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Bodenerosion Ursachen, Auswirkungen und Vermeidungsstrategien

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Dr. Edgar Müller

Bodenerosion –

Ursachen, Auswirkungen und Vermeidungsstrategien

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„Trotz aller technischen Fortschritte, dem Flug zum Mond, der Erfindung des Computers hängt auch die zukünftige Existenz der Menschheit auf unserer fast 13.000 km dicken Erdkugel von der Unversehrtheit einer nur 30 cm dicken Krume ab, die manche als Dreck und wir als Ackerbo- den bezeichnen.“

Diese Formulierung wird einem Wissen- schaftler auf einem bodenkundlichen Kon- gress in den 80er Jahren zugeschrieben. Sie beleuchtet ebenso drastisch wie anschaulich die Rolle, die der Boden als Grundlage auch der weinbaulichen Produktion spielt.

Bei eher durchschnittlichem Tempe- raturgeschehen bleiben vom Sommer 2008 insbesondere die häufigen Starkregen- und Hagelereignisse in Erinnerung. Sie sind ein besorgniserregendes Indiz für die Richtigkeit der Prognosen der Klimawissenschaftler. Bei aller Unsicherheit hinsichtlich der zukünftig zu erwartenden Niederschlagsmengen und –verteilung ist man sich in der Einschätzung ziemlich sicher, dass die Sommerniederschlä- ge häufiger extreme Formen annehmen und dadurch verstärkt Erosionsrisiken bergen. Die in 2008 vielfach zu beobachtenden Erosions- ereignisse bieten einen Vorgeschmack dar- auf, was dies für unseren Weinbau bedeuten könnte.

Im Gegensatz zu Gebäuden, Einrich- tungen und Maschinen ist der Boden im Sinne der nutzbaren Fläche begrenzt und im Falle eines Verlustes unwiederbringlich verlo- ren und nicht erneuerbar. Insofern muss seine Nutzung von sehr viel mehr Nachhaltigkeit geprägt sein.

Erosionsprozess sind u.a. deshalb so ge- fährlich, weil die Zeiträume, in denen wir den- ken und die Zeiträume, in denen Böden sich bilden, aber auch im Sinne von Verschlech- terung degenerieren oder gar verschwinden können, sich sehr voneinander unterscheiden.

Dinge, die sehr langsam ablaufen, bleiben uns

allzu leicht verborgen. Das birgt die Gefahr, dass wir die Problematik als solches nicht er- kennen.

Hinzu kommt das Problem, dass die Langfristigkeit des Denkens und Handelns vieler Menschen die Bedürfnisse nachfol- gender Generationen oft nicht im wünschens- wertem Maß berücksichtigt. Eine „nach mir die Sintflut“ Mentalität ist im Hinblick auf eine die Erosion begünstigende Bodennutzung auch ethisch inakzeptabel. Die Zerstörung eines Bodens durch Erosion ist im Gegensatz zu anderen Produktionsfaktoren ein unwie- derbringlicher Verlust, den nachfolgende Ge- nerationen auch durch Mühe und Fleiß nicht kompensieren können.

Bodenkundliche Grundlagen:

Pro Jahr und Hektar entstehen unter mittel- europäischen Klimaverhältnissen pro Hekt- ar ca. drei bis zehn Tonnen Feinerde aus der Verwitterung von Gestein im Boden. Würde die Bodenbildung aus Gesteinen mit dem Ver- lust von Boden durch Erosion Schritt halten, müssten wir uns keine allzu großen Sorgen machen. Aber auf erosionsgefährdeten Stand- orten ist der Saldo zwischen Bodenbildung und Bodenverlust zumeist tiefrot.

Ein Boden ist eine Mischung unter- schiedlicher großer definierter Teilchen. Die Anteile der drei Feinerdefraktionen Sand, Schluff und Ton an der gesamten Feinerde entscheiden über die Bodenart. Nachfolgend eine vereinfachte Übersicht über die wichtigs- ten Bodenarten.

Leichte Böden sind überwiegend durch sandige Teilchen geprägt, bei lehmigen Stand- orten dominieren Schluffteilchen und beson- ders schwere Böden weisen sehr viel Ton auf.

