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Mirsa ScliafFi.
Von Adolph Berg6,
«Schwerlich vermag die Literaturgeschichte irgend eines Volkes
einen anderen derartigen Fall aufzuweisen, wie ihn die Persönlich¬
keit bietet, welche zum Vorwurfe gegenwärtiger Abhandlung dient.
Von allen Poeten Irans, angefangen vou Rudeki und Firdoussi bis
zu denen der uns zunächst liegenden Zeit giebt es keinen, der so
wenig in seiuem Vaterlande bekannt gewesen und gleichzeitig eiue
solche Popularität ausserhalb desselben erworben hätte, wie Mirsa
Schafii. Welchen gebildeten Deutschen hätten nicht seine Lieder
in der herrlichen Uebersetzung von Bodenstedt entzückt, die vor
nunmehr acht Jahren schon in zwölfter Auflage erschienen? Doch
trotz der Berühmtheit Mirsa Schaffi's gelang es mir nirgend selbst
nur den flüchtigsten Abriss seiuer Lebensbeschreibung zu lesen.
Ja, mehr uoch, während meiner in den Jahren 1864 und 1867
nach Deutschland unternoramenen Reisen, boten mir die an mich
gerichteten Fragen Gelegenheit, mich zu überzeugen, dass eiuige
Männer, die daselbst dem Studium des Morgenlandes obliegen, selbst
die Existenz Mirsa Schaffi's bezweifelten. Diese Zweifel zu beben
— ist der Zweck vorliegender Abhandlung.
Dass Mirsa Schaffi in Wahrheit existirte, ist ein Faktum,
das keinem Zweifel unterliegt. Als ich mich aus den Hörsälen der
Universität in den Kaukasus begeben hatte — es war dies zu Ende
des Jahres 1851 — begegnete ieh ihm häufig auf den Strassen
von Tiflis — und wenu ich seine persönlicbe Bekanntschaft nicht
machte, so erklärt sich dies daraus, dass er schon im November
1852 dahinschied. Doch gereicht es mir zur Genugthuung, wenn
ich selbst heutigentags das Andenken Mirsa Schaffi's mit eiuigen
Zeilen zu ehren vermag, in welchen ich Einzelheiten aus seinem Leben
aufbewahre, die in allernächster Zukunft für immer hätten ent¬
schwinden können.
Die Grusien zunächst gelegene und zuerst der Botmässigkeit
Russlands unterworfene muselmanische Herrschaft Transkaukasiens
war die von Gaudshä. Sie wurde von Chanen aus dera Hause
Siad-ogly, vora Stamme der Kadshareu, verwaltet, dereu letzter
Repräsentant Dshewad-Chan war. An seinem kleineu Hofe lebte
426 Berge, Mirsa Schaffi.
ein gewisser Kerbelai-Ssadyk , der das Amt seines Baumeisters
bekleidete und sicb seiuer besonderen Gunst erfreute. Im Jabre
1804 unternahm der Fürst Zizianow, damaliger Oberbefehlshaber
im Kaukasus, in Folge des Widerstandes, den Dshewad-Chan der
russischen Herrschaft entgegensetzte, eineu Feldzug gegeu Gaudshä.
Beim Sturme dieser Festung fiel Dshewad-Chan und seine Herr¬
schaft ward dem russischen Reiche einverleibt. Mit Dshewad-Chans
Tode änderte sich die Lage von Kerbelai-Ssadyk: er verlor nicht
bloss seinen Posten, sondern aueh alle Existenzmittel. Er hatte
zwei Söhne: Abdul-Ali, der sich bei einem Steinmetzer als Gesell
befand, und Schalfi, den sein Vater zur Erlernung der arabischen
und persischen Sprache iu die Gandshasche Medressä gethan hatte.
Seine Erfolge im Erlernen der ersteren waren nicht glänzend, die
letztere aber hatte er soweit erfasst, wie solches ohne gründliche Kunde des arabischen möglich.
