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Durch die Bibel. Hiob Hiobs früheres Glück

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Durch die Bibel Hiob 29-30

Hiobs früheres Glück

Insgesamt achtmal hat Hiob aufmerksam zugehört, wenn seine drei Freunde rundum das Wort ergriffen und eine Rede gehalten haben. Achtmal hat er mit einer Gegenrede darauf geantwortet.

Dann folgte in Kapitel 28 des Hiobbuches eine Art Loblied auf Gottes Schöpfung und auf seine Weisheit. So als wollte Hiob damit ausdrücken: „Obwohl ich mich in einer verzweifelten Situation befinde – meine Kinder sind tot, mein Wohlstand ist dahin und meine Krankheit treibt mich fast in den Wahnsinn – , trotz allem erkenne ich an, dass Gott der Herr ist über allem. Seine Weisheit ist unergründlich; sein Handeln für mich oft rätselhaft.“ Diese Erkenntnis bringt ihn nun dazu, in Kapitel 29 auf sein früheres Leben in Glück und Wohlstand zurückzublicken und dann im Vergleich dazu in Kapitel 30 seine gegenwärtige Situation zu schildern. Soweit ein kurzer Überblick. Hören Sie nun die ersten drei Verse aus Kapitel 29:

„Und Hiob hob abermals an mit seinem Spruch und sprach: O dass ich wäre wie in den früheren Monden, in den Tagen, da Gott mich behütete, da seine Leuchte über meinem Haupt schien und ich bei seinem Licht durch die Finsternis ging!“ (Hiob 29,1-3).

Sonne und Mond spielen seit Menschengedenken eine wichtige Rolle bei der Zeitrechnung. Deshalb ist in manchen Bibelübersetzungen auch nicht von „den früheren Monden“ die Rede, sondern von Monaten, die man ursprünglich anhand der Umlaufzeit des Mondes berechnete. Während Sonne und Mond am Tag und in der Nacht sichtbares Licht abgeben, sorgt Gott im übertragenen Sinne für Licht am Tage und in der Dunkelheit. „Seine Leuchte schien über meinem Haupt und bei seinem Licht ging ich durch die Finsternis“, so bekennt Hiob. Was dann allerdings folgt, bereitet mir ein wenig Kopfschmerzen. Denn Hiob rückt sein damaliges Glücksempfinden und dann im nächsten Kapitel sein derzeitiges Unglück so sehr in den Mittelpunkt, dass er dabei Gott wieder mal ein wenig aus den Augen verliert. Die gleich folgenden Verse erinnern mit irgendwie an ein kleines Gedicht, das ich mal gehört habe. Darin ging es um eine fröhliche Teerunde, von der zum Schluss alle rundum begeistert waren. An dieser Teerunde nahmen exakt drei Personen teil, nämlich „Ich“, „Ich selbst“

und „Meine Wenigkeit“. Die drei haben sich köstlich amüsiert, einfach weil sie sich so gut

miteinander verstanden. Auch die Bedienung war auf Zack: Während „Ich“ die belegten Brötchen aufaß, schenkte „Ich selbst“ den Tee aus und „Meine Wenigkeit“ reichte den Teller mit Kuchen herum. Zum Schluss waren alle drei satt und zufrieden: „Ich“, „Ich selbst“ und auch „Meine

Wenigkeit“. – Doch hören Sie nun selbst, wie Hiob von der guten alten Zeit schwärmt, als das Leben für ihn noch ein Zuckerschlecken war. Ich lese weiter ab Vers 4:

„Wie war ich in der Blüte meines Lebens, als Gottes Freundschaft über meiner Hütte war, als der Allmächtige noch mit mir war und meine Kinder um mich her, als ich meine Tritte wusch in Milch und die Felsen Ölbäche ergossen! Wenn ich ausging zum Tor der Stadt und meinen Platz auf dem Markt einnahm, dann sahen mich die Jungen und verbargen sich scheu, und die Alten standen vor mir auf, die Oberen hörten auf zu reden und legten ihre Hand auf ihren Mund, die Fürsten hielten ihre Stimme zurück, und ihre Zunge klebte an ihrem Gaumen“ (Hiob 29,4-10).

