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Erläuternde Bemerkungen
zu den in Hue's Souvenirs d'un Voyage dans la Tartaric
vorkommenden tibetischen Wörtern und Namen.
(Vgl. Zeitschr. d. D. M. G. Hd. XXIII. S. 543 ff. Taf. II.) Von
H. A. Jäschke.
1. Th. I. S. 18 u. öfter: Dcliialiour , buchstäblich rgya-lwr,
von den Mongolen dscha-lior , im grössten Theile Tibets gya-hor,
im äussersten Osten und Westen rgya-hor gesprochen. Dass in
der Literatur unter Iwr Mongolen verstanden werden, ist ausser
Zweifel ; das tibetische Original der durch Schmidt als Bodhimör
bekannt gewordenen Geschichte Tibets hat z. 11. hör, wo die mon¬
golische Uebersetzung scharaighol gibt. In wie fern aber die andere
Benennung für Mongolen, sog, mit hör zusammenfalle oder nicht,
habe icb nicht ausmitteln können. Der Sprachgebrauch der west¬
lichen Provinzen wendet hör auf die yarkandischen Türken an;
nach Csoma sollen die nomadisirenden Tibeter so genaimt werden.
2. Th. II. S. 41. Pe-ling , buchst, pi-gling, Europa uud die
Europäer, und zwar zunächst die ersten den Tibetern bekannt ge-
wordeuen, nämlich die Engländer in Ostindien. Dem Sinne nach
bedeutet pyi-gling, gespr. tschi-ling , wofür pi-ling nur die vul¬
gäre , besonders in Westtibet herrschende Aussprache ist, wörtlich :
Ausland, fremder Welttbeil, ein Welttbeil der die tibetischen Geo¬
graphen zwar in so fern iu einige Verlegenheit setzt, als er in
ihrer von den Indern überkommenen und für unbezweifelbare Wahr¬
heit gehaltenen Erdbeschreibung keine Stelle liudet, dessen Dasein
sie aber von Jahr zu Jahr immer weniger leugnen können. Neben
diesem Worte besteht jedoch auch die Benennung pa7-ang, p erang,
oft'enbar Franke, Feringhi, welche vielleicht von Persien herge¬
kommen, vielleicht aber auch bei Gelegenheit der römisch-katholi¬
schen Mission, die in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts
in Lhasa bestand, gebräuchlich geworden sein könnte.
3. S. 90. akayt' s. no. 10.
4. S. 113. Kounbown, sku-bum, spr. ku-bum oAer kum- hum,
die 100000 Götterbilder oder göttlichen Personen. Im franz. Text
steht durch ein Versehen dix mille.
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Jäschke , erläut. Bemerkungen zu tibetischen Wörtern u. Namen. 629
5. S. 145. tchukor , c'os-Jcor, in Lhasa co-Ä;'or gesprochen,
das Religionsrad, der Gebetscylinder.
6. S. 150. charmana wird auch im Tibetischen si-amana ge¬
schrieben ; der Verfasser scheint hier eine vulgäre Erleichterung der
Aussprache zu geben, wie man solche öfters hört, z. B. mar-wa st.
mra-wa (smra-wa).
7. S. 157. 1/ak buchst. gi/ag, spr. yak.
8. S. 158. ka7--ba, buchst, ^ar-ba, s\:ir. gar-wa; karba driXckt
den Laut nicht ganz richtig aus.
9. S. 160. temou cht; de-nio, buchst, bde-mo, gut, glücklich.
Zu cht s. no. 30.
10. ebd. aka, könnte, wenn es richtig wiedergegeben ist, öst¬
licher Provincialismus für ajo, älterer Bruder, sein; vielleicht aber
auch eine andere Form oder provincielle Aussprache für aJcu,
Oheim, Vatersbruder. Dasselbe Wort kam schon S. 90 ff. in dem
Namen Akaye vor, welches dort mit vieux fr^re erklärt ist; doch
gibt keine der möglichen Schreibarten der letzten Silbe einen siche¬
ren Grund zur Bevorzugung derselben für diese Bedeutung.
11. ebd. Po-ba, buchst, bod-pa, Tibeter; bei der Transcription
der mutae verfahren die europäischen Reisenden meistens sehr in¬
consequent. Die mediae werden in Mitteltibet im Anlaute hörbar
aspirirt, die tenues ohne alle Aspiration gesprochen, d im Anlaute
fast verschluckt. Was unter Samba zu verstehen sei, ist mir un¬
klar ;,_ für Tsang-pa kann es nicht wohl stehen, da dies so gut
wie Ü ( bei Hue ; Oui) zu Bod oder Tibet im allerengsten Siune
gehört.
