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Archiv "Hämorrhoiden: Diagnostische Abgrenzung und differenzierte Therapie" (18.05.1984)

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Hämorrhoiden:

Diagnostische Abgrenzung und differenzierte Therapie

Jens J. Kirsch

Aus der chirurgisch-proktologischen Abteilung der St.-Hedwig-Klinik

und dem Institut für Proktologie, Mannheim

Die zentrale Stellung innerer, also „echter" Hämorrhoiden im Sym- ptomenkomplex zahlreicher analer Beschwerden läßt sich erst mit ei- ner gezielten Diagnostik begreifen. Digitale Austastung und Rekto- skopie allein sind unzureichend; das Proktoskop ist hier das ent- scheidende Instrument. Äußerlich sichtbare oder innerlich tastbare Veränderungen des Enddarms sind fast nie Hämorrhoiden — oft aber deren Folgen. Eine Reihe differenzierender therapeutischer Möglich- keiten hat sich inzwischen bewährt und die Palette der ambulanten Versorgung erweitert, wie etwa die Gummibandligatur. Die operati- ven Verfahren zielen heute auf eine Rekonstruktion des Analkanals;

Stopfrohr und Opiumtropfen gehören ins medizinische Museum. Für den optimalen Einsatz der therapeutischen Möglichkeiten wurde kürzlich ein differenziertes Schema von über 100 ambulant und sta- tionär tätigen Proktologen erarbeitet.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

ÜBERSICHTSAUFSATZ

Da etwa jeder dritte Bundesbürger an Hämorrhoiden leidet, bedeutet das Hämorrhoidalleiden ein ärzt- liches, sozialmedizinisches und damit auch wirtschaftliches Pro- blem im Range einer Volkskrank- heit. Trotzdem beschränkt sich die ambulante Therapie zumeist noch auf die symptomatische Gabe von Salben und Zäpfchen (18)*).

Nach der notwendigen Differen- tialdiagnostik lassen sich heute je- doch mit einer Reihe von gezielt einsetzbaren Maßnahmen wesent- lich bessere Ergebnisse errei- chen.

Definitionen

Beim Gesunden finden sich am anorektalen Übergang arteriove- nöse Geflechte, die als Gefäßpol- ster von drei Ästen der Arteria rec- talis superior gespeist werden.

Synonyme Bezeichnungen für diese normalen Gebilde sind

„Corpus cavernovum recti" = rek- taler Schwellkörper (13, 30) und Hämorrhoidalplexus = Hämorrhoi- dalpolster (16).

Der Abfluß erfolgt vorwiegend über die untere Hohlvene, gering- gradig über die Pfortader (14).

Kranial sind sie überkleidet von praktisch asensibler Schleimhaut, kaudal von diskret sensiblem Über- gangsepithel. Vergrößern sich diese normalen Gefäßstrukturen und führt diese Vergrößerung zu Beschwerden, so sprechen wir von echten bzw. inneren Hämor-

rhoiden (Abbildung 1), deren klini- sche Folge das „Hämorrhoidallei- den" ist.

Wenn auch die venöse Kompo- nente bei diesen Hämorrhoiden nicht bestritten wird (32), so steht die Bedeutung der arteriellen

Blutversorgung im Vordergrund (31). Bei erst- oder zweitgradiger Veränderung hat der Streit „arte- riell oder venös" eher akademi- sche Bedeutung. Bei einer not- wendigen chirurgischen Interven- tion allerdings finden sich die Ver- größerungen fast regelmäßig bei 3, 7 und 11 Uhr Steinschnittlage, also dort, wo die drei genannten arteriellen Äste den Sphinkterap- parat lumenwärts durchbrechen (Abbildung 2).

Je nach klinischer Symptomatik werden heute vier Stadien (Tabel- le 1) als Entscheidungshilfe für die Wahl einer angemessenen Thera- pie (konservativ oder operativ) un- terschieden. In Tabelle 2 werden die oft undifferenziert verwende- ten Begriffe den entsprechenden patho-anatomischen Veränderun- gen zugeordnet und gegeneinan- der abgegrenzt.