Die Korngrößenzusammensetzung (Bodenart) ist für die wichtigsten bodenphysikalischen Eigenschaften von größter Bedeutung:

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• Durchlüftung

• Wasserspeichervermögen (pflanzen- verfügbares Wasser, Totwasser)

• Infiltrationsvermögen (Einsickerungsvermögen)

• Bearbeitbarkeit

• Nährstoffbindungsvermögen

• EROSIONSANFÄLLIGKEIT!

Mit zunehmendem Skelettanteil nehmen auch schwere Böden in begrenztem Maß die Eigen- schaften leichter Böden an.

Aus diesen grundlegenden bodenphysi- kalischen Zusammenhängen lassen sich wich- tige Ableitungen für die Folgen und Ursachen von Erosionsprozessen sowie mögliche Ver- meidungsstrategien ziehen.

Folgen der Erosion

Die Hohlräume zwischen den Teilchen des Feinbodens bilden das Porensystem des Bo- dens, wobei einleuchtet, dass Böden mit einem hohen Anteil grober sandiger Teilchen größere

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Poren bilden als Böden mit überwiegend sehr kleinen Teilchen, die dementsprechend auch besonders feine Poren bilden.

Der Anteil des Porenvolumens am Ge- samtbodenvolumen, vor allem aber auch die Aufteilung der Poren in Grob-, Mittel und Feinporen ist entscheidend für die Ausprä- gung des Luft- und Wasserhaushalts.

Zwischen sandigen Teilchen finden sich über- wiegend Grobporen, zwischen schluffigen Teilchen überwiegend Mittelporen. Mithin führt ein Verlust sandiger Teilchen zu einem Verlust insbesondere an Grobporenvolumen

und damit zu einer Verschlechterung der Durchlüftung und des Infiltrationsvermö- gens. Ein Verlust schluffiger Teilchen mindert insbesondere das Mittelporenvolumen und damit die Speicherfähigkeit für pflanzenver- fügbares Wasser. Die Feinporen zwischen den feinsten Tonteilchen sind zwar wertlos, aber die Tonteilchen selbst spielen eine wichtige Rolle als Bindungspartner und damit als Spei- cher für Nährstoffe.

Wie man es auch dreht und wendet, ein Ver- lust von Feinboden ist ein Verlust an Boden- fruchtbarkeit. Auch feine organische Teilchen

werden besonders leicht verfrachtet. Kurzum, das was wir an Schlick am unteren Weg, oder -wenn wir Glück haben- in den untersten flach auslaufenden paar Metern der Gassen vorfin- den, ist meist das Beste vom Besten.

Viele sind sich über die Mengen an Erde, die verloren gehen, nicht im Klaren. Insbeson- dere in Flächen, die im Wechsel dauerbegrünt und offen sind, fällt der Erdabtrag durch wie- derkehrende Erosionsprozesse ins Auge:

Ein durchaus häufig zu beobachtender flächiger Abtrag von 20 cm Boden auf ca. 40%

der Fläche bei einem Wechsel begrünt/offen entspricht einem Bodenvolumen von 800 m³ bzw. ca. 1200 t/ha. Oft sind solche Anlagen

kaum älter als 20 Jahre. Das entspräche einem Verlust von 40 m³ bzw. 60 t pro Jahr. Dort wo wir es mit schleichenden Erosionsprozessen zu tun haben, übersteigt der Bodenverlust die jährliche Bodenbildung praktisch immer.

Besonders problematisch ist die Situation in einigen Gemarkungen der Nahe, in denen im Wege von Flurbereinigungen früheres Seil- zuggelände in Direktzuggelände umgewan- delt wurde. Bewirtschaftung im Grenzhang- bereich ist mit verhängnisvollem Radschlupf verbunden. Dort gibt es Flächen, auf denen man kaum weitere 50 Jahre so weiterarbeiten kann, wie dies in den letzten 30 Jahren der Fall war, weil dann eine Bodendecke, die noch

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Weinbau zuließe, schlichtweg nicht mehr existieren würde. Wäre das über Jahrhunderte schon so gelaufen, dann gäbe es manchen die- ser Lagen längst keinen Weinbau mehr.

Der Reparaturversuch, Erdreich unten wieder aufzuladen, um es oben wieder abzu- kippen, ist ein Verzweiflungsakt, dessen Wir- kung man nicht allzu hoch einschätzen soll- te. Das erinnert eher an einen Kampf gegen Windmühlen. Das meiste, und vor allem das Beste, ist mit dem Wasser verschwunden, liegt gar nicht mehr am unteren Ende der Fläche oder im Weg, sondern färbt unsere Bäche oder die Nahe schlammig braun oder rot.

