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Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Besteuerung von (Online-)Automatenspielen

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Academic year: 2022

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Dr. Matthias Oldiges Rechtsanwalt

+49 (0) 211 54 095-366 matthias.oldiges@kmlz.de

Stand: 17.01.2022 I Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt.

Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden I © KMLZ

1 Hintergrund

Das virtuelle und das terrestrische Automatenspiel, bei denen die Spieler in den Spielhallen körperlich anwesend sind, werden seit dem 01.07.2021 unterschiedlich besteuert. Aufgrund des Glücksspielstaatsvertrages 2021 unterliegt das virtuelle Automatenspiel nunmehr dem Rennwett- und Lotteriegesetz. Die Spieleinsätze bilden die Bemessungsgrundlage und unterliegen der Virtuellen Automatensteuer in Höhe von 5,3%. Entsprechend sind virtuelle Automatenspiele gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG von der Umsatzsteuer befreit.

Dagegen unterliegen terrestrische Automatenspiele weiterhin der Umsatzbesteuerung in Höhe von 19%.

Bemessungsgrundlage ist der Brutto-Spielertrag, d.h. die Spieleinsätze abzüglich der ausgezahlten Gewinne (vgl. BMF- Schr. v. 05.11.2021).

2 AdV-Beschluss des FG Münster

In dem heute veröffentlichten Beschluss (Az. 5 V 2705/21 U) hat das FG Münster die Aussetzung der Vollziehung (AdV) von Umsatzsteuer für das terrestrische Automatenspiel gewährt. Das FG Münster sieht in der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung des virtuellen und des terrestrischen Automatenspiels einen Verstoß gegen den umsatzsteuerlichen Neutralitätsgrundsatz. Nach Auffassung des FG Münster bestehen Zweifel daran, dass der Gesetzgeber das virtuelle Automatenspiel umsatzsteuerlich anders behandeln durfte als das terrestrische Automatenspiel.

Denn es existiert eine Wettbewerbssituation zwischen den beiden Varianten des Automatenspiels. Die Ungleichbehandlung

01 I 2022 Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Besteuerung von

(Online-)Automatenspielen

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Stand: 17.01.2022 I Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt.

Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden I © KMLZ

kann nach Auffassung des FG nicht durch die im Gesetzgebungsverfahren erörterten unterschiedlichen ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen gerechtfertigt werden.

3 Auswirkungen auf die Praxis

Die Ausführungen des FG Münster überzeugen. In den letzten Jahren hat sich, verstärkt durch die Corona-Pandemie, gezeigt, dass die terrestrischen und die virtuellen Automatenspiele vergleichbar sind und zueinander in einem unmittelbaren Wettbewerb stehen. Denn beim virtuellen Automatenspiel werden dem Spieler die herkömmlichen Kasinoerlebnisse simuliert. Dies führt zu einer Wettbewerbssituation zwischen den beiden Varianten von Automatenspielen. Zudem hat der EuGH in der Rs. The Rank Group (C-259/10) ausgeführt, dass eine Vergleichbarkeit nicht schon deshalb ausgeschlossen werden kann, wenn nur eine Art des Glücksspiels einer nichtharmonisierten Abgabe (hier: Virtuelle Automatensteuer) unterliegt (Rz. 48).

Trotz der Vergleichbarkeit der beiden Automatenspiel-Varianten liegt eine Ungleichbehandlung aufgrund der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung vor. Zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung wurde im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens auf die unterschiedlichen ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen hingewiesen. Diese können u.E. jedoch im vorliegenden Zusammenhang keine Ungleichbehandlung rechtfertigen. Denn wie das FG Münster mit Verweis auf den EuGH in der Rs. The Rank Group zutreffend ausführt, können die unterschiedlichen rechtlichen Regelungen hinsichtlich der Aufsicht und Regulierung die umsatzsteuerrechtliche Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen.

Eine Ungleichbehandlung ergibt sich zudem aus den unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen. Die Umsatzsteuer bei terrestrischen Angeboten bemisst sich nach den Brutto-Spielerträgen und die Virtuelle Automatensteuer bemisst sich nach den Spieleinsätzen. Dies begünstigt terrestrische Angebote aufgrund der hohen Gewinnauszahlungsquoten (regelmäßig jenseits von 90%) wirtschaftlich gegenüber den virtuellen Angeboten. Dieser Gesichtspunkt und auch die unterschiedlichen Steuersätze sind jedoch aus unionsrechtlicher Sicht betreffend die Umsatzbesteuerung terrestrischer Angebote unerheblich. Denn der EuGH hat in der Rs. Fischer (C-283/95) klargestellt, dass nicht harmonisierte Abgaben (hier: Virtuelle Automatensteuer) im Rahmen des Neutralitätsprinzips nicht zu berücksichtigen sind (Rz. 29 ff.). Auf der anderen Seite begegnet die wirtschaftliche Benachteiligung virtueller Angebote vor diesem Hintergrund gleichheitsrechtlichen Bedenken.

Betreiber von terrestrischen Automatenspielen sollten darüber nachdenken, gegen ihre Umsatzsteuerbescheide jeweils Einspruch einzulegen und, mit Verweis auf das Verfahren des FG Münster, die Aussetzung der Vollziehung nach § 361 AO zu beantragen. Betreiber von virtuellen Automatenspielen können in ähnlicher Weise profitieren. Sie können gegen die Anmeldungen der Virtuellen Automatensteuer jeweils Einspruch einlegen und ebenfalls, mit Verweis auf das Verfahren des FG Münster, die Aussetzung der Vollziehung nach § 361 AO beantragen.

Zu beachten ist, dass es sich vorliegend lediglich um ein AdV-Verfahren handelt, d.h., das Finanzgericht hat die Rechtslage vorläufig in einem summarischen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beurteilt. Es ist jedoch nur eine Frage der Zeit, bis ein Finanzgericht die Rechtslage in einem Hauptsacheverfahren überprüfen wird.

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