Kerbelai-Ssadyk beabsichtigte, als gottesfürchtiger Mann, Schaffi
zum geistlichen Staude vorzubereiten, doch war es ihm nicht he¬
schieden, seinen Wunsch in Erfüllung gehen zu sehen. Der junge
Schalfi befand sich noch in der Medressä, als sein Vater plötzlich
verschied. Zur selben Zeit kehrte aus Tawris eiu Mann von be¬
merkenswerthem Geiste und hoher Sittlichkeit, ein gewisser Hadshi-
AbduUä, naeh Gaudshä zurück. Wenu ich es auch nicht für nöthig
erachte, auf die Einzelheiten des Lebenslaufes dieser Persönlichkeit
einzugeben, finde ich es doch für nöthig, ihrer mit einigen Worten
zu erwähnen, da sie einen unverkennbaren Einfluss auf den Ge¬
dankengang ausübte, den sich Schaffi zu eigen machte und sein
Lebenlang bewahrte.
Hadshi-Abdullä war in Gandslui geboren und, da er sich dem
Handel widmete, zog er nach Tawris, wo er ein bedeutendes Ver¬
mögen erwarb. In Persien lebend, besuchte er, als hartnäckiger
uud fanatischer Schiit, die Gräber fast aller Imame und unternahm
zuguterletzt die Wallfahrt uach Mekka. Auf dem Rückwege von
dort liess er sich in Bagdad nieder. Hier lernte er eineu Derwisch,
Sseid-Ssattär mit Namen, der den ganzen Orient bereist hatte,
kenuen. Sseid-Ssattär, uur dem Namen nach Derwisch, war ein
einzeln stehender Mann, ohne Dach und Fach; besass aber eine
bedeutende Gelehrsamkeit und huldigte dabei seinen eigeuen philo¬
sophischen Ideen. Die fleckenlose Sittlichkeit dieses Mannes und
andere Vorzüge desselben, zu denen sich eine glückliche Redegabe
gesellte, fesselten Hadshi-Abdullä dermassen, dass er ihn alltäglich
zu besuchen begann und den grössten Theil seiner Mussestunden
langwährendeu Unterhaltungen mit ihm widmete. Als nuu der Tag
der Abreise Hadshi-Abdullä's anbrach, trug er dem Sseid-Ssattär
ein Geschenk an, welches jener aber ablehnte. Erstaunt über solche
Uneigennützigkeit, fragte Hadshi-Abdullä, womit er ihm denn den
Hochgenuss und die Wisseusfülle danken könne, die er aus deu
Gesprächen mit ihm davongetragen. Sseid-Ssattär antwortete, sein
Bergi, Mirsa Schaffi. 427
Lohne werde darin bestehen, wenn Hadshi-Abdullä ihm sein Ehren¬
wort geben wolle, mit seiner Denkungsart eine völlige Umwandlung
vorzunehmen und seine Ueberzeugung gänzlich sich zu eigen zu
machen.
Hadshi-Abdullä gab sein Wort und hielt es redlich. Weuige
Wochen waren seit dieser Bekanntschaft verflossen, als er, so zu
sagen, völlig umgewandelt war: sein Fanatismus schwand und er kehrte
nach Gaudshä mit einer, für damalige Zeit seltenen Bildung heim.
In Gaudshä weilend, suchte er fortwährend Gelegenheit mit den
dortigen Mullas und Aehunds Disputationen über ihre religiösen
Vorurtheile und ihren Aberglauben anzuknüpfen, wobei er all' ihre
Ungereimtheit und Abgeschmacktheit unwiderleglich nachwies. Es
unterliegt keinem Zweifel, dass Hadshi-Abdullä unter der musel¬
manischen Herrschaft solche offen dargelegte Wahrheiten schwer
gebüsst hätte, doch bei der russischeu Toleranz blieben seiu Leben
und Eigenthum ungefährdet. Wohl aber schaffte er sich viel Feinde
und Widersacher, besonders unter der Geistlichkeit.