Neben den fatalen Konsequenzen für die Bodenfruchtbarkeit darf man auch die ökolo- gischen Konsequenzen der Erosion nicht au- ßer acht lassen.

Der Nährstoff Phosphor ist im Boden kaum wasserlöslich und insbesondere an Feinerdeteilchen des Oberbodens angelagert.

Mit Abschwemmung dieser Feinerde gelangt das P in Gewässer, wo es eine verhängnisvolle Wirkung ausübt. Ein sauberes Gewässer ist arm an Phosphat, was das Wachstum von Al- gen und Wasserpflanzen begrenzt. Kommt es zum P-Eintrag durch Erosionsprozesse, wird eine Massenvermehrung von Algen, die soge- nannte Algenblüte, begünstigt. Sterben diese Algen ab, kommt es zum Sauerstoffverbrauch im Gewässer und im schlimmsten Fall, wenn das Wasser auch noch warm ist, zum Mas- sensterben von Fischen. Das Phänomen der Algenblüte ist an vielen Seen und auch im Bereich von Bach- oder Flussmündungen ins Meer zu beobachten. Die starke Verringerung der P-Frachten in Abwässern im Verlauf der letzten drei Jahrzehnte lässt die Bodenerosion heute zum Hauptschuldigen für diese Eutro- phierungsprozesse werden.

Ursachen und Mechanismen der Erosion Bodenteilchen schwimmen umso leichter und weiter, je kleiner sie sind. Daraus könnte man den Schluss ziehen, dass insbesondere die Bö- den mit überwiegend sehr feinen Tonteilchen besonders erosionsgefährdet wären. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Die winzigen Tonteilchen sind aufgrund der elektrisch negativen Ladungen an der Ober- fläche in der Lage, sowohl untereinander wie

auch mit Humusteilchen größere stabile Kom- plexe zu bilden, wobei mehrwertige Kationen, speziell Ca++ und Mg++, als „Kitt“ fungieren.

Solche Böden haben zwar sehr wenig Grobporen, so dass Wasser schlecht eindrin- gen kann, aber sie sind so stabil, das in Be- wegung geratendes Wasser nur wenig Boden mitnimmt, solange die kinetische Energie des Wassers, also Strömungsgeschwindigkeit und Wassermenge, nicht zu hoch sind.

Grobsandige Böden sind ebenfalls eher weniger erosionsgefährdet. Sie haben viele Grobporen, die Wasser aufnehmen können und die Teilchen sind vergleichsweise groß, wodurch sie sich dem Abtransport widerset- zen, solange Wasser nur langsam fließt.

Am stärksten gefährdet sind feinsandige, vor allem aber schluffreiche Böden, also san- dige Lehm- und Lössstandorte. Die Schluff- teilchen sind kleiner als Sandteilchen, so dass weniger kinetische Energie notwendig ist, um sie zu bewegen, und ihnen fehlt die Fähigkeit, aufgrund elektrischer Bindungskräfte ähnlich wie die noch viel kleineren Tonteilchen, sta- bilere Aggregate zu bilden. Sie neigen beson- ders stark zur Verschlämmung. Verschläm- mung ist die Vorstufe zur Erosion.

Die Bildung stabiler Bodenkrümel be- ruht allerdings nicht nur auf elektrischen Bindungskräften. Eine Reihe weiterer physi- kalischer und chemischer Mechanismen kön- nen zum Zusammenhalt von Bodenteilchen beitragen, so dass nicht jeder aufgrund seiner Körngrößenstruktur potenziell gefährdete Standort Erosionsrisiken unterliegt. Diese Mechanismen und damit die Fähigkeit zur Bildung stabiler, der Verschlämmung wider- stehender Krümel werden durch eine hohen Anteil organischer Substanzen im Boden in Verbindung mit einer hohen biologischen und mikrobiologischen Aktivität stark begünstigt.

Von herausragender Bedeutung ist dabei insbesondere die Regenwurmaktivität. Regen- wurmgänge wirken wie eine Dränage in die Tiefe. Das allein ist Erosionsschutz. Wasser, das eindringen kann, kann nicht abfließen.

