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Der Erste Weltkrieg und die Niederlande

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Wilhelm Deist Hans Delbrück.

Militärhistoriker und Publizist1

In einem relativ kurzen Nachruf auf den 1929 verstorbenen Hans Delbrück stellte Friedrich Meinecke in der Historischen Zeitschrift2 fest, daß mit Delbrück »der Letzte aus der erlesenen Schar der politischen Historiker« — von Dahlmann bis Treitschke — die Bühne verlassen habe, er habe die »nationalpolitische Publizistik mit wissenschaftlicher, aber immer auf das Leben abgestellter Forschung« ver- bunden und in dieser Funktion immer als »Sauerteig« gewirkt.

Meinecke bezieht sich dabei auf Delbrücks jahrzehntelange Herausgeberschaft der Preußischen Jahrbücher und die von ihm verfaßten monatlichen »Politischen Korrespondenzen«. Er ist auf diese Weise zu einem der interessantesten Kom- mentatoren und Kritiker der wilhelminischen Epoche geworden, der zutiefst in diesem Herrschaftssystem verwurzelt war und dessen gelegentliche Bemerkung ge- genüber der Kronprinzessin Victoria3, er sei eigentlich ein »konservativer Sozial- demokrat«, diese Verankerung bei aller Aufgeschlossenheit gegenüber Reformen sehr schön zu Ausdruck bringt.

Delbrück war ein äußerst produktiver Historiker und Publizist, und es wäre sicher ein hoffnungsloses Unternehmen, wollte ich versuchen, ein umfassendes Bild dieser faszinierenden Persönlichkeit zu entwerfen. Ich möchte gleich zu Beginn auf das hervorragende und schöne Buch von Arden Bucholz »Hans Delbrück and the German Military Establishment«4 verweisen, dem das zusätzliche Verdienst zukommt, in einem bibliographischen Essay auf den ganz ungewöhnlichen Reich- tum und Umfang des Nachlasses — allein weit über 25 000 Briefe — aufmerksam gemacht zu haben5. Die Papiere sind leider immer noch nicht zusammengeführt und warten daher in Berlin und in Koblenz auf ihre weitere Auswertung. Angesichts dieses ganz außergewöhnlichen Lebenswerkes wird es mir nur möglich sein, auf einige wenige Aspekte hinzuweisen.

Ich beginne mit einem Exkurs über die Reaktion dieses politischen Historikers, der die Entwicklung des Kaiserreiches von Anfang an mit kritischer Sympathie begleitet hatte, auf den Zusammenbruch eben dieses Kaiserreiches im Okto- ber/November 1918. Auch hierüber geben uns die Politischen Korrespondenzen der Preußischen Jahrbücher einige Auskünfte. Unter dem Eindruck der sich über- stürzenden Ereignisse vermitteln sie uns tiefe Einblicke in die Empfindungen, die das Geschehen bei Delbrück auslösten, und in die ihn leitenden politischen Über- zeugungen, die er durch den Zusammenbruch in Frage gestellt sah. Erst nach die-

1 Leicht überarbeitete Fassung eines Vortrages aus Anlaß des 150. Geburtstages von Hans Delbrück an der Universität Potsdam im November 1998.

2 Vgl. HZ, 140 (1929), S. 702-704.

3 Vgl. die Würdigung Delbrücks von Johannes Ziekursch im Deutschen Biographischen Jahrbuch, 11 (1929), Stuttgart 1932, S. 89-95.

4 Arden Bucholz, Hans Delbrück and The German Military Establishment: War Images in Conflict, Iowa City 1985.

Militärgeschichtliche Mitteilungen 57 (1998), S. 371-383 © Militärgeschichtliches Forschungsamt, Potsdam

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sem Exkurs möchte ich auf den Historiker und auf den Publizisten Delbrück näher eingehen.

Noch in der Oktober-Korrespondenz, datiert von 26. dieses Monats, war er nicht ohne Hoffnung6:

»Wir sind zurückgedrängt, aber nicht geschlagen. Wir können noch lange fech- ten und das ganze Volk ist einmütig, einen Schmachfrieden nicht dulden [...]

Halten wir in dieser Weise durch, halten wir im Verteidigungsgedanken die in- nere Einheit aufrecht, so wird endlich auch ein besserer Morgen tagen und wird ein Friede erblühen, in dem das deutsche Volk seine Wunden ausheilen, und mo- ralisch geläutert und von häßlichen Charakterverbildungen gereinigt, einer ge- segneten, arbeitsfrohen Zukunft entgegengeht.«

Es mag sein, daß Delbrück sich hoffnungsvoller gab als er selbst es war. Wir wis- sen heute um das Illusionäre einer solchen Vorstellung zu diesem Zeitpunkt, doch wir müssen zur Kenntnis nehmen, daß derartige Erwartungen nicht nur von Del- brück in der Öffentlichkeit vertreten wurden. Im übrigen kommentierte er die ge- rade bekannt gewordene Verabschiedung Ludendorffs mit Worten, in denen sei- ne spätere scharfe Kritik bereits anklingt. Er bezeichnete ihn als großen Organisa- tor, als glänzenden Taktiker, als einen »Mann von Ideen und von gewaltigem Wil- len«, aber ihm fehle »die Vereinigung des Strategischen mit dem Politischen«, und er meinte, schärfer formuliert, »nicht, daß er sich um die Politik kümmerte, sondern daß er sie geistig nicht beherrschte und sich dennoch einmischte, war das Ver- hängnisvolle«7.

Nur zwei Wochen später waren mit dem 9. November alle Hoffnungen zersto- ben, und in dieser Situation feierte Hans Delbrück am 11. November, dem Tage der Unterzeichnung des Waffenstillstandes im Walde von Compiègne, seinen 70. Ge- burtstag im Kreise seiner Kollegen und Schüler. Monarchie und Armee, Eckpfei- ler des Reiches, dem sein waches politisches Interesse seit Jahrzehnten gegolten hatte, waren zerbrochen. Und er berichtet, daß der »düstere Schatten der Ereig- nisse draußen« auf der Geburtstagsgesellschaft gelastet habe. In seiner Dankesre- de8 erinnerte der 70jährige an den britischen Historiker George Grote, der — un- zufrieden mit der politischen Entwicklung seines Landes — glaubte feststellen zu müssen, er habe seinen Glauben überlebt. Und er fuhr fort: »Erst heute empfinde ich die ganze ungeheure Tragik dieses Ausspruchs. Sollte ich ihn wirklich in die- sen Tagen, wo ich mein 70. Lebensjahr vollende, auch auf mich anwenden müs- sen?« Zwar forderte er die Freunde und wohl auch sich selbst auf, nicht zu ver- zweifeln und auf die Schöpferkraft des Volkes zu vertrauen, aber der Glaube an das machtvolle Reich der Hohenzollern hatte sein Fundament verloren. Und in der November-Korrespondenz, datiert vom 23. November9, steht die Klage, die kaum verhüllte Verzweiflung am Beginn der gewohnt umfangreichen Ausführungen:

»Unsere Hoffnung hat uns getrogen, unser Stolz ist gebrochen. Ich habe mir eingebildet, klarer und weiter gesehen zu haben als Andere, indem ich bei al- lem Vertrauen in unsere Kriegskraft immer wieder zu politischer Mäßigung riet [...] So viel ist gewiß, daß ich die innere Zersetzung unserer Kraft, die Er-