Bilden sich in den arterio-venösen Geflechten Thromben (= Hämor- rhoidal-Thrombosen, Abbildung 3), so drängen diese nach außen.

Eine flüchtige Betrachtung er- weckt oft den Eindruck, als seien Hämorrhoiden aus dem Analkanal prolabiert und dann eingeklemmt worden, mit nachfolgender Ne- krose.

Eine echte Einklemmung (Inkar- zeration) ist jedoch selten. Meist schwellen die thrombosierten Ge- flechte ödematös massiv an und drängen damit aus dem After. Die schwarz-livide Farbe ist vor allem bedingt durch die Thrombose, de- ren bedeckende Schicht gele- gentlich nekrotisiert.

Eine Reihe von Gebilden am Ende des Analkanals haben mit echten oder inneren Hämorrhoiden nichts zu tun (Tabelle 2). Die letz- ten 1,5 bis 2 cm des Analkanals sind mit einer hochsensiblen Schicht nicht verhornenden Plat- tenepithels (= Anoderm) ausge- kleidet. Eine Erweiterung der un- ter dem Anoderm gelegenen Ve-

Die in Klammern stehenden Ziffern bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis des Sonderdrucks.

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 20 vom 18. Mai 1984 (59) 1621

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Hämorrhoidalleiden

nen bezeichnet man auch als "in- termediäre Hämorrhoiden"; kor- rekter wäre der Ausdruck "inter- mediäre Varizen" (Abbildung 4);

sie bluten selten. Auch diese kön- nen thrombosieren und drängen als bläulich-livide Knoten aus dem After = "intermediäre Analthrom- bosen".

Erweitern sich die unmittelbar am anokutanen Übergang gelegenen Venen, so spricht man auch von

"äußeren Hämorrhoiden" (29), besser jedoch von perianalen Va- rizen (Abbildung 5). Sie bluten fast nie, thrombosieren jedoch häufig = "perianale Thrombose"

(Abbildung 5). Der Begriff "äuße- re Hämorrhoiden" für diese schmerzhaften Gebilde sollte hier unbedingt vermieden werden.

Auch die aus dem anglo-amerika- nischen Sprachraum stammende Bezeichnung "perianales Häma- tom" (11) ist unkorrekt. Ein Häma-

tom ist - etwa nach einer stump-

fen Verletzung - ein Blutaustritt ins Gewebe, also ein Extravasat;

eine Thrombose dagegen ist ein intravasales Blutgerinnsel (36).

Fälschlich werden mit "äußeren Hämorrhoiden" harmlose peri- anale Hautbildungen des anokuta- nen Übergangs bezeichnet. Es sind "Marisken" oder Karunkeln (Abbildung 6). Histologisch han- delt es sich um vorwiegend fibro- matöse Hautgebilde, die bei ent- zündlichen Prozessen beträcht- lich anschwellen können, z. B. als Vorpostenfalte bei der Analfissur.

Je intensiver sie entzündlich ge- reizt werden, je mehr fibrosie- ren sie (perianale Fibrome). Zwar manifestieren sich an diesen Hautläppchen häufig die unten genannten Hämorrhoidalbe- schwerden (Tabelle 3). Trotzdem sind sie als "Schönheitsfehler"

meist nicht behandlungsbedürftig - es sei denn, daß sie nach Besei- tigung innerer Hämorrhoiden die Analhygiene stören. Selten han- delt es sich um Restzustände pari- analer Thrombosen; so läßt sich et- wa Hämosiderin histologisch nur ausnahmsweise nachweisen (4).

