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Offen für Neues

Bildungspartner – Bildungsgrundsätze LAND

BRANDENBURG

M i n i s t e r i u m f ü r B i l d u n g J u g e n d u n d S p o r t

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1. Auflage, Januar 2005

Herausgegeben vom: Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Steinstraße 104-106, 14480 Potsdam

Internet: www.mbjs.brandenburg.de E-Mail: poststelle@mbjs.brandenburg.de Bildungsserver: www.bildung-brandenburg.de Redaktion: Sabine Karradt, Ralf Kohlberger

Fotos: privat, Archiv

Der seit Januar 1998 ehrenamtlich tätige Redaktionsbeirat KITADEBATTE unterstützt bei Themenfindung und Realisierung die KitaDebatte. Für die Ausgabe 1/2005 kamen Zuarbeiten unter anderem von Dr. Monika Beke- meier, Referat Kita im Sozialpädagogischen Fortbildungswerk Brandenburg; Ines Freitag-Amtmann, Leiterin des Überregionalen Pädagogischen Zentrums Potsdam; Elvira Drabek, Erzieherin /Integrationskita Eisenhüttenstadt;

Michael Götze-Ohlrich, Jugend- und Sozialwerk gGmbH; Christine Henning, Referat Kita im Landesjugendamt;

Karin Herrmann, Praxisberaterin/Supervisorin, Landkreis Märkisch-Oderland; Sigrid Höhne, Leiterin/Erzieherin, Bardenitz; Andreas Kaiser, Amtsleiter Stadt Forst (Lausitz); Brunhilde Schulz, Praxisberaterin, Landkreis Spree- Neiße; Doris Stoll, Landesfachstelle für Archive und öffentliche Bibliotheken; Beate Völcker, Referentin im LISUM Brandenburg

Layout/Druck: sd:k Satz Druck GmbH Umschlaggestaltung: schütz & co

Die namentlich gekennzeichneten Beiträge entsprechen nicht in jedem Fall der Meinung des Herausgebers und der Redaktion.

Internetpräsenz:

Als aktuelle Informations- und Recherchequelle wurde das MBJS-Internetangebot aufgebaut. Unter www.mbjs.brandenburg.de/kita/kita-startseite gelangen Interessierte zu den speziellen Angeboten im Bereich der Kindertagesbetreuung. Zu finden sind u.a. Informationen zu Recht und Struktur, Pädagogik, Statistische Daten sowie die Online-Versionen der Broschüren KitaDebatte. Über den Button „Online-Bibliothek“ öffnet sich eine Datenbank. Sie können über eingerichtete „Internetforen“ mit Mitarbeitern des MBJS in Kontakt kommen.

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Inhaltsverzeichnis

Seite

Vorwort . . . 6 OECD – Länderbericht zu Deutschland . . . 8 Erklärung zu den „Grundsätzen elementarer Bildung in Einrichtungen der

Kindertagesbetreuung im Land Brandenburg“ / Diakonisches Werk Berlin-Brandenburg und die Diözesan-Caritasverbände des Bistums Görlitz und des Erzbistums Berlin . . . . 17 In der Diskussion: Naturwissenschaften im frühen Kindesalter?

Interview mit Gisela Lück, Kornelia Möller, Elsbeth Stern . . . 22 Die Kita ist ein guter Bildungsort, wenn …

Skizzen zum 3. Bildungstag Kita im August 2004 in Potsdam / Ludger Pesch . . . 27 Es fehlt die Darstellung des Medienbereichs

Medienkompetenz sollte ein eigenständiger Bildungsbereich in der

Kindertagesbetreuung sein / Dr. paed. Andreas Kaiser . . . 29 Beteiligung von Kindern – Schlüssel zur Bildung und Demokratie

Evelyne Höhme-Serke . . . 36 Kooperation zwischen Hort und Schule

Im Jahr 2004 nahmen 36 Grundschulen in Kooperation mit Horten ihren ganztägigen

Betrieb auf / Dirk Allner, Anja Münter . . . 45 Schulfähigkeit und Schulvorbereitung

Eine etwas ernst zu nehmende Polemik / Michael Götze-Ohlrich . . . 47 Kindergärten und Grundschulen auf neuen Wegen: das Projekt PONTE

Annette Dreier . . . 51

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4 INHALTSVERZEICHNIS

10-Stufen-Projekt-Bildung – fünf Leuchttürme im Land Brandenburg . . . 53 Drahtseilakt – Kunst oder Können?

Der Raum „Computerwelt“ in der Kita „Rappelkiste“ in Vetschau . . . 55 Medienerziehung in der Kita

Angebote zur Fortbildung im LISUM / Berichte aus der Praxis / Birgit Pieper, Simone Speidel, Katrin Klingenschmidth . . . 57 Bibliotheken informieren über kindgerechte Medienangebote

Unterstützung für Erzieherinnen auf dem Gebiet der Medienpädagogik / Doris Stoll . . . 60

AUS DER PRAXIS – FÜR DIE PRAXIS

„So ein Zirkus“ – Erfahrungen mit einem besonderen Projekt

Kinderhort in Hönow (Märkisch-Oderland) startet in der offenen Arbeit mit Kindern

zwischen sechs und neun Jahren den Zirkus . . . 63 Blick über den Gartenzaun

Die Euro-Kita in Frankfurt (Oder) hat sich im Stadtbild etabliert . . . 69 Schlafen in der Kita – Lust oder Frust?

Zwei Beispiele zum Thema „Mittagsschlaf“ / Doris Kunze . . . 74 Taulaufen und Wassertreten

Kneipp-Kita „Helene Weigel“ besteht in Buckow (Märkische Schweiz) . . . 78 Kinder – Wasser – Seepferdchen

Erfolgreiches Schwimmlager für die Kinder in der Kita „Rappelkiste“ in Vetschau . . . 82

„Bewegung a la Hengstenberg“ – Erlebnisse eines Bildungstages Angebot der Unfallkasse Brandenburg für interessierte Erzieherinnen /

Praxisberaterinnen Sabine Nitzow, Rosemarie Vorkastner . . . 85 Besuch in Polen – Beobachtungen in einer Kita

Erfahrungen in der Kinderbetreuung in einer Einrichtung in Poznan / Michael Götze-Ohlrich . . 89 Praxisberatung im Landkreis Ostprignitz-Ruppin . . . 92

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WAS – WANN – WO – WAS – WANN – WO

Überregionales Pädagogisches Zentrum (ÜPZ) Kita-Museum in Groß Glienicke . . . 96

Konsultationskita MONTESSORI-Kinderladen in Bernau . . . 99

Konsultationskita „Villa Kunterbunt“ in Angermünde / Ortsteil Crussow . . . 101

Konsultationskita „Kita am Park“ in Beelitz . . . 102

Angebote des Sozialpädagogischen Fortbildungswerkes (SPFW) . . . 104

FACHLITERATUR – REZENSIONEN – ANKÜNDIGUNGEN Schwedischer Klassiker: Amüsantes von Pettersson und seinem Kater Findus . . . 108

Lesen lernen mit Kindern – Aktion der Stiftung Lesen . . . 109

Ideen gegen Monotonie und Langeweile im Kindergarten . . . 110

Gemeinsam spielen, lernen und wachsen . . . 111

Räume als Erfahrungsräume in der Kita begreifen . . . 112

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Vorwort

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,

als ich im Oktober 2004 als neuer Minister für Bildung, Jugend und Sport vereidigt wurde, habe ich ein gut ausgebautes System im Bereich der Kinderbetreuung vorgefunden. In den vergangenen 15 Jahren hat sich hier ein bemerkenswerter Veränderungsprozess vollzogen: Entwickelt hat sich ein modernes Verständnis von Bildung, Erziehung und Betreu- ung; erhalten geblieben ist die „Bodenhaftung“ des Systems. Tradition, Kompetenz und Innovation – das sind die Begriffe, mit denen ich meine ersten positiven Eindrücke zusammenfassen möchte.

Diese Leistung hat inzwischen auch eine internationale, wissenschaftlich fundierte Bestätigung erhalten. Der Länderbericht „Die Politik der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung in der Bundesrepublik Deutschland“ der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick- lung (OECD) würdigt mit Blick auf Ostdeutschland die guten Versorgungszahlen. Eine hohe und beispielhafte Bedeutung misst der Bericht aber auch dem Bereich „Standards, Entwicklung und Qualität in Brandenburg“ bei. Die internationalen Experten zeigen sich insbesondere beeindruckt von der „Fähigkeit der Beschäftigten in den neuen Bundesländern, sich über die Jahre hinweg ihren Einsatz für die Kinder bewahrt zu haben und für neue Wege in der wieder vereinigten Republik offen zu sein.“ Dieses große Kompliment möchte ich insbesondere an die Erzieherinnen und Verant- wortlichen der beiden Kitas und der Stadt Vetschau weiterleiten, die von der Expertengruppe im Juni 2004 besucht worden sind. Ich meine aber, dass das Lob für viele Fachkräfte in unserem Land gilt.

Der Bericht macht Mut, den eingeschlagenen Weg gemeinsam fortzusetzen, denn die qualifizierte Entwicklung der Arbeit und insbesondere des Bildungsauftrags in der Kindertagesbetreuung erfor- dert weitere tief greifende Veränderungen. Die Fachkräfte sind nicht mehr Anleiterinnen, vielmehr müssen sie die Selbstbildungsprozesse der Kinder unterstützen. Für eine solche grundlegende Ver- änderung der Rolle der Erzieherin reicht es bei weitem nicht aus, alleine auf eine normative Vorga- be „von oben“ zu vertrauen. Die „Grundsätze der elementaren Bildung“ in Einrichtungen der Kin- dertagesbetreuung im Land Brandenburg können als Maßstab zur Entwicklung der Konzeptionen der einzelnen Kindertagesstätten dienen und haben eine wichtige stützende Funktion. Sie sind aber keinesfalls die Hauptumsetzungsstrategie zur Erreichung dieser Veränderung, die zu einer Qualifi- zierung des Bildungsauftrags in der Kindertagesbetreuung führen muss. Dies kann nur im Wege einer intensiven konzeptionellen Auseinandersetzung in den einzelnen Kindertageseinrichtungen gelingen, wie das zum Beispiel in den am 10-Stufen-Projekt beteiligten Kitas geschehen ist. Ich

VORWORT 6

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bekomme den Eindruck, dass die Frage der Bildungsqualität von Eltern zunehmend als ein Ent- scheidungskriterium dafür genutzt wird, in welcher Kita sie ihr Kind anmelden. Gerade dieses Inte- resse und Engagement der Eltern begrüße ich sehr, und ich halte die Frage der Einbeziehung der Eltern in das Kita-Geschehen für ein wesentliches Qualitätsmerkmal.

