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Archiv "Demografie: Der Vorbehalt" (14.10.2011)

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A 2160 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 41

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14. Oktober 2011

Frustriert

Die schöne Regelmäßigkeit mit der die Nachwuchssorgen im DÄ disku- tiert werden, erscheint auf meiner Seite als Hohn. Ich bin Assistenz- arzt und konnte mir meine Stelle quasi aussuchen. Meine Freundin jedoch wird dadurch nur noch frus- trierter: Sie wollte schon immer, als Kind schon, Ärztin werden. Nach ihrem Abitur mit „nur“ 2,5er- Schnitt bewarb sie sich bei der ZVS und erhielt – natürlich – keinen Stu- dienplatz. Da ihr nichts ferner liegt als Untätigkeit, wurde sie erst ein- mal Krankenschwester – die Beste ihres Jahrgangs. Danach arbeitete sie ein Jahr als solche, bis zur tota- len Erschöpfung und bewarb sich dennoch erneut bei der ZVS. Dann war es soweit – sie erhielt einen Teilstudienplatz in Mainz. Innerhalb von einem Tag kündigte sie ihre Stelle und fing an zu studieren.

Jetzt, nach zwei Jahren Studium und bestandenem Physikum, steht sie im Vakuum. Der Teilstudien- platz ist vorbei, einen Vollstudien- platz hat sie nicht. Sie hat sich an

insgesamt 27 Universitäten bewor- ben und bis heute sieben Absagen erhalten . . .

Einige Universitäten setzten die Frist zur Nachreichung der notwen- digen Unterlagen sogar vor dem of- fiziellen Versand der Physikums- zeugnisse – also für die aktuellen Studenten gar nicht einhaltbar. Sie weiß nicht, ob sie sich nun erneut als Krankenschwester bewerben soll oder weiter warten darf. Dieser Monat also geht ihr und der Volks- wirtschaft verloren. Sollte sie kei- nen Studienplatz für die Klinik be- kommen, waren die letzten zwei Jahre vergebens – vergebene Trä- nen, vergebener Verzicht auf Frei- zeit, vergebener Verzicht auf Ein- kommen. Das Traurige daran ist, dass . . . meine Freundin den Beruf Arzt als Berufung sieht. So etwas haben weder sie noch Hunderte an- derer Studenten . . . verdient. Wer so weit kommt und so dringend von der Politik, den öffentlichen Klini- ken, der Bevölkerung und vor allem den Patienten gebraucht wird, darf nicht so hängengelassen werden . . .

Alexander Gräf, 57080 Siegen

DEMOGR A FIE

Auf 100 Erwerbsfä- hige kommen 2040 nach der Bevölke- rungsvorausberech- nung 62 Rentner.

Zum Start einer DÄ- Artikelserie (DÄ 31–32/2011: „Demografischer Wandel:

When I’m 84 . . .“ von Heinz Stüwe und

„Ab in die Zukunft – mit praxisnaher Forschung“ von Heike E. Krüger-Brand und Sabine Rieser).

Ein Beitrag

Die Ankündigung von Heinz Stüwe, in den nächsten Ausgaben des DÄ Forschungs- und Lösungsansätze zur Bewältigung des demografi- schen Wandels zu bringen, hat mich sehr gefreut. Schon im Vorfeld möchte ich auf einen bei uns wenig bekannten Ansatz hinweisen: die Zeitbank 55+: Dabei können Men- schen jeden Alters ein Zeitkonto aufbauen durch beliebige Leistun-

gen, ob es Hilfe bei den Hausaufga- ben von Kindern ist oder Einkäufe für Gehbehinderte, Unterstützung bei Behördengängen oder Anleitung am Computer. Die eingesetzte Zeit wird gutgeschrieben und kann bei Bedarf jederzeit abgerufen werden, auch noch Jahrzehnte später. In Ja- pan, wo dieses System entwickelt wurde, garantiert der Staat für die Erhaltung des Kontos, in Vorarl- berg/Österreich läuft die Garantie auf Bezirksebene, bei den ersten Zeitbanken im Breisgau über ge- meinnützige Vereine. Dieser Ansatz kann die Notwendigkeit der Über- siedlung in Alten- und Pflegeheime sehr reduzieren, ein kleiner sinnvol- ler Beitrag zur Bewältigung des de- mografischen Wandels.

Dr. med. Wieland Walther, 79199 Kirchzarten

Der Vorbehalt

Das schöne Beatles-Lied beschreibt gewiss nicht den demografischen Wandel, sondern erzählt von voll im

Leben stehenden angehenden älte- ren Menschen („sunday mornings go for a ride“). Es ist sogar ein Lie- beslied, mit all den Erwartungen, die man in den späten 60ern hatte, als das Lied geschrieben wurde.

Insofern ist Heinz Stüwes Beitrag noch einmal anders ein Zeugnis über den demografischen Wandel, als er es vermutlich angedacht hat.

Es gibt nämlich auch einen Wandel des demografischen Wandels in un- seren Köpfen („indicate precisely, what you mean to say“). Wollen wir wirklich nicht mehr sixty-four werden, um valentines gesendet zu bekommen, sondern fürchten eighty-four zu werden, ohne dass die AOK noch Geld für unsere Pampers hat („ . . . if it’s not too dear “)? Das hat durchaus paranoide Züge und wird zu allem Überfluss auch noch zweifelhaft pseudo-sta- tistisch untermauert. Sollte diese Art der Zukunftsangst aber seitens der Ärzteschaft auch noch geschürt werden? . . .