Diagnostische Unterscheidung der Hämorrhoiden

~ Hämorrhoiden- krankhafte Vergrößerung der

arteriovenösen Gefäßpolster am anorektalen Übergang

Einteilung Klinische Symptomatik Anzahl

in Grade Patienten

Grad I allein proktoskopisch 1758

diagnostizierbare Veränderungen

Grad II beim Pressen außen sichtbar, 162 spontane Reposition

Grad 111 bei Druck prolabierend, 139

nur manuell reponibel

reponibler Analprolaps (partiell/total)

Grad IV ständig außerhalb des Anus, 46 nicht mehr reponibel

fixierter Analprolaps (total/partiell}

~ Hämorrhoidal-Thrombose

schmerzhaft, spontane Thrombenbildung 24 in den Hämorrhoiden,

zumeist aus dem After tretend

Tabelle 1: Einteilung von 2018 Hämorrhoidal-Patienten aus dem eigenen Krankengut (1982), zum Teil mit Mehrfachdiagnosen

Ursachen

des Hämorrhoidalleidens Fragen nach Ursache und Progno- se des Hämorrhoidalleidens sind gerade in der Praxis außerordent- lich häufig. Kausal wird heute eine Reihe von Faktoren diskutiert: ei- ne familiäre Belastung bestätigt sich in der Praxis immer wieder;

auch unsere bewegungsarme Le- bensweise hat einen Einfluß. Kaf- fee, Alkohol, kühle Sitzgelegen- heiten sind höchstens Auslöser klinischer Hämorrhoidalsympto- me; als ätiologisches Moment für Hämorrhoiden kommen sie nicht in Frage.

~ Wissenschaftlich hinreichend (9) nachgewiesen ist als Ursache bisher nur unsere schlackenarme Ernährung; allein seit 1950 ist der Schlackenanteil in unserer Nah- rung um ein Drittel zurückgegan- gen (37).

Gerade hieraus aber läßt sich die entscheidende Motivation für eine sinnvollere Lebensweise gewin- nen: je faserreicher die Nahrung, je intensiver die körperliche Tätig- keit, desto besser die Prognose.

Diagnostik

Bei entsprechendem Verdacht rei- chen für die Diagnose erstgradi- ger Hämorrhoiden digitale Unter- suchung und Rektoskopie nicht aus. Der Finger kann die inneren weichen Hämorrhoiden nicht ta- sten. Knotige Gebilde im Analka- nal sind meist harmlose, entzünd- liche Vergrößerungen der Analpa- pillen: "Katzenzähne", "Analpa- pillome". Mit dem Rektoskop las- sen sich zwar die letzten 20 bis 30 cm des Kolons beurteilen, jedoch nur ausnahmsweise der anorekta- le Übergang. Mit diesen zwei Un- tersuchungsmethoden allein wird daher die häufigste Ursache trans- analer Blutungen blutende Hämorrhoiden 1° - oft übersehen.

Das quantitativ wichtigste Instru- ment ist hier das Proktoskop. Nur mit ihm- vorn offen oder mit seit- lichem Fenster- lassen sich Grö- ße und Beschaffenheit der Hä- morrhoidalpolster exakt beu rtei- len (Abbildung 7).

Neben den oft dramatisch er- scheinenden Blutungen gibt es ei- ne Reihe weiterer Symptome des Hämorrhoidalleidens (Tabelle 3), 1622 (60) Heft 20 vom 18. Mai 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Hämorrhoidalleiden

!.Grades II. Grades

II I. Grades

Abbildung 1: Schematische Gradeinteilung der Hämorrhoiden (siehe auch Tabelle 1 ). Nicht die Anzahl, sondern die Größe der Hämorrhoiden entscheidet über die The- rapie. Dabei ist eine Vergrößerung per se noch nichts Krankhaftes, sondern erst die dadurch bedingten Beschwerden (Zeichnung modifiziert nach 27)

die bei jedem Hämorrhoidenstadi- um auftreten können. Sie alle soll- ten zunächst an innere Hämor- rhoiden denken lassen. Anderer- seits weist ein positiver Test auf okkultes Blut nur ausnahmsweise auf Hämorrhoiden hin.

