• Keine Ergebnisse gefunden

Arzneimittelausgaben in Bayern – Zweiter Teil: Multiple Sklerose

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Arzneimittelausgaben in Bayern – Zweiter Teil: Multiple Sklerose"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

90 Bayerisches Ärzteblatt 2/2008

KVB informiert

Arzneimittel zur Behandlung der multiplen Sklerose gehören zu den Präparaten, die in den vergangenen Jahren mit einer starken Ausgabensteigerung verbunden waren.

Diese möchten wir in dieser Ausgabe un- serer Artikelserie zu Arzneimittelausgaben näher betrachten.

In Deutschland sind rund 120 000 Patienten von multipler Sklerose als chronisch-entzünd- licher Erkrankung des Zentralnervensystems betroffen. Bei 80 Prozent der Patienten ist der Verlauf der Erkrankung zunächst schubförmig remittierend und geht danach in die chronisch progrediente Verlaufsform über. Akute Schübe werden meist mit Glukokortikoiden behandelt.

In den letzten vergangenen Jahren wurden Arz- neimittel entwickelt, die immunmodulatorisch in das Krankheitsgeschehen eingreifen: Interferon- beta-1a, Interferon-beta-1b und schließlich Gla- tirameracetat. Mit Erteilung der Zulassung für den rekombinanten humanisierten Antikörper Natalizumab steht seit 2006 eine weitere The- rapieoption zur Behandlung beim Versagen ei- ner Therapie mit Interferon-beta oder bei rasch fortschreitender schubförmig remittierend ver- laufender Erkrankung zur Verfügung.

Die Arzneimittel Natalizumab, Glatirameracetat und die Interferone-beta-1a und -1b machten im ersten Quartal 2007 mit einem Betrag von rund 22,2 Millionen Euro etwa 2,6 Prozent der Gesamtkosten für Arzneimittel in Bayern aus.

Wie bei den onkologischen Präparaten sind auch hier überdurchschnittliche Ausgabenstei- gerungen zu beobachten. In Abbildung 1 ist die Entwicklung der Krankenhaus-Diagnosen mit multipler Sklerose dargestellt. Hier zeigt sich eine relativ konstante Fallzahl über den betrachteten Zeitraum bei gleichzeitig abneh- mender Verweildauer der Patienten, vor allem nach Einführung des DRG-Systems. Eine gleich bleibende Fallzahl im Krankenhaus bei Sinken der durchschnittlichen Verweildauer verschiebt somit auch hier die Morbidität in den ambu- lanten Bereich.

Die Entwicklung der ambulanten Behandlungs- fälle und der Arzneimittelkosten für Multiple Sklerose-Präparate (Kosten der Arzneimittel Interferon-beta-1a und -beta-1b, Glatiramer- acetat und Natalizumab) in Bayern ist in Abbil- dung 2 dargestellt.

Arzneimittelausgaben in Bayern – Zweiter Teil: Multiple Sklerose

Arzneimittel

1. Quartal 2005 1. Quartal 2006 1. Quartal 2007 Menge

DDDs

Kosten je DDD (€)

Menge DDDs

Kosten je DDD (€)

Menge DDDs

Kosten je DDD (€) Interferon-beta-1a 164 275 54,44 188 965 58,33 221 657 59,05 Interferon-beta-1b 85 950 44,16 98 130 45,47 103 590 46,93 Glatirameracetat 61 040 40,19 74 340 42,39 85 624 43,50

Natalizumab – – – – 6001 77,39

Tabelle: Menge der verordneten DDDs in Bayern und Kosten je DDD für die angegebenen Arzneimittel im je- weiligen Quartal.

Abbildung 1: Anzahl der Diagnosen multiple Sklerose und durchschnitt- liche Verweildauer der Multiple- Sklerose-Patienten im Kranken- haus in Deutschland im Zeitraum 2000 bis 2005.

(Quelle: Krankenhausstatistik – Diagno- sedaten der Patientinne und Patienten in Krankenhäusern, Statistisches Bundes- amt, Zweigstelle Bonn).

Abbildung 2: Anzahl der ambu- lanten Behandlungsfälle multiple Sklerose und GKV-Arzneimittelmit- telausgaben für Multiple-Sklerose- Präparate in Bayern im jeweils

ersten Quartal 2005 bis 2007.

Abbildung 3: Entwicklung der GKV- Ausgaben für Multiple-Sklerose- Präparate Interferon-beta-1b, Interferon-beta-1a, Glatiramerace- tat und Natalizumab in Bayern über den angegebenen Zeitraum.

(2)

Bayerisches Ärzteblatt 2/2008 91

KVB informiert

der multiplen Sklerose scheinen vor allem auf die steigende Anzahl von ambulanten Be- handlungsfällen mit entsprechender Diagnose zurückzuführen zu sein. Im Hinblick auf die starken Kostensteigerungen im Bereich der Spezialpräparate erscheint unklar, inwiefern die Ärzteschaft pauschal Verantwortung für diese Steigerungen zu übernehmen hat, wenn diese überwiegend durch die Verordnung von Arzneimitteln für spezielle Indikationen und Verlagerungseffekte vom stationären in den ambulanten Bereich ausgelöst werden. Dies darf nicht dazu führen, dass Ärzte dazu ge- zwungen werden, ihren Patienten notwendige Therapien vorzuenthalten, wenn deren Einsatz entsprechend der Arzneimittelrichtlinien ge- rechtfertigt ist.