Indessen schenkte der junge Schaffi, damals noch Schüler der
Medressä, während alles dieses vor seinen Auge vorging, seinen
Landsleuten geringe Aufmerksamkeit und liess sich, von Wisseu¬
schaft getriehen, von deu Lehren Hadshi-Abdullä's hinreissen. Hadshi-
Abdullä seinerseits begann ihm seinen Schutz angedeihen zu lassen,
in ihm den Drang nach AulMärung zu entwickeln, ihn gleichzeitig
mit Mitteln zur weitern Fortsetzung seiner Erziehung versehend.
Als aber die Mullas solche Umwandlung der Denkungsart des
jungen Schaffi gewahrten, sagten sie sich von der Fortsetzung seines
Unterrichts los und so sah er sich gezwungen, die Medressä zu
verlassen und für die weitere Ordnung seines Geschickes Sorge zu
tragen.
Zur selben Zeit traf es sicb, dass die Tochter Dshewad-Chans,
Püstä-Chanüm , sich einen Mirsa zur Verwaltung ihres Hauses
und zweier kleiner Dörfer, wie auch für ihren Briefwechsel
suchte. Püstä-Chanüm wohnte iu der Nachbarschaft von Hadshi-
Abdullä und war mit ihm wohl bekannt. Sie theilte ihm ihren
Wunsch mit und Hadshi-Abdullä zögerte nicht, Schaffi als einen
Mann zu empfehlen, auf dessen Redlichkeit sie sich völlig ver¬
lassen könne und der, ausser der Kenntniss der persischen, iu
Transkaukasien im Briefwechsel gebräuchlichen Sprache, auch eine
schöne Handschrift habe. Püstä-Chanüm ging auf den Vorschlag
ein und nahm Schaffi zu sich, der fortan Mirsa Schaffi genannt
1) Sie war mit ihrem Vetter Ali-Aga verheirathet, der nach Unterwerfung Gandshä's zu Schich-Ali, dem vormaligen Chan von Kubk und Derbend, der dazumal gegen Kussland sich aufgelehnt hatte, gefluchtet war und in einem Scharmützel gegen die Russen fiel. Seine Wittwe kehrte dann in die Heimath znrUck , wo sie von der Kegierung einen Jahrgehalt von 1080 Kübeln ausge¬
setzt erhielt.
3 B *
428 Berge., Mirsa Schafft
wurde. Doch für dieses Mal lächelte dem Mirsa Schaffi bloss
eiu kurzwährendes Glück. Im Jahre 1826 erfolgte der Bruch
zwischen Persien und Russland. Die Perser nahmen Gaudshä ein,
befestigten sich in der Stadt und hielten sich im Laufe von drei
Monaten unter der Anführung von Ugurlu-Chan, dem ältesten Sohne
vou Dshewad-Chan. Nach der Niederlage vou Schamchor aber
wurden die Perser aus Gaudshä vertrieben, wo dann Ugurlu-Chan
nach Persien flüchtete und seine Schwester Püstä-Chanüm mitnahm.
Solcherweise fand sich Mirsa Schaffi abermals in hülfloser Lage.
Unter diesen Umständen begann er täglich die Gandshäsche Moschee
zu besuchen, wo er in einer der Zellen sich mit dem Abschreiben
verschiedener muselmäniscber Bücher beschäftigte um einiges Geld
zu erwerben, das, bei der ihm von Seiten Hadshi-Abdullä's zu¬
kommenden Unterstützung., ihn vor äusserster Dürftigkeit schützte.