In den kommenden Jahren wird die qualitative Weiterentwicklung der Kindertagesbetreuung im Mit- telpunkt der Bemühungen des Landes stehen. Dabei zeichnen sich folgende Schwerpunkte ab:

1. Verbreitung der Grundsätze elementarer Bildung und des 10-Stufen-Projekts

– Im Jahr 2005 wird allen Kindertageseinrichtungen im Land Brandenburg eine Handreichung zu den „Grundsätzen“ zur Verfügung gestellt, die später immer wieder ergänzt wird.

– In dieser Handreichung wird es eine erste Auswertung des 10-Stufen-Projekts geben.

– Durch drei weitere Konsultationskitas sollen die Erfahrungen aus dem 10-Stufen-Projekt praxisnah verbreitet werden.

– Es soll ein System entwickelt werden, mit dem die Erfahrungen mit den Grundsätzen aus der Praxis der Kindertagesbetreuung erfasst und für die Weiterentwicklung genutzt werden können.

2. Zusammenarbeit von Kindertagesbetreuung und Grundschulen

Brandenburg hat für ein Verbundprojekt der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung die Federführung übernommen. Dabei geht es um die Stärkung der Bildungs- und Erziehungsqualität in Kita und Grundschule und zum Übergang. Im Rahmen des BLK-Projekts sollen auch das Projekt „Ponte – Kindergärten und Grundschulen auf neuen Wegen“ sowie eine Initiative zur Verbesserung der Sprachförderung in der Kindertagesbetreuung unterstützt werden.

3. Ausbildung

Die Landesregierung möchte die Ausbildung eines Teils der Fachkräfte der Kindertagesstätten auf Fachhochschulniveau anheben. Ab dem Wintersemester 2005/2006 will die Fachhochschule Pots- dam einen entsprechenden Studiengang einführen.

Über die weiteren Entwicklungen werden Sie auch in den kommenden Jahren in der KitaDebatte informiert. Das erste Heft dieser Reihe ist im Jahr 1991 erschienen. Damit hat die KitaDebatte inzwischen selbst Tradition, und ihr Inhalt ist Ausdruck von Kompetenz und Innovation. Dafür möch- te ich allen beteiligten Autorinnen und Autoren danken. Das vorliegende Heft vermittelt einen guten Eindruck der konstruktiven Auseinandersetzung zur gemeinsamen Weiterentwicklung der Kinder- tagesbetreuung im Land Brandenburg.

Angeregtes Lesen wünscht

Holger Rupprecht

Minister für Bildung, Jugend und Sport

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„Baby-PISA“: Licht und Schatten in der Kindertagesbetreuung

OECD-Länderbericht zu Deutschland liegt vor – Anerkennung für den Osten OECD und PISA: Diese Begriffe haben in den vergangenen Jahren in der öffentlichen Wahr- nehmung, der Medienberichterstattung und nicht zuletzt in der bildungspolitischen Debat- te eine herausragende Bedeutung. Die PISA- Studie verdeutlichte die Notwendigkeit für Reformen im deutschen Bildungssystem – von der Elementarbildung bis hin zu den Hochschulen.

Kaum bekannt war in der Bundesrepublik dagegen, dass die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick- lung1) auch eine ländervergleichende Studie zur Kinderbetreuung von der Geburt bis zum Grundschulalter durchgeführt hat. Die Unter- suchung soll den beteiligten Ländern Anre- gungen für die Weiterentwicklung der Kinder- betreuung geben. Die Erkenntnisse aus den Ländern sollen auf internationaler Ebene bekannt werden, um die Fachentwicklung und politische Schwerpunktsetzung anzuregen.

Im ersten Durchgang der Studie wurden von 1998 – 2000 für zwölf Staaten Länderberichte erarbeitet. Die daran anschließende verglei- chende, länderübergreifende Studie wurde im Jahr 2001 unter dem Titel „Starting Strong“

veröffentlicht.2 Deutschland war an dieser ersten Runde der Studie nicht beteiligt.

Im Dezember 2003 fragte Renate Schmidt, die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, bei den zuständigen Landesministern an, welche Bundesländer sich an der zweiten Untersuchungsrunde der Studie „Starting Strong“ beteiligen wollen. Der damalige Minister für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg, Steffen Rei- che, sagte eine Beteiligung umgehend zu. So wurde neben Baden-Württemberg, Nord- rhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thürin- gen das Land Brandenburg als Ziel der OECD-Delegation ausgesucht.

Das Deutsche Jugendinstitut erstellte für die OECD im Auftrag des Bundesministeriums im Jahr 2004 einen Hintergrundbericht zum gesamten deutschen Kinderbetreuungs- system („Early Childhood Policy Review 2002 – 2004. Hintergrundbericht Deutschland“).

Für den Hintergrundbericht wurden von den beteiligten Ländern Informationen beigetra- gen.3

Vom 06. – 16. Juni 2004 bereiste eine vier- köpfige Delegation (Peter Moss, Professor für frühkindliche Förderung, Universität London, Großbritannien; Marisa Krenn-Wache, Rekto- rin der Bundesbildungsanstalt für Kindergar- tenpädagogik, Österreich; Frau Jung Na, Korean Educational Development Institute, Leiterin Frühkindliche Erziehung, Korea sowie John Bennett, Projektmanager für früh- kindliche Untersuchungen, OECD, Paris,

„BABY-PISA“

8

(9)

Frankreich) die Bundesrepublik. Am 09. und 10. Juni war die Delegation im Land Branden- burg. Am 09. Juni 2004 fand in Potsdam ein Informationsgespräch statt, an dem neben Vertretern des Landes Frau Noack (Praxisbe- raterin aus dem Jugendamt des Landkreises Oberspreewald-Lausitz) und Herr Hans-Ulrich Lehmann (Sozialamtsleiter und stellvertreten- der Bürgermeister der Stadt Vetschau) teil- nahmen. Am 10. Juni 2004 besuchte die Delegation zwei Kindertagesstätten in der Stadt Vetschau im Landkreis Oberspreewald- Lausitz. Besucht wurden die Kita im Ortsteil Missen (Landessieger Kita-Qualitätswettbe- werb 2002/2003) sowie die Kita „Rappelkiste“

(Konsultationskita des Landes Brandenburg, mitforschende Kita im 10-Stufen-Projekt Bil- dung von infans). Beide Kitas sind in öffent- licher Trägerschaft.

Im Anschluss an den Länderbesuch wurde von der OECD der Länderbericht erstellt, der die nationalen Hintergrunddaten mit den Beobachtungen der Untersuchergruppe zu- sammenfügt.

Zum Länderbericht „Die Politik der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung in der Bundesrepublik Deutschland“

Dieser Länderbericht weist auf positive wie auch auf verbesserungswürdige Elemente im System der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung (FBBE) in der Bundesrepublik hin.

Zu den Stärken des Bereichs der frühkindli- chen Betreuung, Bildung und Erziehung in Deutschland zählt die Untersuchergruppe

„eine lange Tradition mit gehaltvollen Konzep-

ten, einschließlich des sozialpädagogischen Ansatzes mit seinem Verständnis von Bil- dung, Betreuung und Erziehung als untrenn- bar miteinander verbundenen Merkmalen frühkindlicher Förderung.“ Betont wird, dass

„das deutsche System vor allem in den neuen Bundesländern gut ausgebaut (ist), deren Versorgungslage zu den besten unter den OECD-Ländern zählt.“ Wahrgenommen wurde seitens der Untersuchergruppe eine

„große Offenheit für Veränderungen ein- schließlich eines quantitativen und qualitati- ven Ausbaus der FBBE-Leistungen und einer Versorgung, die das Wohl der Kinder ebenso im Zentrum sieht wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.“

Deutliche kritische Hinweise werden insbe- sondere zu folgenden Bereichen formuliert:

– Im Hinblick auf die schlechte Versor- gungslage in Westdeutschland wird als eine Ursache der „Maternalismus“ ge- nannt, die „allgemeine Überzeugung, dass die Betreuung kleiner Kinder in der Fami- lie, und in erster Linie durch die Mutter, geleistet werden sollte. Infolgedessen unterblieb der Aufbau eines ausreichen- den Versorgungsangebots für Kinder unter 3 Jahren, was – wie in vielen ande- ren Ländern auch – dazu führte, dass der berufliche Werdegang von Frauen mit Kin- dern unterbrochen wurde und sich ein grauer Markt für die Kinderbeaufsichti- gung herausbildete.“

– Ein weiterer Kritikpunkt ist das Verhältnis Bund – Länder – Kommunen. Die Unter- suchungsgruppe fordert eine „Führungs- rolle des Bundes“ ein und nennt dabei ins- besondere

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10 „BABY-PISA“

• die Fortführung von Qualitäts- und anderen Initiativen, welche die Auf- merksamkeit der verschiedenen Inter- essengruppen auf wichtige aktuelle Fragen lenken,

• eine Gesetzgebung, die allgemeine Rechtsansprüche und Voraussetzun- gen definiert und

• (indirekte) Finanzierungsinitiativen, um das Erreichen wichtiger nationaler Ziele zu gewährleisten. Ziel müsse es sein, „für alle Familien (...) einen ange- messenen und in etwa gleichen Zu- gang zu Einrichtungen herzustellen, was eine verbesserte finanzielle Aus- stattung und die Standardisierung der Finanzierungspraktiken quer über die Länder hinweg voraussetzen würde.“

– Gefordert wird eine Anhebung des Ausbil- dungsniveaus, was nach Einschätzung des OECD-Teams eine „gleichberechtigte Beziehung zwischen FBBE-Einrichtungen und Schulen befördern, den Beschäftigten weiterführende Qualifikationen ermög- lichen und dazu beitragen (würde), dass sich an den Universitäten eine akademi- sche und wissenschaftliche Substanz für frühkindliche Forschung herausbildet. Als erster und wichtiger Schritt ist mindestens ein umfassendes Angebot der Weiterbil- dung nötig.“

– Vor allem an die westdeutschen Länder richtet sich die Forderung einer Auswei- tung der Angebote für Kinder unter 3 Jah- ren und für Schulkinder zwischen 6 und 10 Jahren. Insgesamt sollten die Länder nach Meinung der Experten einen aktive- ren Ansatz für kleine Kinder mit Risikohin-

tergrund und/oder besonderen Bedürfnis- sen verfolgen und die praktische Arbeit durch berufsbegleitende Weiterbildung, Fachberaterinnen und Fachberater und weitere erprobte Qualitätsmaßnahmen, z.B. mehr Konsultationszentren, unterstüt- zen. Es sollen „eine stärkere Gewichtung der Beobachtung der Kinder (sowie eine) verbesserte Ausbildung und Arbeitsbedin- gungen für die Pädagogen“ geben.4 Die im Länderbericht formulierten Hinweise zeigen, wie intensiv die internationalen Exper- tinnen und Experten die aktuellen Diskussi- onsstränge im Bereich der Kindertagesbe- treuung in Deutschland wahrgenommen haben. Ihre Positionen werden in den kom- menden Monaten Anlass für Diskussionen auf den verschiedenen fachlichen und fachpoliti- schen Ebenen sein.