5 Ebd., S. 175-184.

6 Vgl. Preußische Jahrbücher, 174 (1918), S. 281-298, hier S. 297.

7 Ebd.

8 Preußische Jahrbücher, 174 (1918), S. 442-445.

9 Ebd., S. 425-442.

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schütterung unserer einst so festen politischen Struktur nur zu sehr unterschätzt habe10

Und dieses persönliche Bekenntnis geht einher mit einer Forderung, die er als sei- ne Aufgabe auch unter den veränderten Verhältnissen empfand. »Ich will alle Ge- fühle des Schmerzes, der Scham und der Verzweiflung unterdrücken, um zu einer klaren Einsicht zu gelangen, wie diese Ereignisse möglich geworden sind11.« An diese Direktive hat er sich bis zu seinem Tode gehalten. Schon im November 1918 kam er dabei zu ausgesprochen realistischen Einschätzungen. So stellte er nüchtern fest: »Der Feldzug und der Krieg ist verloren gegangen, nicht weil die Stimmung zusammengesunken war, sondern die Stimmung versagte, als die Truppe zu fühlen begann, daß sie den Krieg nicht mehr gewinnen könne12.« Und er zog die Konse- quenzen aus den Ereignissen:

»Der Kaiser, das Offizierkorps, die bürgerlichen Parteien müssen die Folgen ih- rer unseligen Handlungsweise tragen. Wir werden jetzt regiert von den Sozi- aldemokraten, weil sie mit ihren Anschauungen recht behalten haben, und die Sozialdemokraten, da sie einmal zur Herrschaft gelangt sind, realisieren, was ihnen immer als Ideal vorgeschwebt hat, die Republik. Es ist nicht Charakter- losigkeit, die sich unterwirft, die neue Regierung anerkennt und unterstützt, sondern der Zwang einer historischen Notwendigkeit, die Liebe zum Vater- lande13

Aber diese Nüchternheit verband sich auch immer wieder mit einer dem Verlore- nen nachtrauernden Skepsis dem Neuen gegenüber. So schrieb er zum Schluß der Korrespondenz14: »Wer nicht verzweifeln will, dem bleibt nichts übrig, als sich ei- nen solchen Glauben [an die Chance der Neuordnung] aufzubauen. Aber warum verschweigen, daß dieser Glaube heute noch im Schatten dunkler Ahnungen steht?«

Diese ausführlichen Zitate seiner Äußerungen aus den Tagen des katastrophalen Zusammenbruchs vermitteln, wie ich hoffe, ein Bild seiner Persönlichkeit. Sie wird charakterisiert in erster Linie durch einen alle Emotionen verdrängenden Willen zur Erkenntnis der historischen und der ihn umgebenden Realität. Daraus erwuchs ihm der offenbar ganz selbstverständliche Mut zu höchst unkonventionellen The- sen und Überlegungen. Eine bemerkenswert eigenständige Persönlichkeit, der auch ein selbstkritisches Verhalten nicht fremd war. Der 70jährige blickte auf ein Leben zurück, das seit Beginn der beruflichen Karriere von Kontroversen geprägt worden war, und die Souveränität, mit der er diese öffentlich ausgetragenen Kontroversen durchfocht, blieb bis zu seinem Lebensende ein Wesenszug dieser faszinierenden Persönlichkeit.

Wie allgemein bekannt, brachte eine seiner Thesen Delbrück in einen über Jahr- zehnte sich hinziehenden Konflikt mit den im militärischen Establishment des Kai- serreiches vorherrschenden Geschichtsauffassungen. Er hatte sich nach der Teil- nahme am deutsch-französischen Krieg 1870/71 immer mehr der Geschichtswis- senschaft zugewandt und wurde 1873 mit einer Arbeit »Über die Glaubwürdig- keit Lamberts von Hersfeld«, einem Chronisten des 11. Jahrhunderts, bei Heinrich von Sybel promoviert. Die Wendimg zur Militärgeschichte vollzog sich nach sei-

10 Ebd., S. 425.

11 Ebd., S. 430.

12 Ebd., S. 428 f.

13 Ebd., S. 435.

14 Ebd., S. 441.

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nen eigenen Angaben15 im folgenden Jahr, als er während einer Reserve-Übung die Rüstowsche »Geschichte der Infanterie« in die Hand bekam. Noch im selben Jahre 1874 wurde er mit Hilfe einflußreicher familiärer Beziehungen Erzieher des jüngsten Sohnes Waldemar des Kronprinzen Friedrich. In dieser militärisch ge- prägten Umgebung konnten sich seine militärgeschichtlichen Interessen weiter- entwickeln. Auch erhielt er in diesen Jahren die Chance, die von Georg Heinrich Pertz begonnene und bereits in drei Bänden vorliegende Biographie Gneisenaus zu vollenden. Ein erster Versuch, durch Protektion des Kronprinzen ein unbezahltes Extraordinariat an der Berliner Universität zu erhalten, scheiterte. Die von der Phi- losophischen Fakultät eingesetzte Kommission, der u.a. auch Heinrich von Treitsch- ke und Theodor Mommsen angehörten, sah keinen »zwingenden Grund« zu ei- ner derart »ungewöhnlichen Auszeichnung«16. So nutzte er seine Gneisenau-For- schungen und habilitierte sich im Jahre 1881 für allgemeine Geschichte.

Damit war aber eine akademische Laufbahn in keiner Weise gesichert. Die Fa- kultät konnte sich nur schwer mit den Gegenständen der Vorlesungen des Privat- dozenten anfreunden. Er las sogleich über den Krieg 1866, dann über die Geschichte der Kriegsverfassungen und der Kriegskunst seit der Einführung des Lehnswesen und schließlich im Sommer 1883 über die Allgemeine Geschichte der Kriegsver- fassungen und Kriegskunst von den Perserkriegen bis auf die Gegenwart17. Das waren ganz ungewöhnliche Vorlesungsthemen an einer deutschen Universität, und mit der Fakultät war der Altmeister der Geschichtswissenschaft, Leopold von Ranke, der Meinung, daß »das Kriegswesen nicht auf die Universität gehöre«18. Dazu kam, daß Delbrück sich auch politisch betätigte, als Abgeordneter der Frei- konservativen Partei zunächst im preußischen Landtag (1882/83), dann im Reichs- tag (1884-1890). Das alles waren keine Empfehlungen für eine akademische Kar- riere, auch wenn Delbrück ab 1883 zusammen mit Heinrich von Treitschke als Her- ausgeber der Preußischen Jahrbücher fungierte. Die Konsequenz war, daß ihm erst im Jahre 1895 — 14 Jahre nach seiner Habilitation — ein Ordinariat angetragen wurde. Ein Jahr später wurde er dann nach dem Tode Treitschkes auf dessen Lehr-

15 Vgl. hierzu und zum folgenden die Vorrede zur ersten Auflage — datiert vom 4.6.1900

— der »Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte«, publiziert auch in der 2., neu durchgearb. und vervollst. Aufl. (der beiden ersten Bände), Berlin 1908, S. XI f.