Die McCartney’sche Idee des Älter- werdens ist nicht nur sympathi- scher, sondern sie trifft auch mehr zu. Man sieht zunehmend mehr 84-Jährige auf Kreuzfahrtschiffen und in den Flugzeugen nach Mal- lorca („every summer we could rent a cottage in the Isle of Wight“). Es fehlen möglicherweise keine Pfle- gekräfte, sondern Animateure! Also doch: when und nicht if I’m sixty- four.

Ich sage mal einfach so, Prof.

Wille demontiert sich als Sachver- ständiger, wenn er die mittleren Annahmen des Jahres 2006 weiter- schreibt bis 2050. Ich gehe natür- lich davon aus, dass der Vorsitzen- des des Sachverständigenrates das auch weiß. Die Alterspyramide lehrt uns vielmehr, dass in den letzten hundert Jahren keine Vor - aussage zu keinem Zeitpunkt län- ger Bestand gehabt hatte als maxi- mal 15 Jahre – das ist kein Kondi- tional, sondern Plusquamperfekt, und damit Fakt („who could ask for more“) . . .

Kein Mensch weiß, was der Exodus der deutschen Studenten und die Völkerflucht in Afrika uns bringen werden. Keiner weiß, ob Deutsch- land nicht morgen das Gegenteil

OG

A h n r n Z A 31–32/2011: Demo

B R I E F E

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Deutsches Ärzteblatt

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14. Oktober 2011 A 2161 von dem sein wird, was es heute ist,

nämlich ein kinderfreundliches („grandchildren on your knee“) Einwanderungsland. Weil das nach- weislich so ist, ist der statistisch einzig zulässige Schluss der Vor - behalt . . .

Dr. Karlheinz Bayer, 77740 Bad Peterstal

PID

Die Bundestagsent- scheidung fördert nach Ansicht der Kommentatoren den Zusammenhalt des Rechts (DÄ 31–32/

2011: „Kohärenz statt brechender Dämme“ von Peter Dabrock und Jens Ried).

Falsche Voraussetzungen

Der Kommentar setzt voraus, dass ein Schwangerschaftsabbruch aus eugenischer Indikation gerechtfer- tigt ist. Die jetzige Fassung des

§ 218 a nennt aber nicht die zu er- wartende schwerwiegende Behin- derung als Rechtfertigungsgrund für die Straffreiheit einer Abtrei- bung, sondern nennt „die Gefahr einer schwerwiegenden Beein-

trächtigung des körperlichen und seelischen Gesundheitszustands der Schwangeren“ (§ 218 a Abs. 2) als Grund für eine Abtreibung. Somit ist nicht die Behinderung, sondern – allenfalls die sich aus der Geburt eines behinderten Kindes ergeben- de Beeinträchtigung des seelischen Zustandes die Rechtfertigung für die Straffreiheit der Abtreibung.

Schon die Tatsache, dass dies in der Öffentlichkeit – und so auch hier in dem Kommentar – nicht mehr differenziert wird, zeigt, dass hier Dämme brechen. Unsäglich die Gerichtsurteile, die Gynäkolo- gen zu Entschädigungszahlungen im Rahmen der Schwangerschafts- betreuung verurteilt haben, weil sie die Behinderung durch ein Down- Syndrom nicht ausführlich genug dargestellt haben, oder die Urteile, die Reisenden wegen der Unter- bringung von Behinderten in der gleichen Ferienanlage Entschädi- gungen zugesprochen haben. Es gibt kein Recht auf ein Kind und erst recht nicht ein Recht auf ein gesundes Kind. Beides liegt letzt- lich trotz allen medizinischen Fort- schritts nicht in der Hand des Men- schen. Vor diesem Hintergrund ist sehr wohl ein sensibler seelsorg -

licher Umgang mit dem Leid der Paare, die von schwerwiegenden Erbkrankheiten betroffen sind, möglich, ohne die PID zu befür- worten.

Reiner Klick, Arzt für Kinder- und Jugendheil - kunde/Neonatologe, 53894 Mechernich

Untergeordnetes Kriterium

. . . Die Autoren haben recht, dass die PID-Entscheidung weitestge- hend kohärent ist mit der Praxis der Pränataldiagnostik (PND). Aller- dings ist faktisch bei der PND gera- de der Dammbruch zu beobachten, der von den Kritikern einer PID im- mer wieder gegen deren Einführung vorgebracht wird: PND ist weitge- hend eugenische Selektion. Wie an- ders will man es nennen, wenn sich 80 bis 90 Prozent aller Paare bei ei- nem PND-Befund von Down-Syn- drom für eine Abtreibung des Kin- des entscheiden? Und wie ist dies ethisch zu werten?

Kohärenz ist somit in der ethischen Diskussion ein zwar wichtiges, al- lenfalls aber untergeordnetes Krite- rium der Beurteilung menschlichen Handelns . . .

Dr. Eckhard Piegsa, 28199 Bremen D

s n K Z R 2 stattbrechender Däm

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