Die Veröffentlichung des Länderberichts am 30.11.2004 traf auf ein reges, öffentliches Interesse in den Medien. Dazu einige Zei- tungsüberschriften vom 01. und 02. Dezem- ber 2004: „OECD: Erzieherberuf finanziell aufwerten – Pisa-Studie zur Kleinkinderbe- treuung sieht schwere Mängel“ (Frankfurter Rundschau), „Eines der am besten ausge- bauten Kinderbetreuungssysteme der Welt’ – OECD-Studie: Tiefe Kluft zwischen alten und neuen Bundesländern“ (Frankfurter Allgemei- ne Zeitung), „OECD-Studie lobt ostdeutsche Kindergärten“ (Berliner Zeitung). In den Über- schriften der Regionalzeitungen im Land Brandenburg wurde eine Genugtuung über die Ergebnisse der Studie formuliert: „Licht und Schatten bei den Kindergärten – Studie

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der OECD: Betreuung der Jüngsten im Osten besser als im Westen“ (Märkische Allgemeine Zeitung), „Kinderbetreuung in Brandenburg ist vorbildlich“ (Lausitzer Rundschau), „Platz eins für märkische Kita“ (Oranienburger Generalanzeiger), „Baby-Pisa lobt den Osten“

(Der Prignitzer), „Wir sind da, wo andere hin wollen“ (Märkische Oderzeitung). Nicht nur die Zeitungen zeichneten eine positive Wahr- nehmung der Kindertagesbetreuung in Ost- deutschland. Die Kita „Rappelkiste“ in Vet- schau wurde am 30.11.2004 von einem Team der ARD besucht, das einen Bericht über die Bildungsarbeit in der Kita für die TAGESTHE- MEN erstellte.5Weiterhin berichtete der RBB in der Sendung „Brandenburg aktuell“ am 30.11.2004 unter dem Titel: „Brandenburgs Kindergärten sind Spitze“.6

Bei soviel Aufmerksamkeit und Zustimmung stellt sich angesichts der vorhandenen mate- riellen Rahmenbedingungen im System der Kindertagesbetreuung auch im Land Bran- denburg die Frage, wie gehaltvoll die Aussa- gen der OECD-Studie sind. Geht es vielleicht nur um den Versorgungsgrad? Welche weite- ren qualitativen und strukturellen Aussagen gibt es?

Was bedeutet der OECD-Bericht für das System der Kindertagesbetreuung in Brandenburg?

In der Langfassung des Länderberichts „Die Politik der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung in der Bundesrepublik Deutschland“ wird eine Reihe von vertiefen- den qualitativen und strukturellen Aussagen zum System der Kindertagesbetreuung im

Land Brandenburg bzw. in Ostdeutschland getroffen.

Zu den Erzieherinnen und Erziehern Im Bericht wird festgestellt, „dass die NBL mehr Wert auf ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter legen“.7Offensichtlich beein- druckt zeigen sich die internationalen Exper- ten von den Gesprächen mit den Erzieherin- nen in den Ländern Brandenburg und Thürin- gen. Das wird an verschiedenen Stellen des Berichts klar formuliert. Die Expertengruppe schreibt zu den Folgen des Systemwechsels nach 1989: „Aufgrund der Schließung vieler Einrichtungen nach der Wiedervereinigung und daraus folgender erheblicher Personal- kürzungen sind die Beschäftigten in den NBL im Schnitt älter als die in den ABL. Die mei- sten wurden somit noch in der DDR ausgebil- det. Zwar schätzten diejenigen, mit denen wir sprachen, das weniger autoritäre Klima in den heutigen Kindertageseinrichtungen, viele waren aber auch der Ansicht, dass ihre Aus- bildung zu DDR-Zeiten, mit dem Schwerpunkt auf einer Betreuungsarbeit mit bestimmten Altersgruppen, eindeutige Stärken hatte.

Zudem hatten diese Beschäftigten den Ein- druck, dass ihre Ausbildung und Erfahrung nach der Wiedervereinigung abgewertet wor- den waren.“8Die Problematik der Herabstu- fung des Ausbildungssystems der ehemali- gen DDR wird besonders im Hinblick auf die Erzieherinnen in Horten angesprochen.9Die

„Auswirkungen der neueren Geschichte auf die FBBE in Deutschland“ werden in einem eigenen Absatz angesprochen. Erfreulich und ermutigend ist die Feststellung, dass die

„Stärken des Systems in den NBL (...) nun

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12 „BABY-PISA“

breitere Anerkennung (finden). Gleichzeitig schätzen es die in der Kindertagesbetreuung tätigen Kräfte, unter offeneren, demokrati- schen Bedingungen zu arbeiten und zu leben, die ihnen mehr Freiraum lassen, neue Arbeitsmethoden zu erforschen, und sie nicht den strengen Vorschriften eines zentralisier- ten Staates unterwerfen.“10An anderer Stelle bestätigt der Bericht: „Insbesondere beein- druckte die Untersuchergruppe die Fähigkeit der Beschäftigten in den NBL, sich über die Jahre hinweg ihren Einsatz für die Kinder bewahrt zu haben und für neue Wege in der wieder vereinigten Republik offen zu sein.“ 11 Raum und Raumnutzung

Im Bericht werden der in den besuchten Kitas zur Verfügung stehende Raum und die Raum- nutzungskonzepte gelobt: „In allen von uns besuchten Einrichtungen fiel auf, dass sowohl innen wie außen sehr viel Platz zur Verfügung stand (...). Als wir auf diesen Aspekt und die pädagogische Strukturierung des Außenbe- reichs im Fröbel-Kindergarten Bad Blanken- burg eingingen, sagte man uns, dass die großzügige Raumgestaltung ein Erbe der früheren DDR sei. Da damals viele Kinder viel Zeit in den Einrichtungen verbrachten, wurde von Staats wegen darauf geachtet, dass sich die Kinder auch draußen aufhielten, und es war sogar vorgeschrieben, wie viel Zeit die Kinder pro Tag mindestens im Freien verbrin- gen sollten. Während derartige Regeln heute von manchen als typische Auswüchse eines autoritären Regimes betrachtet werden, sieht das OECD-Team in der großzügigen Raum- gestaltung der Einrichtungen einen großen Wert. Zudem ermuntern auch heute noch

viele Kindergärten in den NBL die Kinder, an einem aktiven Erkundungslehrplan im Freien teilzunehmen, im Gegensatz zu dem eher

‚freien Spiel’, das in den ABL praktiziert wird.“12

Praxisberatung und Konsultationskitas Der OECD-Bericht unterstreicht die Bedeu- tung und die Notwendigkeit von Praxisbera- tung. Dazu wird berichtet: „Als Variante dieser Beratungsaufgabe hatten die beiden von uns besuchten östlichen Bundesländer zusätzlich ein System von so genannten ‚Konsultations- kitas’ eingeführt, d.h. Einrichtungen, die Bei- spiele für eine gute und innovative Praxis vor- geben und von den Beschäftigten anderer Einrichtungen besucht werden können.“13An anderer Stelle heisst es dazu: „In Deutsch- land hat man den Wert geteilter Erfahrungen erkannt, was sich im Konzept der ‚Konsultati- onskitas’ in den NBL (...) widerspiegelt.“14Ein Wermutstropfen für das Land Brandenburg ist der berechtigte Hinweis auf den aus materiel- len Gründen bescheidenen Umfang des vor- handenen Praxisunterstützungssystems. „In einem Bundesland, das großen Wert auf die Verbesserung der FBBE-Leistungen und die Rolle der Fachberater und Fachberaterinnen legt, waren 60 solcher Kräfte für über 1700 Einrichtungen zuständig.“15 So ist eine der Schlussfolgerungen des Berichts keine Über- raschung. „Wichtiger Bestandteil einer ‚strik- ten Entwicklung, Anwendung und Bewertung verschiedener Ansätze’ ist die Verbesserung von Systemen und Verfahren, um die prakti- sche Arbeit weiterzuentwickeln und zu ver- bessern. Die Grundlagen für eine solche Unterstützung sind in Deutschland bereits

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sichtbar: Fortbildung, ‚Konsultationskitas’, Fachberater und Fachberaterinnen, ein neuer Schwerpunkt auf der Beobachtung der Kin- der, eine kontaktfreie Zeit während der Arbeitswoche, Systeme der Selbstbewertung.