Doch der zum Leidwesen Mirsa Schaft'i's im Jahre 1831 erfolgte
Tod Hadshi-Abdullä's ') beraubte ihn dieser Hülfe. Auf dem Sterbe¬
bette vermachte jener ihm 400 Dukaten, doch erhielt Mirsa Schaffi
deren nur 200; die andern vermochte er von den Erben nicht ein¬
zutreiben. Dieses Geld setzte ilm in deu Stand, seine Schulden
zu bezahlen und sich mit den nothwendigsten Bedürfnissen zu ver¬
sorgen. Darauf setzte er seine gewohnte Beschäftigung in der
Moschee fort. Bald aber begann auch sie, wegen Einführung der
Lithographie in Persien, wenig nutzbringend zu werdeu und Mirsa
Schaffi fing nun an, die von der Armuth unzertrennlichen Drang¬
sale zu erdulden. So brach das Jahr 1834 an. Zu der Zeit kam
ein junger Mann aus Nucha, Mirsa Feth Ali ^) mit Namen, nach
Tiflis und trat iu den Staatsdienst. Durch enge Freundschaftsbande
mit Mirsa Schaffi, den er in Gaudshä kennen gelernt, verbunden,
begann er auf Mittel und Wege zu sinnen, um seinem Freunde
eine sorgenfreie Existenz zu verschaffen. Dank dieser Vorsorge
gelang es denn Mirsa Schaffi, wenn auch nicht so schnell, so doch
im November 1840 das Amt eines Lehrers an der Tifliser Kreis¬
schule, das bis daliin Mirsa Feth Ali selbst bekleidet, zu erlangen.
In der Folge, im November 1846, vertauschte er dasselbe gegen
das gleiche Amt iu Gaudshä, am 1. Januar 1850 aber trat er die
Stelle eines Unter-Lehrers der orientalischen Sprachen am Tifliser
adeligen Gymnasium an, das ibm mit einem Jahresgehalte von
720 Rubeln bis an sein Lebensende verblieb.
Seine letzten Lebensjahre brachte Mirsa Schaffi mit dem
Oberlehrer der orientalischeu Sprachen an eben demselben Gym-
1) Hadshi-AbduUJi liinterliess eino Wittwe und Tochter , welche letztere den Sohn von Hadshi Ali Bek von Gandsha heirathete.
2) Es ist derselbe , dessen in der Vorrede zu den von mir heraus¬
gegebenen Dichtungen Transkaukasischer Sänger des XVUI und XIX Jahr¬
hunderts, iu Adscrbeidshanischer Mundart etc., Leipzig 1868, S. XIII XIV, Erwähnung gcsiheheii.
3 0 *
Bergi, Mirsa Schafft. 429
nasium, Hrn. Grigoriew*), in stete Berülirung. Sein Tod erfolgte
durch eine Magenentzündung, die anfangs eineu günstigen Verlauf
nehmen zu wollen schien, da Mirsa Schaffi sichtlich sich zu hessern
hegann. Unglücklicher Weise aher liess er, gegeu den Rath des
ihu behandelnden Arztes, es sich beifallen, Weintrauben zu naschen,
die er durch den ihm aufwartenden Knaben holen liess. Als letz¬
terer, seinem Wunsch gemäss, ihm die Früchte gebracht, begann
Mirsa Schaffi sie mit Gier zu verzehren. Im selben Augenblicke,
als ihm bloss eine Traube übrig geblieben, trat ein ihn häufig
besuchender Freund und Verehrer, Mirsa Hassau aus Ordubäd, zu
ihm eiu, der, als er ihu Weinbeeren essen sah, sich anschickte,
ihm den Teller aus deu Händen zu nehmen. Mirsa Schaffi aber
liess letzteren sich nicht entwinden uud fragte Mirsa Hassan,
warum er sich Mühe gebe, ihn seines Genusses zu berauben.
— Da in deiner Krankheit Weinbeeren dir ein Gift sind,
antwortete Mirsa Hassan, und du deine Unvorsichtigkeit mit dem
Leben büssen könntest.
— Und wozu dient mir das Leben? erwiderte Mirsa Schaffi;
habe ich denu noch nicht genug Ungemach erfahren und Drang¬
sale erduldet? Oder willst du, dass ich noch drei, vier Jabre in
der unfläthigen Atmosphäre armenischer Buben hinbringe?
