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Ziele und Maßnahmen in der Kälberaufzucht

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18. Jahrestagung, 09.– 11. Oktober 2017, LWK NRW Haus Riswick

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Ziele und Maßnahmen in der Kälberaufzucht

Dr. Sebastian Hoppe

Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Riswick, LWK NRW, Elsenpaß 5, 47533 Kleve

Der Grundstein einer erfolgreichen Milchproduktion wird schon mit der Geburt der weibli- chen Kälber für die Remontierung der eigenen Herde bzw. die Zuchtnutzung dieser Tiere in anderen Betrieben gelegt. Gleiches gilt für die Aufzucht neugeborener männlicher Kälber. Im Workshop „Kälberaufzucht“ sind vor diesem Hintergrund die Themenbereiche 1. Versorgung der Kälber nach der Geburt; 2. Tränkemengen und Tränkekonzentrationen sowie 3. Beifütte- rung der Kälber von besonderer Bedeutung.

Versorgung der Kälber nach der Geburt

Die aktuelle Empfehlung zur Kolostrumversorgung neugeborener Kälber ist eine kontrollierte Gabe von drei Litern Kolostrum innerhalb der ersten drei Lebensstunden des Kalbes. Eine möglichst frühe Versorgung ist aufgrund der zeitlich auf ca. 12 bis 24 h pp. begrenzten Re- sorptionsfähigkeit der Kälber für Immunglobuline aus dem Kolostrum wichtig. Gleichzeitig ist für die Gewinnung des Kolostrums von den Muttertieren zu berücksichtigen, dass inner- halb weniger Stunden nach der Kalbung der Immunglobulingehalt in der Milch der Kuh deut- lich zurückgeht. Eine Reduktion um ca. 40% innerhalb von 9 h ist möglich (SCHOLZ ET AL. 2011). In der zitierten Untersuchung wurde ebenfalls festgestellt, dass es eine große Variation in den Immunglobulin-Gehalten der Kolostralmilch zwischen Kühen gibt. Tierindividuelle Schwankungen machen eine Entscheidungsfindung auf Basis des Alters der Kuh oder auf- grund der Erstgemelksmenge schwierig. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, bei der Ver- wendung frischen Kolostrums, insbesondere aber bei der Anlage von Tiefkühlreserven, die Qualität des Kolostrums zu testen. Hierfür eignet sich in der Praxis als Schnelltest der „Faden- test“, eine Überprüfung der Konsistenz bzw. Klebrigkeit des Kolostrums zwischen den Fin- gern. Genauer ist allerdings die Messung mit Hilfe eines Brix-Refraktometers. Eine Untersu- chung von BIELMANN ET AL. (2010) konnte zeigen, dass ab einem Wert von 22% Brix auf- wärts eine gute Biestmilchqualität vorliegt. Das Auftauen tiefgekühlter Reserven kann bei maximal 46°C im Wasserbad oder auch in der Mikrowelle bei 250 W für 15 min. erfolgen.

Beide Verfahren wurden von FREITAG ET AL. (2009) getestet. Die Verluste an Immunglobulin G in beiden Varianten waren vergleichbar bei 44% zum frischen Kolostrum. Hieraus lässt sich wiederum ableiten, dass eine Erhöhung der Tränkemenge vorgenommen werden sollte, wenn die neugeborenen Kälber mit Kolostrum aus tiefgefrorenen Reserven getränkt werden oder man wechselt zur zweiten Mahlzeit auf frische Biestmilch guter Qualität.

Im Anschluss an die Kolostrumphase (1. bis 3. Lebenstag) bietet sich eine Vollmilchtränke mit Mengen ad libitum in der ersten Lebenswoche an. Die Fütterung sollte mindestens zwei- mal täglich erfolgen. In der Praxis hat sich eine Ausdehnung dieses Verfahrens auf den ersten Lebensmonat der Kälber bewährt. In dieser Zeit kann eine Umstellung auf Milchaustauscher- tränke vorgenommen werden. Für den Fall, dass über längere Zeiträume oder die gesamte Tränkephase Vollmilch eingesetzt werden soll, ist zu berücksichtigen, dass die Spurenele- mentgehalte, v.a. sei Eisen genannt, nicht bedarfsdeckend für junge Kälber sind (DLG, 2016).

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57 Verschiedene Studien haben teils deutliche Unterversorgungen bei mit Vollmilch getränkten Kälbern festgestellt (HÖLLER ET AL., 2011). Eine zusätzliche Eisenversorgung neugeborener Kälber am ersten oder zweiten Lebenstag oral oder über eine Injektion ist zu empfehlen.

