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Archiv "Neue Legislaturperiode: „Die Bundesregierung arbeitet“" (11.10.2013)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 41

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11. Oktober 2013 A 1891 NEUE LEGISLATURPERIODE

„Die Bundesregierung arbeitet“

Der Ausgang der Koalitionsverhandlungen wird mit Spannung erwartet. In den Sondierungs - gesprächen spielen Übereinstimmungen in gesundheitspolitischen Fragen allerdings nur eine geringe Rolle. Und noch gilt sowieso: Die tägliche Arbeit in den Bundesministerien geht weiter.

D

ie Pressemitteilung aus dem Bundesgesundheitsministeri- um (BMG) vom 2. Oktober ist sachlich. „Deutschland hat bei den Vereinten Nationen in New York das Protokoll zur Unterbindung des unerlaubten Handels mit Tabaker- zeugnissen unterzeichnet“, heißt es am Anfang. Übergeordnetes Ziel des Protokolls sei der Schutz der Gesundheit. „Denn“, wird Bundes- gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) zitiert, „Zigarettenschmug- gel schwächt alle Bemühungen in der Tabakprävention. Die billigen Zigaretten sind häufig gefälscht und überschreiten die Höchstmengen an Schadstoffen oft um ein Vielfa- ches.“ Dies sei eine Gefahr ganz be- sonders für Jugendliche.

Mag die FDP auch nicht mehr im neuen Bundestag vertreten sein und Daniel Bahr damit in den nächsten vier Jahren nicht länger Bundesge- sundheitsminister – noch ist er im Amt. Im BMG bleiben die Um- zugskartons erst einmal im Keller.

„Herr Bahr macht weiter“, teilt ein Sprecher auf Anfrage mit.

Eine Respektlosigkeit gegen- über den Wählern ist das nicht,

sondern Gesetzesauftrag. „Die Bundesregierung arbeitet, und sie wird weiterarbeiten, solange und wie es unser Grundgesetz vor- sieht“, stellt Regierungssprecher Steffen Seibert wenige Tage nach der Bundestagswahl am 22. Sep- tember gegenüber den Hauptstadt- journalisten klar. Bis zur konstitu- ierenden Sitzung eines neuen Bun- destags bleiben die alten Minister im Amt und, sofern der Bundesprä- sident sie beauftragt, auch danach als geschäftsführende Regierung, bis die Koalitionsgespräche been- det sind und neue Minister ausge- wählt und ernannt werden.

Bahr hat noch Termine bis in den November hinein

Dass die FDP nicht mehr im Parla- ment vertreten ist, spielt formal keine Rolle. Denn um ein Minis - terium zu führen, muss man kein Bundestagsmandat innehaben.

Möglich ist aber, dass Bundes- kanzlerin Angela Merkel den Bun- despräsidenten um die Entlassung der liberalen Minister einschließ- lich Daniel Bahrs bittet und Bun- desminister der CDU oder CSU

deren Aufgaben kommissarisch übernehmen. Davon gehen Beob- achter vor allem für den Fall aus, dass sich die Koalitionsverhand- lungen hinziehen.

Doch bis auf weiteres gilt in den Bundesministerien: Die notwendi- ge Tagesarbeit wird erledigt, politi- sche Initiativen und Gesetzesvorha- ben werden vertagt. „Im BMG fin- den zurzeit keine gesetzgeberischen Aktivitäten statt. Es gibt allerdings turnusmäßig Verordnungen auf un- tergesetzlicher Ebene, die politisch nicht bedeutsam sind“, erläutert der Ministeriumssprecher. Diese müs- sen so wie sonst auch erlassen wer- den. Hinzu kommt die Prüfung aller Vorgänge, für die das BMG die Rechtsaufsicht hat. Hierzu zählen unter anderem Beschlüsse des Ge- meinsamen Bundesausschusses oder des (Erweiterten) Bewertungsaus- schusses, der über Honorarfragen für den ambulanten ärztlichen Be- reich entscheidet.

Beispielsweise will das Bundes- gesundheitsministerium wie jedes Jahr nach dem Treffen des Schät- zerkreises der gesetzlichen Kran- kenversicherung Ende Oktober die

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Höhe des durchschnittlichen Zu- satzbeitrags in der gesetzlichen Krankenversicherung verkünden.

Daniel Bahr plant zudem nach An- gaben des BMG-Sprechers, alle zu- gesagten Termine bis in den No- vember zu absolvieren.

Jobvermittlung im Bundestag ist sofort angelaufen

Im Bundestag herrscht weniger Kontinuität. Mehrere tausend Men- schen arbeiten dort; jeder der 620 Abgeordneten hat zwei oder mehr Mitarbeiter, die, verabschiedet sich ihre Chefin oder ihr Chef, auch ge- hen müssen. Durchschnittlich scheidet rund ein Drittel der Abge- ordneten einer Fraktion nach einer Bundestagswahl aus. Als Folge des katastrophalen Abschneidens der Liberalen haben in diesem Jahr al- lerdings alle 93 FDP-Abgeordneten ihr Mandat verloren. Mit ihnen zu- sammen müssen 500 bis 600 Mitar- beiter bis Ende Oktober ihre Büros räumen.

Zwar finden nach Angaben aus der FDP-Fraktion zurzeit einige Übernahmegespräche für die Mitar- beiter mit Abgeordneten anderer Fraktionen statt. Wie viele genau, sei allerdings unbekannt. Betroffen sind aber auch Fraktionsmitarbeiter anderer Abgeordneter. So zieht überraschend die bisherige gesund- heitspolitische Sprecherin der Frak- tion von Bündnis 90/Die Grünen, Birgitt Bender, nicht mehr in den Bundestag ein. Auch sie bemüht sich derzeit, ihre Mitarbeiterinnen in neue Jobs zu vermitteln.