..,.. Differentialdiagnostisch muß bei allen genannten proklologi- schen Symptomen immer an mali- gne und entzündliche Prozesse des Analkanals gedacht werden: Fissuren, Fisteln, Kondylome, M.

Bowen, tiefsitzendes Rektum-Ca., M. Crohn, Anal-Ca., Melanom.

Da aber auch höher gelegene Ver- änderungen - Polypen, Karzino- me, Prokto-Kolitis, M. Crohn -

nicht selten neben diesen "Hä- morrhoidalbeschwerden" beste- hen, gehört zu jeder proklologi- schen Untersuchung zumindest die Rektoskopie. Diese sollte vor der Prokloskopie erfolgen; die mit einer Proktoskopie oft sinnvoller- weise verbundene Hämorrhoi- densklerosierung und gelegent- liche Blutung kann das rektosko- pische Bild verfälschen. Zur Vor- bereitung der Rektoskopie reicht ein Klystier; Laxantien und Nah- rungskarenz sind überflüssig.

Auch ohne jede Vorbereitung ist eine Rektoskopie möglich; um je- de Mukosaveränderung durch un- physiologische Entleerungsreize zu vermeiden, ist dies z. B. in Großbritannien die Regel. Kommt 1624 (62) Heft 20 vom 18. Mai 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

es als Folge innerer Hämorrhoi- den zu einer akuten oder chroni- schen Reizung der Perianalhaut, so ist diese ein guter Nährboden für diverse Schmarotzer. Eine my- kologische Diagnostik allein hat aber keinen therapeutischen Sinn, wenn nicht wegen des Ver- dachtes auf innere Hämorrhoiden gleichzeitig proktoskopiert und eventuell sklerosiert wird (Abbil- dung 8).

Therapie

Die beliebteste therapeutische Maßnahme ist die Verordnung ei- nes der fast 100 Hämorrhoiden- mittel. Zäpfchen, Cremes, Salben, Sprays, Tabletten usw. wirken je- doch lediglich symptomatisch.

Zwar lassen sich damit kurzfristig die lästigen Hämorrhoidalbe- schwerden lindern, die Ursache aber können sie nicht beseitigen.

ln Fällen, in denen eine direkte Behandlung der Hämorrhoiden möglich ist, sind diese Mittel le- diglich als Adjuvantien zu Beginn der eigentlichen Therapie indi- ziert. Dabei sind Suppositorien kritisch zu verwenden, da sie in der Rektumampulle und nicht am Ort der Beschwerden - also im Analkanal - wirken. Lediglich Analtampons**) bilden hier durch ihre spezielle Form eine Ausnah- me. Immer wieder gewarnt wer- den muß vor kortikoidhaltigen Lo- kaltherapeutika; bereits mehr als eine Tube kann das empfindliche Anoderm und die zarte Parianal- haut für längere Zeit schädigen (Abbildung 8). Neben einer ver- besserten Lebensweise (beson- ders schlackenreiche Kost) muß es das therapeutische Ziel sein, die Ursache des Hämorrhoidallei- dens - also die (inneren) Hämor- rhoiden -zu beseitigen. Dies soll- te möglichst dauerhaft, nebenwir- kungsarm und wirtschaftlich unter weitgehendem Erhalt der Arbeits- fähigkeit erreicht werden. Die Möglichkeiten reichen hier von der Sklerosierung bis zur Opera~

.. ) (z. B. Eulatin®·Supp.. Faktu®·Anotamps, Tampositorien® B)

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DEUTSCHES itRZTEBLATT

Hämorrhoidalleiden

tion. Unter Federführung des Au-

tors und Wienert (Aachen) wurde während der 9. Kronberger Cola- Proktologie-Tage (5./6. 3. 1983) ein Behandlungsschema erarbei- tet, das diesen Anforderungen ge- recht wird (Tabelle 4). Das jeweili- ge therapeutische Vorgehen rich- tet sich nach den Hämorrhoiden- stadien 1° bis IV0, setzt also eine exakte Diagnostik voraus.

