0,2
1,611 111
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ARBEITSLOSE in %der Beschäftigten
1111116
Das ist neu: Inflation + Arbeitslosigkeit
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Bis zur Rezession 1967 ließ die Statistik den Schluß zu, daß Arbeitslosig- keit den Preisanstieg dämpft und, umgekehrt, ein wenig Inflation die Voll- beschäftigung sichert. Diese „Theorie" bestätigte sich letztlich nicht: Zuerst, ab 1970, zogen die Preise an: In jedem Jahr lag die Teuerungsrate höher als im Jahr zuvor. Dann folgten auch die Arbeitslosenquoten. Für 1974 ist mit 2,5 Prozent Arbeitslosen zu rechnen, eine Quote, die höher liegt als in irgendeinem Jahr seit 1959. Und bei den Preisen ist allenfalls eine Ver- langsamung des Anstiegs zu erwarten. Die Lehre daraus ist für die Wirtschaftspolitiker alles andere als beruhigend. Sie lautet: Inflation garan- tiert keineswegs immer Vollbeschäftigung. Und: „ein bißchen Arbeitslosig- keit" ist kein sicheres Mittel, die Preise zu stoppen. Die Wirtschaftswissen- schaftler, derzeit leider ziemlich ratlos, wurden um eine neue Theorie gebe- ten, welche die neue Entwicklung erklären kann. EB/Globus Leserdienst
Hinweise •Anregungen WIRTSCHAFT
beitslosen rechnen. Aber die Tal- fahrt der Konjunktur hält für jeder- mann sichtbar an. In diesem Licht erscheint die Prognose der Institu- te jedenfalls nicht unseriös. Sie ist begründeter als die Kritik.
Dabei wird man freilich berück- sichtigen müssen, daß sich die Konjunkturpropheten schon häufi- ger geirrt haben. Diesen Vorbehalt wird man für die auf das kommen- de Jahr zielende Prognose machen müssen, kaum jedoch für die Ent- wicklung in den nächsten Monaten.
Die Daten dafür sind eindeutig ge- setzt. Selbst eine stramme Expan- sionspolitik könnte nicht vor dem Frühjahr 1975 zu wirken beginnen.
Die Institute haben keineswegs, wie aus den kritischen Stimmen herausgehört werden könnte, eine pessimistische Konjunkturprogno-
se vorgelegt. Sie rechnen im zwei- ten Halbjahr 1975 mit einer spürba- ren Belebung der Wirtschaftstätig- keit Der reale Anstieg des Sozial- produkts wird auf 2,5 Prozent ge- schätzt, was also deutlich mehr als in diesem Jahr wäre. Dies wäre freilich nur dann zu erwarten, wenn die privaten Investitionen wieder deutlich zunähmen. Dafür fehlt es bislang an der wichtigsten Bedin- gung: nach wie vor haben die Un- ternehmen über zu geringe Gewin- ne zu klagen. Sie vor allem geben den Anreiz zum Investieren. Bei sich weiter stabilisierenden Prei- sen setzt dies maßvolle Lohnab- schlüsse („deutlich unter 10 Pro- zent") voraus.
Noch selten ist wohl die Feststel- lung so berechtigt gewesen wie Ende dieses Jahres, daß die näch-
ste Tarifrunde den Konjunkturver- lauf des kommenden Jahres be- stimmt. Die Chancen, daß sich die Vernunft durchsetzt, sind größer geworden. Gewerkschaften und Ar- beitnehmer erfahren gerade noch rechtzeitig, im Einzelfall sogar mit unverdienter Härte, den engen Zu- sammenhang von überzogener Ta- rifpolitik und Arbeitsplatzrisiko. So wird selbst im Gewerkschaftslager der Gewinn heute nicht mehr als Profit denunziert, sondern als Vor- aussetzung für Investitionen und weiteres Wachstum anerkannt.
Zum erstenmal hat auch die Bun- desbank der veränderten Konjunk- turlage Rechnung getragen und mit einem deutlichen Signal das Ende der Hochzinspolitik signalisiert. Sie hat die Rediskont-Kontingente der Kreditinstitute um 2,5 Milliarden Mark erhöht, was eine Vermehrung der Geldmenge und damit mehr Li- quidität für Banken und Unterneh- men bedeutet. Zugleich wird der Lombardkredit um ein halbes Pro- zent auf 8,5 Prozent verbilligt; die Kreditbanken können sich also ge- gen die Verpfändung von Wertpa- pieren bei der Notenbank billiger Geld beschaffen. Völlig überra- schend ist auch der Diskontsatz von 7 auf 6,5 Prozent gesenkt wor- den, was derzeit aber kaum der Marktlage entspricht. Das wird noch nicht schnell auf den Kredit- nehmer durchschlagen. Nutznießer dieser Beschlüsse wird vorerst wohl nur der Staat sein, dem es nunmehr etwas leichter fallen dürf- te, seinen ungeheuren Kreditbedarf zu den bisherigen Zinskonditionen zu decken.
Die Wirtschaft hat diese Kehrtwen- dung der Notenbank völlig zu Recht als Kurswechsel empfunden. Das birgt die Gefahr, daß Unternehmen und Gewerkschaften die Chance sehen, einen größeren Spielraum für Preis- und Lohnerhöhungen zu erhalten. Die fatale Folge wäre ein neuer Inflationsstoß bei stagnieren- dem Wachstum. Erst die nächsten Monate werden zeigen, ob die No- tenbank den Kurswechsel nicht doch zu früh signalisiert hat. wst