Aber an all diesen Bereichen muss noch gearbeitet werden, damit sie effektiv sind.“16 Jeder „Praxisberater (solle) intensiver mit einer kleinen Gruppe von Einrichtungen arbeite(n) und die Beschäftigten dabei unter- stütz(en), ein tieferes und kritischeres Ver- ständnis von ihrer praktischen Arbeit und von deren Bezug zur Theorie zu entwickeln“, so lautet die Forderung des OECD-Berichts.17

System zur Förderung pädagogischer Qualität

Das im Land Brandenburg vorhandene System zur Förderung der pädagogischen Qualität wird von den internationalen Exper- ten als beispielhaft wahrgenommen und des- halb gesondert dargestellt. Dieser „besonders weit gefasste und dynamische Ansatz“ zeige, wie die „verschiedenen Möglichkeiten aufge- nommen und umgesetzt werden könnten“, wertet der Bericht. Das im Land Brandenburg vorhandene System wird wie folgt beschrie- ben18:

Standards, Entwicklung und Qualität in Brandenburg

Brandenburg weist die beste Versorgungslage bei der Kindertagesbetreuung in Deutschland auf, mit Plätzen für fast die Hälfte aller Kinder unter 3 Jahren, für fast alle Kinder zwischen 3 und 6 Jahren, und für fast drei Viertel der Kinder zwischen 6 und 10 Jahren bei der Schulkinderbetreu- ung. Unüblich für Deutschland ist auch der hohe Anteil der öffentlichen Träger an diesen Leis- tungen, mit etwa 70% aller Kindertageseinrichtungen

Seit der Wiedervereinigung entwickelt Brandenburg ein System für die Förderung der Entwick- lung und Qualität der Betreuung. Ein Zentrum für Weiterbildung in der Sozialpädagogik bietet Weiterbildungsmöglichkeiten für FBBE-Beschäftigte an, das ergänzt wird durch mehr Kurse vor Ort sowie Kurse, die von freien Trägern durchgeführt werden. Zudem wird im Herbst 2005 an einer Fachhochschule ein Pilotkurs für die Ausbildung zum Beschäftigten in der FBBE eingeführt.

Diese von dem Zentrum angestoßenen Initiativen werden ergänzt durch ein System der prakti- schen Unterstützung und Beratung auf lokaler Ebene. Die Jugendämter und großen Träger beschäftigen 60 Fachberaterinnen und Fachberater, und acht Kindertageseinrichtungen wurden als „Konsultationskita“ ausgewiesen, von denen jede auf ein bestimmtes Thema spezialisiert ist.

Wir haben eine dieser Konsultationskita besucht, in der man sich speziell mit Gruppenorganisa- tion, Umfeld und Design, sowohl im Innen- wie im Außenbereich, befasste. Die Kita wird von Gruppen von anderen Einrichtungen besucht, was durch die örtlichen Jugendämter und freien Träger organisiert wird. Für ihre besondere Arbeit erhält die Kita einen Extrazuschuss von 10.000 Euro jährlich.

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14 „BABY-PISA“

Mehrfach erwähnt wird im Bericht das Projekt

„Zum Bildungsauftrag von Kindertagesein- richtungen“, das von 1997 bis 2000 von infans in den Ländern Brandenburg, Sachsen und Schleswig-Holstein durchgeführt wurde.

Der Bericht vermerkt dazu: „Teils, weil man eine Vernachlässigung der Bildung in dem Dreiergespann aus Betreuung, Bildung und Erziehung erkannt hatte, gab die Bundesre- gierung in den späten 90er-Jahren die bereits erwähnte Untersuchung ‚Zum Bildungsauf- trag von Kindertageseinrichtungen’ in Auftrag.

Dieses Projekt unter der Leitung von Hans- Joachim Laewen, das sowohl in Kindergärten in den ABL wie den NBL durchgeführt wurde, hat ein Verständnis von Bildung geschaffen, das die Mitwirkung des Kindes (und des Erwachsenen) an seinen Bildungs- und Ent- wicklungsprozessen betont, ein Konzept der Selbstbildung, das sich auf sozialkonstruktivi- stische Theorien bezieht (...). In den von uns besuchten FBBE-Einrichtungen wurde häufig

darauf hingewiesen, dass dieses Konzept der Selbstbildung Einfluss auf ihre Arbeit habe.“19 Die Berichterstatter weisen mehrmals auf den Situationsansatz hin, der von der Internatio- nalen Akademie für innovative Pädagogik, Psychologie und Ökonomie gGmbH an der Freien Universität Berlin entwickelt wurde und in vielen Einrichtungen im Land Brandenburg eine wichtige Rolle spielt: „Der Situationsan- satz gab den Anstoß zu vielen innovativen Projekten, wurde jedoch wegen seiner Kom- plexität häufig in der Praxis simplifiziert, was zum Vorwurf der Beliebigkeit der durch den Situationsansatz geprägten Praxis führte.

Teils als Reaktion auf diese Kritik und um dem nach wie vor in der Praxis dominierenden Situationsansatz ein stärkeres Bildungsge- präge zu geben, wurde die Initiative der Bun- desregierung ‚Zum Bildungsauftrag von Kin- dertageseinrichtungen’ ins Leben gerufen.

Das Konzept der Selbstbildung, das aus die- sem Projekt hervorging, kann somit als Reak- Seit der Wiedervereinigung hat man in Brandenburg verschiedenste Projekte für die Förderung der FBBE-Einrichtungen ins Leben gerufen, mit besonderem Augenmerk auf deren Bildungsrolle und Zusammenarbeit mit dem Schulsystem, der Diversifikation von Leistungen sowie der Qua- litätsüberwachung. Im letzteren Falle entwickelt Brandenburg seit 1992 ein System für die Qua- litätsüberwachung seiner FBBE-Einrichtungen. Es verwendet dabei die KES (Kindergartenein- schätzskala), eine in Deutschland entwickelte Bewertungsskala auf der Grundlage der American Early Childhood Environment Rating Scale. Es hat einen Bildungsplan mit dem Titel Grundsätze der Förderung elementarer Bildung in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung ausgearbeitet.

Dieses Dokument identifiziert Bereiche für die Bildungsarbeit in Kindergärten (Körper, Bewegung und Gesundheit, Sprache, Kommunikation und die Kultur des geschriebenen Worts, Musik, Krea- tivität, Mathematik und Naturwissenschaft, soziales Leben) mit unterstützenden Beispielen, Begründungen und Erläuterungen, wie Einrichtungen die Entwicklung der Kinder in jedem Bereich fördern können. Der Plan wurde anhand eines Expertengutachtens und umfangreicher Beratungen mit Praktikern erstellt.

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tion auf die Frage nach der Bedeutung und Praxis des Situationsansatzes aufgefasst werden.“20

Pädagogische Dokumentation

Mehrfach wird im Bericht auf die Bedeutung praxisunterstützender Hilfsmittel verwiesen,

„wie etwa einer pädagogischen Dokumentati- on, die die Praxis sichtbar machen und einer Analyse und Bewertung unterwerfen.“21 An anderer Stelle heißt es: „Z. B. könnte sich eine Analyse des Hilfsmittels der ‚pädagogi- schen Dokumentation’ und der Rolle des/der

‚pedagogista’ als sehr nützlich für die Ent- wicklung der Qualität und des Lernens in den frühkindlichen Einrichtungen in Deutschland erweisen.“22

Das Thema „Beobachten und Dokumentieren der individuellen Bildungsverläufe“ ist ein zentraler Bestandteil der „Grundsätze ele- mentarer Bildung in Einrichtungen der Kinder- tagesbetreuung im Land Brandenburg“. Im Rahmen des Projekts „Zum Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen“ und des „10- Stufen-Projekts-Bildung“ wurde und wird von infans mit dem „Portfolio“ und anderen unter- stützenden Materialien eine Möglichkeit für eine entsprechende individuelle Bildungsdo- kumentation entwickelt, die in den beteiligten Kitas bereits mit guten Ergebnissen ange- wendet wird.

Fazit

„Wir sind da, wo andere hin wollen“, so lautet die Überschrift der „Märkischen Oderzeitung“

zur Studie. Aber kann sich das System der Kindertagesbetreuung im Land Brandenburg auf diesen Lorbeeren ausruhen? Dazu noch

einmal ein Zitat aus dem Länderbericht. Dort heißt es: „Deutschland befindet sich in der einzigartigen Lage, bereits in einem Teil des Landes eine gut entwickelte Versorgung zu haben. Es herrscht aber auch die klare Erkenntnis vor, dass man nicht nur mehr, son- dern auch bessere Leistungen braucht. Dieje- nigen, die sich für einen Ausbau der FBBE einsetzen, rennen also offene Türen ein. Die Schlüsselfrage heutzutage lautet ‚wie’ und nicht ‚ob’.“23

Für das „Wie“ gibt es gerade hier im Lande viel an Wissen. In den kommenden Jahren geht es darum, die vorhandenen Ansätze zu sichern und wo möglich noch auszubauen, damit breite Teile der Kita-Landschaft im Land Brandenburg davon profitieren können.

1 weitere Informationen zur OECD unter http://www1.oecd.org/deutschland/

2 Der Bericht ist in englischer Sprache im Inter- net unter http://www1.oecd.org/publications/e- book/9101011E.PDF.

3 Der Hintergrundbericht des Deutschen Ju- gendinstituts wie der OECD-Länderbericht

„Die Politik der frühkindlichen Betreuung, Bil- dung und Erziehung in der Bundesrepublik Deutschland“ sind in der Kurz- wie auch der Langfassung im Internet verfügbar über die Seiten des Bundesministeriums

(http://www.bmfsfj.de/Kategorien/Forschungs- netz/forschungsberichte,did=22074.html ) und die Kita-Startseite des MBJS (http://www.mbjs.

brandenburg.de/kita/kita-startseite). Über die Kita-Startseite ist ebenfalls verfügbar ein Papier des MBJS für den Besuch der OECD- Delegation vom Juni 2004.

4 alle Zitate bis hier aus der Kurzfassung des OECD-Länderberichts

(16)

16 „BABY-PISA“

5 Die Reportage („Kinderbetreuung“) und eine weitere zur Ausbildung von Erzieherinnen („Kindergärten“) der Tagesthemen vom 30.11.2004 stehen im Internet:

http://www.tagesthemen.de/sendugen/0,1196, OID3842446_OIT3842450,00.html

6 http://www.rbb-online.de/_/brandenburgaktu- ell/beitrag_jsp/key=rbb_beitrag_mini_1544781 .html

7 Im Länderbericht werden die Begriffe „Neue Bundesländer“ (NBL) und „Alte Bundesländer“

(ABL) verwendet.