Abbildung 2: Ar- terielle Versor- gung der Hä- morrhoiden. Die drei Endäste der A. rectalis su- perior durchl:)re- chen bei 3, 7 und 11 Uhr (Steinschnittla- ge) die Rektum- wand. Neben- äste versorgen sogenannte Sa- tellitenknoten (nach 22)

...,. Hämorrhoiden 1°

Die Therapie der Wahl bei Hämor- rhoiden 1° ist die ambulante Skle- rosierung (Abbildung 5). Dabei werden Substanzen (Phenol-Öl, Chinin-HCL u. ä.) in die unmittel- bare Umgebung der drei verant- wortlichen arteriellen Äste oder direkt in die Hämorrhoiden streng submukös injiziert. Die damit

Häufige Gebilde im und am After ("Pseudohämorrhoiden")

Patho-Anatomie korrekte Bezeichnung

erweiterte perianale Venen perianale Varizen Thrombose parianaler Venen perianale Thrombose

erweiterte intermediäre Analvarizen

sub-anodermale Venen

Thrombose intermediäre Anal-

intermediärer Analvarizen thrombose

perianale Fibrome Marisken

entzünd I ich-fibrös Anal-Papillom vergrößerte Analpapille

• = unkorrekt. •• = falsch Tabelle 2: Begnffsklarung ..

1626 (64) Heft 20 vom 18. Mai 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

initiierte entzündliche Reaktion führt zu einer bindegewebigen Schrumpfung der Hämorrhoiden.

So verschwinden die Hämorrhoi- dalbeschwerden je nach Größe der Knoten und Menge des inji- zierten Materials meist nach weni- gen Sitzungen- auch ohne lokale Zusatztherapie. Dabei sind die beiden aufgezeigten Alternativen (Abbildung 9)

C> Chinin-HCL intranodulär nach

Blond (7) und

C> Phenol-Öl supranodulär nach

Blanchard (6)

in der Hand des erfahrenen Arztes nahezu gleichwertig (19). Mög- liche Komplikationen sind Schleimhaut-Ulzera mit mehrtägi- gen Schmierblutungen und - ex- trem selten - Abszesse und Fi- steln; sie sollten sich bei exakter Technik vermeiden lassen.

Eine vergleichbare sklerosieren- de Wirkung der Infrarot-Koagula- tion nach Neiger konnte bisher noch nicht hinreichend nachge- wiesen werden. Zur Blutstillung jedoch, besonders nach kleineren operativen Eingriffen, ist sie ge- eignet (19, 26). [>

Synonyme

äußere Hämorrhoiden äußere Hämorrhoiden*

perianales Hämatom*

intermediäre Hämorrhoiden innere Hämorrhoiden**

inkarzerierter Analprolaps*

Hämorrhoidal-Thrombose*

Analkarunkel Analhautfalten

äußere Hämorrhoiden**

Papillitis, Katzenzahn Analpolyp*

innere Hämorrhoiden**

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Hämorrhoidalleiden

Abbildung 3: Die Thrombosierung inne- rer Hämorrhoiden und das Begleitödem drängen diese aus dem Anus. Es ent- steht der falsche Eindruck einer lnkarze-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Abbildung 4: Intermediäre Varizen oder intermediäre Hämorrhoiden. Die unter dem Anoderm gelegenen Venen können sich erheblich erweitern und imponieren dann beim Pressen als mächtige Varizenpolster. Sie bluten selten und machen allein noch keine Beschwerden. Allerdings finden sich kranial praktisch immer Hämorrhoiden 1

Abbildung 5 a): Parianale Varizen. Die perianal gelegenen Ve- nen können sich varizenartig erweitern (hier mit einer frischen

"Fissur" bei 6 Uhr). Sie bluten sehr selten und haben allein noch keinen Krankheitswert