16 Vgl. Sven Lange, Hans Delbrück und der >Strategiestreit<. Kriegführung und Kriegsge- schichte in der Kontroverse 1879-1914, Freiburg 1995 (= Einzelschriften zur Militärge- schichte, 40), S. 33, Anm. 54; vgl. auch Hans Schleier, Treitschke, Delbrück und die Preußi- schen Jahrbücher, in: Jahrbuch für Geschichte, 1 (1967), S. 137 f.

17 Vgl. die Vorrede zur ersten Auflage der »Geschichte der Kriegskunst« (wie Anm. 15), S. XII f.

18 Zittert nach Lange, Hans Delbrück (wie Anm. 16), S. 132.

19 Zu den Stationen seiner akademischen Laufbahn vgl. Bucholz, Hans Delbrück (wie Anm. 4), S. 26-44; Lange, Hans Delbrück (wie Anm. 16), S. 29-34; Konkurrent Delbrücks um das Ordinariat Treitschkes war Karl Lamprecht, vgl. Roger Chickering, Karl Lamp- recht: A German Academic Life (1856-1915), New Jersey 1993, S. 180-182; vgl. auch die biographischen Skizzen von Johannes Ziekursch (wie Anm. 3) aus dem Jahre 1932, von Annelise Thimme in der Neuen deutschen Biographie, Bd 3, Berlin 1957, S. 577 f. und von Rudolf Vierhaus in der Deutschen Biographischen Enzyklopädie, Bd 2, München 1995, sowie die Würdigung von Andreas Hillgruber, in: Deutsche Historiker, hrsg. von Hans-Ulrich Wehler, Bd 4, Göttingen 1972, S. 39-52 und Gordon A. Craig, in: Makers of Modern Strategy from Machavelli to the Nuclear Age, ed. by Peter Paret, Princeton, N.J.

1986, S. 326-353.

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stuhl für »Allgemeine und Weltgeschichte« berufen, den er bis zu seiner Emeritie- rung im Jahre 1921 inne hatte19. Und im Jahr der Jahrhundertwende, als er Theo- dor Mommsen den ersten Band seiner »Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte« überreichte, quittierte dieser die Gabe mit der häufig zitierten Bemerkung, seine Zeit werde es ihm wohl nicht erlauben, dieses Buch zu lesen20. Es sollte noch Jahrzehnte dauern, bis die Militärgeschichte zumindest an ei- ner deutschen Universität einen geachteten Platz als Subdisziplin der Allgemei- nen Geschichtswissenschaften einnehmen konnte.

Aber Delbrück hat sich durch diese widrigen Umstände in seiner Absicht nicht beirren lassen, die Militärgeschichte — ich benutze bewußt diesen Begriff mit Blick auf seine historischen Forschungen — zu einem Feld historischer Forschung zu machen. Ausgehend von seinen Gneisenau-Studien hat er durch eine Fülle von Veröffentlichungen auf sich aufmerksam gemacht und sah sich sofort in mancherlei Kontroversen verwickelt. Er entwickelte sein Konzept einer Militärgeschichte als Subdisziplin der Allgemeinen Geschichtswissenschaft und realisierte es in seiner vierbändigen »Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschich- te«, deren erster Band im Jahre 1900 erschien. Seiner Ansicht nach konnte die Mi- litärgeschichte die gleiche Position und Beachtimg beanspruchen wie die Kunst- und Literaturgeschichte, die Geschichte der Verfassungen und des Rechts. Es ging ihm in seinen Forschungen darum, die Zusammenhänge zwischen Taktik und Strate- gie, der Staats-, Wirtschafts- und Heeresverfassung sowie der Politik aufzudecken und damit eine bisher verschüttete historische Realität zu rekonstruieren21. Er ist damit zum Begründer einer umfassenden Militärgeschichte geworden.

Seine Methode war die historisch-kritische, mit der er seit seiner Dissertation aufs engste vertraut war. Dabei erweiterte er die gängige Quellenkritik durch die von ihm so bezeichnete Sachkritik, mit der er u.a. organisatorische, versorgungs- mäßige und technische, auch topographische Sachverhalte bei den Armeen und Feldzügen der Vergangenheit zu überprüfen suchte. Bekannt sind seine Aus- führungen zu den überlieferten Heereszahlen. So wenn er nachwies, daß die An- gaben Herodots über die Stärke des persischen Heeres absolut unglaubwürdig sei- en, denn ein Heer von 4,2 Millionen Mann ergebe eine Marschsäule, die sich vom Ausgangspunkt Susa jenseits des Tigris bis zum Schlachtort der Thermopylen er- strecken würde22. Er kam zu dem Ergebnis, daß das Heer von Xerxes nicht mehr als 75 000 Mann gezählt habe. Im ersten Kapitel seiner Geschichte der Kriegskunst zählte er eine große Anzahl weiterer Beispiele auf. So zerstörte er die Legende, die Schweizer hätten in der Schlacht bei Murten gegen das numerisch weit überlege- ne Heer Karls des Kühnen den Sieg errungen23. Auch auf anderen Gebieten sorg- te er mit seiner Sachkritik für Aufsehen, so wenn er die Angaben Herodots über den Verlauf der Schlacht von Marathon zurückwies auf Grund der eingehend unter- suchten Topographie der Ortlichkeit und dem Nachweis, daß das schwer aus- gerüstete athenische Heer unmöglich in einem Anlauf 1500 Meter im Laufschritt

20 Zitiert nach Lange, Hans Delbrück (wie Anm. 16), S. 38.

21 Vgl. die in Anm. 19 erwähnten Würdigungen von Hillgruber und Craig sowie Bucholz, Hans Delbrück (wie Anm. 4), S. 25-44, und Lange, Hans Delbrück (wie Anm. 16), S. 34-39, sowie Azar Gat, The Development of Military Thought: The Nineteenth Century, Ox- ford 1992, S. 102-109.

22 Vgl. Geschichte der Kriegskunst (wie Anm. 15), S. 10 f.

23 Ebd., S. 8 f.

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zurücklegen konnte, um sich erst dann in den Kampf mit den Persern zu stürzen24. Mit einer derartigen Kritik machte er sich keine Freunde bei den entsprechenden Fachhistorikern. So meinte der Althistoriker Wilamowitz-Moellendorff sogar die Göttin Artemis zur Verteidigung der Angaben Herodots über die Schlacht von Ma- rathon gegen Delbrück ins Feld führen zu müssen25. Sachkritik und der erkennt- nisfördernde Vergleich, den er häufig seinen Darstellungen zugrundelegte26, lagen durchaus im Rahmen der historisch-kritischen Methode, nur Gegenstand und Er- gebnis der Forschungen paßten nicht in die Vorstellungswelt der tonangebenden akademischen Schicht. Delbrück hat diese Ablehnung, diese Widerstände ganz be- wußt zur Kenntnis genommen, aber er hat sich davon nicht beeindrucken lassen;

die Kritik, der er sich nicht entzog, überzeugte ihn vielmehr von der Güte der an- gewandten Methode sowie von der Sinnhaftigkeit der erklärten Zielsetzung sei- ner wissenschaftlichen Arbeit.