Bei diesen Worten verzehrte er noch einige Beeren. Dieses
geschah um 11 Uhr Morgens, um die Mittagszeit stellte sich bei ihm
Hitze ein, um 4 Uhr Nachmittags verlor er die Sprache, uud iu
der Nacht vom IB. auf den 17. November 1852 war er nicht mehr.
Mirsa Schaffi verschied im Alter von etwa 60 Jahren.
Dies sind alle Nacbrichten, die ich über Mirsa Schaffi zu
sammeln vermochte. Wenn Bodenstedt nicht Lieder unter seinem
Nameu herausgegeben hätte, so blieben uns bloss noch etwa einige
Worte über den Menschen in des Wortes enger Bedeutung hinzu¬
zufügen und unser Abriss seiner Biographie wäre vollständig. So
aber ist Mirsa Schaffi, Bodenstedt sei es gedankt, Poet und daher
erwähnen wir uoch seiner literarischen Thätigkeit.
Ich beginne damit, dass im ganzen muselmanischen Orient, so¬
weit die persische Rede klingt, nirgend und von Niemandem etwas
über Mirsa SchaftTs Poesie verlautet hat. Ich sage Niemand in des
Wortes weitester Bedeutung. Noch mehr — als ich mich an den
Transkaukasischen Scheich ul Isläm, Achund Mulla Ahmed ^), Mirsa
Schaffi's vertrautesten Freund, mit der Bitte wandte, einige Mullas
in Gaudshä, die mit Mirsa Schaffi zusammen erzogen worden, zur
Mittbeilung etwa von Mirsa Schaffi hinterlassener Schriften ver¬
anlassen zu wollen, antwortete er mir, er könne meiner Bitte un-
1) Kollegien-Rath Grigoriew ist gegenwärtig Lehrer der Russischen Sprache an der mir untergebenen muselmänischen Schule für Schiiten zu Tiflis.
2) Als etatmässiger Inspector obengenannter Schule mir gleichfalls sub- ordiuirt.
430 Bergi, Mirsa Schafft.
möglich nachkommeu, da er fürchten müsse, die Heiterkeit seiner
Untergebenen zu erregen, welche niemals von der dichterischen
Schöpfuugskraft Mirsa Schaffi's gehört hätten. Und er war in Wirk¬
lichkeit niemals Poet und gab sich für einen solchen niemals aus.
Wenn ich ihm jegliches poetische Talent abspreche, will ich damit
nicht sagen, dass er nicht gelegentlich einmal Verse gemacht habe ;
— nur ermangelten sie jeglicher literarischen Bedeutung, waren
bloss ein müssiger Zeitvertreib. So hat sich vön ihm folgendes
Distichon erhalten:
Wie lange noch wird jene Zauberin ihr Herz vor diesem Herzeu
angstvoll beben sehen
Und vor herzlosen Freunden ihr Herz in Ruh bewahren?
Der Scheich ul Isläm, Achund Mulla Ahmed, theilte mir folgende Gazele Mirsa Schaffi's mit:
Oj\.> aAA.*j ^^J^ f^j'iCi Jo L>j!o »tX.**«^! Jo J-.^*^ o^'^i'^jS
»Oj5' jj. y _ÄJj ^^i>j KijS» i>>.S>L.Ü jLs^ oUii) ^1 kXjAi ^!Lf,ä:>-
* . ^
oUas o|l> i^'x^ &jtA)c.;:o
jL*j^« Qjjf (J^c jlj ^Jy'^ jl ^^-»^e»
j (»l^ f^j^
j^""} jy*" u**^ j*" ^^jf-Mö.)
Jo jO _,>Är y> jl
L^l^o OjJ" j.jlyc*.«j.«. !i*5iLj' C>««'i>.^j Cji' 'j*" ljO>^4-=^ «>wjyi
1) Pseudonym des Mirsa Schafft.
Bergi, Mirsa Schafft. 431
1. In der Halle sitzend, entblösste die Sehöne ihr Antlitz von Locken,
Da leuchtete das Licht der Wahrheit aus dem Dunkel des
Zweifels hervor.
