• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Edward Hopper: Nachts an der Bar" (20.12.2004)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Edward Hopper: Nachts an der Bar" (20.12.2004)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

G

rünlich schimmert der nächtliche Asphalt, der Blick fällt in ein Panora- mafenster auf eine hell er- leuchtete Bar. Dort sitzen sie, die Nachtschwärmer, und trinken Kaffee. Nichts deutet auf eine anregende Unterhal- tung hin, vielmehr scheint je- der seinen eigenen Gedan- ken nachzugehen, während der Barkeeper seine gewohn- te Arbeit verrichtet. Mit beeindruckender Prägnanz zeigt der amerikanische Ma- ler Edward Hopper (1882–

1967) in seinen Gemälden ein weit verbreitetes Lebensge- fühl, das von Einsamkeit und fehlender Kommunikation ge- prägt ist.

In seinem wohl bekann- testen Bild „Nighthawks“

(Nachtschwärmer), jener Iko- ne großstädtischer Isolation, offenbaren sich Beziehungs- losigkeit und zwischenmensch- liche Entfremdung. Schon früh begann Hopper sich für diese Thematik zu interessie- ren, wie das Bild „Einsame Fi- gur in einem Theater“, das um 1902 entstanden ist, zu Be- ginn der Ausstellung verdeut-

licht. Dabei ist er mehr als nur ein präziser Beobachter alltäglicher Situationen. „Je- de Kunst“, so schrieb er, „ist vor allem der sichtbare Aus- druck des Innenlebens eines Künstlers, und dieses innere Erleben wird seine persönli- che Weltauffassung bestim- men.“ So verstand er seine Kunst in erster Linie als Re- flexion der eigenen Psyche.

Hopper, der mit den Werken von Freud und Jung vertraut war, kombiniert seine eigene realistische Darstellungsweise mit psychologischen Span- nungen, die den Betrachter auch heute noch emotional berühren. In dem Bild „Nachts im Büro“ regt bereits der Ti- tel die Fantasie des Betrach- ters an: Was könnte sich wohl zwischen einer Frau und ei- nem Mann in einer nüch- ternen Büroatmosphäre am späten Abend ereignen? Wäh- rend er am Schreibtisch sit- zend ein Schriftstück liest, steht sie im eng geschnitte- nen Kleid vor einem Akten- schrank und blickt auf ein Blatt Papier, das neben ihm auf dem Boden liegt. Hopper belässt mit Absicht die Ver- hältnisse in der Schwebe.

Seine Bilder, die wie Mo- mentaufnahmen aus einem Film erscheinen, wurden von ihm in zahlreichen Zeich- nungen vorbereitet und in perfekte Inszenierungen über- führt. Diese Nähe zum Film und die Kraft seiner Bilder

zog große Regisseure an, die sich auf Hoppers Bild- welt berufen und sie zitiert haben, wie Alfred Hitch- cock, der das Gebäude von

„House by the Railroad“

für seinen Film „Psycho“

nachbauen ließ, oder Wim Wenders, der das Szenario von „Nighthawks“ in „The End of the Violence“ nach- stellte.

Edward Hoppers Werk hat bei der Ausbildung einer na- tionalen künstlerischen Iden- tität eine wichtige Rolle ge- spielt. So erkannten die Kriti- ker und das amerikanische Publikum in seinen Bildern das ihnen vertraute moderne Amerika. Dennoch sind seine europäischen Wurzeln nicht zu übersehen. So reiste er zwi- schen 1906 und 1910 mehr- fach nach Europa, wo er bei Aufenthalten in Paris, Lon- don und Amsterdam der Ma- lerei Rembrandts und Ver- meers sowie der französi- schen Impressionisten begeg- nete. Sein besonderes Interes- se galt jedoch dem modernen Realismus des 19. Jahrhun- derts mit Edouard Manet und Edgar Degas. Die modernen Avantgardebewegungen und Künstlerpersönlichkeiten wie Picasso ließen ihn, nach eige- ner Aussage, völlig unberührt.

Die Retrospektive im Mu- seum Ludwig, die in Koope- ration mit der Tate Modern in London entstanden ist, zeigt Hoppers Weiterent- wicklung über mehr als sechs Schaffensjahrzehnte: von sei- nen frühen Gemälden über die berühmten New-York- Bilder bis hinzu seinen spä- ten, zunehmend reduzierten Arbeiten. Sabine Sander-Fell V A R I A

A

A3508 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 51–5220. Dezember 2004

Die Ausstellung „Edward Hopper“ ist bis zum 9. Januar 2005 im Museum Ludwig in Köln zu sehen. Informatio- nen:Telefon: 02 21/22 12 61 65. Zur Ausstelllung ist ein Katalog im Hat- je Kantz Verlag erschienen, 34 Euro.

Edward Hopper

Nachts an der Bar

Das Museum Ludwig in Köln zeigt eine Retrospektive mit Wer- ken, die sonst fast nur in amerikanischen Samm- lungen zu sehen sind.

Nighthawks 1942, Öl auf Lein- wand, 84,1 × 152,4 cm

Office at Night 1940, Öl auf Leinwand, 56,4 × 63,8 cm

Fotos:Museum Ludwig

Feuilleton

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Ablehnung Die Verteilung der Zollkontingente nach Inlandleistungen soll bestehen bleiben. Trotz der Importrenten, welche dabei entstehen können, ist diese Regelung vorteilhaft für

In Abhängigkeit der Ausgestaltung der Verhältnisse zwischen dem örtlichen Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe und den Kindertagespflegeper- sonen, zwischen dem

7.1.4   Engagement, Handlungs-, Bearbeitungs- und Problemlösungsstrategien der Lehrer ...

Die quali- tative Studie untersucht auf der Grundlage von ExpertInneninterviews die Theorien, die LehrerInnen bezüglich einer erfolgreichen oder weniger erfolgreichen Gestaltung des

This two-day conference, organised by the Henry Moore Institute in collaboration with Tate Britain, will bring together an international panel of curators, scholars, artists and

J M Bernstein is University Distinguished Professor of Philosophy at the New School University, New York and is the author of The Fate of Art, Adorno: Disenchantment and Ethics,

Gemeinsam realisiert mit der Gesellschaft fuer Moderne Kunst am Museum Ludwig und dem Kunsthistorischen Institut der Universitaet

a) Eine kantonale Facharbeitsgruppe ist gegenwärtig dabei, ausgehend von der Vor- studie ein Betriebskonzept für die Hörnliallee zu erarbeiten. Nach Genehmigung