Die Langfassung des Berichts ist durch insge- samt 209 Randziffern gegliedert, mit denen im Folgenden die verwendeten Zitate belegt wer- den; hier Nr. 102.

8 Nr. 94 9 Nr. 95 10 Nr. 25 11 Nr. 122 12 Nr. 103 13 Nr. 106 14 Nr. 205 15 Nr. 128 16 Nr. 181.

17 Nr. 182.

18 Nr. 114, Kasten 6 19 Nr. 49 20 Nr. 53 21 Nr. 182 22 Nr. 206 23 Nr. 122

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Erklärung zu den „Grundsätzen elementarer Bildung in Einrichtungen der Kindertages- betreuung im Land Brandenburg“

Vorgelegt durch das Diakonische Werk Berlin-Brandenburg und die Diözesan- Caritasverbände des Bistums Görlitz und des Erzbistums Berlin

Aus Anlass der Veröffentlichung der „Grund- sätze elementarer Bildung ...“ (KitaDebatte 1/2004) durch das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg und der Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung durch das Ministerium und die Mit- glieder der LIGA der freien Wohlfahrtsverbän- de des Landes Brandenburg legen die Diöze- san-Caritasverbände und das Diakonische Werk ein Positionspapier zu „Religiöse Grunderfahrungen und Werteentwicklung“

vor.

Sie sehen darin eine Fortschreibung der Grundsätze und einen Diskussionsbeitrag zur Förderung der Bildungsdebatte in den Ein- richtungen der Kindertagesbetreuung im Land Brandenburg.

Damit leisten die konfessionellen Spitzenver- bände der freien Wohlfahrtspflege einen kon- kreten Beitrag zu der von der gesellschaft- lichen Öffentlichkeit immer wieder eingefor- derten Wertebildung und Werteerziehung für Kinder und Heranwachsende. Sie verstehen

„Religiöse Grunderfahrungen und Werteent- wicklung“ nicht als zusätzlichen Baustein, sondern wie die in den Grundsätzen darge- stellten Bildungsbereiche als integralen Be- standteil der Bildungs- und Erziehungsarbeit in ihren Tageseinrichtungen für Kinder.

Religiöse Grunderfahrungen und Werteentwicklung

1. Was ist mit dem Bildungsbereich

„Religiöse Grunderfahrungen und Werteentwicklung“ gemeint?

Bildung und Erziehung sind ganzheitliche Prozesse. Sie beanspruchen und fördern jedes Kind körperlich und emotional, geistig und seelisch. Kinder begegnen Religion in All- tagssituationen, zu Festzeiten sowie in der biografischen Entwicklung und in dem Glau- ben von anderen Kindern und Erwachsenen.

Religiöse Grunderfahrungen sind verbunden mit Situationen, in denen Kinder zunächst nach sich selbst fragen: „Wo komme ich her?“

Kinder sind stets aber auch „Philosophen und Gottsucher“ und streben nach Antworten auf Sinnfragen, die sich aus ihrem jeweiligen Lebensumfeld ergeben. Ereignisse wie die Geburt eines Geschwisterkindes, der Tod naher Angehöriger, Umzug oder die Trennung der Eltern führen zu Erfahrungen von Freude und Trauer, Klage und Dank oder Versagen und Schuld. Feste im Jahreskreis, aber auch andere Feste wie Geburtstage, Taufen, Be- grüßungen und Abschiede verlangen nach Deutung und können sich mit zuverlässig wie- derkehrenden Ritualen und mit religiöser Erfahrung verbinden.

Bedeutsam für Kinder ist es, dass ihre Fragen angenommen werden und Erwachsene ge- meinsam mit ihnen nach Antworten suchen.

Dazu gehören auch Fragen wie z.B. „Wie

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18 ERKLÄRUNG ZU DEN GRUNDSÄTZEN … kann ich richtig handeln? Was müssen wir tun, damit gemeinsames Leben gelingt?“

Kinder haben ein Recht auf spirituelle Ent- wicklung und auf „erwachsene Vorbilder“, die ihnen helfen, Deutungsangebote und Wertori- entierungen für ihr gegenwärtiges und späte- res Leben zu entwickeln.

Religiöse Bildung ist als Querschnittsthema zu verstehen und berührt Fragen der Iden- titätsbildung der Kinder, weil sie in ihrer Iden- tität gestärkt und im Prozess der Selbstwer- dung gefördert werden. Dieses Entwicklungs- potenzial umfassend und zielgerichtet dem jeweiligen Alter angemessen zu unterstützen, ist Ziel aller am Bildungsprozess Beteiligten.

Religiöse Erziehung, Bildung und Begleitung sind vorrangige Aufgaben der Eltern. Sie erfordern von ihnen und von allen Erzieherin- nen und Erziehern ein hohes Maß an Einfüh- lungsvermögen, persönlichem Kontakt, sowie Diskretion, Respekt und gegenseitige Wert- schätzung.

Es ist wichtig, dass sich Kinder unvoreinge- nommen angenommen wissen, ihres eigenen Glaubens bewusst werden und ihm Ausdruck verleihen können. Jedes Kind wird eingela- den zur Begegnung mit der christlichen Reli- gion. Damit wird die Grundlage geschaffen für das Kennenlernen anderer religiöser und kul- tureller Traditionen oder Überzeugungen. Sol- che Begegnung ist angelegt auf Dialog und bestimmt von Respekt, Offenheit und Achtung für Kinder und Eltern anderer weltanschauli- cher und religiöser Überzeugungen. Interkul- turelles und interreligiöses Lernen sind Aus- druck dieser Haltung und werden als Berei- cherung erfahren. Kindern, Eltern und Mitar- beitenden ohne christliche Bindung wird offen

begegnet und sie werden in das gemeinsame Leben und Arbeiten stets einbezogen.

In den Tageseinrichtungen für Kinder, die dem Caritasverband oder dem Diakonischen Werk angeschlossen sind, wird jedes Kind als unverwechselbares und geliebtes Geschöpf Gottes wahrgenommen.

Entsprechend begegnen Erzieherinnen und Erzieher jedem Kind mit Wertschätzung und Aufmerksamkeit, insbesondere bei der Ent- wicklung von religiösen Grunderfahrungen und Werten.

2. Wie kann eine Einrichtung der Kindertagesbetreuung Kinder in ihren religiösen Grunderfahrungen begleiten?

Im Alltag der Kindertagesstätte schaffen Erzieherinnen und Erzieher Gelegenheit, Erfahrungen und Gefühle eigenständig aus- zudrücken und eine Sprache für innere Pro- zesse der Auseinandersetzung zu finden:

– Wenn Kinder religiösen Geschichten be- gegnen, dann entdecken sie Ausdrucks- und Bilderwelten für ihre eigenen Erfah- rungen.

– Wenn Kinder teilhaben an religiösen Ritu- len, entdecken sie mit allen Sinnen Be- deutungen für ihr Leben.

– Wenn sie aktiv beteiligt werden an prakti- schen Projekten, in denen gelebter Glau- be in Schöpfungsverantwortung oder sozialer Verantwortung entwickelt wird, erfahren sie Verantwortung und Sinn durch eigenes Tun.

Wenn Kinder religiöse Sensibilität entwickeln und darin begleitet werden, begegnen sie auch mit Achtung und Respekt den Aus-

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drucksweisen anderer Kulturen, Religionen, Konfessionen und Überzeugungen.

So gibt die Auseinandersetzung mit religiösen Grunderfahrungen den Kindern wesentliche Anregungen für die Entwicklung von eigenen Werten und für die Gestaltung des Zusam- menlebens in der jeweiligen Gemeinschaft.

In den Kindertageseinrichtungen werden Werte jeden Tag gemeinsam von Erziehen- den und Kindern gelebt und können mit der Entwicklung zur je eigenständigen Persön- lichkeit herausgebildet werden:

– Wertschätzung und Respekt gegenüber der Natur und allem Leben

– Friedens- und Konfliktfähigkeit – Vertrauen

– Gerechtigkeitssinn und Solidarität – Fähigkeit zum Mitfühlen und Helfen.

Der jeweilige Träger fördert seine Einrichtung bei der Erarbeitung einer Konzeption, in der sich die religiöse Dimension der pädagogi- schen Arbeit abbildet. Dazu gehört auch die Beschreibung der Zusammenarbeit mit der jeweiligen katholischen oder evangelischen Kirchengemeinde, soweit eine solche Verbin- dung gegeben ist.

Erzieherinnen und Erzieher geben sich selbst Rechenschaft über ihre eigene religiöse Sozialisation und Wertorientierung, versu- chen, sie authentisch zu leben. Sie begegnen respektvoll und achtsam anderen religiösen oder weltanschaulichen Einstellungen von Kindern, Eltern und Mitarbeiterinnen und Mit- arbeitern. Die Erzieherinnen achten darauf, welche religiösen Werte Kinder entwickeln, unterstützen sie bei ihrer Suche nach Orien- tierungswissen und gehen auf ihre Fragen ein.

Erzieherinnen suchen das vertrauensvolle Gespräch mit den Eltern auch zu diesen Fra- gen.

Die Gestaltung der Räume und der Tagesab- läufe gibt jedem Kind Zeit und Raum zur Begegnung mit anderen und auch Zeit mit sich selbst. Rituale helfen dabei, einen Wech- sel von Aktion und Ruhe, Bewegung und Besinnung zu finden.

3. Anregungen aus der Praxis

Die religiöse Praxis in evangelischen und katholischen Einrichtungen der Kindertages- betreuung verbindet sich stets mit Erfahrun- gen, die Kinder beschäftigen, und mit Fragen, die sie von Beginn ihres Lebens an aufwer- fen.

Ein vielfach erprobtes Beispiel der Arbeit mit Symbolen und der Entwicklung eigener Ritua- le ist die ganzheitliche sinnorientierte Pädagogik:

Wir staunen: Sonne – Sonnenblume Im Frühling pflanzen wir mit den Kindern Son- nenblumenkerne in die Erde. Wir gießen und pflegen die Pflanzen und beobachten, wie sie größer werden und zum Blühen kommen.