Tja, wer hätte das gedacht, dass Hiob früher, als es ihm noch gut ging, seine zarten Füße in Milch

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hätte baden können, um sie dann anschließend mit Olivenöl zu salben. So viel Vieh besaß er für die Milchproduktion und so viel Öl produzierte die Olivenpresse im Felsen. Bei den Menschen in der Stadt besaß er höchstes Ansehen. Die jungen Leute traten ehrfürchtig zur Seite, wenn sie ihn kommen sahen, die Alten erhoben sich und blieben stehen. Und sogar die führenden Männer unterbrachen ihre Gespräche, wenn Hiob auftauchte. So viel Respekt hatten alle vor ihm! – Vers 11:

„Denn wessen Ohr mich hörte, der pries mich glücklich, und wessen Auge mich sah, der rühmte mich“ (Hiob 29,11).

Mit anderen Worten: Die meisten Vereine im Lande Uz in Chaldäa baten Hiob darum, die

Ehrenmitgliedschaft anzunehmen. Und zum Ehrenbürger der Stadt war er sowieso schon ernannt worden. Denn er spendete für wohltätige Zwecke und hatte auch für Menschen in prekären Lebenslagen immer ein gutes Wort übrig. – Weiter ab Vers 12:

„Denn ich errettete den Armen, der da schrie, und die Waise, die keinen Helfer hatte. Der Segen des Verlassenen kam über mich, und ich erfreute das Herz der Witwe. Gerechtigkeit war mein Kleid, das ich anzog, und mein Recht war mir Mantel und Kopfbund. Ich war des Blinden Auge und des Lahmen Fuß. Ich war ein Vater der Armen, und der Sache des Unbekannten nahm ich mich an“ (Hiob 29,12- 16).

Urteilen Sie selbst: Habe ich übertrieben, als ich vorhin die fröhliche Teerunde erwähnt habe, an der drei Personen beteiligt waren, nämlich „Ich“, „Ich selbst“ und „Meine Wenigkeit“? Bei Hiob klingt das eben so: „Ich rettete andere“, „ich erfreute andere“, „mein Kleid war die Gerechtigkeit“, „mein Mantel war mein Recht“, „ich war des Blinden Auge“, „ich war des Lahmen Fuß“, „ich war wie ein Vater für sie“ und so weiter und so fort. Wetten, dass Hiob auch zum Aufsichtsrat der privaten Blindenschule gehörte und jährlich einen Scheck zugunsten einer Rehaklinik ausstellte? Immerhin wusste er ganz genau, wofür er seine Zeit und sein Geld zur Verfügung stellte. Heute ist das manchmal gar nicht so einfach, wenn man ein christliches Missions- oder Hilfswerk unterstützt.

Trotzdem finde ich es wichtig, dass Christen genau hinsehen, wem sie eine Spende zukommen lassen. Denn jeder Geldschein, der nicht in der Kasse eines unseriösen Werkes verschwindet, kann an der richtigen Stelle eine segensreiche Arbeit unterstützen. – Ich komme nun zu Vers 17. Hiob sagt von sich:

„Ich zerbrach die Kinnbacken des Ungerechten und riss ihm den Raub aus den Zähnen“ (Hiob 29,17).

Das hört sich so an, als ob Hiob manchmal auch handgreiflich geworden wäre und seinen Gegnern eins übergezogen hat. Die Regel ist es wohl aber nicht gewesen angesichts der Tatsache, dass sich Hiob zu den angesehensten Leuten der Stadt zählte. Also könnte Vers 17 auch bildlich zu verstehen sein: Hiob setzte sich für Gerechtigkeit ein und verteidigte auch das Recht der Schwächeren. – Weiter ab Vers 18:

„Ich dachte: Ich werde in meinem Nest verscheiden und meine Tage so zahlreich machen wie Sand am Meer; meine Wurzel reiche zum Wasser hin, und der Tau bleibe auf meinen Zweigen; meine Ehre bleibe immer frisch bei mir, und mein Bogen sei immer stark in meiner Hand“ (Hiob 29,18-20).

Eine wirklich schöne Ausdrucksweise: „Ich dachte: Ich werde in meinem Nest verscheiden.“ Gemeint ist: „Ich habe immer gehofft, dass ich eines Tages im Kreise meiner Familie sterben werde – nach einem langen und erfüllten Leben.“ Dass es dazu tatsächlich noch kommen könnte, scheint nun für

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Hiob so gut wie ausgeschlossen. Denn seine Familie wurde durch den Tod seiner Töchter und Söhne praktisch zerstört. Seine Frau hatte sich zumindest innerlich von ihm abgewandt (vgl. Hiob 2,9). Ein Großteil seines Besitzes wurde ihm geraubt. Und die Hoffnung auf ein langes Leben hat Hiob angesichts seiner Erkrankung sicher auch schon aufgegeben. Wehmütig denkt er zurück an die Zeit, als die Leute förmlich an seinen Lippen hingen, weil er nicht nur als ein wohlhabender, sondern auch als ein weiser Mann galt. – Weiter ab Vers 21:

„Sie hörten mir zu und schwiegen und warteten auf meinen Rat. Nach meinen Worten redete niemand mehr, und meine Rede troff auf sie nieder. Sie warteten auf mich wie auf den Regen und sperrten ihren Mund auf wie nach Spätregen“ (Hiob 29,21-23).