2. Die Strahlen der Schönheit des Seins zerstreuten die Finsterniss des Materialismus,
Aus dem Osten des Nichtseins ging die Sonne des Seins auf.
3. Das ins Antlitz der Freundin (schauende) Ange, der die Geliebte
umschlingende Arm (in solcher Lage) offenbart die Schön¬
heit (von Seiten der Geliebten) Gefallsucht ; die Liebe (seitens des Liebhabers) offenbart knechtisches Gebaren.
4. Ein Sitz im Empfangsaale ist unwerth jeglichen Unerfahrenen,
Darum sitze denn und wende, dem Lichte gleich, deiu Haupt
nicht ab vom Brande und Schmerzen.
5. Irdischen Wesens dich entäusserud, setze dich in den Harem
des Herzens,
Allwo du nach allen Seiteu deiueu Namas machen kannst.
6. Dem Staube Mahmuds ertönt am Tage der Vergeltung die
Stimme:
Ein vom Schwerte des Ajas Getroffener bedarf nicht des Paradieses.
7. Dem verirrten Wasich (erschallt) Glockeulaut und das Schnattern der Elster;
Der Fuss des Strebens blieb nach und das Endziel fern.
Ausserdem übersetzte Mirsa Schalfi aus dem Russischen ins
Persische das schöne Lied A. Weltmanns vom Räuberhauptmann
(Ataman) *). —
1) welches in Uebersetzung so laulet :
Wozu bewölktest du dich, freundliche Morgenröthe, Fielst auf die Erde als Thau?
Wozu verfielst du in tiefes Sinnen , schöne Junfrau mein, — Die Augen von Thränen schimmernd?
Leid ist es mir dich zu verlassen, Schwarzäugige, Doch schlug schon der Hahn mit den Flügeln;
Es ertönet sein Schrei Mitternacht ist's reich mir den
hohen Fokal,
Aufschäume schnell uns der Wein ! Zeit ist es ... . führe mein Leibross mir vor.
Halt' es fester am Zügel :
Durch den Wald ziehen mit Waaren von Kassimow ') her Die Kaufleute von Murom. ')
Sie haben für dich ein gesticktes Kamisol Einen Pelz von Fuchsfellen :
Einherschreiten wirst du, bedeckt von güldener Stickerei, Ausruhen auf Schwanenflaum.
Viel Putzwerk erstehe ich Gegen mein einzelnes Leben
Ist's meine Schuld , dass ich dich , o Schwarzäugige, Hehr liebe denn meine eigne Seele ?
1) Kassimow, Stadt an der Okä, im Gouvernement Riasan.
2) Murom, Stadt an der Ok&, im Gouv. Wladimir.
432 Bergi, Mirsa Schafft.
^j-MiyJS ^^jl_A_3 N_Ä_.i*_j' jLj
jjiAJlj' ^*•*♦^ö j j-i> ii-Ls\-X-i
1^1-*- L?' ^-^j >^ r-T^-*
jLj*»j ^jl_Ä.j — <jlo jääa«/jO
Hierauf bescln änlit sich die ganze literarische Thätigkeit Mirsa Schaffi's. Andere poetische Erzeugnisse, iu welcher orientalischen
Sprache es sein müge, existiren von ihm nicht, ebensowenig giebt
es prosaische Arbeiten desselben.
Völlig unnütz wäre es nun noch davou zu sprechen, dass der
Verfasser der herrlichen liieder, die uns zur Aufzeichnung der vor¬
liegenden Zeilen veranlassten , nicht Mirsa Schaffi, sonderu Boden¬
stedt selbst sei. Wir erlauben uns aber zu vermuthen, dass, wenn
iu ihnen ein Antheil von Mithülfe Mirsa Schaffi's vorhanden ist,
die letztere etwa darin bestehe, dass es ihm in häufigeu und lang¬
währenden Unterhaltungen mit unserem theuren Gast gelang, dem¬
selben den Schrein der Muse Persiens zu eröffnen, mit deren Geiste
Bodenstedt so erfolgreich seine westeuropäischen Landsleute bekannt
machte. Wir vermögen uns bei dieser Gelegenheit nicht des Ver¬
gnügens zu entschlagen, den hochgeehrten deutschen Dichter wegen
seines glänzenden Erfolges zu beglückwünschen und unter dem ihm
wohlbekannten kaukasischen Himmel ihm einen aufrichtigeh Gruss
zuzurufen.
