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Archiv "Protein C — Ein physiologischer Inhibitor der Blutgerinnung" (10.04.1985)

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Academic year: 2022

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

EDITORIAL

krankung manifestiert sich meist zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr, seltener bei Kleinkindern oder im höheren Alter. Inzwischen sind über 50 Familien mit angeborenem Protein-C-Mangel bekannt ge- worden.

Z

u Beginn der 60er Jahre isolierten Professor See- gers und Mitarbeiter ein Vitamin-K-abhängiges Enzym, das sie Autoprothrombin Ila nannten. Die klinische Bedeu- tung dieser Substanz erkannte man jedoch erst 20 Jahre spä- ter, als gerinnungsphysiologi- sche Untersuchungen bei Fa- milien mit gehäuftem Auftre- ten thromboembolischer Er- eignisse vorgenommen wur- den. Diese Arbeitsgruppen be- schrieben einen Mangel an ei- nem Inhibitor der Blutgerin- nung, den sie Protein C nann- ten. Autoprothrombin und Protein C sind jedoch bioche- misch identisch. Protein C ist ein Vitamin-K-abhängiges Gly- koprotein, das im Gegensatz zu den anderen Serinprotea- sen des Gerinnungssystems, deren Synthese durch Vitamin K induziert wird, die Blutgerin- nung nicht aktiviert, sondern inhibiert. Klinisch ist daher ein Mangel an Protein C mit ei- nem vermehrten Auftreten thromboembolischer Ereignis- se verbunden.

Protein C selbst ist inaktiv und wird in einem komplexen Wir- kungsmechanismus in seine aktive Form überführt. Der

wichtigste physiologische Ak- tivator ist Thrombin. In den Aktivierungsprozeß sind ein- geschlossen: Thrombomodu- lin (Rezeptor für Thrombin), Protein S (Koenzym von Pro- tein C), Kalzium und verschie- dene Phospholipide. Aktivier- tes Protein C inhibiert die akti- vierten Faktoren V und VIII.

Es lassen sich angeborene und erworbene Formen des Protein-C-Mangels unterschei- den:

1. Angeborener Protein-C-Mangel

Es handelt sich um einen wohl autosomal dominanten Erb- gang mit variabler Expressivi- tät. Die Familienangehörigen leiden zu 60 bis 70 Prozent an teilweise rezidivierenden thromboembolischen Erkran- kungen. Als häufigste Manife- station gelten: oberflächliche oder tiefe venöse Thrombosen der unteren Extremität, ober- flächliche Thrombophlebitiden und die Lungenembolie. Arte- rielle Thrombosen oder Embo- lien treten nach den bisher vorliegenden Erfahrungen nicht vermehrt auf. Die Er-

2. Erworbene Form des Protein-C-Mangels

> postoperativ:

Operative Eingriffe führen zu einer Aktivierung der Blutge- rinnung mit einem vermehrten Auftreten von Thromboembo-

lien. Postoperativ fällt neben Antithrombin III auch Protein C ab. Es wird daher angenom- men, daß auch die Verminde- rung von Protein C für das ge- häufte postoperative Auftreten von Thromboembolien mit verantwortlich ist. Niedrig- dosiertes Heparin verhindert den Abfall von Protein C.

Verbrauchskoagulopathie:

Die Verbrauchskoagulopathie wird durch eine Vielzahl pro- koagulatorischer Substanzen ausgelöst und ist durch eine Verminderung von Gerin- nungsfaktoren, Antithrombin III und Thrombozyten charak- terisiert. In diese Reaktion ist auch Protein C eingeschlos- sen, das durch eine Abnahme seiner Konzentration den Cir- culus vitiosus fördert.

> Maligne und

septische Erkrankungen:

Bei fortgeschrittenen Stadien von malignen oder septischen Erkrankungen werden Gerin- nungsstörungen, ähnlich einer Verbrauchskoagulopathie, be- obachtet. Bei Malignomen zählen Thromboembolien zu dem Komplex der paraneopla- stischen Syndrome. Protein C findet sich auch bei diesen Er- krankungen erniedrigt.