Hinzu kommt aber auch der enorm wichtige Beitrag zur sogenannten Lebendverbauung des Bodens. Regenwürmer fressen Boden und darin befindliches organisches Material auf, durchmischen das Ganze im Magen-Darm- Trakt und scheiden das ganze als sogenann-

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te Wurmlosung wieder aus. Auf diese Weise wandern pro Hektar auf einem biologisch sehr aktiven Boden mehrere hundert Tonnen Boden pro Jahr durch Regenwurmmägen und werden dabei mit organischem Material und Schleimstoffen vermischt und in stabile Krümel umgewandelt. Förderung der Regen- wurmaktivität ist daher höchst effektiver Ero- sionsschutz.

Steine mindern prinzipiell die Erosions- neigung auf jedem Boden:

• Zwischen geklüfteten Steinen finden sich immer wieder Hohlräume, die Wasser aufnehmen und ableiten kön- nen können.

• Steine sorgen für eine raue Boden- oberfläche. Oberflächenwasser, das zu Fließen beginnt, wird dadurch im- mer wieder abgebremst und um- gelenkt und die Verringerung der Fließgeschwindigkeit sorgt dann im mer wieder dafür, dass bereits schwimmendes Material sich wieder absetzen kann.

Steinige Böden sind durch ihr enormes Infilt- rationsvermögen gut vor Verschlämmung und damit auch Erosion geschützt. Hier treten die Probleme meist erst dann ein, wenn fließendes Wasser vom oberen Weg in die Gassen läuft.

Die Bildung von Oberflächenwasser innerhalb der Fläche bleibt jedoch –abgesehen von abso- luten Extremsituationen- aus. Und damit tritt dort auch die schleichende Erosion kaum auf.

Sie ist gefährlicher und von größerer Tragweite als die Erosionskatastrophe, die mit tiefen Gräben meist lokal sehr begrenzt ist und als Ausnahmeereignis zu werten ist. Der leicht mit Schlick zugedeckte Weg, auf dem ein darüber fahrender PKW nach dem Ab- trocknen große Staubwolken hinter sich her zieht, ist kein spektakulärer Anblick, aber der Anblick wiederholt sich im Laufe eines Som- mers bei vielen Flächen gleich mehrmals. Und das ist das Problem. Tiefe Gräben erschre- cken, sie sensibilisieren zumindest. Aber etwas Matsch auf der Straße, der von selbst wieder verschwindet, wenn bei trockenem Wetter wieder genügend Autos drüber gebraust sind, wer regt sich darüber schon auf.

Wenn Verschlämmung der Oberfläche der Startschuss für die Erosion ist, dann ist Schutz der Krümelstruktur einer der Schlüssel zur Lösung des Problems. Mit der Beschädi- gung der oberflächlichen Bodenstruktur geht aber noch ein anderes Problem einher - die so- genannte innere Erosion. Wenn die oberfläch- liche Krümelstruktur geschädigt ist, finden sich dort anstelle einzelner stabiler größerer Strukturen viele einzelne Körnchen, ein so- genanntes Einzelkorngefüge. Ein Körnchen, dass kleiner ist wie die Grobporen des Bodens, kann mit Wasser in diese Poren eingespült werden und in der Pore weiterwandern, bis es an eine Engstelle oder einen Knick kommt, an dem es hängen bleibt. Damit verengt es die Pore, was wiederum dazu führt, dass noch kleinere Teilchen an dem Engpass ebenfalls hängen bleiben. Im übertragenen Sinne lei- det der Boden an „Arterienverkalkung“. Die Fähigkeit zum Gasaustausch, vor allem aber das Infiltrationsvermögen verschlechtern sich durch Verringerung des Grobporenvolumens.

Und wenn das Wasser nicht mehr schnell ge- nug in die Tiefe kann, beginnt es an der Ober- fläche sich seinen Weg zu bahnen.

Das beschriebene Phänomen wird als Einlagerungsverdichtung bezeichnet. Sie hat zwar nicht die gleichen Ursachen, aber die gleichen Effekte wie die Verdichtung, an die wir eher denken - die Sackungsverdichtung durch schwere Lasten.

Jede Form von Verdichtung, egal ob Sa- ckungs- oder Einlagerungsverdichtung, führt immer zu einem Verlust an Porenvolumen – vor allem an Grobporenvolumen- und da- mit an Infiltrationsvermögen. Damit ist ne- ben der Verschlämmung eine weitere wichtige Voraussetzung für das Sammeln von Oberflä- chenwasser und damit Erosion gegeben. Geht die Verdichtung in Fahrspuren noch mit ober- flächlichem Verschmieren des Bodens einher, wird das Grobporenvolumen im Boden redu- ziert und zusätzlich die Poren an der Bodeno- berfläche versiegelt. Das ist dann gleich dop- pelt wirksam – unten zu und oben dicht.