Wie es scheint, legten die Menschen großen Wert darauf Hiobs Rat einzuholen, bevor sie

irgendeinen Entschluss fassten. Selbst die wichtigsten Leute empfanden es nicht als Schwäche, bei ihm vorstellig zu werden und ihn um seine Meinung zu bitten. Offensichtlich hatten sich seine Ratschläge schon oft als hilfreich erwiesen. Außerdem war Hiob, als es ihm noch gut ging,

anscheinend sehr offen und unkompliziert im Umgang mit anderen Leuten. Das lässt sich aus den Versen 24 und 25 schließen. Dort sagt Hiob über sich selbst:

„Wenn ich ihnen zulachte, so fassten sie Vertrauen, und das Licht meines Angesichts tröstete die Trauernden. Wenn ich zu ihnen kommen wollte, so musste ich obenan sitzen und thronte wie ein König unter der Schar“ (Hiob 29,24-25).

Soweit die restlichen Verse von Kapitel 29. Kein Wunder also, dass sich Hiob nach den guten alten Zeiten zurücksehnt. Damals ging es ihm rundum gut. Im Kreis seiner Familie fühlte er sich geborgen.

Auch materiell fehlte es ihm an nichts. Alle Leute hatten Respekt vor ihm und verehrten ihn aufs Angenehmste. Und dennoch bekommt man irgendwie den Eindruck, als ob er in einer Traumwelt gelebt hätte, wie wir sie sonst nur aus dem Kino kennen. Und pünktlich um Mitternacht, nachdem eine große Turmuhr mit zwölf lauten dumpfen Schlägen das kommende Unheil angekündigt hat, befindet sich die Hauptperson des Filmes plötzlich wieder in der rauen Realität. Dass es dazu einmal kommen könnte, hat Hiob anscheinend schon geahnt. Denn bereits in Kapitel 3 des Hiobbuches hat er sich folgendermaßen geäußert: „Was ich gefürchtet habe, ist über mich gekommen, und wovor mir graute, hat mich getroffen. Ich hatte keinen Frieden, keine Rast, keine Ruhe, da kam schon wieder ein Ungemach!“ (Hiob 3,25-26). Die Welt, in der er sich zuvor bewegt hatte, war einfach zu schön gewesen, um wahr zu sein. Zu vieles hing von seinem materiellen Wohlstand und seinem generösen und gut gelaunten Auftreten ab. Seine Familie wiederum gab ihm die Kraft, die er

brauchte, um selbstsicher und erfahren zu wirken. Und obwohl Hiob wissen musste, wie zerbrechlich dieser ganze Rückhalt ist, wartete er ab, bis alles in sich zusammenfiel. Selbst seine drei Freunde Elifas, Bildad und Zofar konnten ihn nicht auffangen, als er schier ins Bodenlose stürzte.

Bevor er stürzte, hat er sich möglicherweise damit beruhigt, dass er fraglos über einige

Eigenschaften verfügt, die über jeden Zweifel erhaben sind. „Gerechtigkeit war mein Kleid, das ich anzog, und mein Recht war mir Mantel und Kopfbund“, das attestiert sich Hiob selbst im vorhin vorgelesenen Vers 14. Aber irgendwie scheint dies nicht zu genügen. Gerade deshalb würde ich von einem frommen Mann wie Hiob erwarten, dass er auch ein paar selbstkritische Töne von sich gibt.

Die Einsicht, dass nicht wirklich alles gut war. Und dass auch der großartige und von allen

bewunderte Hiob nichts anderes war, als ein sündhafter Mensch, der auf Gottes Gnade angewiesen ist. Aber kein Wort davon …

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HIOBS JETZIGES UNGLÜCK

Wir erreichen nun Kapitel 30 und hier berichtet Hiob darüber, wie das Unglück über sein Leben hereingebrochen ist. Man darf gespannt sein, ob er wenigstens hier über ein bisschen mehr geistlichen Tiefgang verfügt. Hiob klagt:

„Jetzt aber verlachen mich, die jünger sind als ich, deren Väter ich nicht wert geachtet hätte, sie zu meinen Hunden bei der Herde zu stellen, deren Stärke ich für nichts hielt, denen die Kraft

dahinschwand“ (Hiob 30,1-2).