Das gespannte Verhältnis zu wichtigen Gruppen innerhalb der akademischen Welt repräsentiert nur den geringeren Teil der Konflikte, in denen Delbrück sich zeit seines Lebens bewegte. Von ungleich größerem Gewicht war die Jahrzehnte an- dauernde Kontroverse über bestimmte Aspekte des vom militärischen Establish- ment bevorzugten Geschichtsbildes. Da über den »Strategiestreit« zwischen Del- brück, den Kriegsgeschichtlichen Abteilungen des Generalstabes sowie einer An- zahl einflußreicher Militärschriftsteller die hervorragenden Studien von Arden Bucholz und Sven Lange vorliegen27, kann ich mich über den Gegenstand des Strei- tes relativ kurz fassen. Worum ging es? Delbrück behauptete, die historische For- schung über die Kriege der Vergangenheit zeige, daß es im Grunde nur zwei For- men der Strategie im Kriege gebe. Er nannte sie die Ermattungsstrategie auf der ei- nen und die Niederwerfungsstrategie auf der anderen Seite. Nun hätten die Militärs derartige Thesen eines »Zivilstrategen«, der gerade mal den Rang eines Premier- leutnants d.R. erreicht hatte, eigentlich unbeachtet lassen können, wenn Delbrück seine Ansichten nicht ausgerechnet im Vergleich der Strategien Friedrichs des Großen und Napoléons dargelegt hätte. Delbrück glaubte nachweisen zu können, daß der Preußenkönig im Siebenjährigen Krieg auf Grund der gegebenen politi- schen und militärischen Situation mit wechselndem Erfolg eine generell defensi- ve Strategie verfolgt habe, weil allein in ihr die Möglichkeit beschlossen war, den Krieg gegen eine offenkundige Ubermacht zu einem akzeptablen Ende zu führen.

Dagegen stand Napoléon als der Niederwerfungsstratege. Während die Charak- terisierung Napoléons kaum Widerspruch hervorrief, wurde die Verbindung des Preußenkönigs mit dem Begriff Ermattungsstrategie gewissermaßen als Sakrileg empfunden, und Delbrück bekam dies zu spüren. Das Pro und Contra der immer wieder aufflammenden Kontroverse soll uns hier nicht interessieren. Sicher wird man sagen können, daß Delbrück in der Annahme der Ausschließlichkeit der bei- den Strategien in manchen seiner Beiträge zu weit gegangen ist und sich von der

24 Ebd., S. 51-53.

25 Vgl. Bucholz, Hans Delbrück (wie Anm. 4), S. 33.

26 Vgl. Die Perserkriege und die Burgunderkriege: Zwei kombinierte kriegsgeschichtliche Studien, Berlin 1887; Die Strategie des Perikles erläutert durch die Strategie Friedrichs des Großen, Berlin 1890, sowie Die Verschiedenheit der Strategie Friedrichs und Napoleons, in: Historische und politische Aufsätze, 2. Aufl., Berlin 1907.

27 Bucholz, Hans Delbrück (wie Anm. 4), S. 19-85; Lange, Hans Delbrück (wie Anm. 16), S. 40-124.

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historischen Realität entfernt hat28. Der Aufwand allerdings, der von militärischer Seite betrieben wurde, um die Ansichten Delbrücks zu widerlegen, zeigt, daß für sie mehr auf dem Spiel stand als die Klärung einer rein historischen Frage. Zunächst wehrte man sich prinzipiell dagegen, daß Kriegsgeschichte nicht in der traditio- nellen Weise der Generalstabshistorie betrieben wurde, die Prestigen zu schonen und sich der »applikatorischen Methode« zu bedienen, d.h. kriegsgeschichtliche Vor- gänge als Erfahrungsschatz für künftige gewaltsame Auseinandersetzungen zu interpretieren hatte29. Delbrücks Lehrtätigkeit an der Universität der Hauptstadt und seine rege publizistische Tätigkeit stellten den monopolartigen Anspruch des Mi- litärs, seine Geschichte in Krieg und Frieden nach den eigenen Vorstellungen dar- zustellen und zu interpretieren, in Frage. Manche Kritiker aus dem akademischen Bereich teilten im Ergebnis die Ansicht der Militärs. Hinter dem »Strategiestreit«

verbarg sich aber noch ein anderer, in seinen möglichen Konsequenzen weitrei- chender Problemkomplex. Das Bild Friedrichs des Großen in der preußischen Ar- mee kommt am besten in dem zum Schlagwort gewordenen »Attaquez donc tou- jours, messieurs« zum Ausdruck, und symbolisiert gewissermaßen gerade das Ge- genteil eines Ermattungsstrategen im Sinne Delbrücks. Das militärische Establish- ment, einschließlich des Generalstabes, pflegte dieses traditionelle Bild des Königs, es wurde schließlich zum Argument für die seit 1871 auf dem Gedanken der Offensive aufgebaute Operationsplanung des Generalstabes30. Wenn nun das Vorbild Friedrich am Beispiel des Siebenjährigen Krieges als Repräsentant einer generell defensiven Strategie dargestellt und propagiert wurde, so bestand die Gefahr, daß diese These Ein- fluß auf die Akzeptanz der eigenen offensiven Operationsplanung gewann. Dieser Fall trat, wie wir wissen nicht ein. Aber der Gedanke lag nahe, denn die Lage Deutsch- lands zwischen Ost und West und die sich rasch wandelnden Stärkeverhältnisse schie- nen einen Vergleich mit der Position Preußens vor dem Siebenjährigen Krieg und ei- ne strategische Defensive als Ausgangspunkt der Planungen nahezulegen.

Die Kontroverse zwischen den Repräsentanten der entsprechenden militäri- schen Institutionen und Delbrück ist nie beigelegt worden, wenn man davon ab- sieht, daß die Militärs sich nach der Jahrhundertwende nur noch mit abnehmen- der Intensität zu Wort meldeten. Die Vorbehalte gegenüber dem Historiker Del- brück wurden aber nicht aufgegeben. In der »Historischen Kommission für das Reichsarchiv«, die zur Begutachtimg der Planung und Durchführung der offiziel- len Geschichte des Weltkrieges berufen wurde, sollten sich diese Vorbehalte mit weitreichenden Konsequenzen bemerkbar machen.

Ab 1883 hatte sich für Delbrück ein neues, zusätzliches Arbeitsfeld geöffnet, das bald einen Großteil seiner Arbeitskraft beanspruchte. Treitschke, seit 1866 Her-

28 Vgl. hierzu Otto Hintze, Delbrück, Clausewitz und die Strategie Friedrichs des Großen.

Eine Erwiderung, in: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschich- te, 33 (1921), S. 131-153,412-418.

29 Vgl. Lange, Hans Delbrück (wie Anm. 16), S. 40-58, sowie Martin Raschke, Der politi- sierende Generalstab. Die friderizianischen Kriege in der amtlichen deutschen Militär- geschichtsschreibung 1890-1914, Freiburg 1993 (= Einzelschriften zur Militärgeschichte, 36).

30 Gerhard Ritter, Der Schlieffenplan. Kritik eines Mythos, München 1956; Arden Bucholz, Moltke, Schlieffen, and Prussian War Planning, New York, Oxford 1991; Stig Förster, Der deutsche Generalstab und die Illusion des kurzen Krieges, 1871-1914. Metakritik eines Mythos, in: MGM, 54 (1995), S. 61-95; Dieter Storz, Kriegsbild und Rüstung vor 1914.