Tränkemengen und Tränkekonzentrationen

Im Anschluss an die Kolostrumphase ist die Wahl des geeigneten Tränkeregimes entschei- dend für die Entwicklung und Gesundheit der Aufzuchtkälber. In der Vergangenheit haben sich folgende Zeitpunkte und Maßnahmen in der Tränkephase als besonders beachtenswert erwiesen: Umstallung von Einzelhaltung in die Gruppe, Umstellung von Vollmilch auf Milchaustauschertränke, Beginn der Beifütterung, Beginn und Intensität des Abtränkens. Un- ter Berücksichtigung dieser Aspekte und aus den Erfahrungen der Versuchsanstellungen im VBZL Haus Riswick soll im Folgenden die Aufzuchtphase an einem Beispiel dargestellt wer- den.

Abb. 1: Beispiel für einen Tränke- und Fütterungsplan in der Kälberaufzucht.

Im VBZL Haus Riswick hat sich eine einwöchige Einzelhaltung der neugeborenen Kälber in Einzelhütten bewährt, bevor eine Umstallung in die Gruppe erfolgt. Für Betriebe, die die männlichen Kälber zur Weitermast vermarkten, kann insgesamt eine Ausdehnung der Einzel- haltung auf drei bis vier Lebenswochen angebracht sein. Im ersten Lebensmonat sollten die Kälber intensiv getränkt werden, d. h. in der Menge ad libitum oder mit mindestens 6 bis 8 Litern täglich (Abb. 1). Bei Verwendung von Milchaustauschern (MAT) ist auf einen hohen Magermilchpulveranteil zu achten (>30%), pflanzliche Proteine sollten nicht enthalten sein.

Täglich sollten die jungen Kälber etwa 1000 g Trockenmasse aus MAT aufnehmen, so z.B. zu erzielen mit einer Konzentration von 160 g MAT je Liter Wasser bei einer täglichen Tränke- menge von 6 Litern. Die beschriebenen höheren Mengen im ersten Lebensmonat können zu einer positiven metabolischen Programmierung der (weiblichen) Kälber beitragen. Eigene Auswertungen haben höhere Michleistungen in der ersten eigenen Laktation der weiblichen Nachzucht von über 1000 kg bei intensiver Aufzucht festgestellt (BOTHE ET AL., 2016).

Das „Abtränken“ der Kälber kann mit Beginn des 2. Lebensmonats gestartet werden (Abb. 1).

Versuche im VBZL Haus Riswick haben gezeigt, dass es angebracht ist, lediglich linear die täglich maximal verfügbare Tränkemenge zu reduzieren wobei gleichzeitig die verwendete Konzentration des MAT konstant bleibt. Hierdurch sinkt die Belastung für das Kalb bei der

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Umstellung auf ausschließlich Festfutter. Die täglichen Zunahmen der Kälber können so auf höherem Niveau gehalten werden.

Beifütterung der Kälber

In der Kälberaufzucht ist das Ziel in den ersten Lebenswochen, das Kalb vom Monogastrier zum Wiederkäuer zu entwickeln. Ab dem 8. Lebenstag muss Kälbern Grobfutter oder sonsti- ges strukturwirksames Futter angeboten werden. Es bietet sich z.B. qualitativ hochwertiges, trocken geerntetes Heu an. Wegen zunächst geringer Beifutteraufnahmen und der Gefahr für Nacherwärmung sollte mit der Fütterung von Silagen (Gras und Mais) erst zum Ende der Tränkephase hin begonnen werden.

In den letzten Jahren haben sich die sogenannten Trockenmischrationen für Kälber mehr und mehr durchgesetzt. Dies sind trockene, lagerfähige Mischungen aus einer Grobfutterkompo- nente und Kraftfutter. Entscheidend für eine hohe Akzeptanz und somit frühe Futteraufnahme ist die Qualität der eingesetzten Futtermittel. Für die Erstellung dieser Mischungen eignen sich sowohl Stroh als auch Heu bzw. Luzerneheu, kurz geschnitten auf etwa 3 cm Länge um Selektion zu vermeiden. Bei der Verwendung von Stroh sollte man auf entstaubte Ware zu- rückgreifen. Der Grobfutteranteil sollte je nach Komponente zwischen 13 und 30 Gewichts- prozent liegen, wie die Beispielsmischungen in Tab. 1 zeigen.