Protein C Ein physiologischer Inhibitor der Blutgerinnung

Job Harenberg, Rainer Zimmermann und Gotthard Schettler

1074 (50) Heft 15 vom 10. April 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

EDITORIAL

D Lebererkrankungen:

Protein C wird als Vitamin-K- abhängiges Enzym in der Le- ber synthetisiert. Eine Ein- schränkung der Leberfunktion führt zu einer Verminderung von Protein C. Bei einer leich- ten Hepatitis und bei den mei- sten Patienten mit Fettleber bleibt Protein C im Normbe- reich. Eine Leberzirrhose geht mit einer Verminderung von Protein C auf im Mittel 25 Pro- zent der Norm einher. Ein

Mangel an Protein C fügt sich damit in das komplexe Bild der Störungen der Hämostase bei diesen Patienten ein. Eine Substitution mit Plasmaderiva- ten führt zu einem Anstieg von Protein C.

orale Antikoagulantien:

Kumarine führen, neben einer Verminderung der Synthese der Faktoren II, VII, IX und X, auch zu einer Inhibierung der Bildung von Protein C. Dies muß bei der Bestimmung von Protein C unter einer oralen Antikoagulation berücksichtigt werden. Zu Beginn einer ora- len Antikoagulation fällt Pro- tein C mit einer Halbwertszeit von sieben Stunden im Plas- ma ab.

Markumarnekrosen:

Es ließ sich zeigen, daß Pa- tienten mit einer Ausbildung dieser seltenen Komplikatio- nen der oralen Antikoagulan- tien einen besonders starken Protein-C-Mangel aufweisen.

Markumarnekrosen treten in den ersten Tagen einer oralen Antikoagulation auf. Protein C besitzt eine kürzere Halb- wertszeit als die der meisten übrigen, durch Vitamin-K-inhi- bierten Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X (Halbwertszeit zwischen sieben und 80 Stun- den). Auf diese Weise kann zu Beginn einer oralen Antiko-

agulation durch eine Vermin- derung von Protein C die Ten- denz einer Übergerinnbarkeit des Blutes auftreten. Dies könnte zu Mikrothrombosen mit sekundärer Einblutung bei dem später einsetzenden ge- rinnungshemmenden Effekt unter Behandlung mit Kumari- nen führen. Die Bestimmung von Protein C hat daher bei dieser seltenen Nebenwirkung der Kumarine neue Hinweise zur Ausbildung der Markumar- nekrosen ergeben.

3. Nachweis und Normwerte Protein C wird mit der ELISA- (Enzyme-Linked Immuno Sor- bent Assay)-Technik bestimmt.

Die Plasmawerte werden ge- gen ein Poolplasma gemes- sen, das definitionsgemäß 100 Prozent Protein C enthält. Die Normwerte beim Menschen liegen zwischen 70 und 150 Prozent. Mit einer erhöhten Thromboseinzidenz ist bei Protein C unter 60 Prozent der Norm zu rechnen.

4. Indikationen zur

Bestimmung von Protein C a) Gesichert:

— Unklare Ursachen von Thrombosen und Lungen- embolien;

— rezidivierende Lungenem- bolien;

— Thromboembolien unter einer effektiven Antikoagu- lation;

— familiär auftretende Throm- boembolien.

b) Fakultativ:

— Septische Krankheitsbilder;

— Verbrauchskoagulopathie;

— schwere Leberfunktionsstö- rungen;

— Markumar-Nekrosen.

5. Therapeutische Maßnahmen

Eine spezifische Behandlung des Protein-C-Mangels mit Substitution von gereinigtem Protein C steht derzeit nicht zur Verfügung. Ziel der medi- kamentösen Maßnahmen ist daher, die sich sekundär aus- bildende Gerinnungssteige- rung aufzufangen. Als Thera- pie der Wahl gilt die Haprini- sierung bei Patienten mit Pro- tein-C-Mangel und akuten Thromboembolien. Anschlie- ßend erfolgt überlappend eine langfristige orale Antikoagula- tion. Patienten mit Protein-C- Mangel erfordern perioperativ und bei Erkrankungen mit er- höhtem Thromboserisiko eine strenge, niedrig dosierte He- parinprophylaxe.

Ausblick

Die vorliegenden Erkenntnisse zum Protein-C-Mangel haben zu einem besseren Verständ- nis von thromboembolischen Ereignissen bei verschiedenen Krankheitsbildern geführt. Sie machen deutlich, daß die zur Verfügung stehenden thera- peutischen Maßnahmen kon- sequent und exakt einzuset- zen sind. Gezielte Analysen von Protein C werden auch in Zukunft neue Aspekte über Zusammenhänge von weiteren Krankheitsbildern mit Throm- boembolien geben.

Privatdozent Dr. med.

Job Harenberg Privatdozent Dr. med.

Rainer Zimmermann Professor Dr. Dr. h. c. mult.

Gotthard Schettler Medizinische Universitätsklinik Bergheimer Straße 58 6900 Heidelberg

Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 15 vom 10. April 1985 (53) 1075

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