Abbildung 5 b): ln den parianalen Venengeflechten, vor allem bei variköser Erweiterung, bilden sich schmerzhafte Throm- ben = parianale Thrombosen. Die Bezeichnungen "äußere Hä- morrhoiden" oder "perianales Hämatom" sind nicht korrekt

~ Hämorrhoiden W

Hämorrhoiden 11° können mit der Blond'schen Methode ebenfalls noch verödet werden, allerdings auf Kosten der Wirtschaftlichkeit, da zahlreiche Sitzungen und häu- fige Nachsitzungen notwendig sind. Eine größere Bedeutung hat hier die semi-operative Ligatur-

methode nach Barron gewonnen.

Im vorn offenen Proktoskop wird ambulant und ohne Anästhesie streng oberhalb des sensiblen Anoderms der Hämorrhoidalkno- ten mit einem kleinen Gummiring abgebunden.

Nach wenigen Tagen wird das nekrotische Gewebe - meist in 1628 (66) Heft 20 vom 18. Mai 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

Verbindung mit einer kleinen Blu- tung - abgestoßen (2). Der dabei gelegentlich nach einigen Stun- den auftretende intraanale Schwellungsdruck läßt sich durch anti rheumatische Suppositorien in den meisten Fällen rasch kupie-

ren. Ernst zu nehmende Nachblu-

tungen treten in 5 Promille aller Fälle auf (33). [>

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Hämorrhoidalleiden

II> Hämorrhoiden III° und IV°

Abbildung 6: Marisken. Zwar manifestie- ren sich an diesen fibromatösen Gebil- den häufig die Hämorrhoidalbeschwer- den, trotzdem sind sie als „Schönheits- fehler" nur selten behandlungsbedürf- tig. Es sind keine „äußeren Hämorrhoi- den"!

Abbildung 8: Chronisches Analekzem.

Hämorrhoiden I° sind die weitaus häufig- ste Ursache perianaler Ekzeme. Der Ab- usus kortikoidhaltiger Salben (hier 12 Tuben) führt zu einem Dauerschaden der Perianalhaut — ein idealer Nährbo- den für Pilze

Sobald größere und vor allem sen- sible Teile des Analkanals dauer- haft prolabieren (Abbildung 10) oder sogar perianal fixiert sind, steht ein chirurgischer Eingriff an erster Stelle.

Bei objektiver oder subjektiver In- operabilität bringt auch die Skle- rosierung Erleichterung. Mit Gum- miband-Ligaturen lassen sich bei noch fixiertem Anoderm drittgra- dige Knoten so weit reduzieren, daß in Einzelfällen ein operativer Eingriff überflüssig wird (1).

Als klarste Operationsmethode hat sich heute die Segmentresek- tion nach Milligan und Morgan durchgesetzt (24). Dabei werden die einzelnen Knoten — meist bei 3, 7 und 11 Uhr Steinschnittlage (SSL) — bis oberhalb des anorek- talen Übergangs unter Belassen ausreichender Anodermbrücken freipräpariert.

Der jeweilige Stiel wird dann ein- schließlich der zuführenden Arte- rienäste im sicher asensiblen Be- reich durchstochen und ligiert.

Bei einem ausgedehnten Analpro- laps (Abbildung 10) kommen die analplastischen Verfahren nach

Abbildung 7: Innere Hämorrhoiden I°. Innere Hämorrhoiden sind die häufigste Ursache transanaler Blutungen (linkes Bild). Ihre Beurteilung — auch im nichtblutenden Zustand (rechtes Bild) — ist nur mit dem Proktoskop möglich

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 20 vom 18. Mai 1984 (69) 1629