Europäische Landstreitkräfte vor dem Ersten Weltkrieg, Herford, Berlin, Bonn 1992.

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ausgeber der Preußischen Jahrbücher, benötigte Unterstützung und gewann — un- ter Vermittlung von Max Lehmann — Delbrück als Redakteur und Mitherausge- ber31. Sechs Jahre später, 1889, übernahm er die alleinige Herausgeberschaft, trug diese Verantwortung 30 Jahre lang und übergab die Zeitschrift im Dezember 1919 an den Nachfolger Walter Schotte. Die Preußischen Jahrbücher waren in diesen Jahrzehnten eine durchaus politische Zeitschrift, deren Einfluß auf die öffentliche Meinung sich mit dem der »Grenzboten« und der »Zukunft« Maximilian Hardens durchaus messen konnte, obwohl sie kaum über eine Auflage von 2000 Stück hin- auskamen32. Delbrück hat sich von Anfang an der politischen Auseinandersetzung gestellt, auch der Konflikt mit Treitschke hatte einen politischen Hintergrund. So meinte Treitschke in der Kontroverse 1889 »lieber Stöcker als Bennigsen«, und Del- brück hielt dagegen »lieber Bennigsen als Stöcker«33. Er hat sich in den folgenden Jahren zu allen wichtigen Fragen der Innen- und Außenpolitik des Kaiserreiches geäußert. Es ist hier nicht der Ort, auf die von ihm behandelten Themen und die von ihm vertretenen Ansichten im einzelnen einzugehen. Annelise Thimme hat in ihrer Studie aus dem Jahre 1955 seine Stellungnahmen zum Regierungssystem und zum Parteiwesen des Kaiserreiches, zum Nationalitätenproblem insbesondere in der sogenannten Polenfrage, schließlich zur Flotten- und Weltpolitik dargelegt34. Daraus wird deutlich, daß Delbrück keinen Zweifel an der Funktionsfähigkeit des Regierungssystems und an der etablierten Machtverteilung hatte, ja daß er von seiner Überlegenheit gegenüber den demokratischen Systemen überzeugt war. Er wandte sich allerdings gegen jede Form eines »politischen Byzantinismus« und band den nationalen Machtanspruch des Staates an die unverzichtbare Rechts- staatlichkeit35. Bei aller Befürwortung des europäischen Gleichgewichts unterstützte er die weltpolitischen Bestrebungen und deren Instrument, den Aufbau einer Schlachtflotte. In den Jahren ab 1907/08 wich die Unterstützung der Tirpitzschen Flottenpolitik einer zunehmenden Kritik, im Jahre 1912 wandte er sich schließlich gegen eine erneute Flottennovelle36. Innenpolitisch stand er den Kathedersoziali- sten nahe und wandte sich in der Nationalitätenpolitik gegen die nationale »Scharf- macherpolitik« gegenüber den Polen, kritisierte die Tätigkeit der Ansiedlungs- kommission und wurde zum schärfsten Kritiker des Ostmarkenvereins und des- sen Germanisierungsvorstellungen37. Bezogen auf diese Politikfelder wurde er tatsächlich — wie Annelise Thimme formulierte — zum »Kritiker der wilhelmini- schen Epoche«.

Für die Zeit des Weltkrieges liegen die Untersuchung von Klaus Schwabe38 über die deutschen Hochschullehrer im Weltkrieg sowie der Beitrag von Friedrich Carl

31 Schleier, Treitschke, Delbrück (wie Anm. 16), 137.

32 Vgl. ebd., S. 137-141.

33 Ebd., S. 175-179.

34 Annelise Thimme, Hans Delbrück als Kritiker der wilhelminischen Epoche, Düsseldorf 1955.

35 Ebd., S. 15-22; S. 151-155.

36 Ebd., S. 102-112.

37 Mit der Folge, daß der preußische Staat ein Disziplinarverfahren gegen ihn eröffnete, in dem er zu einer »empfindliche Geldstrafe« verurteilt wurde, die allerdings nie eingezo- gen worden ist. Vgl. Emil Daniels, Delbrück als Politiker, in: Am Webstuhl der Zeit. Ei- ne Erinnerungsgabe Hans Delbrück dem Achtzigjährigen von Freunden und Schülern dargebracht, hrsg. von Emil Daniels und Paul Rühlmann, Berlin 1928, S. 26 f.

38 Klaus Schwabe, Wissenschaft und Kriegsmoral. Die deutschen Hochschullehrer und die politischen Grundfragen des Ersten Weltkrieges, Göttingen 1969.

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Scheibe39 zu Delbrücks Kommentaren über den Kriegsverlauf vor. Wiederum ist es mir nur möglich, mit einigen Beispielen schlaglichtartig die generelle Linie sei- ner Kommentierung zu beleuchten. Friedrich Carl Scheibe hat in einem Rückblick auf die Korrespondenzen seit der Jahrhundertwende festgestellt, daß für Delbrück

»ein europäischer Krieg mehr und mehr zu einer vom Schicksal verhängten Ge- wißheit« geworden sei40. Als diese Gewißheit sich im Juli 1914 konkretisierte, be- zeichnete er den in ganz Europa erwarteten »Weltkrieg« als »die furchtbarste aller Katastrophen« und wiederholte diesen Gedanken in seiner Korrespondenz vom 23. August, »jedermann« wisse, »daß die Kultur Europas auf dem Spiel« stehe41. Die Verantwortung für diesen Krieg liege bei England, das vorgebe, für die Aufrecht- erhaltung des europäischen Gleichgewichts einzutreten und zu kämpfen, das durch die hegemonialen Absichten der deutschen Politik bedroht sei. Delbrück wies die- se Argumentation natürlich entschieden zurück, bestritt die hegemonialen Ab- sichten, erklärte umgekehrt den Zweibund zum Verfechter des europäischen Gleich- gewichts und sprach England das Recht ab, als alleinige Macht »die absolute Herr- schaft auf allen Meeren« auszuüben oder auch nur zu beanspruchen42. Er erkann- te durchaus die Schwächen der deutschen materiellen Ressourcen, zeigte sich aber andererseits von der organisatorischen und moralischen Überlegenheit der deut- schen Seite überzeugt. Die eigentliche Stärke Deutschlands sah er in der allgemei- nen, durch die Bemühungen des Reichskanzlers und des Kaisers gestützten Uber- zeugung, daß Deutschland einen Verteidigungskrieg führe, dessen Dauer er mit 1 bis 2 Jahren annahm43.

Delbrück ist der darin zum Ausdruck kommenden politischen Linie während der gesamten Dauer des Krieges mit nur geringfügigen Abweichungen treu geblieben.

So hat er sich an die Spitze der Hochschullehrer gestellt, die in der von den Alldeut- schen ausgehenden annexionistischen Kriegszielbewegung eine tödliche Gefahr für die deutsche Sache erkannten44. Delbrück sah in diesen Kriegszielprogrammen nicht nur eine völlige Abkehr vom Verteidigungscharakter dieses Krieges mit unabsehba- ren innenpolitischen Folgen, sondern auch eine Bestätigung für die Propagandisten der Gegenseite, die Deutschland hegemoniale Absichten in Europa unterstellten.