Die Sonnenblume dreht ihren Kopf immer dem Licht der Sonne zu, weshalb sie in eini- gen Sprachen auch „Sonnendreher“ heißt. Es ist als ob sie wüsste, dass sie die Sonne zum Leben braucht. Und je mehr sie sich der Sonne entgegenstreckt, umso ähnlicher wird sie der Sonne.

Wir sprechen mit den Kindern über das Wun- der der Sonnenblume und überlegen, wie wir,

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20 ERKLÄRUNG ZU DEN GRUNDSÄTZEN … so wie die Sonnenblume, die Sonne in unse- rem Leben brauchen.

Schluss mit der Meditation:

Jesus, du bist mein Licht, meine Sonne.

Und ich will es machen, wie die Sonnen- blume:

Ich will mich deinem Licht entgegenstrecken.

Dann werde ich von deinem Licht angestrahlt.

Und werde selbst hell.

Andere können sich dann an mir freuen.

Sie sagen:

Schau, die schöne Sonnenblume

Sie leuchtet fast so hell, wie die Sonne selbst.

Ein anderes Beispiel religiöser Grunderfah- rung: Ein Kind feiert Geburtstag, wird in einer Kirche getauft oder ist neu in der Gruppe. Aus diesem Anlass bilden die anderen Kinder einen Kreis und nehmen das Kind in ihre Mitte und singen folgendes Lied:

Weil Gott dich wollte, bist du da und atmest, lachst und weinst.

Gott schuf dich gut und wunderbar, Ihm sei Lob, Ehr und Preis.

Denn es ist gut, dass du da bist, es ist gut, dass du lebst.

Dem Herrn sei Dank, dass du da bist: Ihm sei Dank, dass es dich gibt.

Kinder fragen häufig:

• Woher komme ich? Warum habe ich meine Eltern? Wer hat alles gemacht?

Was ist hinter den Sternen? – sie fragen nach der Schöpfung und der Natur.

• Warum muss der/die andere sterben?

(Menschen/Tiere) – sie fragen nach dem Sinn des Lebens.

• Auf wen/was kann ich mich verlassen? – Bin ich verlassen, wenn ich allein bin? – sie fragen nach Gott.

• Was gilt bei uns? Was gilt nicht? Was gilt anderswo? – sie fragen nach Ethik, Moral und Werten.

• Ich habe einen Fehler gemacht? Bin ich dennoch weiter beliebt? – sie fragen nach Schuld und Vergebung.

• Was glauben meine Eltern? Was glauben wir? Was glauben andere? – sie fragen nach dem eigenen Glauben und nach Multireligiosität.

Solche Fragen und Erfahrungen haben ihren Platz sowohl im spontanen Spiel und Ge- spräch als auch im Morgenkreis oder bei Pro- jekten im Jahreskreis.

Viele Kinder erleben auch Abschied, Tren- nung und Verlust. Sie brauchen Menschen, die mit ihnen entdecken, dass Krisen und Trennungen im Leben von Kindern Wende- punkte sind und kein Zerstörungspotenzial sein müssen. Krisen bieten die Chance zu einer neuen Stufe der eigenen Entwicklung und können im Vertrauen auf Gott begleitet und gedeutet werden.

Die Begegnung mit der Erzähltradition der Schriftreligionen Judentum, Christentum und Islam in biblischen Geschichten kann helfen, eigene Erfahrungen und Konflikte auszuspre- chen, zu deuten und zu bewältigen:

• Befreiungs- und Aufbruchgeschichten wie die von Abraham und Moses,

• Geschwistergeschichten wie die von Kain und Abel oder von Josef und seinen Brü- dern,

• Bewahrungsgeschichten wie die von Noah und dem Regenbogen.

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Kinder werden im Festkreis des Jahres (Weihnachten, Ostern, Pfingsten, Erntedank, Martinsfest u.a. Heiligentage) herausgefor- dert, sich mit den religiösen Traditionen und Deutungen des eigenen Kulturkreises ausei- nander zu setzen. Dazu gehören auch vielfäl- tiges Erleben von Musik und die Verwendung christlichen Liedgutes, der Besuch von benachbarten Kirchengebäuden oder die Mit- gestaltung bzw. das Erleben von Gottesdiens- ten. Kinder entdecken vor dem Hintergrund solcher eigenen Erfahrungen die Symbole,

Feste und Bräuche ihrer und anderer Religio- nen und Kulturen.

Wenn mit Kindern Gebete gesprochen und Rituale gepflegt werden (z.B. Kerze anzün- den), setzen sich Erzieherinnen, Eltern und Kinder auseinander mit dem, was die Men- schen „unbedingt angeht“ und welche Wün- sche, Hoffnungen, Gefühle und Absichten gemeinsam und unabhängig von der Religi- onszugehörigkeit zum Ausdruck gebracht werden.

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In der Diskussion:

Naturwissenschaften im frühen Kindesalter?

Interview mit Gisela Lück / Kornelia Möller / Elsbeth Stern

Seit PISA boomt das Wort Bildung und alle hoffen auf dieselbe im frühen Kindesalter. Wo liegen die Chancen und die Gefahren einer

„naturwissenschaftlichen Bildung“ im Kinder- garten? Das hat KiTa aktuell drei Interview- partnerinnen gefragt: Prof. Dr. Gisela Lück, Professorin für Didaktik der Chemie an der Universität Bielefeld, Prof. Dr. Kornelia Möller, Professorin für Didaktik des Sachunterrichts an der Universität Münster, Prof. Dr. Elsbeth Stern, Professorin für Pädagogische Psycho- logie im Forschungsbereich Erziehungswis- senschaft und Bildungssysteme am Max- Planck-Institut für Bildungsforschung, Berlin.

Hier vier zentrale Fragen – und vier klare Ant- worten:

1. Gehören die Naturwissenschaften in den elementarpädagogischen Bildungsauftrag?

Gisela Lück: Kinder im Alter von fünf und sechs Jahren zeigen ein großes Interesse an Naturphänomenen und stellen gerade zu die- ser Zeit die vertrauten „Warum-Fragen“. Eine erste Heranführung an Naturphänomene – und hier sind neben biologischen Themen vor allem Aspekte der unbelebten Natur hervor- zuheben – gibt den Kindern Antworten auf ihre Warum-Fragen, sodass aus meiner Sicht eine behutsame Heranführung an die Natur- wissenschaften eindeutig zum Bildungsauf-

trag des Elementarbereichs gehört. Ich freue mich sehr, dass der gerade erschienene Bayerische Bildungsplan dem Themenbe- reich der unbelebten Natur einen festen Raum gegeben hat. Andere Bundesländer ziehen inzwischen nach, so etwa Berlin und NRW.

Ich komme gerade von einem Vortrag in Burghausen, wo ich zu meiner Überraschung gehört habe, dass durch Unterstützung des IGBCE (Industriegewerkschaft Bergbau, Che- mie und Energie) in vielen Einrichtungen des Elementarbereichs Naturphänomene experi- mentell erfahren und gedeutet werden. Die einstimmig positive Resonanz von Erzie- her(n)innen, Eltern, Beobachtern und vor allem aber der Kinder zeigt, dass wir damit auf dem richtigen Weg sind. Das ist für mich ein wesentlicher Beitrag zur Empirie, der weit über erste Einzelfallstudien hinausgeht, die am Anfang neuer Impulse stehen. Ich wün- sche mir, dass einige Skeptiker einmal den Weg von ihrem Schreibtisch in die Kindergär- ten machen, um dann ein realitätsnäheres Urteil geben zu können.

Kornelia Möller und Elsbeth Stern: Man muss unterscheiden zwischen den Naturwis- senschaften als Gegenstand der elementar- pädagogischen Bildung und einer Vorberei- tung auf naturwissenschaftliches Denken.

Kinder können noch nicht Naturwissenschaf- ten im eigentlichen Sinne betreiben, das heißt

IN DER DISKUSSION:

22

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mithilfe von Gesetzmäßigkeiten Erscheinun- gen erklären.

Es wäre falsch, wenn wir versuchen würden, Kindern naturwissenschaftliche Erklärungen zu vermitteln, denn Kinder können diese noch nicht erfassen. Allenfalls setzen sich in ihren Köpfen falsche Vorstellungen fest, die unter Umständen sogar das spätere Lernen behin- dern.

Sehr wohl aber können wir Kinder auf ein Ler- nen von Naturwissenschaften vorbereiten, indem wir ihr Interesse für Naturerscheinun- gen und ihre Neugier wecken (z.B.: Wieso bewegt sich der Nagel auf der Pappe, obwohl ich ihn nicht bewege?). Dabei lernen sie, genau zu beobachten, mit eigenen Worten zu beschreiben und einfache, beobachtbare Zusammenhänge zu entdecken: Wenn ich einen Magneten unter einer Pappe hin und her bewege, bewegt sich der Eisennagel.

Auch können Kinder bereits lernen, eigenen Fragen nachzugehen: Geht das auch bei anderen Gegenständen? Welche Dinge las- sen sich mit dem Magneten bewegen, welche nicht? Woraus sind diese Dinge gemacht?

Wir erziehen Kinder nicht zum naturwissen- schaftlichen Denken, indem wir sie ein Expe- riment durchführen lassen und anschließend eine Erklärung liefern, die sie weder verste- hen noch nachprüfen können. Naturwissen- schaftliches Denken erfordert vielmehr zu ler- nen, Fragen zu stellen, Vermutungen zu haben und diese mit geeigneten Mitteln zu überprüfen. Es geht also nicht um Erklären von Phänomenen, sondern vielmehr um das

Befragen und Untersuchen von Phänome- nen. International sprechen wir von „scientific inquiry“ – eine schöne Formulierung, die deut- lich macht, dass es im Hinblick auf naturwis- senschaftliche Bildung um den Prozess des naturwissenschaftlichen Denkens und nicht um das Mitteilen von Ergebnissen geht.

2. Welche Lernwege brauchen Kinder, um naturwissenschaftliche Erfahrungen machen zu können?

Gisela Lück:Diese Frage lässt sich nicht mit wenigen Worten beantworten. Ich will es den- noch einmal versuchen: Die Naturphänome- ne sollten an den Erfahrungen der Kinder anknüpfen, und zwar so, dass das vermeint- lich Selbstverständliche in der „Warum-Frage- haltung“ der Kinder zum Thema gemacht wird.