12. S. 163. Ooucho , buchst, sku-sogs; in Lhasa wird s im
Anlaut vor anderen Consonanten verschwiegen, so wie gs im Aus¬
laute, welches dann zugleich den vorhergehenden Vocal verlängert.
13. S. 185. Tsot-ngon-pO , soll heissen tso-ngon-ijo , buchst.
mt'^so See, sngon-po blau.
14. S. 187. Kolo; nach Aussage eines Lama's aus Mitteltibet
werden diese Räuber mgo-Iog (spr. jjo-log) „verkehrtköpfig" ge¬
nannt, wegen ibres ganz kurz geschorenen Kopfhaares.
15. S. 195. Tchanak, mongol. Ausspracbe für das gewöhn¬
liche Oyanak, buchst, rgya-nag , China (nicht bloss Peking); —
kampo , in Mitteltibet herrschend für k\in-po , buchst, mk'^an-po,
Abt, Professor.
16. S. 196. lakto, sowie S. 219 Polei-tchou kann ich nicht
erklären.
17. S. 231. Tant-La, buchst, dans-la, Pass von Dangs.
18. S. 236. mi yon, richtiger me yori, das Feuer kommt.
19. S. 238. Na-Ptchu, buchst, nag-c^u, Schwarzwasser, das
p muss entweder Schreibfehler des Erzählers oder vulgärer Pro¬
vincialismus seiu.
20. S. 242. Pam-pmi, buchst, ^p'an-po, auch ^p^an-yul, uacb
Lhasaer Aussprache p''äm-pa, p^an-yul, Land von Phan; die Ein-
630 Jäschke, erläut. Bemerkum/en zu tibetischen Wörtern u. Namen.
■wohner gelten bei den Lhasaern für Leute von schlechter, undeut¬
licher Sprache.
21. S. 251. Bouddha-La. Dies ist böchst wahrscheinlich
eine blosse Conjectur der Reisenden, nach welcher sie sich den ge¬
hörten Namen des Berges zurecht zu legen suchten. Derselbe lautet
aber Potala, ist Sanskrit, bedeutet „Bootaufnehmer", Hafen, und
ist nach einem Mythus von der gleichnamigen Stadt am Ausfluss
des Indus, jetzt Tatta, auf diesen tibetischen Ort übertragen. Der
Sanskrit-Name „Buddha" scheint den Tibetern, sogar auch den
Lama's, ziemlich unbekannt zu sein, da in Büchern, wie im Leben,
immer die tibetische Uebersetzung desselben, Sang-gye, Sang-gyas,
buchst, sans-rgyas gebraucht wird; la aber bedeutet nicht einen
Berg überhaupt, sondern nur die Stelle, wo ein Weg über einen
Gebirgszug geht, d. h. einen Pass.
22. S. 252. Nomekhan schrieb unser Lama nu-mi-han und
erklärte es für chinesisch, s. v. a. Regent, . Vicekönig. Dass es
nicht tibetisch sein kann , ist klar ; doch muss bemerkt werden,
dass jener Lama keiner anderen als seiner Muttersprache mäch¬
tig ist.
23. S. 256. pou-lou, nach Klaproth Descr. du Tubet die
ehines. Umformung des tibetischen Wortes p'rug, feines Wollen¬
zeug aus Ü.
24. S. 258. tchik-la ga-tse-re, buchst, (jctg-la ga-t'sod re,
in Lhasa gesprochen: cig-la gha-t'sö' re; geig unus, ta Postpos.
und Dativzeichen; ga-t'sod wörtlich: wie Maassf gegenwärtig in
Mitteltibet das gewöhnliche Wort für wieviel, wofür man in der
Literatur und in Westtibet tsam findet; re, eig. red, red-pa, in
Mitteltibet und Spiti sehr gebräuchliches Verbum subst., sein, sonst
yin-pa, also : wieviel ist für eins (nämlich zu bezahlen) ? Man könnte
versucht seiu , re in der gewöhnlichen Bedeutung Jeder zu nehmen,
und fast scheiut es nach dem „Combien chaque", als hätten die
beiden Lazaristen selbst dies zu sagen gemeint; jedoch entsteht
dann eine schlechte Tautologie. Die Auslassung der Copula ist
äusserst häufig: dennoch glaube icb nicht, dass eiu Tibeter jemals
ga-t'söVe im Siune von: „wieviel jedes?" frageu würde, sondern
dann könnte es wohl nur heissen: cig-la ga-tsö.
25. S. 259. tsam-ba, buchst, rtsam-pa. — tsing-kou ist mir
unbekannt.