Demgegenüber propagierte er — neben der Eindämmung der britischen Welt- machtstellung — die Aufrechterhaltung der nationalstaatlichen Ordnung in Europa als die angemessene Zielsetzung für die deutsche Kriegspolitik. Ès ist evident, daß er mit diesem Programm in der Auseinandersetzung mit den annexionistischen Kräften in Staat und Gesellschaft total scheiterte, aus der Rückschau betrachtet stellt es aber trotz der möglichen skeptischen Einwände eine erfolgversprechende Alternative dar.

In einem Punkte verschloß sich Delbrück allerdings der ihm sonst eigenen, be- merkenswert realistischen Einschätzung der Gegebenheiten: gleich einem Glau- benssatz hielt er an der Überlegenheit des monarchischen Regierungssystems fest.

Im August 1914 formulierte er: »Unter der Führung des Kaisers sind wir Deut-

39 Friedrich Carl Scheibe, Marne und Gorlice: Zur Kriegsdeutung Hans Delbrücks, in: MGM, 53 (1994), S. 355-376.

40 Ebd., S. 362.

41 Vgl. Hans Delbrück, Krieg und Politik 1914-1916, Berlin 1918, S. 23,27 und 30.

42 Vgl. die Korrespondenz vom 23.8.1914, in: ebd., S. 28-45.

43 Ebd., S. 41 f. »Die Gefährlichkeit des Krieges für uns liegt [...] in der Möglichkeit einer lan- gen Dauer«.

44 Vgl. Schwabe, Wissenschaft (wie Anm. 38), passim, sowie Theodor Wolff. Tagebücher 1914-1919, hrsg. von Bernd Sösemann, T. 1, Boppard 1984, insbes. S. 247-253.

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sehen dieser Einheitlichkeit, Einheitlichkeit auch zwischen Strategie und Politik si- cher45.« Als die Konflikte sich häuften, sah er ihre Ursache im Versagen der ent- sprechenden Persönlichkeiten bzw. in der Nichtbeachtung der seiner Meinung nach in dem hierarchischen System klar umschriebenen Funktionen. Über alle Ka- tastrophen — wie die Erklärung des unbeschränkten U-Bootkrieges, den Sturz Bethmann Hollwegs, die Offensive 1918 — hinweg hielt er an diesem Glaubenssatz bis in den Oktober 1918 fest und erkannte nicht, daß die deutsche Kriegspolitik ge- rade gekennzeichnet war durch das Nichtvorhandensein von koordinierenden kompetenten Instanzen, daß von einer Einheitlichkeit der Führung im politischen, administrativen und militärischen Bereich überhaupt nicht die Rede sein konnte und daß das System unter dem Druck des Krieges für die daraus zum Teil resultieren- den chaotischen Zustände verantwortlich war46. Ein Blick auf die Organisation des Zensurwesens oder der Lebensmittelversorgung47 hätte ihm diese Erkenntnis ver- mitteln können. Doch was blieb, wenn nicht nur die Personen, sondern auch das System als ineffizient, als unhaltbar zu bezeichnen waren?

Im Gegensatz hierzu hat Delbrück in der Kommentierung des militärischen Verlaufs des Kriegsgeschehens mit seinem an der »Geschichte der Kriegskunst«

geschulten Blick nie das Wesentliche aus den Augen verloren. Ein frühes Beispiel ist die September-Korrespondenz 1914, in der trotz Zensur das Ergebnis der Mar- neschlacht ziemlich eindeutig charakterisiert wird48: der Rückzug der deutschen Armeen auf der ganzen Linie von Verdun aus westwärts um 30 bis 100 km wird fest- gestellt, die den Sieg feiernden französischen Pressekommentare werden erwähnt und Erwartungen auf einen schnellen, entscheidenden Sieg im Westen nicht ge- weckt. Zwar habe sich die Waage der militärischen Entscheidung bereits zu Gun- sten des Reiches gesenkt, aber sie pendele noch! Er wandte sich gegen den weit verbreiteten Sicherheitsbegriff, der nur in Expansion und militärischer Okkupati- on diese gewährleistet sah. Die zu erkämpfende Sicherheit könne nur »in der Ver- bindung höchster eigener militärischer Kraft mit politischer Mäßigung« bestehen, einer Mäßigung im übrigen, »die das Mißtrauen, welches die militärische Macht erweckt, wieder entwaffnet«49. Die Dezember-Korrespondenz eröffnete er mit der Feststellung des enormen bevölkerungsmäßigen Übergewichts der Entente. Dies sei nicht nur eine theoretische Betrachtung, in den Zahlen liege vielmehr »ein we- sentlicher Grund für die praktische Gestalt, die die Gruppierung der Mächte an- genommen«50 habe. Mit anderen Worten, sein politisches Programm und seine Ein- schätzung des Kriegsverlaufs orientierten sich immer mehr an dem Begriff der Er-

45 Vgl. die Korrespondenz vom 23.8.1914, abgedr. in: Delbrück, Krieg und Politik (wie Anm. 41), S. 35.

46 Vgl. meinen Beitrag »Strategy and Unlimited Warfare. Germany: Moltke, Falkenhayn and Ludendorff« zu der Münchenwiler Conference 1996 »How Total was the Great War?

Germany, France, Great Britain, and the United States, 1914-1918«, im Druck.

47 Vgl. hierzu Militär und Innenpolitik im Weltkrieg 1914-1918, bearb. von Wilhelm Deist, Düsseldorf 1970 (= Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Par- teien, 1), Nr. 5 (S. 11-17), Nr. 18 (S. 35-39), Nr. 45 (S. 87 f.), Nr. 115 (S. 264-267), Nr. 121 (S. 279-282) als Beispiele.

48 Vgl. die Korrespondenz vom 27.9.1914, in: Delbrück, Krieg und Politik (wie Anm. 41), S. 48-61.

49 Ebd., S. 59 f.

50 Vgl. die Korrespondenz vom 28.12.1914, in: ebd., S. 70-80, hier S. 70. Im übrigen heißt es dort auf S. 73 zur Lage an der Westfront: »Diese Situation hat sich in den drei Mona- ten seither mehr versteinert, als eigentlich verändert.«

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mattungsstrategie, den er im Zusammenhang mit seinen historischen Forschungen entwickelt hatte. Und so sah er nach der gelungenen Durchbruchsschlacht von Gor- lice-Tamow im Mai 1915 und der dadurch erreichten entscheidenden Schwächung des russischen Gegners die Möglichkeit, die Alliierten zum Einlenken zu bewegen51. Bedingung hierfür sei allerdings, daß die politische Führung des Reiches die Initia- tive ergreife und sich eindeutig, auch gegenüber der Entente, gegen die annexioni- stischen und hegemonialen Forderungen der Alldeutschen und ihrer Gefolgschaft er- kläre und so die politische Voraussetzung für eine Verständigung mit den alliierten Mächten schaffe. Die Entwicklung nahm, wie wir wissen, einen ganz anderen Ver- lauf. Delbrück hat in den folgenden Monaten und Jahren immer wieder versucht, dem Gedanken einer politischen Lösung des Konflikts Gehör zu verschaffen52, und ließ sich durch das Unterlaufen der Wilsonschen Initiative durch die Erklärung des unbeschränkten U-Bootkrieges, den Sturz Bethmann Hollwegs und die ablehnende Haltung gegenüber der Friedensnote des Papstes nicht entmutigen. Es war vergebens.