So hat beispielsweise jedes Kind bereits erfahren, dass sich Steine in Wasser über- haupt nicht auflösen, Zucker und Salz dage- gen schon. In einem Experiment hat das Kind nun die Gelegenheit, „mit allen Sinnen“ ein- mal ganz genau zu beobachten, was beim Lösevorgang von Zucker geschieht. Der Zuckerwürfel löst sich ganz allmählich zunächst an den Würfelecken, erst dann an den Kanten und schließlich an den Flächen.

Das braucht Zeit und geschieht in kaltem Wasser viel langsamer als in heißem Wasser, wo wir den Vorgang in der Regel im Alltag erfahren.

Und warum ist das so? Nachdem die Sinne dem Kind das Phänomen vor Augen geführt haben, ist nun die „Anstrengung des Begriffs“

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24 IN DER DISKUSSION:

gefragt, um der Natur auf den Grund zu gehen. Es ist entscheidend, diese Frage mit den Kindern gemeinsam und kindgerecht zu erörtern. Warum löst sich ein Stein in Wasser – zum Glück – nicht, ein Zuckerwürfel aber doch? Weil das Wasser beim Stein wie bei einer Mauer nicht hindurchkommen kann, der Zuckerwürfel aber das Wasser, wie eine Wand aus Luftballons, hindurchlässt.

Mithilfe solch einer Analogie wird den Kindern auch deutlich, dass der Zuckerwürfel eben nicht verschwindet, also auf und davon ist, sondern dem Wasser nur Platz gemacht hat – wie die Luftballons, die ja auch nicht weg wären, wenn Wasser sie von ihrem Platz ver- drängen würde.

Diese Deutungen, aber auch das genaue Beschreiben der Beobachtungen gehen stets mit Sprache einher, sodass jede Heran- führung an die Naturphänomene nicht nur die Sinne schärft, die Rolle des Experiments ver- deutlicht, der natürlichen Neugier der Kinder entgegenkommt, sondern immer zugleich auch Sprachförderung bedeutet.

Kornelia Möller und Elsbeth Stern: Die Frage ist falsch gestellt. Kinder machen keine naturwissenschaftlichen Erfahrungen, son- dern Erfahrungen mit Phänomenen. Sie beobachten, dass sich Zucker im Wasser löst, Sand aber nicht. Diese Beobachtung kann Lernaktivitäten in Gang setzen: Welche Dinge lösen sich auf, welche nicht? Warum ist es nützlich, dass sich manche Dinge im Wasser auflösen und manche nicht (z. B. das Salz, ein Mensch, der im Wasser schwimmt...)? Wir sammeln alles, was sich im Wasser auflöst...

Viele dieser Erfahrungen machen Kinder im

Spiel. Erzieherinnen sollten solche Gelegen- heiten aufgreifen und die Kinder zum Weiter- fragen und zum eigenen Experimentieren ermuntern.

Im naturwissenschaftlichen Unterricht der Schule können Darstellungsformen wie Zeichnungen, Tabellen, Diagramme oder auch bestimmte Geräte sehr hilfreich sein. In Tabellen lassen sich Beobachtungen eintra- gen. Mit Skizzen kann man eine Situation auf das Wesentliche reduzieren. Diagramme und Grafen, aber auch konkrete Geräte wie die Balkenwaage können als Denkwerkzeuge dienen, mit deren Hilfe man aus bestehen- dem Wissen neues Wissen ableitet. Die im Berliner ENTERPRISE-Projekt durchgeführ- ten Studien zeigen, dass sowohl Grafen als auch die Balkenwaage von Grundschulkin- dern als Denkwerkzeuge genutzt werden kön- nen, um sich wichtige naturwissenschaftliche Größen wie Geschwindigkeit und Dichte zu erarbeiten. Den eher spielerischen Umgang mit Zeichnungen und anderen Darstellungs- formen könnte man bereits im Kindergarten an konkreten Situationen üben. Kinder, die bereits in einfachen Situationen Erfahrungen mit solchen Darstellungsformen gemacht haben, können sie dann später zur Lösung komplexer Probleme heranziehen.

3. Wollen beziehungsweise können Kindergartenkinder verstehen, warum sich zum Beispiel Gummibärchen im Wasser auflösen und die Kerze ohne Sauerstoff nicht brennen kann?

Gisela Lück: Ich wünschte mir, dass die Skeptiker in Bezug auf frühe Naturwissen- schaftsvermittlung zumindest meine Veröf-

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fentlichungen lesen würden, bevor sie diese kritisieren: Niemals würde ich Gummibärchen mit Kindern in Wasser auflösen: Dieses Expe- riment würde Stunden dauern, und welches Kind mag dann noch zugucken? Der Löse- vorgang kann mit Zucker – wie eben beschrieben – deutlich schneller gezeigt wer- den, außerdem fände ich es sehr schwierig, Kindern naturwissenschaftlich zu erklären, warum die Gummibärchen vor dem Auflösen so unansehnlich dick werden (hat mit der Gelatine zu tun). Nein, dieses Beispiel zeigt gerade, worauf es beim Experimentieren ankommt und was wir vermeiden sollten. Mit der Aufforderung, einmal einen Weg zu fin- den, wie Gummibärchen unter Wasser tau- chen können, ohne nass zu werden, wird den Kindern die Gelegenheit gegeben, Lösungs- vorschläge zu erarbeiten: Taucheranzug, Wasser weggießen ... und über das Nach- denken über Problemlösungen wird den Kin- dern ein Weg zu der Erfahrung vorbereitet, dass Luft eben nicht nichts ist, sondern etwas, das Raum einnimmt und auch in einem vermeintlich leeren Glas existiert. Hie- rin können sich unsere Gummibärchen flüch- ten, um auf einem Aluteelichtschälchen behutsam in die Wasserfluten einer Salat- schüssel zu tauchen. Darin bleiben sie trocken und lösen sich nicht auf!

Was die Verbrennung einer Kerze mit Sauer- stoff betrifft, möchte ich auch ein wenig korri- gieren. Es geht darum, dass die Kinder, wenn sie dann in einem ersten Experiment erfahren haben, dass es Luft überall gibt, an die Eigen- schaften von Luft herangeführt werden: Luft nimmt Raum ein und wird von uns, aber auch von der Kerze zum ,Atmen‘ benötigt. Dass

dabei nur der Sauerstoffanteil der Luft eine Rolle spielt, scheint mir ein Thema zu sein, das den höheren Altersstufen vorbehalten werden sollte.

Kornelia Möller und Elsbeth Stern:Kinder können nicht verstehen, was bei einer chemi- schen Lösung auf Molekülebene oder beim Verbrennungsprozess passiert. Auch jeder noch so gut gemeinte Versuch, Kindern zum Beispiel eine Vorstellung von Teilchen an- schaulich zu vermitteln, um zum Beispiel den Vorgang der Lösung beschreiben zu können, muss fehlschlagen, weil eine solche Er- klärung die Vorstellungsmöglichkeiten von Vorschul- und Grundschulkindern übersteigt.

Wir konnten in Untersuchungen zeigen, dass sich selbst ältere Grundschulkinder diese so genannten Teilchen sehr anschaulich als klei- ne Kugeln vorstellen, was zu erheblichen und behindernden Fehlvorstellungen führt. Kin- dergartenkinder wollen verstehen, aber auf einer anderen Ebene als wir Erwachsenen.

Sie verstehen, indem sie erfassen, was pas- siert und wie es genau vor sich geht. Wir sprechen auch vom so genannten Wenn- dann-Wissen, von einem Wissen, das durch Beobachtung und Manipulation erworben wird.

4. Was können Erzieherinnen bei einem naturwissenschaftlichen Projekt/

Experiment falsch machen? Worauf müssen sie achten?

Gisela Lück:Diese Frage ist leicht zu beant- worten, denn wir haben Kriterien entwickelt, die aus unserer Sicht einfach einzuhalten sind: An erster Stelle steht, dass die Experi-

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26 IN DER DISKUSSION:

mente absolut ungefährlich, zudem preiswert und die zum Experimentieren erforderlichen Materialien leicht erhältlich sein müssen, denn ein zuvor beim Chemikalienhandel erforderlicher Einkauf würde so manchen Enthusiasmus schon im Keim ersticken. Die Versuche sollten immer gelingen, um kein Misserfolgserlebnis aufkommen zu lassen.

Außerdem kann beim Misslingen eines Ver- suchs das Phänomen nicht verdeutlicht wer- den. Die Kinder sollten alle Versuche selbst durchführen können, das heißt, dass die Experimente in der Durchführung nicht zu aufwändig sein sollten. Wenn das Experiment zudem einen Bezug zum Alltag aufweist, bie- tet sich die Chance, dass das Kind die für das Experimentieren erforderlichen Materialien wiederentdeckt, was die Erinnerung an das Naturphänomen fördert. Last not least sollten der Versuch und das in ihm verdeutlichte naturwissenschaftliche Phänomen kindge- recht deutbar sein, damit es für das Kind nicht als Zauberei erscheint. Mit dieser Krite- rienauswahl scheiden viele Experimente gerade für den Elementarbereich von vorn- herein aus, aber dennoch lassen sich einige Dutzend Versuche finden, und sollte es uns gelingen, unsere Kindergartenkinder an diese heranzuführen, so würden sie vielleicht mehr experimentelle Erfahrungen in den Naturwis- senschaften sammeln als so mancher von uns während der gesamten Schulzeit im Che- mie- und Physikunterricht.