Vermeidungsstrategien

1. Die Vermeidung von Verdichtung und Schlupf ist eine zentrale Forderung. In Anbetracht der 12

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vielfältigen Zwänge zu termingebundenen Ar- beiten, ist dies oft allerdings leichter gesagt als getan.

Dessen ungeachtet werden nicht alle Möglichkeiten genutzt, Verdichtungen zu minimieren. Nach wie vor werden Schlepper mit Verdichtung begünstigenden Bereifungs- varianten gekauft und dort, wo großvolumige Reifen vorhanden sind, werden sie oft mit zu hohen Drücken gefahren, was deren Auflage- fläche reduziert, so dass der Auflagedruck sich nicht in dem Umfang reduziert, wie dies mög- lich wäre.

Dass man bei Arbeiten, die nicht streng termingebunden sind, wie z.B. Mineraldün- gung, Laubschnitt, Düngerstreuen durchaus mal ein paar Tage warten kann, in der Hoff- nung, dass der Bodenzustand sich verbessert, versteht sich von selbst.

2. Ein zweiter Ansatzpunkt wäre die Mini- mierung des Multi-Pass-Effekts. Ein elastisch oder plastisch verformbarer Boden nimmt En- ergie auf und schützt dadurch tiefer liegende Bodenschichten. Ein bereits verdichteter und harter, nicht mehr verformbarer Oberboden reicht hingegen die Verdichtungswirkung eines darüber rollenden Rades ungemindert nach unten durch. Die gelegentliche Locke- rung von Fahrspuren oder die Abdeckung der Fahrspuren mit elastischem Material bremst damit die allmähliche Wanderung einer Ver- dichtungszone in immer tiefere Schichten, die dann irgendwann auch mit Tiefenlockerung nicht mehr erreicht werden.

3. Ebenso wichtig wie die Vermeidung von Verdichtungen, egal ob Sackungs- oder Einla- gerungsverdichtung, ist die Stabilisierung der Krümelstruktur mit dem Ziel, die Verschläm- mung zu vermeiden, die wie dargestellt, ja auch ein Quell der Einlagerungsverdichtung ist.

Stabile Krümel werden insbesonde- re durch Bodenbearbeitungsgeräte zerstört.

Allerdings ist deren zerstörerische Wirkung äußerst unterschiedlich. Bei horizontal ge- zogenen Werkzeugen brechen weniger die Krümel an sich, sondern es kommt zwischen den Krümeln zu Brüchen im Bodengefüge.

Intakte, stabile Krümel werden voneinander getrennt, aber sie selbst bleiben weitgehend

unbeschadet.

Einem von oben zuschlagenden Fräsmes- ser hält jedoch kein noch so stabiler Krümel stand. Rotierende Geräte sind prinzipiell kri- tischer zu werten als gezogene Geräte, wobei die Kreiselegge aufgrund der horizontalen Bewegung der Werkzeuge viel weniger proble- matisch ist als eine Fräse

Auch die Fräse ist kein Übel an sich. Aber sie wird um so mehr zum Übel, je häufiger sie zum Einsatz kommt und je kürzer die Bissen- länge als Resultat von Drehzahl und Fahr- geschwindigkeit ist. Ein herunter geklapptes Prallblech gibt dem Ganzen den Rest. Da wird dann Krümelstruktur manchmal pulverisiert.

Zu der in besonderer Weise krümelzer- störenden Wirkung der Fräse addiert sich die Gefahr der Sohlenbildung. Die horizon- tal gleitenden Messer wirken im Boden ver- schmierend und damit sohlenbildend. Dies wiederum beeinträchtigt, insbesondere auf tonigen Böden, die Versickerung in die Tie- fe. Der Sohlenbildung kann man weitgehend entgegenwirken, wenn eine Fräse mit etwas tiefer laufenden Scharen, also mit einem Vor- grubber kombiniert wird.

