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Entscheidungen - Verfassungsbeschwerde gerichtet auf geschlechtergerechte Sprache in Formularen unzulässig

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Aktie "Entscheidungen - Verfassungsbeschwerde gerichtet auf geschlechtergerechte Sprache in Formularen unzulässig"

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- Bevollmächtigte: …-

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2 BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 1074/18 -

In dem Verfahren über

die Verfassungsbeschwerde der Frau K…,

gegen a) das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13. März 2018 - VI ZR 143/17 -, b) das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 10. März 2017 - 1 S 4/16 -,

c) das Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken vom 12. Februar 2016 - 36 C 300/15 (12) -

hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter Masing,

Paulus, Christ

gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der

Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 26. Mai 2020 einstimmig beschlossen:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenom- men.

G r ü n d e : I.

Die Beschwerdeführerin ist Kundin einer Sparkasse, die im Geschäftsverkehr For- mulare und Vordrucke verwendet, die nur grammatisch männliche, nicht aber auch grammatisch weibliche oder geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen enthal- ten. Die Beschwerdeführerin klagte darauf, die Sparkasse zu verpflichten, ihr gegen- über Formulare und Vordrucke zu verwenden, die eine grammatisch weibliche Form vorsehen.

Das Amtsgericht wies die Klage ab; das Landgericht wies die hiergegen gerichtete Berufung zurück. Auch die Revision zum Bundesgerichtshof blieb erfolglos. § 28 Satz 1 des Saarländischen Gleichstellungsgesetzes (SLGG) sei zwar objektivrecht- lich anwendbar, begründe aber keine subjektiven Rechte der Beschwerdeführerin.

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5 Die Norm verpflichte nur die Dienststelle zum entsprechenden Sprachgebrauch, be-

günstige aber keinen abgrenzbaren Personenkreis. Einen allgemeinen Anspruch auf den Vollzug solcher öffentlich-rechtlicher Normen gebe es nicht. Entsprechend ste- he der Beschwerdeführerin der geltend gemachte Anspruch auch nicht in Verbin- dung mit § 823 Abs. 2, § 1004 BGB zu. Ebensowenig folge dieser aus § 21 Abs. 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), denn eine rechtlich relevan- te Ungleichbehandlung der Beschwerdeführerin gegen-über männlichen Kunden der Sparkasse lasse sich durch die Verwendung allein der grammatisch männlichen Form in Formularen und Vordrucken nicht entnehmen. Durch das sogenannte ge- nerische Maskulinum würden nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und Sprach- verständnis Personen jeden natürlichen Geschlechts erfasst. Dies zeige sich gerade mit Blick auf Gesetzestexte. Insbesondere das Grundgesetz selbst verwende an ver- schiedenen Stellen das generische Maskulinum. Deshalb lasse sich der Anspruch auch nicht auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) oder auf Art. 3 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 GG stützen. Insbesondere bedürfe der sich aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG ergebende Verfassungsauftrag, die tatsächliche Gleichberechtigung durchzusetzen, der Ausgestaltung durch den Gesetzgeber. Ab- weichendes ergebe sich auch nicht aus Vertrag oder aus supranationalem Recht.

Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeits- rechts sowie der gleichheitsrechtlichen Anforderungen aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 Satz 1 und aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit § 28 SLGG. Sie trägt eingehend zur Frage einer diskriminierenden Wirkung der Verwendung des generischen Maskulinums gegenüber Frauen im Kontext mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht vor, das auch umfasse, sich „nicht unter dem fal- schen Geschlecht“ bezeichnen lassen zu müssen, und macht zudem geltend, eine Verletzung in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 1 GG könne aus den Auslegungsfragen, welche das generische Maskulinum mit sich bringe, resultieren.

Aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG folge des Weiteren eine Pflicht des Gesetzgebers, eine geschlechterneutrale oder alle Geschlechter einbeziehende Sprache zu benutzen.

Diese sei durch § 28 SLGG auf einfachgesetzlicher Ebene konkretisiert. Mit der vom Bundesgerichtshof verneinten Frage, ob diese Vorschrift subjektive Rechte begrün- det, setzt sich die Beschwerdeführerin allerdings ebensowenig auseinander wie mit dem vom Bundesgerichtshof angeführten Argument, dass das Grundgesetz selbst keine geschlechtergerechte Sprache verwendet.

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, da sie den Begründungsanforderungen nicht genügt.

Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG (allgemeines Persönlichkeitsrecht) oder aus Art. 3 GG und den hier verbürgten Gleichheitsanforderungen rügt, setzt sie sich nicht mit dem vom Bundesgerichtshof angeführten Argument auseinander, dass das Grund-

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8 gesetz selbst das generische Maskulinum verwendet. Der Bundesgerichtshof hat

sich hierauf neben anderen Gründen selbständig tragend sowohl zur Verneinung eines Anspruchs aus § 21 Abs. 1 AGG als auch zur Verneinung einer Verletzung der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Grundrechte berufen. Ungeach- tet der Frage, wieweit diese Argumentation im Ergebnis trägt, hätte sich die Be- schwerdeführerin jedenfalls hiermit näher auseinandersetzen müssen. Denn wenn eine fachgerichtliche Entscheidung auf mehrere je selbständig tragende Gründe ge- stützt ist, ist es für eine zulässige Verfassungsbeschwerde erforderlich, dass sich die Verfassungsbeschwerde in einer den Anforderungen des § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügenden Weise gegen alle diese selbständig tragenden Gründe wendet (vgl. BVerfGK 14, 402 <417> m.w.N.; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 22. Januar 2020 - 2 BvR 1807/19 -, Rn. 18 f.; Hömig, in: Maunz/Schmidt- Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 92 Rn. 44 [Januar 2020] m.w.N.).

Soweit der Bundesgerichtshof seine Entscheidung darauf stützt, dass § 28 Satz 1 SLGG allein als objektives Recht Geltung beanspruche, nicht aber auch subjektive Rechte einräume, greift die Beschwerdeführerin dies gleichfalls nicht substantiiert an.

Weder rügt sie eine Verletzung der hierdurch möglicherweise berührten Garantie des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG, noch setzt sie sich sonst unter ver- fassungsrechtlichen Gesichtspunkten hiermit auseinander.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgese- hen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Masing Paulus Christ

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Bundesverfassungsgericht, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 26. Mai 2020 - 1 BvR 1074/18

Zitiervorschlag BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 26. Mai 2020 - 1 BvR 1074/18 - Rn. (1 - 8), http://www.bverfg.de/e/

rk20200526_1bvr107418.html

ECLI ECLI:DE:BVerfG:2020:rk20200526.1bvr107418

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