Kornelia Möller und Elsbeth Stern:Es geht nicht darum, dass Kinder Experimente nach Anleitung durchführen und von den Erziehern hinterher die richtige Erklärung geliefert be-

kommen. Ein solches Vorgehen tötet natur- wissenschaftliches Denken schon im Ansatz ab. Was lernen Kinder bei einem solchen Vor- gehen? Sie lernen, Antworten der Erwachse- nen, die sie nicht verstehen, zu übernehmen und bestenfalls wieder zu vergessen. Häufig allerdings bleiben unverstandene Informati- onsfetzen hängen, erzeugen Fehlvorstellun- gen und behindern das weitere Lernen. Erzie- herinnen sollten darauf achten, welche Fra- gen Kinder stellen, sie sollten sie ermutigen, ihre Fragen durch einfache Experimente zu überprüfen und die beobachteten Wirkungen zu beschreiben – zum Beispiel auch mithilfe von Zeichnungen, Skizzen oder gegenständ- lichen Abbildungsformen. Auf diese Weise üben Kinder ihr sprachliches Ausdrucksver- mögen. Damit bereiten wir Vorschulkinder eher auf die Naturwissenschaften vor als durch das Vermitteln von Antworten, die Kin- der allenfalls auswendig lernen können.

Der Abdruck des Interviews erscheint mit freundlicher Genehmigung der Redaktion der Fachzeitschrift KiTa aktuell (Ausgabe MO, Heft Juni 2004).

Anmerkung:

Dieses Interview führte Petra Weiser, Herausgebe- rin von KiTa aktuell BW.

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Die Kita ist ein guter Bildungsort, wenn...

Skizzen zum 3. Bildungstag Kita im August 2004 in Potsdam / Ludger Pesch Der große Saal des Auditorium maximum der Universität Potsdam reichte nicht aus, um alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 3. Bil- dungstages Kita am 26. August 2004 aufzu- nehmen, Damit rund 550 Personen Platz fan- den, waren zwei weitere Räume notwendig, in die mittels Videotechnik übertragen wurde.

Seit fast 10 Jahren setzt das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport einen Schwer- punkt im Bereich des Bildungsauftrags in der Kindertagesbetreuung. In dieser Zeit ist ein ungewöhnlich dichter fachlicher und mensch- licher Zusammenhang im Land Brandenburg entstanden. In hoher Kontinuität erarbeiten Vertreter/-innen aus Wissenschaft, sozial- pädagogischer Praxis, Politik und Verwaltung ein zukunftsfähiges Verständnis von Bildung und Erziehung in Kindertageseinrichtungen;

wesentliche Impulse gaben dabei die INFANS-Modellprojekte. Diese Entwicklung führte im Frühjahr dieses Jahres zu einer Ver- einbarung zwischen Land und freien Trägern über die „Grundsätze elementarer Bildung in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung im Land Brandenburg.“

Der Bildungstag Kita bot einerseits die Mög- lichkeit, sich in Referaten, Gesprächsrunden und Fachforen über zentrale Fragestellungen und praktische Ansätze zu informieren; ande-

rerseits waren die Teilnehmer/-innen aufgeru- fen, sich in mündlicher wie schriftlicher Form zu äußern. Dazu waren Rückmeldekarten vorbereitet, auf denen die Teilnehmer/-innen den Satzanfang „Die Kita ist ein guter Bil- dungsort, wenn...“ aus ihrer Sicht vervollstän- digen konnten.

Im Folgenden werden einige Skizzen vom Tag wiedergegeben; die einzelnen Beiträge sind im Rahmen einer Online-Dokumentation nachzulesen.

Manfred Helbig eröffnete im Namen der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrts- pflege Brandenburg den Bildungstag. Er drückte den Wunsch aus, dass auch die öffentlichen Träger sich bereit finden, die Ver- einbarung mitzuunterzeichnen.

Dr. Christa Preissing von der INA gGmbH gab einen Einblick über Unterschiede des Bil- dungsverständnisses im europäischen Über- blick. Sie stellte die brandenburgischen Grundsätze damit in einen Zusammenhang mit anderen Programmen, die ausgehen von der Autonomie des Kindes und dem Dialog zwischen ihm und den Erwachsenen (gegenüber Formen der Belehrung und Unterweisung).

Ludger Pesch und Dr. Petra Völkel führten in einem „Dialog auf dem Podium“ anschließend in einige Grundlinien und vor allem Umset- zungsebenen der brandenburgischen Bil-

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28 DIE KITA IST EIN GUTER …

dungsgrundsätze ein. Ausgehend von einer im Video dokumentierten Kinderbeobachtung betonten sie die aktive Rolle, die in einem sol- chen Bildungsverständnis den sozialpädago- gischen Fachkräften zukommt: Sie sind es, die eine angemessene Konzeption und anre- gende Lernumgebungen zu schaffen sowie die Lernprozesse der Kinder und die eigenen zu beobachten und auszuwerten haben.

Der zu dieser Zeit amtierende Minister Steffen Reiche stellte die Bemühungen des Landes Brandenburg in den nationalen und internatio- nalen Kontext. Er sprach den beteiligten Per- sonen seinen Respekt aus für die Leistungen der vergangenen Jahre trotz manch widriger Umstände. Er erhoffe sich von den neuen Arbeitsmöglichkeiten im Zuge der Hartz IV- Reform eine personelle Unterstützung auch für die Kindertagesstätten – eine Ankündigung, mit der er an diesem Tag auf Skepsis stieß.

Aus den vielen Rückmeldekarten seien abschließend einige prägnante herausgeho- ben. Eine große Zahl von Teilnehmer/-innen ergänzte den Satz mit Anmerkungen zur Per- son und zur Rolle der Erzieher/-innen selbst.

Demnach ist die Kita ein guter Bildungsort, wenn die ...

– Erzieher/-innen selbst wissbegierig sind, – Erzieher/-innen erkennen, dass Beobach-

ten der wichtigste Schritt zum Erkennen der Themen der Kinder ist,

– Erzieher/-innen den Druck aushalten, dass nicht wöchentlich Bastelarbeiten ent- stehen und mit nach Hause gebracht wer- den,

– Erzieher/-innen willens und in der Lage sind, lustvoll und mit eigenem Interesse mit den Kindern die Welt zu erfahren, – Erzieher/-innen engagiert und humorvoll

arbeiten.

Eine Reihe von Karten bezieht sich auf Rah- menbedingungen der sozialpädagogischen Arbeit. Demnach wird die Bildungsarbeit unterstützt, wenn...

– durch Weiterbildung ausreichend qualifi- ziertes Personal zur Verfügung steht, – gut ausgebildete jüngere Erzieher/-innen

arbeiten können,

– Erzieher/-innen Vorbereitungszeit zur Auf- arbeitung von Bildungsthemen haben, – Sicherheit und Orientierung durch eine

klare Unterscheidung von DDR-Erzie- hungsplan und den heutigen Bildungs- grundsätzen vermittelt werden.

In einer dritten Kategorie von Rückmeldekar- ten werden gezielt einzelne Aspekte der sozi- alpädagogischen Arbeit angesprochen. Die Kita ist danach ein guter Bildungsort, wenn – sie im Wald stattfindet,

– Kinder verschiedenste Gegenstände untersuchen und forschen können, – bei der Beobachtung weniger auf Defizite

als auf Ressourcen des Kindes geschaut wird,

– sich Hortkinder selbsttätig organisieren können.

Der 3. Bildungstag Kita war ein reichhaltiger und anregender Tag. Die brandenburgische Fachszene zeigte sich als vielfältig und kom- munikativ.

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Es fehlt die Darstellung des Medienbereichs

Medienkompetenz sollte ein eigenständi- ger Bildungsbereich in der Kindertages- betreuung sein / Dr. paed. Andreas Kai- ser, Amtsleiter Stadt Forst (Lausitz) Das zentrale Thema in der KitaDebatte1/2004 waren die „Grundsätze elementarer Bildung“

in den Einrichtungen der Kindertagesbetreu- ung im Land Brandenburg.

Im Rahmen der insgesamt sechs Bildungsbe- reiche wird kein eigenständiger Bereich Medienerziehung bzw. Medienkompetenzent- wicklung oder schlicht „Medien“ genannt. Allein im Bildungsbereich „Sprache, Kommunikation und Schriftkultur“ wird darauf verwiesen:

„Zu Hause und im Kindergarten gibt es Zei- tungen, Zeitschriften, Bücher und Werbepros- pekte“ (ebenda, S. 19),„Das Bilderbuch gehört zur Kindergartenkultur.“ (ebenda, S.

20). Erklärt wird, dass in Büchern etwas Spannendes, Trauriges, Schönes steht und es neben Bildern auch Texte gibt, die andere Informationen beinhalten als die Bilder.

In mehreren Bildungsbereichen taucht bei der jeweils letzten Rubrik unter „Hinweise“ oder

„Anregungen, Material- und Raumgestaltung“

auch schon einmal das Wort Computeroder Medienwie Tonbandund Kassettenrecorder, Foto-und Videokameraauf.

Verschwiegen wurde der Themenbereich Medien, Medienerziehung und Entwicklung von Medienkompetenzebenso auf dem 3. Bil- dungstag Kita. Weder in den Grundsatzrefe-

raten noch in den von mir besuchten, praxiso- rientierten Gesprächsrunden und Fachforen tauchte das Wort „Medien“ auf. Dies ist umso verwunderlicher, da der Vortrag des Ministers für Bildung, Jugend und Sport, Steffen Rei- che, unter der Überschrift „Auf den Anfang kommt es an: Bildung im 21. Jahrhundert“

stand.

Wohltuend hob sich nur in der Rahmenaus- stellung des 3. Bildungstages der Informati- onsstand der Bildungsinitiative von Microsoft Deutschland und Partnern „Schlaumäuse Kinder entdecken Sprache“ ab. Ausgehend von der These, dass Spielen und Lernen am Computer auch ein Teildes Kindergartenall- tags sein sollen, wurde eine Lernsoftware vor- gestellt, die Kindern Gelegenheit bietet, mit Sprache auf eine Weise zu spielen, die ihnen Spaß macht und ihnen das Erlernen von Lesen und Schreiben erleichtert. Die multime- diale Software ist in der Lage, die Schrift in Lautsprache zu übersetzen. Damit können Kinder zum Beispiel die Erfahrung machen, dass Buchstaben nur in einer bestimmten Reihenfolge ein sinnvolles Wort ergeben.

Weitere Informationen zu diesem zusammen mit der Technischen Universität Berlin erar- beiteten Angebot sind erhältlich über Projektbüro Schlaumäuse

c/o ECC Public Affairs Stichwort „Sonderedition“

Hausvogteiplatz 2, 10117 Berlin.

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