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Sicherheitshalber vorsichtig

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Academic year: 2022

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ARS MEDICI 102017

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Wenn es um eine therapeutische Kurskorrektur zwecks Einführung neuer Methoden oder Medika- mente gehe, sei die Medizin «träge wie ein Tanker», klagte vor Jahren ein Forscherkollege. Es dauere oft viele Jahre, bis potenziell segensreiche therapeutische Neuerungen den Patienten in der Praxis tatsächlich routinemässig zugute kämen.

Das dürfte, von wenigen Ausnahmen abgesehen, auch heute noch so sein. Sicherheitshalber geben gerade Hausärzte ihren Patienten im Zweifelsfall lieber alt be- währte Präparate, deren Wirkung und Nebenwirkung sie aus eigener Erfahrung kennen, als brandneu zuge- lassene Substanzen. Das mag man als Innovations- bremse beklagen, aber eine neue Statistik aus den USA legt eine gewisse Vorsicht beim Verordnen neuer Medikamente nahe.

So wurden bei jedem dritten von der FDA zwischen 2001 und 2010 neu zugelassenen Medikament bis Anfang 2017 zuvor unbekannte Sicherheitsrisiken fest- gestellt. Bei den betroffenen Medikamenten dauerte es im Mittel gut vier Jahre, bis das erste sicherheits - relevante Ereignis nach der Zulassung auftrat. Die gute Nachricht: Nur 3 der 222 neuen Medikamente mussten wegen Sicherheitsrisiken vom Markt genommen wer- den. Bei den anderen 68 waren neue Warnhinweise in der Fachinformation und/oder Arztbriefe ausreichend.

Besonders häufig waren Biologika und psychiatrische Medikamente betroffen. Ausserdem scheint auch der Zeitdruck im Zulassungsverfahren eine Rolle zu spie- len. So war das Sicherheitsrisiko bei Substanzen

höher, die in einem beschleunigten Verfahren zugelas- sen worden waren; das Gleiche galt für Substanzen, bei denen die FDA das Zulassungsverfahren erst kurz vor der Deadline abschliessen konnte (die FDA muss bestimmte Fristen für das Zulassungsverfahren ein- halten).

Die erst später erkannten Risiken habe man in den Zulassungsstudien nicht gesehen beziehungsweise gar nicht sehen können, denn «die Mehrheit der ent- scheidenden Studien für die FDA-Zulassung umfass- ten weniger als 1000 Patienten mit einem Follow-up von sechs Monaten oder weniger», schreiben die Auto- ren. Überdies unterscheiden sich die handverlesenen Patientenkollektive in Zulassungstudien mitunter er- heblich von den Patienten im hausärztlichen Alltag.

Soll man nun grössere und längere Zulassungsstudien fordern? Klingt gut, geht aber an der Realität vorbei.

Für viele Erkrankungen wären grössere Studien man- gels ausreichend grosser Patientenkollektive gar nicht möglich. Übrigens zeigte die FDA-Statistik auch, dass das Postmarketing-Sicherheitsrisiko bei «orphan drugs», deren Zulassung naturgemäss auf der Basis weniger Studienpatienten beruht, nicht besonders hoch war.

Und ein längeres Follow-up? Wäre wahrscheinlich gut, würde aber zwangsläufig auch dazu führen, dass sinn- volle Neuerungen den Patienten länger vorenthalten bleiben.

Man mag es drehen und wenden, wie man will: An einer konsequenten und umfassenden Überwachung der Arzneimittelsicherheit und Melderegistern für Ne- benwirkungen führt kein Weg vorbei, auch nachdem eine Zulassungsbehörde ihren Segen gegeben hat.

Renate Bonifer

Downing NS et al.: Postmarket safety events among novel therapeutics approved by the US Food and Drug Administration between 2001 and 2010. JAMA 2017;

317(18): 1854–1863.

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