünf Unterlassungsaufforderungen für das Gebiet der Hausarztmedizin (3) lauten:

1. Keine Bildgebung für Lumbalgien während der ersten sechs Wochen, sofern keine Warn - signale vorliegen.

2. Keine Routineverschreibung von Antibiotika bei akuter, leichter bis mittelschwerer Sinusitis, ausser die Symptome (zu denen eitriges Nasen- sekret und Oberkieferschmerz oder Klopfdolenz in Gesicht oder Zähnen gehören müssen) dauern schon seit sieben oder mehr Tagen an oder ver- schlimmern sich nach anfänglicher Besserung.

3. Keine jährlichen EKG oder irgendein anderes kardiales Screening bei asymptomatischen Patienten mit tiefem Risiko.

4. Keine Pap-Tests für Patientinnen unter 21 Jahren oder bei Frauen nach Hysterektomie wegen gutartiger Erkrankung.

5. Kein DEXA-Screening auf Osteoporose für Frauen unter 65 Jahren oder Männer unter 70 Jahren ohne Risikofaktoren.

Im Grunde sind diese alte Bekannte, ob den Auf- forderungen in der Praxis immer und überall nachgelebt wird, muss dennoch offenbleiben.

Dass die Aufforderung zur Unterlassung angesichts vielfältiger, durch wirtschaftliche Interessen geprägter Verflechtungen im medi - zinisch-industriellen Komplex zu Aufruhr und Konflikten führen kann, haben die umstrittenen Empfehlungen zum PSA-Screening bei Män- nern neulich sehr anschaulich gezeigt. Dia - gnostische Tests stossen das Tor zu weiteren

medizinischen Massnahmen auf, und etliche sind gerade deshalb durchaus umstritten. In- zwischen gewinnt die Überzeugung an Boden, dass die heutige Medizin immer mehr gesunden Menschen schadet, indem Krankheiten immer früher aufgedeckt und Krankheitsbegriffe lau- fend ausgeweitet werden. Nächstes Jahr soll es dafür in den USA sogar einen eigenen Kongress geben: Preventing Overdiagnosis (4).

Halid Bas

1. Rita F. Redberg,: Less is More. Editorial. Arch Intern Med 2010; 170(7): 584.

2. http://choosingwisely.org/wp-content/uploads/2012/04/Five-Things.pdf 3. The Good Stewardship Working Group: The «Top 5» Lists in Primary Care. Meeting the

Responsibility of Professionalism. Arch Intern Med. 2011; 171(15): 1385–1390.

4. Ray Moynihan et al.: Preventing overdiagnosis: How to stop harming the healthy.

BMJ 2012; 344:e3502.

Klug abwägen

EDITORIAL

ARS MEDICI 11 2012 545

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