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Abbildung 10: Hämorrhoiden III° = repo- nibler Analprolaps. Bei maximaler Ver- größerung der Hämorrhoidalpolster pro- labieren diese bei Druck aus dem Anus und sind nur manuell reponibel. Gleich- zeitig drängen sie das Anoderm nach au- ßen (beachte den Kranz trocken-glän- zender halbmondförmiger Gebilde und die dunkelroten, feuchten Hämorrhoi- den). Die Kranken klagen über ständige Unsauberkeit und Wundsein

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Hämorrhoidalleiden

Abbildung 9: Sklerosierungs-Verfahren: Nach Blanchard (links, aus 17) wird Phenol-Pflanzenöl in die Nähe der arteriellen Hämor- rhoidal-Äste durch das vorn offene Proktoskop injiziert. Bei dem Blond'schen Verfahren (rechts, aus 22) wird durch das Prokto- skop mit seitlichem Fenster eine stärker wirkende Lösung, z. B. Chinin-HCI direkt in den Hämorrhoidalknoten eingespritzt. Damit lassen sich auch bei zweit- und drittgradigen Veränderungen zumindest vorübergehend eindrucksvolle Ergebnisse erreichen.

Parks (28) und Fassler-Arnold (1) in Frage. Diese Verfahren sind präparativ außerordentlich auf- wendig und erfordern ein großes Maß an Erfahrung. Dagegen ist die Methode nach Whitehead nicht mehr vertretbar, da hier das für die Feinkontinenz entschei- dende Anoderm ausgerottet wird.

Wegen der langfristig unbefriedi- genden Ergebnisse gilt der Ein- griff nach Langenbeck als . veral- tet; Stopfrohr und Opium-Tropfen gehören heute ins medizinische Museum (12).

Dringend zu warnen ist vor ambu- lanten Hämorrhoidenoperatio- nen; die bei der kunstgerechten Hämorrhoidektomie in 1 Prozent unvermeidbaren Spät-Nachblu- tungen können innerhalb einer halben Stunde zu lebensbedroh- lichen Situationen führen.

Ungewöhnliche Methoden Zurückhaltung ist bei der kryo- chirurgischen Hämorrhoidenbe- handlung geboten. Die Nebenwir- kungen, wie zum Beispiel post-

operative Schmerzen, schmierige Sekretionen und unvorhersehba- re Nachblutungen bieten gegen- über den genannten Verfahren mehr Nach- als Vorteile (17, 34).

Die alleinige maximale Sphinkter- dehnung oder gar die laterale Sphinkterotomie sind für die Hä-

morrhoidenbehandlung keine ak- zeptable Alternative (23).

„Pseudo-Hämorrhoiden"

Perianale Varizen (äußere Hämor- rhoiden) ohne weitere Symptoma- tik sind nicht behandlungsbedürf- tig. Kommt es jedoch hier zu schmerzhaften perianalen Throm- bosen, befreit ein kleiner chirurgi- scher Eingriff rasch von den Be- schwerden: in Lokalanästhesie sollten kleinere Thrombosen inzi- diert, größere und gekammerte exzidiert werden (36). Auch mit abschwellenden Maßnahmen al- lein lassen sich die Schmerzen, allerdings erst nach 8 bis 10 Ta- gen lindern; die weitere Resorp- tion erfolgt dann nach wenigen Wochen. Marisken stellen gele- gentlich ein hygienisches Pro- 1630 (70) Heft 20 vom 18. Mai 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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Grad der Erkrankung Behandlung

1. Wahl: Gummiligatur (Barron) 2. Wahl: Sklerosierung (Blond) Hämorrhoiden II°

Therapeutisches Schema bei Hämorrhoidal-Leiden

Hämorrhoiden I° 1. Wahl: Sklerosierung (Blond, Phenolöl)