26. S. 261. tchan soll chinesisch sein; tchS-ptch6 ist, wenn
ich nicht irre, buchst, pyed-brgyad, nach Lhasaer Ausspr. cebgyä',
vielleicht auch cebcäH, die Hälfte der acht (Blumen) , 1/2 Rupie ;
cho-kan , zo-ghah 2/3 Rup. ; beim Folgenden fehlt wahrscheinlich
etwas im Texte, denn das Richtige ist: skar-lna, spr. kar-rid,
= ';3 Rup., 3 Blumen, Ua-gan, = Vs Rup., 1 Blume.
27. S. 262. PS-boun scheint nach unserem Lama eine Cor¬
ruption von bal-popa, Nepaler; eine chinesische Endung bal-pang
ei denkbar, fügte er binzu.
Jäschke, erläut. Bemerhungen zu tibetischen Wörtern u. Namen. 631
28. S. 268. lo-pou, genauer la-pug. Rettig.
29. S. 271. a-tsa-ra nennen die Mitteltibeter scherzweise
jeden starlibärtigen Hindu oder sonstigen Fremdeu; eigentlich be¬
deutet es eine Art Dämonen oder Kobolde. Hier scheinen sie es
aus Höflichkeit auf acärya Religionslehrer zurückzuführen, oder
vielmehr den Reisenden ein Mährchen zu erzählen, zu welchem
vielleicht dieses Sanskritwort ihnen die Gelegenheit gegeben ha¬
beu kann.
30. S. 273. yah-po ze viell. Druckf. f. yak-po re s. no. 24,
es ist gut. Unser Lama führte auch an: yag-po c'i, buchst, yag-
po Syis, Provinc. f. b'yos, Imper. u. Partic. Perf. von byed-pa,
thun. Dasselbe könnte das chi in no. 9 sein, etwa = Wohl be-
koinm's ! ti- mou chu , buchst, bde-mo bzugs , nach Lhasaer Ausspr. :
de-mo iü, leben Sie wohl!
31. S. 278. Von der „Confrcrie des Kelans" schien uuser
Lama nichts zu wissen. Djachi-Loumbo, buchst, bkra-sis Ihun-po,
nach Lbasaer Aussprache: ta-si hlüm-po, wohl noch richtiger:
Segensherg. — Bandchan-remhoutchi , buchst, ban (oder pan) c'en
rin-po-c e.
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Berichtigung uud Ergänzungen,
Von Dr. Stickel.
In dem vor etlichen Monaten veröffentlichten zweiten Theile
meines Handbuchs zur morgenl. Münzkunde ist S. 72 ff. ausführlich
über eine spanisch-arabische , zweisprachige Goldmünze , eiuen so¬
genannten Wali , gehandelt , welche als ein Unicum im jenaischen
Cabinette bewahrt wird. Das Stück hat mich Jahre lang wie ein
unlösbares Räthsel, ich darf sagen, gequält. Denu die Jahrzahl,
unzweifelhaft als ^^^»^ iU— zu leseu, wenn auch uach dem Bilde
No. 40. das chronologisch ganz unmögliche näher zu liegen
scheint, ist gegen die Thatsache, dass die Araber erst im Jahre 92
in Spanien Besitz ergriffen haben, in einem Widerspruch, der sich
auf keine Weise beseitigen lässt. Ebeuso gewiss ist die Münze mit
brem muhammed. Glaubenssymbolum aber auch in Spanien geschla¬
gen. Ich wiederhole nicht, was ich Alles aufgeboten habe, um
diese ganz abnorme Erscheinung einigermassen begreiflich zu machen;
zu eiuer mich selbst völlig befriedigenden Lösung war ich damit
nicht gelangt.
Mit Rücksicht auf meine kurze Beschreibung des fraglichen
Stückes in unserer Ztschr. IX. S. 254 f. hatte mir zwar gegen Ende
des vorigeu Jahres Hr. Tiesenhausen brieflich die Ansicht ausge¬
sprochen , es möge in dem .^LslhAj'XI , wofür ich in Ermangelung
von irgend etwas Besserem auf den Stadtnamen Antiquera hinge¬
wiesen hatte, eine Abkürzung des ^j^J^Aj"?!. und das Numerale
^ijUj enthalten sein, welches der Stempelschneider fälschlich vor,
statt nach iCi** gesetzt habe. Da mir nun aber seit einer dreissig¬
jäbrigen Beschäftigung mit Orient. Numismatik viele Tausende muham.
Münzen durch die Hand gegangen sind, und ich mich nicht erinnerte,
weder eiuer Abkürzung aj^! für al-Andalus, uoch einer Vorsetzung
des Zahlworts vor 'üJm begegnet zu seiu, vermochte ich nicht,
jener Auffassung beizutreten. Inzwischen bin icb jedoch zu ihr be¬
kehrt worden durch eine vor wenigen Tagen mir zugekommene Zu¬
schrift des Hrn. Paseual de Gayangos, Professors der orient. Lit-
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