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ARBEIT AM KRANKEN. Gesundheitlich eingeschränkte Erwerbslose im Schweizer Sozialstaat

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Academic year: 2022

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Arbeit am ‹ Arbeitslosen › Arbeit am ‹ Kranken›

doppelte Aktivierung

7. Berliner Methodentreffen

15. / 16. Juli 2011, FU Berlin.

Martina Koch martina.koch@fhnw.ch

Hochschule für Soziale Arbeit, Fachhochschule Nordwestschweiz

FORSCHUNGSKONTEXT

Mein Dissertationsprojekt untersucht, wie die Sozialversicherungen mit Krank- heitsfällen umgehen. Zunehmend ist das System der sozialen Sicherung näm- lich mit Klient_innen konfrontiert, die eine «komplexe Mehrfachproblematik»

aufweisen. Das hängt mit einer Verengung der «Handicapologie» (Castel 2000) zusammen. Immer mehr Menschen gelten als arbeitsfähig, auch solche mit ge- sundheitlichen und/oder sozialen Einschränkungen. Sie stehen in der Schweiz im Fokus der so genannten Interinstitutionellen Zusammenarbeit und sollen nach Möglichkeit beruflich integriert werden.

THEORETISCHER RAHMEN

In sozialkonstruktivistischer Perspektive werden Gesundheit und Krankheit als Konzepte verstanden, die in interaktiven und institutionellen Praktiken (re-)pro- duziert werden.

Vor allem im Anschluss an Foucaultsche Gouvernementalitätsstudien wurde auf Responsibilisierung und Aktivierung von Patient_innen und (noch) Gesunden hin- gewiesen: Gesundheitsfördernde Strategien – oftmals in Form von Verhaltensprä- vention – nehmen die Individuen in die Pflicht, selbst einen Beitrag zum Erhalt oder zur Wiedererlangung ihrer Gesundheit zu leisten. Gesundheit wird zuneh- mend zu einer Frage des Willens (vgl. Greco 1993; 1998).

DESIGN & METHODE

Diese Promotion entsteht im Rahmen des SNF-Projektes «Working the interstices.

Inter-institutional cooperation in the Swiss welfare and social insurance system»

(Projekt 100012-117783, geleitet von Prof. Eva Nadai, Laufzeit: Februar 2008 bis Juli 2010). Untersucht wurden in dieser «multi-sited» Ethnographie unterschied- liche Modelle der Interinstitutionellen Zusammenarbeit in der Schweiz, v.a. zwi- schen Arbeitslosen-, Invalidenversicherung und Sozialhilfe (vgl. Nadai/Canonica/

Koch 2010). Daten wurden erhoben durch:

≥ Begleitung von 14 Klient_innen während mehreren Monaten; teilnehmende Beobachtung bei Beratungsgesprächen & Teamsitzungen

≥ Interviews mit 13 dieser Klient_innen sowie mit ihren Berater_innen

≥ Interviews mit 16 Mitarbeitenden involvierter Institutionen

≥ Dokumentensammlung (Fallakten, Konzepte, Berichte etc.)

Für meine eigene Studie werte ich primär Textstellen und Dokumente aus, die einen Bezug zum Thema Gesundheit/ Krankheit oder Arbeits(un)fähigkeit auf- weisen. Ausgewertet werden diese Daten mit der Methode der Grounded Theory (Strauss/Corbin 1996; Strübing 2004).

ERSTE ERGEBNISSE & AUSBLICK

Erste Auswertungen zeigen, dass Klient_Innen von Berater_Innen eine Eigenver- antwortung für ihre gesundheitlichen Einschränkungen zugeschrieben werden.

Einem depressiven Klienten wurde beispielsweise gesagt, dass es in seinem Kopf

"klick machen" müsse, damit er wieder arbeitsfähig und in den ersten Arbeits- markt integrierbar würde. Es scheint also eine Art «doppelte Aktivierung» – des arbeitslosen und des gesundheitlich eingeschränkten Subjekts – stattzufinden.

Daneben finden sich aber auch Ausschlussprozesse qua gesundheitlicher Ein- schränkungen: Wer im untersuchten Feld als arbeitsunfähig oder nicht vermittel- bar gilt, dessen Fall kommt auch nicht in die Interinstitutionelle Zusammenarbeit.

Denn diese steht i.d.R. im Zusammenhang mit beruflicher Integration.

Diesen beiden Prozessen möchte ich bei der weiteren Auswertung auf den Grund gehen. Ebenso sollen die subjektiven Krankheitskonzepte von Klient_innen und Berater_innen rekonstruiert werden.

komplexe Mehrfachproblematik

Arbeits(un)fähigkeit

Ist sie beschäftigungsfähig ?

Empfindet sie diese Arbeit als angemessen?

Ist sie körperlich & psychisch in der Lage zu arbeiten?

Fühlt sie sich arbeitsfähig?

Will sie arbeiten?

Ist sie vermittelbar?

Welche Arbeit hat sie bisher gemacht?

ARBEIT AM KRANKEN.

Gesundheitlich eingeschränkte Erwerbslose im Schweizer Sozialstaat

LITERATUR

Castel, R. (2000): Die Metamorphose der sozialen Frage. Eine Chronik der Lohnarbeit. Konstanz.

Greco, M. (1993): Psychosomatic Subjects and the «Duty to Be Well»: Personal Agency Within Medical Rationality.

Economy & Society 22 (3). 357-372.

Greco, M. (1998): Illness as a work of thought. A Foucauldian perspective on psychosomatics, London/New York.

Nadai, E., Canonica, A. & Koch, M. (2010) Interinstitutionelle Zusammenarbeit (IIZ) im System der sozialen Sicherung. Olten.

Strauss, A. & J. Corbin (1996): Grundlagen Qualitativer Sozialforschung. Weinheim.

Strübing, J. (2004): Grounded theory. Zur sozialtheoretischen und epistemologischen Fundierung des Verfahrens der empirisch begründeten Theoriebildung. Wiesbaden.

Vogel, B. (2009): Wohlfahrtsstaatliche Daseinsvorsorge und soziale Ungleichheit. In: C. Neu (Hrsg.):

Daseinsvorsorge. Eine gesellschaftswissenschaftliche Annäherung. Wiesbaden. 67-79.

Schulden

Depression

chronische Schmerzen

Arbeitslosigkeit Scheidung

Sucht Wohnsituation

«Handicapologie bedeutet: Wer verdient für welchen Tatbestand welche finanzielle und normative Aufmerksam- keit? Wessen Handicaps werden als berechtigt anerkannt? Welche Handicaps erweisen sich als interventionstaug- lich, als ausgleichsbedürftig oder vielleicht auch als zumutbar?» (Vogel 2009, 70)

FORSCHUNGSFRAGEN

In Beratungsgesprächen und institutionellen Settings werden Krankheitskon- zepte zwischen Klient_innen und Sozialberater_innen ausgehandelt und Fälle produziert.

≥ Wie werden Gesundheit und Arbeits(un)fähigkeit von den beteiligten Akteuren konstruiert und zueinander in Beziehung gesetzt?

≥ Welche gesundheitlichen Einschränkungen berechtigen zur Inanspruch- nahme sozialstaatlicher Hilfe? Welche gelten als zumutbar?

≥ Wie wird ‹regiert› und ‹aktiviert› qua gesundheitlicher Einschränkungen?

Referenzen

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