A-139 Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 3, 22. Januar 1999 (51)
V A R I A
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ine einzigartige Epo- che: künstlerisch über- ragt von Leonardo da Vinci, Michelangelo und Raffael – politisch von Kaiser Karl V., von Franz I.und den großen Päpsten, dem tatkräftigen Julius II., dem glanzvollen Leo X., dem as- ketischen Hadrian VI. und dem energischen Klemens VII. Die Jahre zwischen 1503 und 1534 – geprägt auch von der Reformation und den Auswirkungen der Ent- deckungen des Kolumbus – werden hervorragend wider- gespiegelt in der Bonner Aus- stellung „Hochrenaissance im Vatikan – Kunst und Kultur im Rom der Päpste I“.
Eine geschickte Ausstel- lungsregie führt den Besu- cher in die Atmosphäre der Zeitenwende zu Beginn des 16. Jahrhunderts ein. So wer- den die Skulpturen aus den
Vatikanischen Museen in ei- ner Rekonstruktion des Statuenhofs der Päpste prä- sentiert. Unter den ausge- stellten Gemälden befinden sich Meisterwerke von Leo- nardo da Vinci, Tizian und Raffael; von Michelangelo sind Zeichnungen und Briefe
zu sehen. Einen ganz beson- deren Schwerpunkt hat die Ausstellung in der Präsentati- on von mehr als hundert, zum Teil erstmals ausgestellten kostbaren Codices aus dem Besitz der Biblioteca Aposto- lica Vaticana, der heute welt- weit bedeutendsten Samm-
lung von Handschriften. Die Pracht dieser gekonnt illu- strierten Handschriften und Bücher verdeutlicht, daß hier nicht nur Lektüre und Wissen befördert werden sollten, sondern viele dieser Werke vorrangig der Kontemplation dienten.
Neben den Originalen aus dem 16. Jahrhundert bietet die Ausstellung eine weitere Attraktion: eine computerge- stützte dreidimensionale Re- konstruktion der vatikani- schen Paläste und eine Pro- jektion der Deckenfresken der Sixtinischen Kapelle, die jedes Detail, bis hin zu den feinsten Pinselstrichen Mi- chelangelos, erkennen läßt.
Die von den Erstellern der Rekonstruktion aufgewende- te Zeit, die sogar den techni- schen Aufwand für den Film Jurassic Park übertrifft, hat sich gelohnt. Die auf diese Weise mögliche Annäherung an das frühe 16. Jahrhundert erschließt dem Betrachter ei- ne zusätzliche Dimension.
Nicht nur dem an den päpstli- chen Sammlungen, sondern auch jedem an der Renais- sance Interessierten und hi- storisch Aufgeschlossenen ist der Besuch in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bun- desrepublik Deutschland zu empfehlen. Dr. Ernst Wanner FEUILLETON
Hochrenaissance im Vatikan
Epoche
der Genies
Eine Ausstellung in Bonn läßt die
Zeitenwende zu Beginn des 16. Jahrhunderts in 450 Exponaten, die vorwiegend
aus den Vatikanischen Sammlungen stammen, beeindruckend auferstehen.
Die Ausstellung „Hoch- renaissance im Vatikan (1503 bis 1534). Kunst und Kultur im Rom der Päpste I“ ist bis 11. April in der Kunst- und Ausstellungs- halle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn zu sehen. Sie ist geöffnet dienstags und mittwochs von 10 bis 21 Uhr und donnerstags bis sonntags von 10 bis 19 Uhr. Infor- mationen: Tel 02 28/91 71-
2 00. N
Sebastiano del Piombo: Kardinal Antonio Ciocchi Del Monte, 1512 bis 1517, Öl auf Leinwand, 88 x 69 cm, National Gallery, Dublin, IrlandFoto: National Gallery, Dublin, Irland
Herakles und Telephos. Anonym, nach klassizistischem Vorbild des späten Hellenismus, trajanisch, Marmor, Höhe: 2,12 m, Vatikanstadt Foto: Musei Vaticani