Dr. Valérie Straßmann, Franziska Hörbrand (beide KVB) Die Arzneimittelkosten nehmen parallel zu der

Anzahl der Diagnosen im ambulanten Bereich zu. Hinter dem Anstieg der Arzneimittelkosten stehen vor allem gestiegene Mengen verord- neter DDDs, wie man aus Tabelle 1 entnehmen kann.

Die Entwicklung der Arzneimittelkosten der Arzneistoffe Natalizumab, Glatirameracetat, Interferon-beta-1a und -1b findet sich in Ab- bildung 3. Bei allen Arzneimitteln zeigen sich starke Steigerungen, die mit teilweise über 20 Prozent weit über den durchschnittlichen Kos- tensteigerungen liegen.

Hier zeigt sich wie schon bei onkologischen Indikationen, dass dieser Spezialbereich mit hohen Arzneimittelkosten und ebenso mit Kostensteigerungen verbunden ist. Die Kosten- steigerung bei den Präparaten zur Behandlung

Standpunkte

Angewandte Medizin hat mindestens zwei Seiten: die ärztliche und die pati- entliche. Die ärztliche ist uns bestens geläufig. Heilung, Besserung, Beglei- tung, Linderung, Beratung nach Leit- linien, Konsens-Papieren, EbM, Algo- rithmen, kassenärztlichen Hürden und der Berufsordnung.

Ärzte sind wie Eltern: sie wollen immer nur das Beste für ihre Schützlinge. Die Patientenseite ist uns weniger geläufig, auch wenn wir an der compliance oder concordance herummäkeln.

Patienten sind wie Kinder: sie wollen selber entscheiden, was für sie das Beste ist. Wird ein Arzt Patient, ist der Konflikt vorprogrammiert. So ein Un- patient, innen Arzt und außen Patient, bringt sich und den behandelnden Arzt in weitere Konflikte. Für einen Arzt ist nichts so schwer wie die Rolle eines Patienten. Für einen Arzt ist es schwer, einen Arzt als Patienten betreuen zu müssen.

Das nächste Problem kündigt sich an:

ein junger Arzt denkt manchmal anders als ein älterer. Wenn jetzt ein älterer Unpatient auf einen jüngeren Arzt trifft, kann es zu Inkompatibilitäten kommen.

Während nämlich für den jüngeren Arzt die Heilung akuter Krankheiten attrak- tiver ist, erwartet der ältere Unpatient Beistand bei chronischen, unheilbaren Krankheiten. Fällt hier ein prinzipielles Problem auf? Junge Menschen rech- nen eher mit akuten Krankheiten, ältere eher mit chronischen.

Zurück zum Arzt. Dient die Heilung aku- ter Krankheiten dem Selbstbewusstsein des Arztes besser als das Eingeständ- nis, nicht heilen zu können? Bedeutet Heilen mehr als Helfen?

Sicher ist es für den Arzt, der einen Kollegen behandeln muss, schwer, kol- legial mit einem Patienten umzugehen.

Also: Patient bleibt Patient.

Meint Ihr

MediKuss

Zeichnung: Reinhold Löffler, Dinkelsbühl.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Hier konnte gezeigt werden, daß IFN- b 1a den Zeitpunkt bis zur anhaltenden Verschlechterung von neurologischen Symptomen deut- lich verzögert, und nach zwei Jahren fanden sich in

Bei onkologischen Prä- paraten und bei Arzneimitteln zur Behandlung der multiplen Sklerose lässt sich eine starke Ausgabensteigerung beobachten: Die onkolo- gischen

Abbildung 4: Gesamtverordnungen nach definierten Tagesdosen für ausgewählte antivirale Präparate bei GKV-Versicherten in Bayern

Dies reicht bei weitem nicht aus, um die Pendler aus dem Berner Jura, aus Biel und aus Bern, die täglich in überfüllten Zügen zwischen Biel und Bern oder zwischen Freiburg und Bern

Glatirameracetat und die Interferone können darüber hinaus auch bereits bei einem CIS eingesetzt werden, wenn ein hohes Risiko besteht, dass sich daraus eine MS entwickelt.

Das ist beispielsweise bei den MS-Pipeline-Wirkstoff en Rituximab (verfehlte bei int- rathekaler – also direkter Gabe ins Nervenwasser – jedoch seine Wirksamkeit gegen

In Studien konnte nachgewiesen werden, dass die Funktion von Ent- zündungszellen so beeinflusst wird, dass diese weniger aktiv gegen körpereigenes Gewebe vorgehen und auch der

Unbehandelt kommt es bei etwa 50 Prozent der Betroffenen nach durchschnittlich zehn Jahren zu einer sekundären Pro- gredienz, das heißt es kommt zu einer kontinierlichen Zu-