Im Privatleben gelang es Mirsa Schaffi durch seine hohe
Sittenreinheit und seine seltenen Eigenschaften des Herzens die
Liebe Aller zu erwerben, die ihn kannten. Sein Grab findet sich
iu Tiflis, und ist längst bewachsen -, sein Name lebt noch im Herzen
seiner Bekannten uud Freunde und wird im Pseudonym des deutschen
Dichters bis auf die fernste Nachkommenschaft gelangen.
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Notizen und Correspondenzen.
Weileres über die Säule des Mesa.
Von Rabbiner Dr. Geigrer.")
Die einzelnen verdunkelnden Wolken, welche sich nm die im
Ganzen klare höchst werthvolle moabitische Inschrift noch gelagert
hatten, verziehen sich mehr uud mehr. Zwar widerstreben einige
Worte, wie namentlich nmp, den angestellten Erklärungsversuchen,
und manche Lücken werden unausgefüllt bleiben ; selbst die Hoff¬
nung auf die Ergänzung durch die Auffindung fehlender Bestand¬
theile dürfte für sie schwinden, wenn wir vernehmen, dass wohl
schon von längerer Zeit her Theile der Säule abgestossen waren.
Allein was seit der ersten Entdeckung und Erkläruug noch weiter
beigebracht wordeu, stellt ebenso das Verständniss des Gauzen
sicherer fest, wie es den sprachlichen Zusammenhang Moab's mit
Israel immer klarer herausstellt. Das weseutliche Verdienst zur
fortschreitenden Aufhellung, welche über das alte Denkmal verbreitet
wird, gebührt dem Manne, der uns überhaupt zuerst mit demselben
bekannt gemacht, Hrn. Ganneau. Es soll mit diesem Ausspruche
den verdienstlicheu Leistungen der um die Erklärung bemühten
Gelehrten kein Abbruch geschehen uud ebenso die Beihülfe, welche
die Mitwirkung des Hru. War reu darbietet, nicht unterschätzt
werden. Allein die in England cursirenden Abklatsche und Photo¬
graphien könuen — soweit ich sie nach Scblottmann's Zusammen¬
stellung kennen gelernt — weil sie nicht von Sachkennern unter¬
nommen worden, nur eine Stütze sein für die Gauneau'schen Ab¬
schriften und würden für sich selbst nur äusserst selten einige
Sicherheit darbieten.
Von Hrn. Ganneau nun haben wir neuere schätzbare Mitthei¬
lungen iu Briefen an den Hrn. Grafen Vogüe, welche das Juni-
Heft der Revue archeologique bringt, erhalten, deren ergiebiger Er¬
folg hier verzeichuet werdeu möge. — Die erste Hälfte des Namens
vou Mescha's Vater (auf Z. 1) stand fest als identisch mit dem
Namen der Moabitischeu Nationalgottheit «3)23; die zweite Hälfte
jedoch, für die Hr. G. an; vorgeschlagen hatte, beruhte nur auf
dem anderweitigen Vorkommen des Namens in dieser Zusammen-
1) Nachtrag. Zu pblüÜ auf Z. 4 möchte ich folgende Conjectur
empfehlen. Auf unserer Inschrift sind Schin und Mem so gestaltet, dass dieses sich von jenem nur durch einen langen Strich rechts unterscheidet. Wie leicht kann nun dieser Strich im Abklatsche ausgefallen sein ! Dann wäre "jabMÜ zu lesen und der Sinn ist einfach: Er (Khemosch) hat mich gerettet von allen Königen (welche mich angegriffen), vielleicht gerade von den drei Verbündeten.
A. G.