Soweit die Verse 1 und 2. Erschreckend, wie herablassend Hiob über andere Menschen spricht:

„deren Väter hätte ich nicht wert geachtet, sie zu meinen Hunden bei der Herde zu stellen“. Ob sich Hiobs innere Haltung inzwischen verändert hat, ist an dieser Stelle noch nicht klar. Auf jeden Fall fühlt er sich gedemütigt durch diejenigen, die jetzt nicht mehr den Hut vor ihm ziehen. Doch schon ab Vers 3 wird nach und nach deutlich, dass Hiob ihr erbärmliches Verhalten mit beißendem Spott quittiert. Er bezeichnet sie als die, …

„… die vor Hunger und Mangel erschöpft sind, die das dürre Land abnagen, die Wüste und Einöde;

die da Melde sammeln bei den Büschen, und Ginsterwurzel ist ihre Speise“ (Hiob 30,3-4).

Die Ginsterwurzel wurde damals eigentlich als Brennmaterial verwendet. Und Melde war vermutlich ein salzig schmeckendes Kraut. – Weiter ab Vers 5:

„Aus der Menschen Mitte werden sie weggetrieben; man schreit ihnen nach wie einem Dieb; an den Hängen der Täler wohnen sie, in den Löchern der Erde und in Steinklüften; zwischen den Büschen schreien sie, und unter den Disteln sammeln sie sich – gottloses Volk und Leute ohne Namen, die man aus dem Lande weggejagt hatte. Jetzt bin ich ihr Spottlied geworden und muss ihnen zum Gerede dienen. Sie verabscheuen mich und halten sich ferne von mir und scheuen sich nicht, vor meinem Angesicht auszuspeien“ (Hiob 30,5-10).

Hiob Abneigung gegen diese Leute ist natürlich nicht unbegründet. Aber sein Schmerz wäre vielleicht nicht ganz so schlimm, wenn er die Nase früher, als es ihm gut ging, nicht ganz so hoch getragen hätte. Ich weiß nicht, ob’s Ihnen, liebe Hörer, genauso geht wie mir: Aber während ich den

Antwortreden Hiobs an seine drei Freunde noch mit Interesse gelauscht habe, fühle ich jetzt einen gewissen Überdruss: In Kapitel 29 die ganze Prahlerei, was für ein toller Kerl Hiob doch angeblich gewesen ist. Und jetzt in Kapitel 30 dieses Heischen um Mitleid und Sympathie. Wer hat schon Lust, sich darauf einzulassen? Aber es kommt noch schlimmer: Hiob versucht nun, Gott dafür zu tadeln, dass es ihm so schlecht geht.

Manche Christen tun dies übrigens auf eine recht ähnliche Art und Weise, gehen dabei aber noch ein bisschen raffinierter vor. „Früher“, so sagen sie, „früher als ich noch gesünder war, was habe ich nicht alles für den Herrn auf die Beine gestellt! Wenn ich nur daran denke, wie viel Zeit und Geld ich in die Gemeindearbeit gesteckt habe. Aber jetzt ist das leider nicht mehr möglich. Aus

gesundheitlichen Gründen und weil mir heute das Geld dazu fehlt.“ Dass es diesem Menschen gesundheitlich nicht gut geht und dass das Geld vielleicht am Monatsende immer knapp wird, will ich überhaupt nicht in Frage stellen. Aber wer sagt denn, dass es darum geht, an die alten

Aktivitäten von früher wieder anzuknüpfen? Wer immer nur bedauert, was er oder sie jetzt nicht

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mehr kann, beklagt sich damit indirekt bei Gott für die widrigen Umstände. Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, dass ich diese Sache so offen anspreche. Aber ich selbst habe mich schon bei einem längeren Krankenhausaufenthalt dabei beobachtet, wie ich Gott vorgehalten habe: „Was könnte ich nicht alles für dich und deine Gemeinde tun, wenn du mich nur endlich gesund machen würdest.“

Die durchaus vorhandene Möglichkeit, im Krankenhaus Gott zu bezeugen und andere Menschen zu trösten, die habe ich dagegen erst nach und nach für mich entdeckt. – Zurück zu Hiob. Er beklagt sich also bei Gott, dass seine wunderbare Traumwelt von früher wie eine Seifenblase zerplatzt ist. Weiter ab Vers 11:

„Er [Gott] hat mein Seil gelöst und mich gedemütigt und den Zaum weggetan, an dem er mich hielt.