Grundsätzlich sollte aus den erwähnten Gründen der Fräseinsatz aber auf ein Mini- mum beschränkt bleiben und nur dann erfol- gen, wenn die Zielsetzung mit einem anderen Gerät nicht erledigt werden kann. Wenn für eine oberflächliche Bodenlockerung oder Be- wuchsstörung aufgrund des Zugkraftbedarfs in Hanglagen der Grubber bergauf nicht ein- gesetzt werden kann, ist eine Kreiselegge in jedem Fall sinnvoller. Prinzipiell sind jedoch gezogene Geräte vorzuziehen, solange ihr Ein- satz ohne allzu großen Schlupf möglich ist.

Dass dann in Hanglagen die Längsrillen der Werkzeuge durch eine nachlaufende Stab- walze zu brechen sind, damit anstatt erosi- onsfördernder Längsrillen erosionshemmende Querrillen entstehen, sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, ist es aber leider nicht.

4. Es liegt auf der Hand, dass eine intakte ganzflächige Dauerbegrünung das Problem auf nahezu Null reduziert, solange es dort keine offenen oder gar muldenförmigen Fahrspuren gibt. Diesem System stehen auf den meisten

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Standorten jedoch erhöhte Trockenstressri- siken im Weg. Dabei sollte man jedoch be- denken, dass durch eine Reduzierung der generativen und vegetativen Leistungsansprü- che, insbesondere durch eine Reduzierung des Anschnittniveaus, der Wasserbedarf ge- senkt werden kann. Auch eine durch kürzeren Stockabstand größere Pflanzdichte kann Was- serstressrisiken senken, da die Stockbelastung sinkt, die Durchwurzelung der Fläche aber intensiver und tiefer wird.

5. Auf das Problem der Fahrspuren und zwar auch in Begrünungen, wurde schon hingewie- sen. Dabei spielt die Bereifung des Schleppers eine wichtige Rolle. Die aggressiven Profile einer Standardbereifung ermöglichen eine recht gute kraftschlüssige Verzahnung zwi- schen Boden und Reifen und dadurch hohe Zugkraftbeiwerte. Die Verzahnung zwischen Stollen und Boden ist jedoch tödlich für die Begrünung, wenn sie mit Schlupf verbunden ist, da sie die Begrünung dann abreißt.

In steilen Hängen muss die Kraftüber- tragung durch Reibung zwischen Begrünung und Reifen ausreichen, wenn die Begrünung das ständige Überfahren überdauern soll.

Feine Stollenprofile auf Niederdruckreifen können auf Begrünungen dem Zielkonflikt zwischen hohen Zugkraftbeiwerten und Be- grünungsschonung erstaunlich gut gerecht werden.

Die Ausbildung tiefer und begrünungs- freier Fahrspuren wird verschärft, wenn in schmalen Gassen die Laubwandtraufe unmit- telbar in die Fahrspuren erfolgt. Eine Rege- neration der Begrünung in der Fahrspur wird wesentlich erleichtert, wenn die Begrünung etwas breiter ist als die Außenbreite der Be- reifung. Etwas breitere Gassen bilden dadurch günstigere Voraussetzungen für einen Erhalt der Begrünung auch in der Fahrspur.

6. Auch in breiten, mechanisch gelockerten Unterstockstreifen kann Erosion auftreten, insbesondere wenn diese Maßnahme in der

gewitterträchtigen Zeit zwischen ca. Mitte Mai und Mitte August durchgeführt wird. Die Ankurbelung der N-Mineralisation, soweit sie notwendig ist, ist ein gerechtfertigtes Ziel jeg- licher Bodenlockerungsmaßnahmen – egal ob im Unterstockbereich oder in der Gasse. Ist im Unterstockbereich jedoch die Beseitigung eines eventuell störend werdenden Bodenbe- wuchses die alleinige Zielsetzung, ist der Ein- satz eines modernen Herbizids im Sinne des Bodenschutzes sinnvoller als eine potenziell

die Erosionsgefahr steigernde Lockerung.

Den Boden an Ort und Stelle zu halten ist das oberste Ziel des Bodenschutzes. Hat ein aus prin- zipiellen Gründen resultierender Herbizidver- zicht eine Intensivierung der mechanischen Bearbeitung und damit des Erosionsrisikos zur Folge, ist der ökologische Nutzen eines Herbizidverzichts kritisch zu hinterfragen.

7. Es gibt Standorte, auf denen es zu einem zumindest teilflächigen Offenhalten des Bo- dens keine Alternative gibt. Auf den offenen 14

Regenerat

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Bodenoberflächen ist die Förderung der Krü- melstruktur und Vermeidung von Verschläm- mung eine absolute Notwendigkeit.