2. Wahl: Anal-Tampons und Salbe

1. Wahl: Hämorrhoidektomie, eventuell mit Plastik

2. Wahl: Gummiligatur + Sklerosierung 3. Wahl: Sklerosierung (Blond)

(eventuell 1- bis 2mal zur Erleichterung) Hämorrhoiden III° und IV°

a) innerhalb 48 Stunden: mit Kinetin®

und LA Reposition sowie Hämorrhoidenbehandlung (s. o) b) später: abschwellende Maßnahmen,

danach Hämorrhoidenbehandlung (s. o.) Hämorrhoidal-Thrombose

perianale und

intermediäre Thrombose

1. Wahl: Exzision/Inzision 2. Wahl: konservativ

in jedem Fall eventuell zusätzlich Hämorrhoidenbehandlung Hämorrhoidenbehandlung, danach eventuell Abtragung Marisken

je nach Symptom Anal-Tampons und Externa als Adjuvans

Tabelle 4: Das jeweilige therapeutische Vorgehen richtet sich nach den Hämorrhoi- den I° bis IV°, setzt also eine exakte Diagnostik voraus

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Hämorrhoidalleiden

blem dar. Besteht dies auch noch nach der Sklerosierung meist vor- handener Hämorrhoiden, so sind sie zu exzidieren.

Drängen größere Hämorrhoidal- Thrombosen (Abbildung 3) einen Teil des Analkanals unter heftigen Schmerzen nach außen, so impo- nieren sie dem Unerfahrenen als dringende OP-Indikation. In die- sem Stadium ist aber die Beurtei- lung der analen Situation nicht möglich; vor einem operativen Eingriff muß daher dringend ge- warnt werden. Besser ist ein kon- servatives Vorgehen mit ab- schwellenden Maßnahmen und Bettruhe. Innerhalb der ersten 48 Stunden kann oft die Injektion von Kinetin® mit einem Lokalanästhe- tikum diese Thrombose beseiti- gen; man massiert sie mit der Schwellung aus, reponiert den Analkanal und schafft damit in we- nigen Minuten Erleichterung. Erst dann sind die vorhandenen (inne- ren) Hämorrhoiden nach dem obengenannten Schema anzuge- hen (10, 21).

Beschwerden in Verbindung mit Hämorrhoidalleiden Symptome Anzahl %

Patienten Blutungen 1414 70 Pruritus 1288 64 Nässen/ 914 45 Wundsein

Brennen 809 40 Engegefühl 421 21 („Ventil")

Druckgefühl 309 15 Proktalgia 271 13 fugax*

ano-genitales 198 10 Syndrom -

" plötzlich auftretende, kurzzeitige Krämpfe im Analbereich, häufig auch nachts

"allein proktologisch bedingte Geni- tal- und Dammbeschwerden (3, 15)

Tabelle 3: 2018 Hämorrhoidal-Patienten aus eigenem Krankengut (1982), Mehr- fachnennungen

Prognose

Da nicht alle Dispositionen zu Hä- morrhoiden bekannt und nur teil- weise beeinflußbar sind (Ernäh- rung), ist eine Aussage zur Pro- gnose nur bedingt möglich. Auf die entsprechenden Fragen der Patienten haben sich folgende Hinweise bewährt:

a) Die erblichen Faktoren lassen sich nicht beeinflussen.

b) Je faserreicher die Ernährung, je bewegungsintensiver die Le-

bensweise, um so besser ist die Prog nose.

c) Sollten nach einer Hämor- rhoidektomie erneut Hämorrhoi- dalbeschwerden auftreten, reicht

eine Verödungsbehandlung aus;

eine Zweitoperation wird prak- tisch nie erforderlich.

d) Jährliche proktologische Kon- trollen — jeweils mit Rektoskopie — lassen rechtzeitige Rezidive er- kennen. Eine eventuell erneut notwendige Sklerosierung kann dann praktisch jahrzehntelang oh- ne Risiko durchgeführt werden.

Literatur im Sonderdruck, zu beziehen über den Verfasser.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Jens J. Kirsch Chirurg und Belegarzt für Enddarm-Leiden an der St.-Hedwig-Klinik Bassermannstraße 36 6800 Mannheim 1

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 20 vom 18. Mai 1984 (73) 1631

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