Tab. 1: Beispiele für Trockenmischrationen

Stroh/Kraftfutter Luzerne/Kraftfutter Heu/Kraftfutter Gewichtsanteile in FM 13%/87% 25%/75% 20%/80%

Heu/Stroh/Luzerneheu 13% 25% 20%

Körnermais 10%

Weizen/Gerste/KF* 87% 75% 26%

Rapsextraktionsschrot 15%

Sojaextraktionsschrot 15%

Melasse 8%

Pflanzenöl 2%

Mineralfutter 4%

* KF = Kälber-Kraftfutter 19/4 oder 20/4, pelletiert Quelle: verändert nach DLG (2016).

Vorteil der Trockenmischrationen ist, dass sie auf Vorrat hergestellt werden können. Eine tägliche Futtervorlage ist aber aus Hygienegründen und als Kontrollinstrument für die reali- sierte Trockenmasseaufnahme der Kälber angeraten. Die Beifutteraufnahme ist der Parameter, an dem das Ende der Tränkeperiode bestimmt bzw. ausgerichtet werden sollte. Erreichen die Kälber im Gruppenmittel ca. 2 bis 2,5 kg Trockenmasseaufnahme täglich, können sie von der Milchtränke abgesetzt werden (unterstellt ist hier eine homogene Gruppe mit geringem Al- tersunterschied). Um eine frühe Gewöhnung der Kälber an die Trockenmischration zu errei- chen, kann diese schon ab dem 2. Lebenstag angeboten werden, was auch die Umstallung in

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59 die Gruppe erleichtert. In den ersten Lebenswochen können die Trockenmischrationen zur freien Aufnahme angeboten werden (Abb. 1). Zum Ende der Tränkephase, wenn mit der Füt- terung von Silagen, z. B. als Kuhration, begonnen wird, muss die maximale Aufnahme der Trockenmischration auf etwa 2 kg je Tier und Tag begrenzt werden, um zu hohe Kraftfutter- aufnahmen zu vermeiden (Gefahr der subklinischen Pansenazidose). Zudem kann durch die- ses Verfahren ein gleichmäßiger Futterwechsel gestaltet werden.

Fazit

Die vorstehend beschriebenen Punkte in der Fütterung junger Kälber bieten den Rahmen für eine erfolgreiche Aufzucht. Hinzukommen immer noch ein den betrieblichen Erfordernissen angepasstes Haltungssystem. Je nach Zahl der im Jahr aufzuziehenden Kälber können Einzel- hütten oder Iglus in den ersten Wochen sowie Klein- oder Großgruppen in der weiteren Auf- zucht ideal sein. Immer ist jedoch auf eine gute Überwachung des Einzeltiers und der Gruppe, ein Controlling der Tränke- und Futteraufnahmen und ein konsequentes „Rein-Raus- Verfahren“ bei der Stallbelegung mit entsprechenden Entmistungs- und Reinigungsintervallen zu achten.

Literatur

Bielmann, V., Gillan, J., Perkins, N. R., Skidmore, A. L., Godden, S. und Leslie, K.E. (2010):

An evaluation of Brix refractometry instruments for measurement of colostrum quality in dairy cattle. Journal of Dairy Science 93 (8), 3713-3721.

Bothe, B., Hoppe, S., Pries, M., Beintmann, S. und Freitag, M. (2016): Leistung von Milch- kühen in Abhängigkeit der Aufzuchtintensität während der Tränkeperiode. Forum an- gewandte Forschung in der Rinder- und Schweinefütterung, Fulda, 97-100.

DLG (2016): Kälber- und Jungviehaufzucht – Grundstein erfolgreicher Milcherzeugung, Ar- beiten der DLG, Band 203, Frankfurt am Main.

Freitag, M., Stucke, T. und Pfeiffer, J. (2009): Effekte unterschiedlicher Auftauverfahren auf die Funktionsfähigkeit von kolostralem Immunglobulin G (Ig G). Forum angewandte Forschung in der Rinder- und Schweinefütterung, Fulda, 34-37.

Höller, A., Klawonn, W. und Landfried, K. (2011): Eisenversorgung der Kälber sichern.

http://www.dlr.rlp.de/Internet/global/themen.nsf/28fd0aad703279efc12570050048c39 9/42213b0c28618828c12578af002564b0/$FILE/Eisenversorgung_Kaelber_2011.pdf, 30.08.2017

Scholz, H., Knutzen, G., Fischer, B. und Wähner, M. (2011): Einflussfaktoren auf die Qualität der Kolostralmilch von Milchkühen. Züchtungskunde 83 (6), 396-405.

Abbildung

Abb. 1:  Beispiel für einen Tränke- und Fütterungsplan in der Kälberaufzucht.
Tab. 1:  Beispiele für Trockenmischrationen

Referenzen

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