Faseriges und gröberes organisches Ma- terial im Oberboden vermindert Verschläm- mungstendenzen, weil das Material selbst als Wasserleiter in die Tiefe dienen kann. Es för- dert die Erhaltung einer rauen Bodenoberflä- che, in der Wasser es sehr viel schwerer hat, ins Fließen zu geraten. Im Wege von Humi- fizierungsprozessen wirken die sich bildenden Huminstoffe in großem Maße strukturstabi- lisierend.

Derartiges Material kann man von au- ßen einbringen oder vor Ort produzieren. Das Einbringen kostet Geld und Mühe, vor allem aber werden dadurch weitere Nährstoffe ein- gebracht, die je nach Versorgungssituation des Bodens und in Abhängigkeit von Menge und Beschaffenheit des Materials manchmal er- wünscht sein können, häufiger aber noch eher ein Problem darstellen, weil viele Böden vor allem mit P und K ohnehin mehr als ausrei- chend versorgt sind.

Dieses Problem besteht nicht, wenn das organische Material vor Ort produziert wird, wenn also Pflanzenbewuchs eingearbeitet wird. Das gilt sowohl für spontan auflaufenden Bewuchs, noch viel mehr aber für Winterbe- grünungen. Mit der Einsaat von Wintergetrei- de, Winterraps, Winterwicken oder einiger weiterer überwinternder Kurzzeitbegrünungs- pflanzen ergibt sich eine ganze Reihe von Vor- teilen. Je nach Wasserversorgungssituation im Frühjahr sollte der Bestand um Monatsende April, auf stressgefährdeten Standorten eher etwas früher, auf gut mit Wasser versorgten Standorten auch etwas später gemulcht wer- den und einige Wochen später, spätestens ca.

Ende Mai mit einer Fräse oberflächlich ein- gearbeitet werden. Dafür ist die Fräse dann sehr gut geeignet. Zahlreiche positive Effekte lassen sich auf diese Weise miteinander kom- binieren:

• Im Herbst bildet die Begrünung eine flache Vegetetationsdecke, die noch nicht störend hoch ist, aber noch Restnitrat aufnimmt, vor der Auswa schung schützt und im kommenden Jahr bei der Verrottung des Materials kehrt der Stickstoff in den Boden zu rück.

• Die im Herbst und Winter noch be- scheidene Vegetationsdecke bildet ei- nen zumeist hinreichenden Erosions- schutz, da Starkregen in dieser Phase ja kaum zu erwarten ist.

• Im Frühjahr erfolgt eine reichliche Bildung organischer Masse, sowohl auf wie insbesondere auch im Boden, wobei, je nach Pflanzenart, das auch dickere Wurzeln sein können. Diese Wurzeln sterben ab und werden bi- ologisch abgebaut. Zurück bleiben Sekundärporen, die eine hervorra- gende Dränage nach unten bilden.

• Über Sommer ist der Boden offen, was die Evapotranspiration (= Was- serverdunstung über die Boden- und Pflanzenoberfläche) von Wasser mi- nimiert.

• Das eingearbeitete Material wirkt als langsam fließende Stickstoffquelle.

• Im Laufe der Jahre kommt es zu einer allmählichen langsamen Humusan- reicherung und Strukturstabilisie- rung.

• Die Böden werden mikrobiologisch sehr viel aktiver. Die Ausbildung sta- biler Krümelstrukturen wird geför- dert.

• Das oberflächlich eingearbeitete Pflanzenmaterial bleibt als grobfase- rige Struktur in den Sommermona- ten noch weitgehend erhalten und verschwindet erst mit stärkerer und dauerhafter Durchfeuchtung ab Spät- sommer langsam. Daraus resultiert während des Sommers ein hervorra- gender Verschlämmungsschutz.

Dauerbegrünte Gassen im Wechsel mit Gas- sen, die über Sommer offengehalten und im Spätsommer für Winterbegrünung eingesät werden - mit diesem System kann man von extrem steinigen Standorten abgesehen, fast überall arbeiten. Es bieten sich viele Vorteile.

Ein fast perfekter Erosionsschutz ist nur einer, ohne–von den Kosten für die Aussaat abgese- hen– nennenswerte Nachteile in Kauf nehmen zu müssen.