Das allein militärisch buchstabierte Sicherheitsdenken beherrschte nicht nur die schließlich die Politik bestimmende 3. OHL, sondern auch große Teile der Gesell- schaft und damit die öffentliche Meinung. Vor diesem Hintergrund ist die zu An- fang geschilderte tiefe Erschütterung, ja wohl auch Verzweiflung zu verstehen, die bei ihm die Ereignisse des Oktober und November 1918 auslösten.

Trauer und Verzweiflung über den Zusammenbruch des Kaiserreiches führten aber nicht zur Resignation. Delbrück hatte schon in der November-Korrespondenz 1918 vom »Zwang einer historischen Notwendigkeit« gesprochen, die neue Re- gierung zu unterstützen53. So folgte er im Mai 1919 der Aufforderung, zusammen mit Max Weber, Albrecht Mendelssohn Bartholdy und Graf Max Montgelas, der alliierten These von der alleinigen Kriegsschuld Deutschlands in Versailles entge- genzutreten54. Er hat sich auch in den folgenden Jahren aktiv in die entsprechen- den Bemühungen eingeschaltet. Inwieweit er der Linie des Auswärtigen Amtes, die auf die sogenannte »Kriegsunschuldsthese« hinauslief, mit all ihren Konsequenzen gefolgt ist, bedarf noch der näheren Untersuchung.

Wichtiger in unserem Zusammenhang war jedoch Delbrücks Berufung in die

»Historische Kommission für das Reichsarchiv« im Sommer 192055. Diese Kom- mission sollte das Reichsarchiv »in seiner wissenschaftlichen Tätigkeit beraten«

und über »die Unabhängigkeit seiner Forschungen wachen«. In dem 14-16köpfi- gen Gremium standen 9 bzw. 11 Universitätsprofessoren 5 Offizieren bzw. Beam- ten gegenüber. Delbrück als der Hauptsprecher in der Kommission wurde im all- gemeinen von Friedrich Meinecke, Walter Goetz, Hermann Oncken und Gustav Mayer unterstützt. Aber diese Gruppe war nicht in der Lage, sich zum Beispiel in

51 Vgl. Scheibe, Marne und Gorlice (wie Anm. 39), S. 365-376.

52 Vgl. Schwabe, Wissenschaft (wie Anm. 38), passim. Als Beispiele seiner Kommentare in den Preußischen Jahrbüchern vgl. Hans Delbrück, Krieg und Politik, T. 2, 1916-1917, Berlin 1919, S. 186-194 (Die auswärtige Politik und die Alldeutschen, 21.4.1917), S. 217-228 (Versöhnungs-Friede. Macht-Friede. Deutscher Friede, 2.6.1917), S. 303-307 (Die Deutsche Vaterlandspartei, 26.9.1917), S. 308-311 (Die Beantwortung der Papstnote und die wei- teren politischen Kundgebungen, 29.9.1917).

53 Preußische Jahrbücher, 174 (1918), S. 435.

54 Bucholz, Hans Delbrück (wie Anm. 4), S. 127.

55 Siehe hierzu insgesamt ebd., S. 142-145; Hans Schleier, Die bürgerliche deutsche Ge- schichtsschreibung der Weimarer Republik, Berlin 1975, S. 128-133; Reinhard Brühl, Mi- litärgeschichte und Kriegspolitik, Berlin 1973, S. 248-260; sowie Karl Demeter, Das Reichs- archiv. Tatsachen und Personen, Frankfurt a.M. 1969, S. 14-20.

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der Frage der Konzeption des Weltkriegswerkes durchzusetzen56. Ursprünglich war geplant, neben dem militärischen Ablauf auch die politischen, wirtschaftli- chen, sozialen und kulturellen Entwicklungen, wenn auch in einem bescheidenen Maße, zu berücksichtigen. Diese Konzeption wurde von der Mehrheit der Kom- mission verworfen, nachdrücklich unterstützt von den Mitarbeitern des Reichsar- chivs — überwiegend ehemalige Offiziere, zugunsten einer Konzeption, die der Generalstabshistorie der Vorkriegszeit entsprach. Aber auch personell blieb der Einfluß Delbrücks minimal. Das zeigte sich ganz besonders deutlich an der Per- son seines wichtigsten Mitarbeiters, Martin Hobohm57. Dieser war als Assistent von Delbrück 1908 promoviert worden, hatte sich 1913 habilitiert und war im Welt- krieg Delbrücks unentbehrlicher, mit profunden Kenntnissen ausgestatteter Se- kundant im Kampf gegen die Alldeutschen und ihre Unterstützer. Delbrück ver- suchte Anfang 1920 vergeblich für ihn einen Lehrstuhl für Kriegsgeschichte ein- zurichten, es gelang ihm schließlich, Hobohm im Dezember 1920 als Archivrat im Reichsarchiv unterzubringen. Doch dieser geriet durch seine Forschungen über den deutschen Chauvinismus und vor allem über die sozialen Mißstände im deut- schen Heer des Weltkrieges in eine, mit fast vollständiger Isolation verbundene Kontroverse mit den Mitarbeitern des Reichsarchivs — Spiegelbild auch der iso- lierten Stellung Delbrücks, der auch im universitären Rahmen kaum etwas für Ho- bohm erreichen konnte. Zieht man ein Fazit, so war er als Militärhistoriker an den Institutionen Universität und Reichsarchiv gescheitert.

Als Publizist jedoch hat Delbrück in den ersten Jahren der Weimarer Republik seine Position als einflußreicher Interpret des Zeitgeschehens noch weiter ausgebaut.

Ganz abgesehen von den Neuauflagen seiner Veröffentlichungen hat er sich vor al- lem mit der Geschichte des Weltkrieges beschäftigt — in Form von Rezensionen der in großer Zahl erscheinenden, entsprechenden Veröffentlichungen. Dabei hat er sich mit besonderem Nachdruck den Erinnerungen dreier führender Militärs angenom- men: Tirpitz, Falkenhayn und Ludendorff58. Es ging ihm immer um die Frage, war- um ein Verständigungsfrieden mit den Gegnern nicht zustande gekommen war. Tir- pitz bescheinigte er, daß er sich in seinen Erinnerungen als ein »erfahrener Parla- mentarier«, als ein »Schriftsteller«, als ein »Mann von Geist«, als »Dialektiker« er- weise. Sein Buch habe Inhalt, »aber es ist Gift«, lirpitz mache es sich zu einfach, wenn er die deutsche Politik vor und im Weltkrieg schlichtweg als »blödsinnig« bezeich- ne. Es sei gar keine Frage, daß die Friedensinitiativen des Herbstes 1917 »erstickt« wor- den seien, »nicht durch den unerschütterlichen Vernichtungswillen der Entente, son- dern durch die unergründliche Verblendung der Führer des deutschen Volkes; zu den Schuldigsten aber gehören der Großadmiral v. Tirpitz, der auf Zeebrügge und General Ludendorff, der auf Lüttich nicht verzichten wollte«59.