Den ausgeschiedenen oder nicht wiedergewählten Bundestagsabge- ordneten selbst erleichtert das soge- nannte Übergangsgeld die berufli- che Neuorientierung. Diese Bezüge erhält jeder Abgeordnete, der dem Parlament mindestens ein Jahr lang angehört hat. Für jedes Jahr des Mandats wird es einen Monat lang gezahlt, und zwar maximal 18 Mo- nate lang. Pro Monat sind das rund 8 200 Euro, genauso viel wie die re- guläre Diät. Sofern ehemaligen Volksvertretern der berufliche Wie- dereinstieg schnell gelingt, werden neue Einkünfte mit dem Über- gangsgeld verrechnet, genauer: be- reits vom zweiten Monat an.

Ausgeschiedene Bundesminister erhalten für jeden ihrer Amtsmona- te ein monatliches Übergangsgeld, und das maximal zwei Jahre lang;

hinzu kommen Pensionsansprüche.

Hier gilt: Auch die Wochen des Übergangs in diesem Herbst zählen noch mit.

Derzeit konzentriert sich in Ber- lin alles auf die Sondierungsgesprä- che, die die Union mit der SPD wie den Grünen aufgenommen hat. Ne- ben möglichen Kompromisslinien spielt die Frage eine wesentliche Rolle, wann ein Koalitionsvertrag ausgehandelt sein könnte. Über - einstimmungen zu zukünftigen gesundheitspolitischen Vorhaben spielen beim „Wer könnte mit wem?“ kaum eine Rolle.

Sie sind allerdings auch schwer auszuloten. So bieten die Wahlpro- gramme der Parteien nur wenige Ansatzpunkte, weil sie ausgespro- chen allgemein gehalten sind. In den vergangenen Jahren ist es zudem immer wieder vorgekommen, dass Bundesgesundheitsminister Geset- zesvorhaben auf den Weg gebracht

und durchgesetzt haben, die man ih- rer Partei gar nicht zugetraut hätte.

Ein Beispiel ist das Arzneimittel- marktneuordnungsgesetz von Bahr- Vorgänger Dr. med. Philipp Rösler.

Außerdem verlaufen viele ge- sundheitspolitische Debatten ideo- logiefreier als früher und sind stär- ker an Versorgungsnotwendigkeiten orientiert. Franz Knieps, zu Zeiten von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) Abteilungslei- ter im BMG, hat das kürzlich bei ei- nem Vortrag mit ironischem Unter- ton deutlich gemacht. Wenn man vor zwanzig Jahren vorgeschlagen hätte, die Kassenärztlichen Vereini- gungen (KVen) sollten Eigenein- richtungen gründen und dort Ärzte anstellen dürfen, „wäre man einem Mc-Carthy-Ausschuss der KVen vorgeführt worden“, spottete er mit Bezug auf Anhörungen in den Ver- einigten Staaten in den 50er Jahren, die nach dem strikt antikommunis- tischen Senator benannt wurden.

Heute sind Eigeneinrichtungen eine Versorgungsoption.

Eugenie Ankowitsch, Sabine Rieser

Frau Bender, Ihr Platz auf der Landesliste Baden-Württem- berg hat für ein neues Bun- destagsmandat nicht ge- reicht. Ihre Fraktion muss sich nun auch einen neuen gesundheitspolitischen Spre- cher suchen. Hatten Sie das befürchtet?

Bender: Mein Ausstieg kam völlig unerwartet. Ich war da- rauf eingerichtet, dass es nach der Wahl weitergeht, wahr- scheinlich in der Opposition, aber eben mit einem Mandat.

Mit dieser Einstellung bin ich in den Wahlabend hineingegan- gen. Das war dann nicht eine meiner schöneren Nächte.

Wie beurteilen Sie die Diskussionen um die Koali - tionsbildung?

Bender: Ich gehöre schon län- ger zu denen, die gesagt ha- ben: Es kann nicht dabei blei- ben, dass die SPD mit den Grü- nen, aber auch mit der CDU ko- alieren kann, während wir nur die Option in eine Richtung ha- ben. Wir müssen uns für andere Koalitionen öffnen. Deswegen bin ich sehr dafür, dass die Ge- spräche mit Angela Merkel von den Grünen mit Ernsthaftigkeit geführt werden. Obwohl nach diesem Wahlkampf eine schwarz-grüne Koalition sicher schwierig ist.

Was könnte eine solche Koalition für die Gesund- heitspolitik einer neuen Re- gierung bedeuten?

Bender: Die Vorstellungen von Grünen und Union liegen sicher

in Finanzierungsfragen weit auseinander, Stichwort: Bürger- versicherung. Ich könnte mir aber vorstellen, dass, wenn die Wahlkampftöne verklungen sind, es tatsächlich einfacher wird, über die praktische Seite der Zweiteilung des Kranken- versicherungsmarktes nachzu- denken. Man könnte sich viel- leicht einigen in der Frage, wie man die private Krankenversi- cherung umgestaltet, und sich damit auf eine Konvergenz der beiden Krankenversicherungs- systeme hinbewegen. Was die Versorgungsseite anbelangt:

Wenn die FDP nun nicht mehr ihre Interessen der Besitz- standswahrung einbringen kann, ließen sich durchaus Ge- meinsamkeiten zwischen Union und Grünen finden.

3 FRAGEN AN . . .

Birgitt Bender, Bündnis 90/Die Grünen

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