8. Es gibt kein wasserschonenderes Boden- pflegesystem als eine Bodenabdeckung mit or-

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ganischen Materialien. Abdeckungen bieten auch einen hervorragenden Erosionsschutz.

• Die verschlämmungsfördernden di- cken Tropfen eines Starkregens wer- den von der Bodenoberfläche fernge- halten, was Verschlämmungseffekte fast vollständig unterbindet.

• Unter der Abdeckung herrscht ein äu- ßerst reges Bodenleben. Dort wird von Regenwürmern, von Asseln, Kä- fern, diversen Insektenlarven perma- nent gewühlt, durchmischt, gebud- delt und gegraben. Dies begünstigt nicht nur die Krümelbildung, son- dern sorgt ständig für neue große Se- kundärporen, in denen Wasser gut versickern kann.

• Die Belastung durch Räder wird durch eine Bodenauflage elastisch abgepuffert, was deren Verdich- tungswirkung deutlich vermindert.

Bei Abdeckungen gilt es, zwischen den Ma- terialien zu differenzieren. Die aus Strohab- deckung resultierende Brandgefahr ist be- rüchtigt. Ein blockierendes Rad auf einer zu dicken Strohauflage kann einen Schlepper zu einem unkontrollierbaren Geschoss werden lassen. Auf einer dünnen Strohauflage, die als Erosionsschutz durchaus ausreicht, passiert das jedoch kaum.

Einige Materialien, dazu zählen insbeson- dere Biokompost, Strauch- und Grünschnitt- komposte sowie Holz- und Rindenabfälle, unterliegen der Bioabfall-VO. Sie begrenzt die ausbringbaren Mengen auf 20 bzw. 30 t Trockenmasse/ha alle drei Jahre. Je nach Pro- dukt wären dies ca. 50 bis 60 t Frischmasse bzw. ca. 100 bis 140 m³. Das hört sich nach viel an, ist es aber nicht. 100 m³ auf einen ha ganzflächig und gleichmäßig verteilt, ergibt eine Auflagedicke von 1 cm, also allenfalls ein Schleier. Je nach N-Bedarf des Bodens erge-

ben sich sowohl aus den weinbaulichen Not- wendigkeiten, wie auch aus der Dünge-VO weitere Einschränkungen, so dass sogar die gemäß Bioabfall-VO zulässigen Mengen oft nicht ausgebracht werden sollten oder dürfen.

Damit wird klar, dass die früher üblichen und auch heute noch gelegentlich anzutreffenden Auflagedicken von Biokompost weit jenseits des gesetzlich zulässigen bzw. sinnvollen Rah- mens liegen.

Sehr positiv ist in diesem Zusammen- hang das geschredderte Strauch- und Grün- schnittmaterial der kommunalen Sammel- plätze zu bewerten. Eine dünne Auflage, die von Spontanbewuchs durchdrungen wird, der dann im Sommer im Bedarfsfall abgemulcht werden kann, vereint alle Forderung in fast idealer Weise:

• griffige Fahrbahn

• optimaler Erosionsschutz

• langsamer Abbau und langsame Mi- neralisierung, keine unerwünschten Stickstoffschübe

• hervorragender Verdunstungsschutz Fazit:

Weinbau ist aufgrund der überwiegend anzu- treffenden Falllinienbewirtschaftung von Hang- lagen eine erosionsgefährdete Kultur. Einfache Lösungsansätze, z.B. eine ganzflächige Dauerbe- grünung, kollidieren mit anderen Forderungen.

Insofern gilt es, Kompromisse zu finden.

Obwohl es die Patentlösung nicht gibt, ist Erosion kein schicksalhaftes Ereignis, son- dern ein in erheblichem Umfang hausgemach- tes Problem. Es gibt zahlreiche Ansatzpunkte, die zu seiner Verringerung beitragen können.

Im Hinblick auf die Forderung nach einer nachhaltigen Bewirtschaftung ist die Vermeidung von Erosionsprozessen von her- ausragender Bedeutung, der sich andere Ziele unterordnen müssen.

>  Dr. Edgar Müller | Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum | Rheinhessen–Nahe–Hunsrück | Abteilung Weinbau, Oenologie     und Weinmarkt | Rüdesheimer Straße 60-68 | 55545 Bad Kreuznach |  fon  06 71 / 8 20-317 | fax  06 71 / 8 20-300    edgar.mueller@dlr.rlp.de | www.dlr-rnh.rlp.de

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