Falkenhayn beurteilte Delbrück dagegen sehr viel freundlicher. Falkenhayn ha- be vor allem die materielle und personelle Überlegenheit der Entente nicht nur er-

56 Vgl. Bucholz, Hans Delbrück (wie Anm. 4), S. 143-145; Schleier, Geschichtsschreibung (wie Anm. 55), S. 130.

57 Zu Hobohm vgl. ebd., S. 531-573; Bucholz, Hans Delbrück (wie Anm. 4), S. 141-144; De- meter, Reichsarchiv (wie Anm. 55), S. 34 f.

58 Vgl. Preußische Jahrbücher, 178 (1919), S. 309-325 (Die Tirpitz-Erinnerungen); ebd., S. 83-101 (Ludendorff); ebd., 180 (1920), S. 249-281 (Falkenhayn und Ludendorff); Hans Delbrück, Ludendorffs Selbstporträt, 8. Aufl., Berlin 1922; Wolfgang Foerster, Hans Del- brück — ein Porträtmaler?, 3., erw. Aufl., Berlin 1922.

59 Preußische Jahrbücher, 178 (1919), S. 323 f.

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kannt, sondern auch die strategischen Konsequenzen daraus gezogen, es werde den Deutschen nicht möglich sein, den Frieden zu »diktieren«. Aus dieser Er- kenntnis heraus habe Falkenhayn eine Ermattungsstrategie entwickelt, die allerdings mit Verdun zu einer »Überspannung« des Gedankens geführt habe und damit zu

»Falkenhayns Verhängnis« geworden sei60.

Mit Ludendorff hat sich Delbrück mehrfach beschäftigt61, zuletzt mit der Schrift

»Ludendorffs Selbstporträt« aus dem Jahre 1922, die mehrere Auflagen erlebte.

Der General scheint für ihn die Verkörperung dessen gewesen zu sein, was das Kaiserreich in den Abgrund geführt habe. Ludendorff habe nicht erkannt, daß ge- gen die Ubermacht der Entente eine militärische »Entscheidung« im Wortsinne nicht möglich war, in dieser Verblendung habe er die wenigen Möglichkeiten, ei- nen Verständigungsfrieden herbeizuführen, durch überzogene Forderungen zu- nichte gemacht. Die Schrift wurde so zu einer generellen »Abrechnung« und Del- brück, der seine Kritik, auch seine scharfe Kritik sonst immer in einen sachlichen Ton zu kleiden pflegte, griff hier zum Mittel der Polemik. Er spricht dem General die geistige Fähigkeit ab, einen Gedanken konsequent zu Ende zu denken, er be- zichtigt ihn eines ziellosen Aktionismus'. Seine wütende Trauer kommt an einer Stelle sehr deutlich und polemisch zum Ausdruck: »Auch die Anhänger und Ver- ehrer Ludendorffs pflegen, indem sie seine militärischen Leistungen rühmen, hin- zuzufügen: freilich politisch ist er ein Kind. Ganz richtig, nur daß der politische Kindskopf das Deutsche Reich wie ein Spielzeug entzweigebrochen hat62.« Er hat dieser Schrift ein Motto vorangestellt, das verdeutlicht, wie tief ihn der Zusam- menbruch des politischen Systems des Kaiserreiches getroffen hat und auch ihn auf den Weg einer schmerzhaften Neuorientierung zwang. Das Motto lautet: »Da- mit die wahre Religion zur Herrschaft gelange, müssen die Götzenbilder zerstört werden. Das gilt auch von der Religion der Vaterlandsliebe«.

Das Urteil des Zeitgenossen Meinecke bestätigt sich in der Rückschau. Del- brück war tatsächlich einer der profiliertesten und produktivsten politischen Hi- storiker der Wilhelminischen Ära. Hans Delbrück ist durch diese, seine ausge- dehnte publizistische Tätigkeit für den Historiker zu einem ganz außergewöhn- lich interessanten Zeitzeugen der wilhelminischen Epoche geworden, dessen Zeug- nisse noch keineswegs erschöpfend erforscht worden sind.

Durch seine militärgeschichtlichen Forschungen und Interpretationen ist er zum Begründer der Militärgeschichte geworden, die nach dem Zweiten Weltkrieg vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt und jetzt auch von den Universitäten aufgenommen wurde und einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Erkennt- nis und zum Verständnis vergangener Epochen beitragen kann und wird.

Arden Bucholz hat an den Schluß seiner Studie die von Delbrück selbst stam- mende Inschrift auf seinem Grabstein zitiert — ich will ihm darin folgen, weil die beiden Begriffe sein Wirken in Wissenschaft und Öffentlichkeit bestimmten:

Veritatem colui Patriam dilixi.

60 Ebd., 180 (1920), S. 280. Auf Vorschlag von Delbrück erhielt Falkenhayn am 2.8.1915 die Ehrendoktorwürde der Friedrich-Wilhelm-Universität, vgl. Holger Afflerbach, Falken- hayn. Politisches Denken und Handeln im Kaiserreich, München 1994, S. 313.

61 Vgl. auch Bucholz, Hans Delbrück (wie Anm. 4), S. 149-156.

62 Delbrück, Ludendorffs Selbstporträt (wie Anm. 58), S. 37.

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Der Erste Weltkrieg und die Niederlande

Ein neutrales Land im politischen und wirtschaftlichen Kalkül der Kriegsgegner

Studien zur Internationalen Geschichte, Band 5

Herausgegeben von Wilfried Loth

in Verbindung mit Anselm Doering-Manteuffel, Jost Diilffer und Jürgen Osterhammel

1998.411 S. - 170 x 240 mm Gb, DM 1 4 8 -

ISBN 3-05-003265-0

In dieser Studie werden die strategischen, politischen, wirtschaftlichen und finan- ziellen Interessen der Kriegsgegner an den neutralen Niederlanden während des Er- sten Weltkrieges untersucht. Auf Grund ihrer geographischen Lage erlangten die Niederlande wesentliche Bedeutung für Großbritannien und Deutschland. Zunächst als „Luftröhre" gedacht, entwickelten sie sich zum zeitweise wichtigsten neutralen Außenhandelspartner des Deutschen Reiches. Großbritannien wiederum band die Niederlande allmählich in das weltumspannende System der Femblockade ein. Durch die konkurrierenden Ansprüche der Kriegsgegner wurden die Niederlande zu einem Objekt im internationalen Staatensystem. Diese Rolle verfestigte sich nach dem amerikanischen Kriegseintritt im April 1917.

Neben der Analyse des Wirtschaftskrieges, der um die Niederlande und in ihnen geführt wurde, bilden die Kriegsziele und Zukunftsvorstellungen der Kriegsgegner gegenüber dem neutralen Kleinstaat einen weiteren wichtigen Aspekt der Unter- suchung. Darüber hinaus befaßt sich der Autor mit den Strategien niederländischer Politiker und Wirtschaftsführer, den eng umschriebenen Handlungsspielraum zu bewahren.

Das Buch leistet einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der britisch-niederländi- schen und deutsch-niederländischen Beziehungen sowie zur Position der Niederlan- de im internationalen Staatensystem zwischen 1900 und 1925.

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