Zur Rechten hat sich eine Schar gegen mich erhoben, sie haben meinen Fuß weggestoßen und haben gegen mich Wege angelegt, mich zu verderben. Sie haben meine Pfade aufgerissen, zu meinem Fall helfen sie; keiner gebietet ihnen Einhalt. Sie kommen wie durch eine breite Bresche herein, wälzen sich unter den Trümmern heran. Schrecken hat sich gegen mich gekehrt und hat verjagt wie der Wind meine Herrlichkeit, und wie eine Wolke zog mein Glück vorbei. Jetzt aber zerfließt meine Seele in mir, und Tage des Elends haben mich ergriffen. Des Nachts bohrt es in meinem Gebein, und die Schmerzen, die an mir nagen, schlafen nicht. Mit aller Gewalt wird mein Kleid entstellt, wie der Kragen meines Hemdes würgt es mich. Man hat mich in den Dreck geworfen, dass ich gleich bin dem Staub und der Asche. Ich schreie zu dir [mein Gott], aber du antwortest mir nicht; ich stehe da, aber du achtest nicht auf mich. Du hast dich mir verwandelt in einen Grausamen und streitest gegen mich mit der Stärke deiner Hand. Du hebst mich auf und lässt mich auf dem Winde dahinfahren und vergehen im Sturm. Denn ich weiß, du wirst mich zum Tod gehen lassen, zum Haus, da alle Lebendigen zusammenkommen. Aber wird man nicht die Hand ausstrecken unter Trümmern und nicht schreien in der Not? Ich weinte ja über die harte Zeit, und meine Seele grämte sich über das Elend. Ich wartete auf das Gute, und es kam das Böse; ich hoffte auf Licht, und es kam Finsternis. In mir kocht es und hört nicht auf; mich haben überfallen Tage des Elends. Ich gehe schwarz einher, doch nicht von der Sonne; ich stehe auf in der Gemeinde und schreie“ (Hiob 30,11-28).

Soweit die Verse 11 bis 28. Und ich unterbreche nur kurz, um auf den Halbsatz einzugehen: „Ich gehe schwarz einher, doch nicht von der Sonne.“ Manche Bibelausleger meinen, dass das Schwarz der Trauerkleidung gemeint ist, die Hiob trägt. Andere glauben, dass er hier (wie im übernächsten Vers) auf seine Geschwüre anspielt, die seinen Körper vom Scheitel bis zur Sohle bedecken. Hiobs Klagerufe klingen jedenfalls so erbärmlich, dass er sie im nun folgenden Vers mit dem Heulen der Schakale vergleicht. Und er fühlt sich einsam wie ein Straußenvogel, der irgendwo sein Dasein fristet. – Weiter ab Vers 29:

„Ich bin ein Bruder der Schakale geworden und ein Geselle der Strauße. Meine Haut ist schwarz geworden und löst sich ab von mir, und meine Gebeine sind verdorrt vor hitzigem Fieber. Mein Harfenspiel ist zur Klage geworden und mein Flötenspiel zum Trauerlied“ (Hiob 30,29-31).

Soweit die restlichen Verse von Kapitel 30. Ich stelle fest: Gott wird in diesem Kapitel – milde

ausgedrückt – von einer sehr unvorteilhaften Seite gezeigt. Weil Hiob jammert und klagt und sich als ein Opfer göttlicher Willkür darstellt. Aber von dem, was ich in der letzten Sendung als eine

vollkommene Hinwendung zu Gott und als Hingabe bezeichnet habe, ist Hiob noch immer

meilenweit entfernt. Mit seinen Worten versucht er sich selbst zu rechtfertigen und schiebt damit unversehens Gott die Schuld in die Schuhe. Sein Problem ist sein noch immer vorhandener Stolz.

Und dieser Stolz ist es letztendlich, der schon im Garten Eden zum Problem wurde und der bis heute Menschenherzen hart macht. Dazu noch einmal ein Zitat aus Psalm 51, auf das ich mich bereits in

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der letzten Sendung bezogen habe. Dort heißt es an Gott gerichtet: „Schlachtopfer willst du nicht, ich wollte sie dir sonst geben, und Brandopfer gefallen dir nicht. Die Opfer, die Gott gefallen, sind ein geängsteter Geist; ein geängstetes, zerschlagenes Herz wirst du, Gott, nicht verachten“ (Ps 51,18- 19).

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